Niedersächsischer Landtag 14. Wahlperiode Drucksache 14/275. Gesetzentwurf. Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, den 15.
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- Sigrid Junge
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1 Gesetzentwurf Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, den 15. Oktober 1998 An den Herrn Präsidenten des Niedersächsischen Landtages Sehr geehrter Herr Präsident, in der Anlage übersende ich den von der Landesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Niedersachsen über die Planfeststellungsverfahren zum Zwecke der Erweiterung des Daimler-Benz Aerospace- Airbus-Werkes in Hamburg-Finkenwerder nebst Begründung in dreifacher Ausfertigung mit der Bitte, die Beschlußfassung des Landtages herbeizuführen. Gleichzeitig beantrage ich, von der Möglichkeit des 24 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung für den Niedersächsischen Landtag Gebrauch zu machen. Federführend ist die Staatskanzlei. Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung Gerhard Schröder 1
2 Entwurf Gesetz zum Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Niedersachsen über die Planfeststellungsverfahren zum Zwecke der Erweiterung des Daimler-Benz Aerospace-Airbus- Werkes in Hamburg-Finkenwerder Artikel 1 (1) Dem am 11. Oktober 1998 unterzeichneten Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Niedersachsen über die Planfeststellungsverfahren zum Zwecke der Erweiterung des Daimler-Benz Aerospace-Airbus-Werkes in Hamburg- Finkenwerder wird zugestimmt. (2) Der Staatsvertrag wird nachstehend veröffentlicht. (3) Der Tag, an dem der Staatsvertrag nach seinem Artikel 4 Abs. 1 in Kraft tritt, ist im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt bekanntzumachen. Artikel 2 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. 2
3 Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Niedersachsen über die Planfeststellungsverfahren zum Zwecke der Erweiterung des Daimler-Benz Aerospace- Airbus-Werkes in Hamburg-Finkenwerder Die Freie und Hansestadt Hamburg (im folgenden: Hamburg) und das Land Niedersachsen (im folgenden: Niedersachsen) schließen vorbehaltlich der Zustimmung der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg und des Niedersächsischen Landtages folgenden Staatsvertrag: Präambel Zur Stärkung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im norddeutschen Raum unterstützen Hamburg und Niedersachsen sich gegenseitig im Rahmen des Möglichen und Erforderlichen bei ihren Bemühungen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Region. Durch diesen Staatsvertrag soll Hamburg die Einbeziehung niedersächsischer Flächen für erforderliche Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen Netzes Natura 2000 bei der koordinierten Durchführung von notwendigen Planfeststellungsverfahren für die geplante Erweiterung des Geländes der Daimler-Benz Aerospace-Airbus GmbH in Hamburg-Finkenwerder (Endlinienfertigung des A 3XX) ermöglicht werden. Artikel 1 (1) Niedersachsen überträgt die Befugnis zur Durchführung von Planfeststellungsverfahren, die sich auf den in der Präambel genannten Zweck und die hierfür geeigneten Flächen im niedersächsischen Landkreis Stade (Ausgleichs- bzw. Ersatzflächen) beziehen, auf Hamburg. Als solche Fläche ist zunächst die Elbinsel Hahnöfer Sand vorgesehen. (2) Die niedersächsische Landesregierung kann erforderlichenfalls weitere Flächen im Landkreis Stade, die als geeignet im Sinne von Absatz 1 in Betracht kommen, der in diesem Vertrag auf Hamburg übertragenen Befugnis unterstellen. (3) Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde ist die Wirtschaftsbehörde Hamburg. (4) Soweit niedersächsische Flächen betroffen sind, erfolgt die Durchführung der Planfeststellungsverfahren im Einvernehmen mit der Bezirksregierung Lüneburg. Die Bezirksregierung Lüneburg erhält jeweils unverzüglich Zweitschriften der Akten und Unterlagen. Der Plan- 3
4 feststellungsbeschluß ergeht diesbezüglich im Einvernehmen mit der Bezirksregierung Lüneburg. Die Erklärung über das Einvernehmen wird binnen einer Woche nach Zugang des Entwurfs des Planfeststellungsbeschlusses abgegeben. Das Einvernehmen kann nur aus Rechtsgründen versagt werden. (5) Anhörungsverfahren sind unter Berücksichtigung der Belange der niedersächsischen Betroffenen durchzuführen. Erörterungstermine sind ortsnah anzusetzen. Artikel 2 (1) Als Umsetzungsziel sollen insbesondere Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 nach 19 c Abs. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 12. März 1998 (BGBl. I S. 889), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2481), vorgesehen werden. (2) Landwirtschaftlich genutzte Flächen der Elbinsel Hahnöfer Sand sollen zu Süßwasserwatten verändert werden, damit sie den Kriterien der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206, S. 7), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27. Oktober 1997 zur Anpassung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (ABl. EG Nr. L 305, S. 42), entsprechen. (3) Niedersachsen wird hinsichtlich der von den Planfeststellungsbeschlüssen erfaßten Flächen den bestmöglichen Schutz nach Artikel 4 Abs. 4 der in Absatz 2 genannten Richtlinie sowie 19 b des Bundesnaturschutzgesetzes gewährleisten und die Rechte nach 19 b Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes wahrnehmen. Artikel 3 Hamburg wendet für die niedersächsischen Flächen das in Niedersachsen geltende Recht an. Artikel 4 (1) Der Staatsvertrag tritt am Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. (2) Die Übertragung der Befugnis endet, wenn die Planfeststellungsbeschlüsse zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen im Sinne von Artikel 2 bestandskräftig geworden sind. 4
5 (3) Alle im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrages entstehenden Kosten trägt Hamburg. Dies gilt insbesondere für den Ausgleich eines wirtschaftlichen Wertverlustes durch Einbeziehung von Flächen des Landes Niedersachsen in die Maßnahmen gemäß Artikel 1. (4) Jeder Vertragspartei steht ein Kündigungsrecht zu, falls für das dem Vertrag zugrundeliegende Erweiterungsvorhaben nicht innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Staatsvertrages ein Planfeststellungsverfahren beantragt worden oder nicht innerhalb von sechs Jahren ein Planfeststellungsbeschluß ergangen ist. Hamburg, den 11. Oktober 1998 Für die Freie und Hansestadt Hamburg Ortwin R u n d e Erster Bürgermeister Hannover, den 11. Oktober 1998 Für das Land Niedersachsen Gerhard Schröder Ministerpräsident Begründung A. Allgemeiner Teil 1. Anlaß des Gesetzentwurfs Der Hamburger Senat hatte am 4. Juni 1998 entschieden, die Erweiterung des Werkes der Daimler-Benz Aerospace-Airbus GmbH (DA) für eine eventuelle Produktion des Großflugzeuges A3XX als Leitprojekt der Airbus Industrie (AI) am Standort Hamburg planerisch durch Inanspruchnahme eines Teils des Mühlenberger Lochs zu ermöglichen. Der Eingriff in das ökologisch wertvolle Mühlenberger Loch bedarf jedoch zwingend der Kompensation durch Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 im folgenden: Maßnahmen Natura 2000 (gem. 19 c Abs. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes). Hierfür geeignete Flächen sind in Hamburg nicht vorhanden wohl aber u.a. im angrenzenden niedersächsischen Landkreis Stade. Niedersachsen ist bereit, das Vorhaben zu unterstützen, weil es geeignet ist, den Standort Norddeutschland für die Luftfahrtindustrie nachhaltig zu stärken. 5
6 Daher sollen Hamburg entsprechende Flächen für den notwendigen Ausgleich planungsrechtlich zur Verfügung gestellt werden. Zu den ca. 117 ha auf niedersächsischem Gebiet benötigt Hamburg ca. weitere 100 ha auf schleswig-holsteinischem Gebiet. Um die notwendige Koordinierung der Planfeststellungsverfahren zu ermöglichen und um die erforderliche Planrechtfertigung sowie die Zurechenbarkeit der Maßnahmen Natura 2000 zum Hamburger Eingriff im Mühlenberger Loch sichern zu können, ist Niedersachsen auf Wunsch Hamburgs bereit, seine Befugnis zur Durchführung von Planfeststellungsverfahren auf niedersächsischem Staatsgebiet insoweit auf Hamburg zu übertragen. 2. Auswirkungen auf die Umwelt Von der Umsetzung des Staatsvertrages sind positive Auswirkungen auf die Umwelt in Niedersachsen zu erwarten. Mit dem Vorhaben werden Eingriffe auf hamburgischem Gebiet ausgeglichen. 3. Auswirkungen auf frauenpolitische Belange oder auf Schwerbehinderte Frauenpolitische Belange oder Belange der Schwerbehinderten sind nicht berührt. 4. Verbandsbeteiligung Eine Verbandsbeteiligung ist nicht erforderlich, weil die materiellrechtliche Situation der betroffenen Verbände durch die Vorgabe der Anwendung des in Niedersachsen geltenden Rechts nicht verändert wird und die Übertragung der planungrechtlichen Befugnisse nur befristet erfolgt. 5. Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen Durch den Gesetzentwurf entstehen dem Land und den Gemeinden keine zusätzlichen Kosten, ausgenommen die durch die Mitwirkung bedingten eigenen allgemeinen Verwaltungskosten. Diese sind nicht quantifizierbar. Sämtliche sonstigen Kosten werden von Hamburg getragen. B. Besonderer Teil 1. Zum Inhalt des Gesetzentwurfs Wegen der vorübergehenden Übertragung hoheitlicher Befugnisse in einem Teilbereich Niedersachsens auf Hamburg bedarf der Staatsvertrag zu seiner Wirksamkeit gemäß Artikel 35 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung der Zustimmung des Niedersächsischen Landtages. Der Gesetzentwurf sieht deshalb die Zustimmung des Landtages zu dem Staatsvertrag vor. 2. Zum Inhalt des Staatsvertrages Zu Artikel 1 Mit dem Staatsvertrag überträgt Niedersachsen seine Befugnis zur Durchführung von Planfeststellungsverfahren für bestimmte, als Kompensationsflächen geeignete Flächen im Landkreis Stade auf Hamburg. Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde ist zwecks Sicherung der koordinierten Durchführung der erforderlichen Planfeststellungsverfahren die Wirtschaftsbehörde Hamburg (Artikel 1 Abs. 3). Diese Übertragung der Planungsbefugnis muß als Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen und Hamburg vereinbart werden, da die Wirtschaftsbehörde Hamburg die Planfeststellungsverfahren auf einem bestimmten niedersächsischen Gebiet mit unmittelbarer rechtsverbindlicher Wirkung auch für niedersächsische Betroffene durchführen soll. In die Rechtsposition der durch einen Planfeststellungsbeschluß in Niedersach- 6
7 sen Betroffenen wird insoweit ohne deren Zustimmung eingegriffen. Hierzu reicht eine Verwaltungsvereinbarung nicht aus. Mit den Planfeststellungsverfahren sollen Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 festgestellt werden, um naturschutzrechtliche Eingriffe im Rahmen der geplanten Erweiterung des Geländes der DA in Hamburg-Finkenwerder auszugleichen. Welche Maßnahmen erforderlich sein werden und welchen Umfang diese gegebenenfalls haben, ist Gegenstand der durchzuführenden Planfeststellungsverfahren. Die Maßnahmen bedürfen im einzelnen der gutachterlichen Aufbereitung. Möglicherweise kommt eine Maßnahme auf Flächen der in Niedersachsen belegenen, aber überwiegend im Eigentum Hamburgs stehenden Elbinsel Hahnöfer Sand durch ökologische Aufwertung zu Süßwasserwatten in Betracht, um den maßgeblichen EU-rechtlichen Kriterien zu entsprechen. Der niedersächsischen Landesregierung ist das Recht vorbehalten, erforderlichenfalls auch weitere geeignete Flächen im Landkreis Stade z.b. den Asseler Sand der auf Hamburg übertragenen Planungsbefugnis zu unterstellen. Ein eigenes Zugriffsrecht Hamburgs besteht nicht (Artikel 1 Abs. 2). Die Gründe für die Ersetzungs- oder Ergänzungsentscheidung der Landesregierung sind aktenkundig zu machen. Die niedersächsisches Gebiet betreffenden Planfeststellungsverfahren können darüber hinaus nur im Einvernehmen mit der Bezirksregierung Lüneburg durchgeführt und abgeschlossen werden (Artikel 1 Abs. 4). Dadurch soll der besonderen Verantwortung der niedersächsischen Behörden Rechnung getragen werden. Das Einvernehmen kann allerdings nur aus Rechtsgründen versagt, also nicht mit politischen Forderungen verknüpft werden. Zu Artikel 2 Die mit einem Planfeststellungsbeschluß festgestellte Maßnahme Natura 2000 bedarf einer dauerhaften rechtlichen Absicherung. Zu einer entsprechenden bestmöglichen Sicherung verpflichtet sich Niedersachsen (Artikel 2 Abs. 3). Zu Artikel 3 In Artikel 3 wird klargestellt, daß für die Durchführung der niedersächsische Flächen betreffenden Planfeststellungsverfahren das in Niedersachsen geltende Recht anzuwenden ist. Danach gilt gemäß 60 c des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes, insbesondere das Verbandsklagerecht anerkannter Naturschutzverbände. Zu Artikel 4 Alle mit der Durchführung des Staatsvertrages im Zusammenhang stehenden und durch ihn verursachten Kosten trägt Hamburg, z. B. auch eventuelle Kosten zur Ablösung bestehender Pachtverhältnisse oder die Kosten der Entwicklung, Einrichtung und späteren Pflege der Fläche. Dies ergibt sich aus dem besonderen Interesse Hamburgs am Inhalt des Vertrages. (Ausgegeben am 27. Oktober 1998) 7
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