Botanik der Nutzpflanzen
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- Frauke Caroline Knopp
- vor 7 Jahren
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1 Botanik der Nutzpflanzen Kurs 1 Kurs 2 Kurs 3 Kurs 4 Kurs 5 Kurs 6 Kurs 7 Kurs 8 Kurs 9 Kurs 10 9.Apotom Kurs 11 Kurs 12 Wozu Botanik der Nutzpflanzen? Pflanzliche Zellen. Was nutzen wir (1)? Pflanzliche Energie Was nutzen wir (2)? Pflanzliche Inhaltsstoffe Grüne Gentechnik, Evolution der Nutzpflanzen und Globalisierung Pflanzliche Gewebe 1: Meristem. Parenchym. Leitgewebe. Pflanzliche Gewebe 2: Abschlussgewebe. Exkretionsgewebe. Pflanzliche Organe. Aufbau der Pflanze. Metamorphosen. Generative Entwicklung:. Biodiversität 1: Hauptgericht: Poaceae, Fabaceae, Solanaceae Biodiversität 2: Beilagenteller: Brassicaceae, Asteraceae, Rosaceae Biodiversität 3: Genuss: Rubiaceae, Vitaceae, Lauraceae Biodiversität 4: Heilung: Apiaceae, Lamiaceae, Zingiberaceae
2 Botanik der Nutzpflanzen 8: Generative Entwicklung. Der rote Faden durch die Vorlesung Konzepte Praxis Anwendung Vielfalt der Blütenpflanzen Blüte Samen und Frucht Blüte Pollen Samen und Früchte Biotech für Fruchtdesign
3 8. Generative Entwicklung. Konzepte: Warum es so viele Blütenpflanzen gibt Darwins Mysterium: Angiospermenvielfalt "The rapid development as far as we can judge of all the higher plants within recent geological times is an abominable mystery." Charles Darwin in a letter to Sir Joseph Hooker, 1879.
4 8. Generative Entwicklung. Konzepte: Warum es so viele Blütenpflanzen gibt Evolution der Blütenpflanzen Frage: Der Großteil der Pflanzen entstand allmählich im Lauf von 500 Mya. Die Blütenpflanzen als mit Abstand artenreichste Gruppe entstand binnen 100 Mya. Warum? Charles Darwin ( ) Darwins abominable mystery. Die Blütenpflanzen sind die mit Abstand artenreichste Pflanzengruppe und entstanden explosionsartig gegen Ende der Kreidezeit. Darwin, der sich Evolution als schrittweisen Prozess vorstellte, bereitete diese Explosion großes Kopfzerbrechen. Darwin, der die Evolution als gleichmäßigen Vorgang verstand, konnte diese Explosion von Arten nicht verstehen und nannte die Entstehung der Blütenpflanzen ein abominable mystery Wie kann man sich das erklären?
5 Konzepte: Warum es so viele Blütenpflanzen gibt Vielfalt der Angiospermen Gruppen über die Angiospermen. Neben den vielfältigen Liliopsida (Einkeimblättrige, Monocotyle) und den sehr artenreichen Rosopsida (Zweikeimblättrige, Dicotyle) gibt es eine kleine Gruppe, die sich nicht zuordnen lässt und als Ursprung der Angiospermen gilt (Magnolien, Seerosen, u.a.) Liliopsida (Einkeimblättrige): mit Lilien- und Aronstabgewächsen, Palmen und Gräser (Getreide) und vielen anderen. Rosopsida (Zweikeimblättrige): mit Glockenblumen-, Nelken-, und Rosengewächsen, Schmetterlingsblütlern, Kreuzblütlern, Korbblütlern und viele anderen. Magnoliopsida: Kleine Gruppe von Angiospermen mit Magnolien-, Seerosen- und Pfeffergewächsen, die weder den Ein- noch den Zweikeimblättrigen zugeordnet werden können. Gelten daher als ursprünglich.
6 Konzepte: Warum es so viele Blütenpflanzen gibt Startpunkt: Windbestäubung Primäre Windblütigkeit: Koniferen, sekundär: Gräser, Birkengewächse Vorteil: einfach, Bestäuber (Wind) ist immer frei verfügbar. Nachteil: große Mengen von Pollen müssen erzeugt werden (zum Leidwesen aller Allergiker!). Ausbeute ist gering. Verschwendung von Protein (=Stickstoff-Resourcen, Mangelware bei den Pflanzen)
7 Konzepte: Warum es so viele Blütenpflanzen gibt Gefräßig aber effizient: Käfer als Bestäuber Käferblütigkeit: Seerosen, Holunder, Dolden-, Korbblütler). Vorteil: Bestäuber wird durch große Blüten angelockt und überträgt Pollen mit höherer Wahrscheinlichkeit auf dieselbe Art. Nachteil: Käfer fressen viel Pollen selber auf, die Artentreue ist nicht sehr ausgeprägt, da Sinnesapparat nicht sehr hoch entwickelt ist.
8 Konzepte: Warum es so viele Blütenpflanzen gibt Auf der Suche nach besseren Postboten Blüten mit Nektardrüsen tragen auffallende Markierungen, die den Insekten den Weg weisen (Saftmale) Viele Saftmale imitieren Antheren (die wo ganz anders sitzen) Christian Sprengel (1793): postuliert, dass damit Insekten als Helfer der pflanzlichen Sexualität angelockt würden. Er wurde für verrückt erklärt und starb verbittert
9 Konzepte: Warum es so viele Blütenpflanzen gibt Täuschung aber exclusiv: Hautflüglerbestäubung Nektardrüsen und Anlockung spezialisierter Bestäuber Vorteil: Bestäuber wird mit Zuckersaft aus besonderen Nektardrüsen abgespeist (spart Protein). Hautflügler und Schmetterlinge als Bestäuber sind artsteter, höherer Bestäubungserfolg. Hummel auf Salbei durch einen raffinierten Hebelmechanismus wird hier eine Artbarriere zwischen verschiedenen Salbeiarten bewerkstelligt. Nachteil: hoher Aufwand, um spezifische Bestäuber anzulocken und sicherzustellen, daß nur diese zum Zuge kommen.
10 Konzepte: Blüte Blüten als Blätter Was ist eine Blüte? Blütenpflanzen (Angiospermen). Blüten erlauben es, Insekten als Verbreiter nutzen zu können (Koevolution von Blütenfarbe und form mit dem Sinnesapparat der Bestäuber). Die Organe der Blüte entstehen aus Blattprimordien und differenzieren dann unterschiedlich aus. := ein Kurzsproß mit Sporophyllen. Kelchblätter (Sepalen) bei ursprünglichen Angiospermen fehlend. Grün, Morphologie und Aderung reduziert, Spaltöffnungen Kronblätter (Petalen) - keine Chloroplasten, gefärbt (Anthocyane und/oder Carotinoide), Spaltöffnungen Staubblätter (Antheren) keine Chloro-plasten, bilden männliche Keimzellen Fruchtblätter (Carpelle) - oft grün, bilden weibliche Keimzellen
11 Konzepte: Blüte ABC-Modell der Blütenbildung Blüte der Angiospermen besteht aus vier Blattkreisen (Kelch-, Kron-, Staub-, und Fruchtblätter) Die Blütenorgane sind Blattmetamorphosen. Es gibt drei Schalter (A, B, C), die bestimmen, welche Metamorphose aktiviert wird: Diese Schalter sind Transkriptionsfaktor, die als Dimere (Paare) vorliegen: AA Kelchblatt AB Kronblatt BC Staubblatt CC Fruchtblatt
12 Konzepte: Blüte Kronblätter Kelchblätter Staubblätter Fruchtblätter Lego der Blütenbildung Die Blüte der Angiospermen ist modular aus vier Blattkreisen aufgebaut, die unterschiedliche Identität tragen (Prinzip Lego ). Die Identität dieser Blattkreise wird durch die Kombination von drei genetischen Schaltern festgelegt. Prinzip Lego. Der B-Schalter wird gewöhnlich nur in den mittleren beiden Blattkreisen aktiviert. Bei den Lilienartigen ist er nach aussen gewandert. Dadurch wird der Kelchblattkreis durch Kronblätter ersetzt, weil nun in beiden Kreisen der A- und der B-Schalter gemeinsam aktiv sind. Durch Ausfall einzelner Schalter oder ihre Verschiebung lassen sich eine Vielzahl von Blütenformen erzeugen.
13 Konzepte: Blüte Diplonten Haplonten R! B! Mitosen R! Mitosen R! B! Diplonten R! R! B! Mitosen Haplonten R! R! Mitosen B! Generationswechsel Sexualität: Wechsel der Kernphase : bei der Befruchtung (B!) von haploid zu diploid, bei der Meiose (R!) von diploid zu haploid. Wenn zwischen B! und R! Mitosen eingeschoben sind, entsteht dadurch eine eigene Generation. Diplonten: Mitosen nach B! Haplonten: Mitosen vor B! Diplonten und Haplonten. Wir sind Diplonten abgesehen von unseren Keimzellen sind alle Zellen diploid. Das ist aber nicht die einzige Möglichkeiten. Viele Organismen sind Haplonten. Übersetzt: die Keimzellen würden ein Eigenleben führen und dann durch Mitosen Keimzellen bilden. Achtung: es könnte ja auch Mitosen vor und nach B! geben. Dann hat man Generationswechsel.
14 Konzepte: Blüte Generationswechsel R! B! B! R! Metazoen: Diplonten Protozoen: Haplonten Pflanzen: alle Spielarten: R! B! Generationswechsel. Haplophase blau, Diplophase rot. Viele Algen (z.b. Chlamydomonas) sind Haplonten, alle Landpflanzen sind Haplodiplonten. Bei vielen Pilzen verschmelzen dabei die beiden Kerne in der Diplophase nicht (Dikaryon). Entdeckt wurde der Generationswechsel von Wilhelm Hofmeister. Haplonten: viele Algen Diplonten: nur Kieselalgen Haplodiplonten: Landpflanzen Dikaryon: Pilze, diploid, aber ohne Karyogamie
15 Konzepte: Blüte Fortpflanzung Besonderheit 1 Doppelte Befruchtung: A. Erster generativer Kern verschmilzt Eizelle zur Zygote. B. Zweiter generativer Kern verschmilzt mit diploider Zentralzelle des Embryosacks (triploides Endosperm). C. Befruchtung ist wasserunabhängig (Gegensatz zu Farnpflanzen). Besonderheit 2 Verbreitung und Koevolution: Übersicht sexuelle Fortpflanzung. Pollenschlauch und Embryosack sind Reste einer eigenen Generation und haploid. Die Befruchtung ist doppelt. Es gibt zwei Spermazellen, die eine befruchtet die Eizelle und bildet den Embryo, die andere bildet das triploide Nährgewebe (Endosperm). A. Zur Übertragung der Mikrosporen werden Insekten eingespannt. B. Zur Verbreitung der Samen werden Tiere und/oder Wind und Wasser eingespannt.
16 Konzepte: Blüte Vielfalt und Koevolution Schritt 1: Windblütigkeit (Gräser, abgeleitet auch bei Birke, Hasel). Schritt 2: Käferblütigkeit (Holunder, Doldenblütler, Korbblütler). Schritt 3: Nektardrüsen und spezifische Anlockung (viele fortgeschrittene Angio-spermen). Schritt 4: Exclusive Bestäubung (z.b. Ragwurz, Hautflügler) Stufen der Koevolution. Durch die präzisere Adressierung des Pollens und den Übergang auf Nektar als Bezahlung für den Bestäuber wurde der Stickstoff- Verbrauch für die Fortpflanzung immer kleiner, durch komplexere Blüten und intelligentere Bestäuber die Artbindung größer.
17 Konzepte: Blüte Staubblätter Theke mit Pollensäcken Filament Staubblätter sind umgewandelte Blätter: Blattstiel ist verlängert und zum Filament umgewandelt. Blattspreite ist chlorophyllfrei und nicht photosynthetisch, dafür gibt es meiotische Zellen. Reste des Blatts: Es gibt noch Leitbündel und Spaltöffnungen. Aufbau: Staubblätter (Stamina). Der Blattstiel (Filament) trägt das eigentliche Blatt. Insgesamt 4 Pollensäcke sind in zwei Paaren (Theken) zusammen-gefasst. Die Meiose findet im Innern des Pollensacks statt. Dabei entstehen aus einer Pollenmutterzelle vier haploide Pollenkörner. Filament (eigentlich ein Blattstiel). Zwei Theken mit je zwei Pollensäcken. Verbindung zwischen Theken: Konnektiv Meiose findet im Pollensack statt.
18 Konzepte: Blüte Pollen Pollenkörner sind in Form, Größe und Struktur sehr unterschiedlich und können daher zur Artbestimmung sehr gut eingesetzt werden. Anwendung 1: Diagnose von Honig stammt sortenreiner Honig wirklich von den angegebenen Arten. Pollenbildung. Wenn die haploiden Pollenkörner reif sind, reisst der Pollensack an einer vorgeformten Naht auf. Diese Naht wird von Zellen mit spangenförmigen Zellwandverdickungen markiert bei Wasserabgabe enstehen Kräfte, die zum Aufreissen führen. Anwendung 2: Florengeschichte in Sedimenten sind Pollen aufgrund der schwer abbaubaren Exine gut erhalten. Aufgrund der Pollenzusammensetzung kann man die Artzusammensetzung einer Flora rekonstruieren.
19 Konzepte: Blüte Pollenschlauch Nach Meiose asymmetrische Teilung in zwei (haploide) Tochterzellen Größere Zelle: enthält vegetativen Kern, der nicht an der Vererbung teilnimmt. Kleinere Zelle: enthält den generativen Kern, der an der Vererbung teilnimmt. Entwicklung des Pollenkorns. Noch im Pollensack teilt sich die haploide Pollenzelle asymmetrisch. Nach der Bestäubung wächst ein Pollenschlauch, in dem eine weitere Teilung stattfindet. Diese zwei Mitosen sind Reste einer früher eigenständigen Gametophytengeneration. Der generative Kern teilt sich im auswachsenden Pollenschlauch noch einmal und bildet die beiden Spermakerne. Der eine Spermakern verschmilzt mit der Eizelle (Embryo), der andere mit den Synergiden (Endosperm). Es gibt also eine doppelte Befruchtung.
20 Konzepte: Blüte Männlicher Gametophyt Im Lauf der Evolution wird der haploide Gametophyt immer mehr zurückgedrängt: Das Moospflänzchen im Wald ist der Gametophyt, also dominierend Die Farnpflanze im Wald ist jedoch der Sporophyt der Gametophyt ist das kleine Prothallium Was ist was beim Pollenschlauch? Der Pollenschlauch ist haploid und entsteht aus zwei Mitosen. Er lässt sich evolutionär von den Antheridiein der Farne und Moose ableiten. Der Pollenschlauch ist also die Gametophyten-Generation. Die Öffnung des Farnsporangiums funktioniert so wie die des Pollensacks mithilfe eines Spangengewebes, auch dies zeigt die Homologie an. Der Pollenschlauch ist also eine auf drei Zellen reduzierte Version des ursprünglichen Moospflänzchens!
21 Konzepte: Blüte Fruchtblätter Narbe (Stigma) Griffel (Stylum) Fruchtknoten mit Samenanlage Fruchtblätter. Sie sitzen im Zentrum der Blüte, entsprechen also dem innersten Blattkreis. Im unbefruchteten Zustand nennt man das Innere des Fruchtknotens Samenanlage. Sie besteht aus haploiden Anteilen (aus der Meiose, weiblicher Gametophyt) und diploiden, mütterlichen Anteilen. Fruchtblätter sind die weiblichen Geschlechtsorgane Auch sie sind umgewandelte Blätter: Blattstiel verkürzt. Blattspreite verdickt, umgibt die Samenanlage. Reste des Blatts: Leitbündel, Spaltöffnungen und Chloroplasten Die Samenanlage kann unterschiedlich orientiert sein (diagnostisches Merkmal)
22 Konzepte: Blüte Fruchtknoten Die Fruchtblätter können einzeln stehen (ursprüngliche Angiospermen) oder in unterschiedlichem Grade verwachsen und einen Fruchtknoten bilden. Die Stellung des Fruchtknotens bezüglich der anderen Blütenorgane kann sich unterscheiden (oberständig, links; unterständig, rechts) Fruchtknoten. Bei ursprünglichen Angiospermen wie den Hahnenfuß-gewächsen sind die Fruchtblätter einzeln. Im Laufe der Evolution gingen sie in eine verwachsene Struktur, den Fruchtknoten über. Je nachdem, welche Blütenteile in den Fruchtknoten eingehen, ändert sich die Lage. Blütenmerkmale sind von der Umwelt weitgehend unabhgängig und sind daher das zentrale Merkmale bei der Bestim-mung von Pflanzenarten.
23 Konzepte: Blüte Embryosack Embryosack ist haploid und entsteht aus einer (meiotisch gebildeten) Zelle, die in der Regel 3 Mitosen durchläuft (8-kernig). Er ist das weibliche Gegenstück zum männlichen (3- zelligen) Pollenschlauch. Embryosack entspricht Prothallium der Farne und ist (so wie der Pollenschlauch) eine stark reduzierte eigene Generation. Embryosack. Er ist das weibliche Gegenstück zum Pollenschlauch und geht aus 3 Mitosen hervor. Er ist haploid (da aus einer Meiosezelle hervor-gehend), allerdings verschmelzen die zwei Zellen in der Mitte zu einer diploiden Zelle, die später vom zweiten Spermakern befruchtet wird. Eizelle von zwei Synergiden flankiert, gegenüber sitzen 3 Antipoden. Die zwei Polkerne in der Mitte verschmelzen zu einem diploiden sekundären Embryosackkern.
24 Konzepte: Blüte Weiblicher Gametophyt Was beim Moospflänzchen vorherrschend war, ist bei den Samenpflanzen nur noch auf wenige Zellteilungen reduziert: Männlicher Gametophyt: Pollenschlauch (2 Mitosen, 3 Kerne) Weiblicher Gametophyt: Embryosack (3 Mitosen, 8 Kerne) Generationswechsel der Samenpflanzen. Die haploide Generation der Gametophyten ist stark reduziert und im diploiden Sporophyten verborgen. Nur durch evolutionäre Reihen mit Farnen und Moosen konnte man Pollenschlauch und Embryosack als eigene Generation erkennen. Die Meiose findet im Staubblatt bzw. im Fruchtblatt statt. Haploid sind nur die Pollenzelle oder die Embryosackzelle. Die Umgebung ist nach wie vor diploid!
25 Konzepte: Same und Frucht Befruchtung Bestäubung und Befruchtung. Der Pollen haftet auf der Narbe (Stigma). Die weibliche Pflanze überprüft die genetische Identität des Pollens und gibt dann die Erlaubnis zum Auswachsen des Pollenschlauchs. Der wird durch den Griffel mit chemischen Signalen zum Embryosack geleitet. Nachdem der Pollen auf der Narbe angeheftet wurde (Bestäubung), wächst der Pollenschlauch im Innern des Griffels bis zur Samenanlage und dringt durch die Mikropyle ein. Eine Spermazelle durchwächst die Synergiden (die dadurch kollabieren) und verschmilzt mit der Eizelle zur diploiden Zygote Die andere Spermazelle verschmilzt mit zwei Polzellen des Embryosacks zur triploiden Endosperm-Mutterzelle, die das Nährgewebe (Endosperm) bildet (doppelte Befruchtung).
26 Konzepte: Same und Frucht Embryonalentwicklung Aus der Zygote entsteht der Embryo, der durch ein embryonales Saugorgan (Suspensor) die im Endosperm gespeicherte Energie aufnimmt. Embryonalentwicklung. Der Suspensor kann sehr unterschiedlich aussehen. Bei den Dikotylen werden schon früh zwei Keimblätter sichtbar (Herzstadium). Bei den Süßgräsern wird nur ein Keimblatt, das Scutellum, gebildet. Der Spross ist von einer Hülle, der Koleoptile, umgeben. Die Embryonalentwicklung läuft je nach Art sehr unterschiedlich ab und ist daher auch ein diagnostisches Merkmal. Es wird ein lebensfähiger Keimling gebildet, der aber hormonell über Abscisinsäure ruhiggestellt wird. Die Integumente verholzen, so dass eine robuste Verbreitungs- und Überdauerungseinheit (Same) entsteht.
27 Konzepte: Same und Frucht Same oder Frucht? Sehr oft wandeln sich ausser der Samenanlage selbst noch weitere Teile der Blüte zu einer Verbreitungseinheit um. Diese umgewandelte Blüte im Zustand der Samenreife heisst Frucht. Früchte. Die Samenanlage mit dem Embryosack und den beiden Integumenten wird nach der Befruchtung zum Samen mit dem sich ent-wickelnden Embryo. In der Regel werden noch weitere (mütterliche) Gewebe in eine Verbreitungseinheit, die Frucht, eingebunden. Die verschiedenen Schichten, die den oder die Samen umgeben heissen (von aussen nach innen): Exokarp, Mesokarp, Endokarp und können fleischig, holzig, fasrig, schleimig,. sein.
28 Konzepte: Same und Frucht Schliessfrüchte: Nuss, Nüsschen, Karyopse, Achäne, Beere, Steinfrucht Streufrüchte: Balg, Hülse, Schote, Kapsel, Schötchen Zerfallfrüchte: Spaltfrucht, Bruchfrucht, Klausenfrucht, Gliederhülse, Gliederschote Fruchttypen Früchte sind die wichtigsten Nahrungsmittel des Menschen daher werden eine Vielzahl von Fruchttypen terminologisch unterschieden (diagnostisch wichtiges Merkmal). Sammelfrüchte: Sammelstein-, Sammelnuss- und Sammelbalgfrucht (z.b. Apfelfrüchte) Fruchtstände: Beeren-, Steinfrucht - und Nussfruchtverband Fruchttypen. Um die ungeheure Vielfalt fassen zu können, werden die Früchte Fruchttypen zugeordnet. Dabei spielt eine Rolle, ob sich die Frucht öffnet, ob sie zerfällt, ob sie aus einzelnen oder mehreren Samen gebildet wird oder ob gar ganze Blütenstände einbezogen sind. Schliessfrüchte (öffnen sich nicht) Streufrüchte (öffnen sich) Zerfallfrüchte (zerfallen in Teilfrüchte) Sammelfrüchte (verschmelzen) Fruchtstände (aus Blütenständen)
29 Praxis: Blüten, Samen, Früchte Kapernstrauch (Capparis spinosa L.), Kapernstrauchgewächse (Capparidaceae) Blütenknospe Genutzt werden die noch geschlossenen Blütenknospen. Ernte im Frühjahr (von Hand) Südfrankreich und Äolische Inseln. Roh ungeniessbar, werden einen Tag vorgewelkt und dann in Salzlake eingelegt. Dadurch entstehen die geschmacksgebenden Stoffe (Rutin und Senfölglykoside). Kapern, ein typisches Gewürz der Mittelmeer-Küche, sind Bütenknospen. Geschmacksgebend ist Rutin, ein Glycosid des Flavonoids Quercetin am Disaccharid Rutinose (Rhamnose+Glucose). Es schützt die Pflanze vor UV, den Menschen vor oxidativen Radikalen. Geschmacksgebend ist nicht, wie oft behauptet, die bockig riechende Caprinsäure, sondern das Rutin, ein Quercetin-Glycosid.
30 Sonnenblume (Helianthus annuus L.), Korbblütler (Asteraceae) Pollen Praxis: Blüten, Samen, Früchte Auf der Oberfläche stachelförmige Auswüchse der Exine. Schon lichtmikroskopisch als Stacheln erkennbar. Im Sonnenblumenhonig sind diese Pollenkörner dominant. Pollenkörner. Sie sind haploid und entstehen aus einer Meiose der Pollenmutterzelle im Pollensack. Bei der Reifung werden auf der Oberfläche charakteristische Wachsschichten aufgelagert (Exine). Form und Größe von Pollen erlaubt eine Artbestimmung. Durch Auszählen lässt sich daher die Sortenreinheit von Sonnenblumenhonig feststellen.
31 Praxis: Blüten, Samen, Früchte Pinie (Pinus pinea L.), Kieferngewächse (Pinaceae) Pinienkern Wie alle Nadelbäume (Koniferen) ist die Pinie ein Nacktsamer (Gymnosperm). Warum sind Nacktsamer nackt? Die Samenanlage ist nicht von den Fruchtblättern umschlossen wie bei den Bedecktsamern (Angiospermen), sondern liegt frei auf der Samenschuppe. Pinienkerne. Es handelt sich nicht um Früchte, sondern Samen. Diese liegen frei auf dem Fruchtblatt, sind also nicht in einen Fruchtknoten einge-schlossen (Unterschied zu den Bedecktsamern). Das Nährgewebe ist haploid und damit Teil des weiblichen Gametophyten. Aufbau: Samenschale, Embryo mit 10 Keimblättern, Nährgewebe (primär und haploid bei den Gymnospermen gibt es keine doppelte Befruchtung!).
32 Praxis: Blüten, Samen, Früchte Kokospalme (Cocos nucifera L.), Palmengewächse (Arecaceae) Kokosfrucht Der Same der Kokospalme ist von Fruchtblättern umgeben (Angio- sperme!). Die Kokospalme ist wie alle Palmen einkeimblättrig. Die Fruchthülle ist faserig. Das Endosperm ist sekundär und hat sich verflüssigt (Kokosmilch). Zum Nachdenken: Warum ist die Kokosnuss kein Samen, sondern eine Frucht? Frucht der Kokospalme. Die Kokosmilch entspricht dem sekundären Endosperm (triploid, aus einer doppelten Befruchtung hervorgegangen). Der harte Kern entspricht dem Endokarp (Stein-Frucht). Durch den guten Schutz kann die Kokospalme Tausende Kilometer im Meer driften und Inseln besiedeln.
33 Praxis: Blüten, Samen, Früchte Apfel (Malus domestica L.), Rosengewächse (Rosaceae) Sammelbalgfrucht Sammelfrucht: Die Einzelfrüchte (Balg) sind noch als Kerngehäuse sichtbar. Der Blütenboden wird fleischig und überwächst den Balg von aussen. Wir essen also eigentlich den Blütenboden. Zum Nachdenken: Wo sitzen bei der Apfelfrucht die Kelchblätter? Apfelfrucht. Aus den fünf Fruchtblättern der Apfelblüte, die je zwei Samenanlagen enthalten, entstehen fünf Balgfrüchte. Diese werden durch den Blütenboden von unten überwachsen. Gegenüber dem Stiel findet man noch die Reste der Staubblätter.
34 Denken SIE mal nach Sie essen eine Tomate, wieviele Ploidiegrade landen in Ihrem Magen? A B C D Einer (diploid) Einer (haploid) Zwei (diploid und haploid) Drei
35 Anwendung: Biotech für Fruchtdesign Kontrolle der Fruchtzahl Viele Obstbäume produzieren viel mehr Blüten als sie später Früchte tragen. Die Anlagen konkurrieren um Nährstoffe und nur die stärksten bilden reife Früchte (Selektion). Kontrolle der Abscission. Beim Reifen geht der Auxintransport von der Anlage in den Stamm zurück. Dadurch bildet sich eine Abscissionsschicht. Durch Zugabe von Auxintransporthemmern kann man das beschleunigen, so dass die Assimilate nur in wenige Anlagen geleitet, die dann höhere Qualität erreichen. Durch Hemmung des Auxintransports kann man die Abscission verschärfen. Man erhält weniger, dafür qualitativ hochwertigere Früchte und der Marktpreis bleibt hoch.
36 Anwendung: Biotech für Fruchtdesign Kuriosum: Biotech von Etrog Etrog (Citrus medica cedra) ist ein wichtiges Element des jüdischen Sukkat-Fests. Er muss an der Spitze noch den Griffel tragen (Pitom). Für makellose Etrogs wird ein hoher Preis bezahlt etwa 50 pro Stück! Kontrolle der Abscission. Durch Behandlung mit einer geringen Menge von Picloram (einem stabilen künstlichen Auxin) in einem genau definierten Stadium der Blüte kann die Abscission des Griffels unterdrückt werden. Auf dem Markt von Jerusalem wird das genau begutachtet und bestimmt den Preis. In Israel wurde daher die Erzeugung von Etrog intensiv biotechnologisch erforscht.
37 Take-home question: Können Blumen treu sein?
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