Aktuelle Rechtsprechung zur Privatliquidation durch Chefärzte und Krankenhäuser
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- Lucas Winkler
- vor 9 Jahren
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1 Aktuelle Rechtsprechung zur Privatliquidation durch Chefärzte und Krankenhäuser Marcus Meine Rechtsanwälte Meine & Schwartz Heilwigstraße Hamburg
2 BGH, Urteil vom , Az.: III ZR 144/07 Individuelle Stellvertretervereinbarung bei vorhersehbarer Verhinderung des Wahlarztes Unterrichtung des Patienten so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes Angebot, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt Unterrichtung des Patienten über die alternative Option, auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen Ist die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes verschiebbar, ist dem Patienten auch dies zur Wahl zu stellen Die Vertretervereinbarung unterliegt der Schriftform
3 Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom , Az. 8a C 342/12 Keine wirksame Individualvereinbarung, sondern unwirksame formularvertragliche Vereinbarung. Die Vereinbarung sei nicht zwischen Patient und liquidationsberechtigtem Chefarzt individuell ausgehandelt worden, sondern werde einseitig als Formular mit Ankreuzmöglichkeiten vorgegeben. Die Verhaltensalternativen einer Verschiebung der Operation seien allgemein formuliert und nicht auf den Einzelfall zugeschnitten und dem äußeren Anschein nach vorgedruckt. Das Gericht wörtlich: Das Gericht verkennt nicht, dass die hier vorliegende Klausel durchaus den Anforderungen der Entscheidung des BGH vom , ( ) genügt. Sie genügt jedoch nicht den Anforderungen der ebenfalls zitierten neueren BGH- Rechtsprechung zu der Annahme von Individualvereinbarungen
4 Landgericht Hamburg, Hinweis vom , 309 S 155/13 Auffassung des Amtsgerichts ist unrichtig. Die Stellvertretervereinbarung ist wirksam. Die Kammer ist der Auffassung, dass es sich bei der schriftlichen Fixierung der Stellvertretervereinbarung um eine Individualvereinbarung handelt und folgt demnach nicht der Auffassung des Amtsgerichts. Die Individualvereinbarung entspricht den Vorgaben des BGH in seinem Urteil vom (Az: III ZR 144/07). Gegenüber dem Honoraranspruch des Arztes kann sich die Patientin daher nicht auf eine unzulässige Rechtsausübung i.s.d. BGH (a.a.o) berufen, da sie so früh wie möglich informiert, über alternative Optionen unterrichtet und die Vertretervereinbarung schriftlich geschlossen wurde. Eine weitergehende Verpflichtung des Arztes, seine Abwesenheit näher zu begründen, sieht die Kammer nicht.
5 Amtsgericht Köln, Urt Das Berufen auf fehlende Voraussetzungen der Vertreterregelung ist dem Patienten nach Treu und Glauben gem. 242 BGB verwehrt. Patient hat genau diejenige Leistung von demjenigen Arzt erhalten hat, wie es von ihm gewünscht war. Nach den Regelungen des KHEntgG ist eine Wahlleistungsvereinbarung, d.h. die Leistung durch einen bestimmten Arzt, nur mit einem liquidationsberechtigten Chefarzt vereinbar. Für den Patienten war es nur aufgrund der Vertretervereinbarung möglich, eine Leistung durch den nichtliquidationsberechtigten Oberarzt zu erreichen.
6 Amtsgericht Köln, Urt , 119 C 586/13 Es verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, zunächst eine Vertretungsvereinbarung zu unterzeichnen, mit der der Patient auf den Vertretungsfall zum Zeitpunkt der Operation hingewiesen wird und darin den Oberarzt als Vertreter zu vereinbaren, diese Regelung im Nachhinein aber deswegen für nicht wirksam zu erachten, weil der Vertretungsfall nicht vorgelegen habe. Vielmehr muss sich der Patient unabhängig von dem Grund der Verhinderung des Wahlarztes in Person des Beklagten den Vertretungsfall als solchen entgegenhalten lassen. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Chefarzt die Operation wegen Kongressverpflichtungen, anderweitigen Operationen oder sonstigen Verhinderungen nicht selbst durchführen konnte.
7 Landgericht Köln, Beschluss vom , Az.: 25 S 11/14 Die Berufung der Krankenversicherung hat zur Überzeugung der Kammer keine Erfolgsaussicht. Die Kammer hat in einer verschiedenen Zahl vergleichbarer Konstellationen unter Berücksichtigung der seitens des Bundesgerichtshofs (BGH) zu diesem Bereich ergangenen Entscheidungen eine ständige Handhabung mit ( aus Sicht der Kammer) nicht geringen Anforderungen an die Ausgestaltung der Stellvertreter-Klausel entwickelt. Dieses entspricht soweit ersichtlich der Linie des 5. Zivilsenats des OLG Köln und steht in Übereinstimmung mit den vom BGH entwickelten Grundsätzen. Eine Veranlassung zu einer Abweichung oder Modifikation sieht die Kammer gerade auch im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalles nicht.
8 OLG Saarbrücken - Urteil vom , 4 U 62/11 Die Krankenversicherung ist zur Geltendmachung der Rückzahlungsansprüche ihrer Privatpatienten aktivlegitimiert: Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung sind die Bereicherungsansprüche bereits gemäß 86 Abs. 1 VVG in Verbindung mit 194 Abs. 2 VVG auf die Krankenversicherung übergegangen. Erfasst sind Bereicherungsansprüche, die dem Privatpatienten gegen den Arzt zustehen, wenn der Privatpatient die Entgelte ohne rechtlichen Grund ( z.b. keine Stellvertretervereinbarung ) gezahlt hat. Forderungsübergang, wenn Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrages Erstattungsleistungen erbracht hat, d.h. wenn die Krankenversicherung die vom Arzt erhobenen überhöhten Entgelte in voller Höhe erstattete.
9 Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen Urteil vom (Az.: 2 Sa 179/12) Kündigung eines Chefarztes wegen unzulässiger Privatliquidation rechtmäßig Die Abrechnung von Leistungen unter dem Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung ( 4 Abs. 2 GOÄ) durch einen zur Privatliquidation berechtigten Chefarzt kann einen Grund für eine fristlose außerordentliche Kündigung gem. 626 Abs. 1 BGB darstellen.
10 BGH, Urt. v StR 45/11 - NORMATIVER SCHADENSBEGRIFF Für privatärztliche Leistungen, für die es weder einen Verkehrswert noch einen (objektiven) Markt oder einen von den Vertragsparteien frei zu vereinbarenden Preis gibt, bestimmen die materiell-rechtlichen Normen zur Abrechenbarkeit der Leistung, namentlich der GOÄ, zugleich deren wirtschaftlichen Wert. Ist etwa eine Behandlungsleistung zwar erbracht, gilt sie aber als mit einer anderen Leistung abgegolten, kommt ihr kein eigener wirtschaftlicher Wert zu, mag auch der Patient, hätte er die Leistung alleine bezogen, daraus resultierende Aufwendungen gehabt haben. In dem Umfang, in dem die Rechtsordnung einer privatärztlichen Leistung die Abrechenbarkeit versagt, weil etwa die für die Abrechenbarkeit vorgesehenen Qualifikations- und Leistungsmerkmale nicht eingehalten sind, kann ihr kein für den tatbestandlichen Schaden i.s.v. 263 StGB maßgeblicher wirtschaftlicher Wert zugesprochen werden.
11 Medienecho Bielefeld Abrechnungsbetrug: Razzia bei Ex-Chef von Kinderklinik des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld Bielefelder Staatsanwaltschaft ermittelt gegen renommierten Mediziner Anschließend stellte jedoch der Chefarzt Johannes O. am 7. Dezember 2012 eine Rechnung in Höhe von 155,12 Euro, obwohl er an der Behandlung nicht beteiligt war Quelle: Neue Westfälische vom
12 Medienecho AICHACHER KRANKENHAUS Verdacht auf Betrug: Verfahren gegen Ex-Chefarzt eingestellt Gegen Zahlung einer Geldstrafe hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den ehemaligen Chefarzt am Aichacher Krankenhaus eingestellt. Der sieht dennoch seinen Ruf beschädigt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat ein seit knapp drei Jahren laufendes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue gegen W. R., den früheren Chefarzt am Aichacher Krankenhaus, gegen eine Geldauflage im oberen vierstelligen Bereich eingestellt. Das teilte Christian Engelsberger, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, mit. Engelsberger sprach von geringem Verschulden. R. habe zwar bei Abrechnungen von Privatpatienten einen formalen Fehler begangen, sich aber keineswegs persönlich bereichert... Quelle: Augsburger Allgemeine vom 30. September 2014
13 Medienecho Abrechnungsbetrug: Chefarzt kassiert für Oberarzt Gynäkologe steht vor Gericht und weist Vorwürfe zurück ASCHAFFENBURG - Am OP-Tisch stand ein Oberarzt, trotzdem soll der Chefarzt kassiert haben. Der Aschaffenburger Gynäkologe steht nun wegen Betrugs vor Gericht - und weist die Vorwürfe zurück. Quelle: Nordbayern.de - Nürnberger Nachrichten vom
14 BVerfG , 1 BvR 1128/13 Schwerwiegende berufsrechtliche Verfehlungen dürfen auch nichtanonymisiert in Fachmedien veröffentlicht werden Berechtigtes Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der Gemeinschaft der Versicherten, wie auch der Kammerangehörigen, die sodann ihr Verhalten nach Kenntnis einer solchen Verfehlung steuern können. Die Ärztekammer hatte dem Arzt ihm vorgehalten, er habe gegenüber Privatpatienten Rechnungen erstellt, die nicht in Einklang mit der Gebührenordnung für Ärzte stünden. Das Berufsgericht für Heilberufe erkannte auf die Entziehung des passiven Berufswahlrechts sowie auf eine Geldbuße i.h.v Es ordnete zudem an, dass die Ärztekammer berechtigt sei, das Urteil nach Rechtskraft im Ärzteblatt der zuständigen Ärztekammer zu veröffentlichen.
15 OLG Braunschweig, Urt. v U 24/12 1. Vereinbart der Patient vor einem geplanten Heileingriff gegen zusätzliches Honorar die Behandlung durch den Chefarzt, so ist seine Einwilligungserklärung auf die Durchführung der Operation durch den Chefarzt persönlich beschränkt. 2. Wird die Operation in einem solchen Fall durch einen, selbst vorher namentlich aufgelisteten Vertreter des Chefarztes durchgeführt, so ist der Eingriff mangels Einwilligungserklärung gleichwohl rechtswidrig, wenn nicht der Patient zuvor von der - tatsächlich bestehenden und der Behandlungsseite nachzuweisenden - unvorhergesehenen Verhinderung des Chefarztes informiert worden ist.
16 OLG Braunschweig, Urt. v U 24/12 3. Bezahlt ein Patient in einer solchen Situation in dem Wissen, dass sich bei der durch den Vertreter des Chefarztes durchgeführten Operation eingriffsspezifische Risiken verwirklicht haben, so liegt in einer Bezahlung der Arztrechnung keine konkludente nachträgliche Billigung der Stellvertretung.
17 OLG Braunschweig, Urt. v U 24/12 4. Ist die Frage der Stellvertretung in AGB geregelt, ist zur wirksamen Vertreterregelung nur eine solche Klausel zulässig, in der der Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt ist, in denen dessen Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht, etwa weil die Verhinderung (Krankheit, Urlaub etc.) selbst noch nicht absehbar oder weil noch nicht bekannt ist, dass ein bestimmter verhinderter Wahlarzt, auf den sich die Wahlleistungsvereinbarung erstreckt, zur Behandlung hinzugezogen werden muss.
18 LIQUIDATIONSRECHT DES KRANKENHAUSTRÄGERS Urteil des LG Hamburg vom S 119/13 - Das Amtsgericht hat zu Recht die Aktivlegitimation des Krankenhauses bejaht. Aus der Übersicht über die Wahlärzte und aus der ärztlichen Zusatzvereinbarung geht hervor, dass das Liquidationsrecht nicht dem Chefarzt eingeräumt worden ist, sondern dem Krankenhaus. Das Krankenhaus ist grundsätzlich zur Liquidation berechtigt. Gemäß 2 Abs. 1 KHEntgG gehören zu den Krankenhausleistungen nicht nur Allgemeine Krankenhausleistungen, sondern auch Wahlleistungen. Da es sich auch bei den Wahlleistungen um Leistungen des Krankenhausträgers handelt, kann dieser selbst entscheiden, ob er den leitenden Ärzten ein Liquidationsrecht einräumt oder nicht.
19 LIQUIDATIONSRECHT DES KRANKENHAUSTRÄGERS Urteil des LG Hamburg vom Az.: 303 S 5/13 - Der Krankenhausträger ist selbst zur Abrechnung von Wahlleistungen im Sinne von Quasi-Institutsleistungen berechtigt, sofern ihm und nicht dem Arzt das Liquidationsrecht zukommt. Aus 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG kann nicht der Umkehrschluss gezogenen werden, dass allein den zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen berechtigten Ärzten des Krankenhauses ein Liquidationsrecht zukommt mit der Folge, dass eine Wahlleistungsvereinbarung, die auf die Abrechnung durch den Krankenhausträger abzielt, unwirksam wäre.
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