Wirtschaftlicher Strukturwandel in Stuttgart
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- Luisa Kopp
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1 Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 9/2006 Ulrich Stein Wirtschaftlicher Strukturwandel in Stuttgart 232 Aufholprozess der Landkreise der Region gegenüber Stuttgart scheint abgeschlossen Die Beschäftigungsentwicklung in den Wirtschaftszweigen gibt über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet - Hinweise auf die Richtung und das Tempo des Strukturwandels in Stuttgart. Dies wiederum lässt Rückschlüsse auf sich verändernde Standortbedingungen für einzelne Branchen zu. Für die Trennung zwischen allgemeinem Trend und einer branchenspezifischen Verbesserung/Verschlechterung der Standortbedingungen ist ein geeigneter Vergleichsmaßstab nötig. Diesen Maßstab liefert ein Vergleich des Strukturwandels in Stuttgart mit den Landkreisen der Region Stuttgart (Restregion) und ein Blick auf andere Großstädte in Deutschland. Im Vergleich der Wachstumsraten der Arbeitsplatzzahlen wies Stuttgart gegenüber der Restregion zwischen Mitte der 1970er- und 1990er-Jahre stets eine schlechtere Arbeitsplatzbilanz als die Restregion aus (vgl. Abbildung 1). Seit Mitte der 1990er- Jahre befinden sich Stadt und Restregion allerdings auf einem ähnlichen Wachstumspfad. Der Aufholprozess der Restregion gegenüber der Stadt scheint abgeschlossen zu sein. So verharrt auch der Anteil der in Stuttgart Beschäftigten auf dem Mitte der 1990er-Jahren erreichten Niveau von etwa einem Drittel der insgesamt in der Region Stuttgart Beschäftigten (vgl. Abbildung 2). Abbildung 1: Abstand zwischen der Wachstumsrate der Zahl der Beschäftigten in der Restregion zu der in Stuttgart 1976 bis Pkte +3,5 +3,0 +2,5 +2,0 +1,5 +1,0 +0,5 0-0,5-1,
2 Abbildung 2: Anteil der Arbeitsplätze in Stuttgart an den Arbeitsplätzen in der Region Stuttgart insgesamt 1976 bis Branchenanalyse 233 Die folgende Branchenanalyse anhand der en ermöglicht es, die Spezialisierungsmuster in der Stadt und der Restregion zu erkennen, Tempo und Richtung des Strukturwandels zu beurteilen und Krisenbranchen von Wachstumsbranchen zu unterscheiden. Strukturwandel verläuft in Landkreisen der Region ähnlich wie in Stuttgart Die Abbildung 3 zeigt das Spezialisierungsmuster zwischen der Stadt und der Restregion deutlich auf. So hatte und hat die Stadt relative Standortvorteile in Branchen, die wenig flächen- und sachkapitalintensiv produzieren bzw. weniger stark dem Lohn-Kostendruck des internationalen Wettbewerbs unterliegen also vorwiegend bei den. Der Strukturwandel in Stadt und Restregion geht auf den ersten Blick in die gleiche Richtung und von unterschiedlichem Niveau aus beginnend mit ähnlich hohem Tempo vonstatten. Im Detail gibt es allerdings Unterschiede: Tabelle 1 enthält die Beschäftigungswachstumsraten im langfristigen Vergleich nach den einzelnen Branchen ( Wirtschaftsabteilungen ). Während in der Restregion die Arbeitsplatzzahl um 23 Prozent zwischen 1976 und 2004 zunahm, nahm die in der Stadt Stuttgart um 4 Prozent ab. Getragen wurde das Arbeitsplatzwachstum in der Restregion von allen Dienstleistungsbereichen, während in der Stadt Stuttgart das Wachstum in einzelnen Dienstleistungsbereichen nicht ausreichte, die Verluste in anderen Branchen zu kompensieren.
3 Abbildung 3: Die Wirtschaftsstruktur Stuttgarts und der Restregion im Vergleich - Anteile der Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 1976 und 2004 nach Wirtschaftszweigen Stadt Stuttgart Forstwirtschaft 0,3 1,3 Bergbau Forstwirtschaft 0,3 0,9 Bergbau 37, ,0 Handel 6,6 38, ,7 24,6 10,7 3,8 Handel Landkreise der Region Stuttgart Forstwirtschaft 0,6 0,6 Bergbau Forstwirtschaft 0,8 0,5 Bergbau 20, , ,3 42,1 Handel 32 6,9 59,8 13,9 5,4 in Handel Durch Bereinigungsverfahren kann Basiseffekt herausgerechnet werden; erst dann lässt sich die Entwicklung der Region mit der Stuttgarts vergleichen Der reine Vergleich der Raten ermöglicht es allerdings nur bedingt, Rückschlüsse auf die Entwicklung der Standortqualität zu ziehen. Die gewünschte Trennung vom flächendeckend wirkenden Trend ( überall setzt sich der Weg in die Dienstleistungsgesellschaft fort ) und Entwicklungen der relativen Standortqualität ( die Bedingungen für das Produzierende sind in A besser als in B ) ist erschwert durch die Wirkung des sogenannten Basiseffekts (aufgrund der unterschiedlichen Größe der betrachteten regionalen Einheiten) und des allgemeinen Nachhol-/Aufholprozesses (Verstädterungsprozesses) der Restregion gegenüber der Stadt. Diese Effekte können rechnerisch eliminiert werden. Dazu wird unterstellt, dass die Restregion im Jahr 1976 gleich viele Arbeitsplätze in der gleichen Struktur wie die Stadt Stuttgart geboten und in den Folgejahren bis 2004 die Arbeitsplatzzahl sich in der Restregion wie in Stuttgart entwickelt hätte. In der Rechnung zugelassen werden nur die Strukturverschiebungen zwischen den Branchen und zwar in dem Ausmaß, wie sie in der Restregion tatsächlich stattgefunden haben. Am Ende lässt sich so eine Strukturverschiebungskomponente ablesen, die sich mit der in Stuttgart vergleichen lässt. Ein Vergleich der so bereinigten branchenspezifischen Veränderungsraten der Restregion mit denen in der Stadt Stuttgart können dann als Indiz für eine Verschlechterung oder Verbesserung der relativen Standortqualität im Zeitraum 1976 bis 2004 gewertet werden.
4 Tabelle 1: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Stuttgart und der Restregion 1976/2004 nach Wirtschaftsabteilungen Wirtschaftsabteilung Beschäftigtenanteil 2004 Stuttgart Restregion / /2004 bereinigte Veränderungsrate (Arbeitsplatzwachstum wie in Stuttgart unterstellt) Land- und Forstwirtschaft Bergbau Handel Verkehr und Nachrichtenübermittlung Kreditinstitute und Versicherungsgewerbe Insgesamt 100-3, ,6 1 Region Stuttgart ohne Stuttgart Überproportionale Arbeitsplatzverluste im Handel in Stuttgart Standortgunst für Banken, Versicherungen und sonstigen in Stuttgart nimmt zu Verschlechtert haben sich demnach die Bedingungen insbesondere für den Handel in Stuttgart hier wirken vermutlich eine stagnierende/rückläufige Bevölkerungszahl, ein überproportional starker Wegzug von Angehörigen der kaufkräftigen Mittelschicht aus der Stadt ins Umland, neue Verkaufsstrategien (großflächige Verkaufsräume auf der grünen Wiese ) und eine sinkende Personalintensivität aufgrund der Neigung der Kundschaft zur Selbstbedienung und erhöhter Preisorientierung zusammen. Verschlechtert hat sich auch die Standortqualität im Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung, während sich die Standortbedingungen für das Kredit- und Versicherungsgewerbe und die sonstigen in diesem Zeitraum in Relation zur Restregion die Standortqualität verbessert haben (und somit der Zentralitätsvorteil in diesen Branchen gestiegen sein dürfte). Alle anderen Branchenentwicklungen liegen im erwarteten Trend, wenn man für die Erwartungsbildung berücksichtigt, dass durch die Standortnachteile der Stadt, die mit der Flächenknappheit verbunden sind, prinzipiell kein vergleichbar starkes Arbeitsplatzwachstum in der Stadt wie in der Restregion möglich war. Im Jahr 1999 wurde in der Wirtschaftsstatistik die Wirtschaftszweiggliederung verändert, weshalb ein tiefer gehender Branchenvergleich in der langen Frist erschwert ist. In Tabelle 2 ist die Beschäftigungsentwicklung von 1999 bis 2004 in einer noch etwas feineren Branchendifferenzierung als in Tabelle 1 zu entnehmen. In diesem Zeitraum hatte die Stadt Stuttgart eine günstigere Entwicklung in der Beschäftigtenbilanz als die Restregion. Der Stellenabbau schritt in den kriselnden Branchen mit größerer Bedeutung ( und Handel) weiter fort, konnte nun aber von der sehr dynamischen Entwicklung bei den für Unternehmen und im Kredit- und Versicherungsgewerbe aufgefangen werden. 235
5 Tabelle 2: Entwicklung der Zahl der Beschäftigten in Stuttgart und der Restregion 1999/2004 nach Branchen Stuttgart Restregion 1 Beschäftigtenanteil /2004 Beschäftigtenanteil /2004 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Fischzucht Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden Energie- und Wasserversorgung Handel Gastgewerbe Verkehr und Nachrichtenübermittlung Kredit- und Versicherungsgewerbe Grundstückswesen, Vermietung, für Unternehmen Öffentliche Verwaltung u.ä Öffentliche und private (ohne öffentl. Verwaltung) Insgesamt , ,7 1 Region Stuttgart ohne Stuttgart 236 Ein Blick auf andere Großstädte Starkes Gewicht der Industrie im Branchenmix für Stuttgart kein Nachteil Ein überregionaler, aussagekräftiger Vergleich von Wirtschaftsstrukturen ist nicht leicht möglich. Letztlich ist die örtliche Wirtschaftsstruktur immer auch Folge eines spezifischen Entwicklungspfads aufgrund von Standortentscheidungen in der Vergangenheit, Clusterbildung und Spezialisierungen. So gibt es Bankenstädte, Medienstädte, Autostädte usw. Im Großstadtvergleich sollte deshalb sinnvoller Weise auf den Gesamterfolg des spezifischen Branchenmixes abgezielt werden und nicht sektorale Anteile und deren Entwicklungen miteinander verglichen werden. Denn letztlich ist entscheidend, ob sich eine regionale Spezialisierung bewährt oder eher nicht. Der Erfolg kann an globalen Indikatoren (vgl. Tabelle 3) abgelesen werden, wobei hier Stuttgart das Feld bei zentralen Indikatoren in Deutschland anführt. Bei der Arbeitslosenquote lag im Jahr 2003 nur München vor Stuttgart. Nirgendwo stieg das Bruttoinlandsprodukt zwischen 1995 und 2003 so stark an wie in der Stadt Stuttgart (vgl. Tabelle 4). Insgesamt hat sich der oft als industrielastig bezeichnete Branchenmix in Stuttgart in den vergangenen Jahren bei einer allgemein schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland als belastbar herausgestellt.
6 Tabelle 3: Stuttgarts wirtschaftlicher Erfolg im Großstadtvergleich (die 25 größten westdeutschen Städte ohne Hannover) Stadt Einwohnerzahl 2003 Bevölkerungsentwicklung Anteil Bruttowertschöpfung des Dienstleistungssektors 2003 Arbeitslosenquote 2003 Entwicklung Bruttoinlandsprodukt Wachstumsrate der Bruttowertschöpfung im Produzierenden Wachstumsrate der Bruttowertschöpfung im Dienstleistungsbereich Stuttgart ,4 66 7, Berlin , , Hamburg ,5 81 9, München ,2 78 6, Köln , , Frankfurt am Main ,2 84 8, Dortmund , , Essen , , Düsseldorf ,1 87 9, Bremen , , Duisburg , , Nürnberg , , Bochum , , Wuppertal , , Bielefeld , , Bonn ,0 89 7, Mannheim , , Karlsruhe ,1 79 8, Gelsenkirchen , , Wiesbaden ,1 86 9, Münster ,6 83 7, Mönchengladbach , , Augsburg , , Aachen , , Braunschweig , , Quelle: Statistische Landesämter, "Statistik regional" Tabelle 4: Stuttgarts Rang hinsichtlich der Indikatoren der Tabelle 3 Indikator Rang... (von 25) Bevölkerungszahl Bevölkerungsentwicklung 8 Anteil der Bruttowertschöpfung des Dienstleistungssektors Arbeitslosenquote Entwicklung Bruttoinlandsprodukt 1 Entwicklung Bruttowertschöpfung im Produzierenden 8 Entwicklung Bruttowertschöpfung im Dienstleistungsbereich 1
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