Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich
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- Achim Peters
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1 Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich Sitzung vom 20. September 2017 KR-Nr. 162/ Anfrage (Einbürgerungen: Ermunterung zur aktiven Information wirft Fragen auf) Die Kantonsräte Tumasch Mischol, Hombrechtikon, Martin Farner, Oberstammheim, und Jean-Philippe Pinto, Volketswil, haben am 19. Juni 2017 folgende Anfrage eingereicht: Am 9. Mai 2017 beantwortete der Regierungsrat die kantonsrätliche Anfrage KR-Nr. 53/2017 «Neues Einbürgerungsgesetz aktive Information der betroffenen Personen». Die Antwort wirft verschiedene Fragen auf. Der Regierungsrat wird gebeten, nachstehend diese zu beantworten: 1. In der Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht vom 4. März 2011 schreibt der Bundesrat (Auszug): «Auszugehen ist dabei vom Grundsatz, dass das Bürgerrecht als letzter Integrationsschritt die höchsten Anforderungen an die Integration stellen darf. Folgerichtig wird daher für die ordentliche Einbürgerung der stabilste ausländerrechtliche Status, das heisst die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis), vorausgesetzt. Damit bleiben namentlich Asylsuchende (N-Bewilligung) oder vorläufig aufgenommene Personen (F-Bewilligung) vom Einbürgerungsverfahren ausgeschlossen, da ihrem Aufenthaltsrecht nicht die erforderliche Dauerhaftigkeit und Stabilität zukommt. Dies betrifft ebenfalls Personen mit einer Legitimationskarte des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten sowie deren Familienangehörige. Doch auch Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) wird zugemutet, vor der Einreichung eines Bürgerrechtsgesuchs für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sorgen zu müssen.» Kann der Regierungsrat diesen Aussagen des Bundesrats beipflichten oder welche andere Haltung vertritt er? 2. Es gibt den sogenannten Grundsatz der «Vorwirkung neuen Rechts». Ist eine Gesetzesänderung beschlossen, aber noch nicht in Kraft, sollten die Behörden so handeln, dass den künftigen Regeln möglichst Genüge getan ist soweit es das noch geltende Recht zulässt. Die Justizdirektorin schrieb am 18. Mai 2017 die politischen Gemeinden im Kan-
2 2 ton Zürich an und ermunterte diese, den einbürgerungsberechtigten Personen einen Flyer über die Änderungen der Einbürge rungsvo raus - setzungen zukommen zu lassen. Das heisst, es sollen auch diejenigen Personen angeschrieben werden, die sich ab 1. Januar 2018 aufgrund ihres ausländerrechtlichen Status nicht mehr einbürgern lassen können. Verletzt dieses Vorgehen bzw. dieses aktive Handeln aus Sicht des Regierungsrats den erwähnten Grundsatz nicht? 3. Sowohl in der Beantwortung der Anfrage KR-Nr. 53/2017 als auch im Schreiben an die Gemeinden vom 18. Mai 2017 und in der Medienmitteilung vom 19. Mai 2017 verweist der Regierungsrat auf die Haltung des Bundesrats und der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), dass diese eine bessere Information der einbürgerungsberechtigten Personen durch die Kantone und Gemeinden begrüssen würden. Im Gesamtkontext dieser Schreiben suggeriert diese Aussage, dass der Bundesrat und die KKJPD auch die Information derjenigen Personen, die sich ab 1. Januar 2018 aufgrund ihres ausländerrechtlichen Status nicht mehr einbürgern lassen können, explizit erwünschen. Entspricht dies tatsächlich der zitierten Haltung von Bundesrat und KKJPD oder kann dies im Gesamtkontext zur Beantwortung der Anfrage KR-Nr. 53/2017 missverstanden werden? 4. In der Beantwortung der Anfrage KR-Nr. 53/2017 wird darüber informiert, dass das Gemeindeamt einen Flyer entwickelt hat, der auf die wichtigsten Punkte, die sich mit dem neuen Recht ändern werden, aufmerksam macht. Hervorgehoben wird in der Beantwortung, dass dies mittels mit Piktogrammen geschieht. Ein Piktogramm ist eine stilisierte bildliche Darstellung einer bestimmten Information. Piktogramme vermitteln demnach sprachunabhängig Informationen. Als erste Voraussetzung zum Bürgerrecht verlangt die Kantonsverfassung, dass Personen, die im ordentlichen Verfahren eingebürgert werden wollen, über angemessene Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen müssen. Weshalb setzt das Gemeindeamt bei diesen Flyern bewusst auf Piktogramme bzw. weshalb weist der Regierungsrat speziell auf diesen Umstand hin?
3 3 Auf Antrag der Direktion der Justiz und des Innern beschliesst der Regierungsrat: I. Die Anfrage Tumasch Mischol, Hombrechtikon, Martin Farner, Oberstammheim, und Jean-Philippe Pinto, Volketswil, wird wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Unter dem neuen Bürgerrechtsgesetz des Bundes ist die Einbürgerung nur noch möglich, wenn eine Person den stabilsten ausländerrechtlichen Status erlangt hat, nämlich die Niederlassungsbewilligung. Diese Anknüpfung an ein spezifisches Aufenthaltsrecht ist neu für das Schweizer Bürgerrecht. In der Botschaft zur Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes vom 4. März 2011 (BBl 2011, 2825 ff.) begründet der Bundesrat die Systemänderung mit dem Anliegen, Übereinstimmung zwischen Bürger- und Ausländerrecht zu schaffen. Das Bürgerrecht sei der letzte Integrationsschritt, weshalb auch die höchsten Anforderungen an die Integration der gesuchstellenden Person gestellt werden dürften und die Niederlassungsbewilligung als Voraussetzung folgerichtig sei (BBl 2011, 2836). Die Frage, ob die Einbürgerung tatsächlich als letzter Schritt auf dem Weg zu einer gelungenen Integration angesehen werden kann, wird unterschiedlich beurteilt. In der Lehre bedeutet Integration einen bestimmten Integrationsgrad, der erreicht sein muss, um eingebürgert zu werden. Integration im Sinne des Bürgerrechts stellt nicht das Ende eines Prozesses dar, sondern den Abschluss einer wichtigen Phase der Integration im weiteren Sinne (Roland Schärer, Zur Integrationspolitik des Bundes im Kontext des schweizerischen Ausländerrechts, Zeitschrift für Zivilstandswesen 2004, S. 384). Die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen (EKM) versteht Integration als einen länger dauernden gesellschaftlichen Prozess und nicht als Zielvorgabe, der Ausländerinnen und Ausländer im Einbürgerungsverfahren zu genügen haben (Stellungnahme der EKM zur Bürgerrechtverordnung vom 12. Oktober 2015). Aus Sicht der EKM hat das Modell «Einbürgerung als letzter Integrationsschritt» wenig mit den Lebenswelten und dem Alltag der Bevölkerung zu tun. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das gesellschaftliche Verständnis und die Vorstellungen von Integrationsbereitschaft und -fähigkeit im Laufe der Zeit einem Wandel unterworfen sind, was die abschliessende Festlegung einer «erfolgreichen Integration» erschwert (Botschaft des Bundesrates zum Bürgerrecht für junge Ausländerinnen und Ausländer und zur Revision des Bürgerrechtsgesetzes, BBl 2002, 1943).
4 4 Auch die einschlägige Forschung ist zum Schluss gekommen, dass die Einbürgerung eine wichtige Etappe der Integration, nicht jedoch den Abschluss dieses Prozesses darstellt. Eine vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Studie aus dem Jahre 2015 hat ergeben, dass eingebürgerte Personen sich in der Gesellschaft besser integrieren. Die Einbürgerung vom Migrantinnen und Migranten wirke wie ein Katalysator für die Integration. Die positiven Effekte seien zudem umso grösser, je früher sich jemand einbürgern lasse (siehe und www. snf.ch/de/fokusforschung/newsroom/seiten/news medien-mitteilung-einbuergerungen.aspx). Der Regierungsrat hat sich in der Vernehmlassung zum Entwurf für eine Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes vom 17. März 2010 (RRB Nr. 381/2010) dagegen ausgesprochen, die Niederlassungsbewilligung als Einbürgerungsvoraussetzung vorzusehen. Die Niederlassungsbewilligung bietet zwar eine gewisse Gewähr, dass deren Inhaberin bzw. Inhaber integriert ist. Umgekehrt kann jedoch das Fehlen einer Niederlassungsbewilligung bei Personen mit langjährigem Aufenthalt in der Schweiz nicht als Indiz für eine mangelhafte Integration gewertet werden. Der Ausweis, über den eine Ausländerin oder ein Ausländer verfügt, hat nur eine begrenzte Aussagekraft, was den Grad der Integration in die hiesigen Verhältnisse betrifft. Entscheidend ist nicht der ausländerrechtliche Status, sondern vielmehr die Frage, welche Integrationsbemühungen jemand unternimmt und ob diese gemessen an den Einbürgerungskriterien erfolgreich verlaufen. Die Position des Regierungsrates deckt sich mit derjenigen des Verfassungsrates und des Kantonsrates. Der Verfassungsrat hat einen Antrag, in der Kantonsverfassung den Besitz der Niederlassungsbewilligung für Einbürgerungswillige vorzuschreiben, am 11. Juni 2004 mit 60 zu 29 Stimmen abgelehnt. Auch der Kantonsrat hat am 1. Dezember 2008 ein Postulat (KR-Nr. 89/2007 betreffend Neuregelung des Erwerbs des Bürgerrechts), das in der Bürgerrechtsverordnung die Niederlassungsbewilligung C als Einbürgerungsvoraussetzung festschreiben wollte, mit 103 Neinzu 57 Ja-Stimmen abgelehnt. Der Bundesgesetzgeber hat in dieser Frage anders entschieden und der Übereinstimmung zwischen Bürger- und Ausländerrecht Vorrang eingeräumt. Damit ist ab 1. Januar 2018 die Niederlassungsbewilligung formelle Voraussetzung für die Erteilung des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts sowie der Einbürgerungsbewilligung des Bundes.
5 5 Zu Frage 2: Mit der Vorwirkung eines Erlasses ist gemeint, dass ein Erlass Rechtswirkungen zeitigt, obwohl er noch nicht in Kraft getreten ist (Häfelin/ Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, N. 298). Diese Rechtswirkung kann darin bestehen, dass künftiges Recht bereits wie geltendes Recht angewendet wird (positive Vorwirkung), oder darin, dass die Anwendung des alten Rechts ausgesetzt wird, bis das neue Recht in Kraft tritt (negative Vorwirkung). Die positive Wirkung widerspricht dem Gesetzmässigkeitsprinzip und ist grundsätzlich unzulässig (Häfelin/ Müller/Uhlmann, a. a. O., N. 299). Die negative Vorwirkung kann unter Umständen das Verbot der Rechtsverzögerung verletzen. Sie ist nur zulässig, wenn sie vom geltenden Recht vorgesehen ist (Häfelin/Müller/ Uhlmann, a. a. O., N. 303). Das neue Bürgerrechtsgesetz des Bundes sieht dies nicht vor, weshalb auch eine negative Vorwirkung nicht zulässig ist. Zu Frage 3: Der Vorstand der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) hat mit Schreiben vom 9. November 2016 auf Anstoss des Bundesrates die zuständigen Regierungsrätinnen und Regierungsräte der Kantone gebeten, zu prüfen, ob in ihrem Kanton Massnahmen zur besseren Information einbürgerungsberechtigter Personen angezeigt seien. Da ab dem 1. Januar 2018 neue Regeln für die Einbürgerung gelten werden, erschien eine Information über die neu geltenden Regeln im Kanton Zürich grundsätzlich sinnvoll, weshalb das Gemeindeamt einen entsprechenden Musterbrief für die Gemeinden erarbeitete. Diesen blieb es allerdings überlassen, ob sie «diesen Musterbrief oder allenfalls auch eine geänderte, eigene Fassung dieses Schreibens an ihre ausländischen Einwohnerinnen und Einwohner versenden, welche die eidgenössischen und kommunalen Wohnsitzanforderungen für eine Einbürgerung nach altem oder neuem Recht erfüllen werden» (vgl. Beantwortung der Anfrage KR-Nr. 53/2017 betreffend neues Einbürgerungsgesetz aktive Information der betroffenen Personen). Weder der Bundesrat noch die KKJPD hat sich inhaltlich zum Umfang der «besseren Information» über die Einbürgerungsmöglichkeiten geäussert. Eine gute Information bei einer Rechtsänderung enthält auch die Darstellung der Hauptunterschiede des bisherigen und des neuen Rechts. Damit lassen sich aussichtslose Gesuche, die zu unnötigem Aufwand führen würden, vermeiden.
6 6 Zu Frage 4: Piktogramme haben gegenüber Schriftzeichen mehrere Vorteile: Sie sind international verständlich, benötigen für die Informationsaufnahme weniger Zeit und vermitteln die Informationen auf weniger Platz. Daher eignen sich Piktogramme bestens, komplexe Informationen gut erfassbar darzustellen und die Hauptunterschiede des bisherigen und des neuen Einbürgerungsrechts in gedrängter Form einfach aufzuzeigen. Ausserdem dient der Flyer den Bürgerrechtsverantwortlichen in den Gemeinden bei der Beratung der Einbürgerungswilligen und eignet sich insbesondere auch dazu, denjenigen ausländischen Personen, welche die Voraussetzungen für eine Einbürgerung noch nicht erfüllen, verständlich zu machen, dass es für sie noch zu früh ist, ein Gesuch zu stellen. Dass Piktogramme auch von Personen verstanden werden können, die geringe Kenntnisse der deutschen Sprache haben, spielt vorliegend keine Rolle, weil die Sprachkenntnisse im Einbürgerungsverfahren mit einem Deutschtest überprüft werden. Somit ist gewährleistet, dass nur Personen, die diesen Test bestehen und damit diese Voraussetzung erfüllen, eingebürgert werden können. II. Mitteilung an die Mitglieder des Kantonsrates und des Regierungsrates sowie an die Direktion der Justiz und des Innern. Vor dem Regierungsrat Der Staatsschreiber: Husi
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