BREITENECKER KOLBITSCH VANA
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- Fritzi Baumann
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1 BREITENECKER KOLBITSCH VANA Dr. Heinrich VANA, MAS Rechtsanwalt Verteidiger in Strafsachen akademischer Europarechtsexperte MAS Mediation & Konfliktmanagement in Wirtschaft, Verwaltung Taborstraße 10, Stiege 2 A-1020 Wien Tel Fax vana@vana.cc Partizipation am Beispiel Terminal Wien Inzersdorf Beitrag zum ersten Wiener Symposium Mobilität trifft Lebensqualität ( ) Was recht is, is recht, doch was z viel is, is z viel singt der Chor im Wirtshaus in Krähwinkel zu Beginn der Revolutionsposse von Johann Nestroy. Die im März 1848 gestellt Frage, ob - was recht is - auch tatsächlich als legitim akzeptiert wird, ist letztlich auch heute ein bestimmendes Thema: Wie kommt es zu Legitimationskrisen und wie könne Projekte legitimiert werden? Vertrauen schaffen : Dieses Schlagwort in Verbindung mit Stadtentwicklung und Partizipation ist beispielsweise der Titel eines Praxisbuchs, in dem der Runde Tisch Terminal Wien Inzersdorf als Beispiel eines gelungenen BürgerInnen - Beteiligungsprozesses genannt wird. In Krähwinkel spricht der Redakteur Ultra nicht von Vertrauen schaffen sondern von der Abschneidungsnotwendigkeit der Zöpfe. Zwischen dem klaren Gefühl des Herrn Ultra und dem Misstrauen vieler gegen Großprojekte besteht ein enger Zusammenhang es geht um starke Emotionen. Diese können ein Schlüssel für partizipatorische Prozesse sein. Da Emotionen, die erlahmen können, keine dauerhafte Grundlage für Partizipation sind, ist die Einrichtung von dauerhaften Partizipationsmodellen, wie beispielsweise des Dialogforums am Flughafen Wien eine große Herausforderung. 1
2 Gerade im Bereich der Infrastrukturplanung besteht ein hoher Konsensbedarf. Zur Bewältigung der komplexen Probleme, die mit der Umwelt konnotiert werden, haben Betreiber von Infrastrukturprojekten in den letzten Jahren Runde Tische eingerichtet, an Mediationsverfahren teilgenommen oder andere Formen der Partizipation angeboten. Die ÖBB Infrastruktur AG kann auf lange Erfahrungen mit Partizipationsverfahren zurückgreifen. Ausgehend vom - Mediationsverfahren Gasteinertal (zweigleisiger Ausbau der Tauernachse), das mit einem Vertrag abgeschlossen werden konnte, hat - die ÖBB-Infrastruktur AG sich häufig Methoden der Partizipation bedient, um für ihre Projekte ausreichende Projektsicherheit zu schaffen (vgl. aktuell Hauptbahnhof Wien und Semmering Basistunnel neu). Die Erfolge solcher Verfahren sind bekannt. Hier gebe ich nicht die bekannten Schlagworte von - Win-Win-Situation oder der - Allparteilichkeit der Verfahrensleitung wieder, sondern beleuchte die Frage Partizipation als Konfliktmanagement : Gerade das Beispiel Terminal Wien Inzersdorf zeigt, dass - die Konflikte vielschichtig sind und auf verschiedenen Ebenen liegen, da Infrastrukturmaßnahmen ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen haben. Zur Lösung des jahrzehntelangen Konflikts um den Terminal Wien Inzersdorf hätte der Runde Tisch beispielsweise die Für und Wider der Flächenwidmung für Rothneusiedl diskutieren können oder die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten die Ursachen des Konflikts bei der Organisation der Wirtschaft oder ganz pauschal beim Verkehr suchen können. Der österreichische Konfliktforscher Friedrich Glasl hat darauf verwiesen, dass die Ausweitung von Konflikten in neue soziale Kontexte grundsätzlich destruktiv wirkt. Dazu hat der Runde Tisch Terminal Wien Inzersdorf als Ergebnis einer langen Diskussion in seiner Geschäftsordnung festgelegt, dass Gegenstand des Runden Tisches die Erörterung - der Planung, der Errichtung und des Betriebs der Terminals Inzersdorf und die in diesem Zusammenhang zu erwartenden Verkehrs- und Umweltbelastungen 2
3 sind. Um es klarer zu sagen: Der Runde Tisch hat sich entschieden, - weder die regionale Raumplanung, noch überregionale Verkehrskonzepte zu diskutieren, jedoch - das Projekt im Sinne der Bezirke und insbesondere der Bewohnerinnen und Bewohner zu adaptieren. Ausgleich auf regionaler Ebene : Obwohl das geltende österreichische Eisenbahnenteignungsgesetz schon seit dem 19. Jahrhundert den Grundsatz der vollen Entschädigung festgeschrieben hat, hat es bis zu einer Entscheidung in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts gedauert, bis jenen, die für die Allgemeinheit ein Sonderopfer erbringen, auch die Kosten des Verfahrens ersetzt werden. Der bekannte Mediator Zilleßen merkt kritisch an, dass es gelinde gesagt nicht üblich sei, denjenigen, die im Interesse des Gemeinwesens besondere Belastungen übernehmen, dafür in irgendeiner Form Entschädigung zu leisten. Thema am Runden Tisch war die Frage, ob die durch den Ausbau der Infrastruktur Betroffenen auch einen Ausgleich erhalten. Dazu konnte neben allen Vereinbarungen zur Umsetzung des Projekts auch eine Einigung zur Grünraumgestaltung erzielt werden. Die Bürgerinitiativen haben darüber hinaus auch Forderungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der neuen Infrastruktur (Pottendorfer Linie) gestellt. Von Seiten der ÖBB Infrastruktur AG konnte dazu darauf hingewiesen werden, dass durch die neue Infrastruktur die Möglichkeit für eine Steigerung des Personenverkehrs geschaffen wird. Vereinbarungen zu dieser Frage konnten mangels Zuständigkeit der ÖBB Infrastruktur AG nicht getroffen werden. Schriftliche Vereinbarungen : Bereits in der Geschäftsordnung wurde festgelegt, dass - gefundene Lösungen schriftlich festgehalten werden mit dem Ziel, dass diese zur Grundlage der Behördenverfahren gemacht werden und bei Errichtung und Betrieb des Güterterminals im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten umgesetzt werden. Diese Festlegung, nach Abschluss des Verfahrens eine schriftliche Vereinbarung abzuschließen, ist keine Selbstverständlichkeit: 3
4 Ich erinnere mich persönlich an das Mediationsverfahren Gasteinertal (ÖBB, zweigleisiger Ausbau der Tauernachse), in dem Zilleßen als Mediator tätig war und ich als Anwalt der Gemeinde und in der Folge als Anwalt des Verfahrens den Auftrag hatte, das Ergebnis der Mediation in einem schriftlichen Vertrag festzuhalten. Das ganze Verfahren drohte zu scheitern, da sich - der gefundene Konsens - im Zuge der juristischen Festschreibung wieder in einem ganz anderen Licht darstellte und - zwischen einer Rechtsabteilung, die am Verfahren nicht teilgenommen hatte und - mir erbitterte Auseinandersetzungen um jede Formulierung geführt wurden. Zilleßen äußerte die Ansicht, dass auf einen schriftlichen detaillierten verbindlichen Vertrag in dieser Situation besser verzichtet werden sollte, da damit der gesamte Prozess eher gefährdet als abgesichert werden würde. Für mich als Anwalt war seinerzeit klar, dass nur eine verbindliche vertragliche Regelung die Parteien glücklich machen würde. Angesichts des Schicksals dieses seinerzeitigen Vertrages, der als grüne Kiste seit damals im Ministerium, bei der ÖBB und in meiner Kanzlei steht, aber bis jetzt nicht mehr lebendig geworden ist, sehe ich die Frage der Verbindlichkeit solcher Vereinbarungen durchaus differenziert: Noch 1998 hat Zilleßen noch darauf hingewiesen, dass im Rahmen von Umweltmediationen Konsens extrem selten wäre aber auch ohne konsensuale Übereinkunft ein Mediationsverfahren viele Vorteile bieten würde. Diese Sicht betont die Partizipationsmöglichkeit, die nicht unbedingt unter dem Gesichtspunkt der Festschreibung einer Entscheidung gesehen werden muss. Dennoch hat sich in Österreich der juristische Standpunkt durchgesetzt. So spricht beispielsweise Kerschner davon, dass wir uns in der Prämisse ganz einig wären: Ziel der Umweltmediation muss (!) ein rechtlich zulässiges und verbindliches Übereinkommen zwischen den an einem Umweltverfahren beteiligten Personen sein. Sonst kann alles Schall und Rauch sein. Dieser Empfehlung ist das Mediationsverfahren Flughafen Wien, aber auch alle von mir geleiteten Runden Tische wie der Runde Tisch Terminal Wien Inzersdorf gefolgt. Zu den - sich aus diesen zivilrechtlichen Vereinbarungen ergebenden Spannungsfeld zu den - öffentlich rechtlichem Genehmigungsverfahren 4
5 hat der Umweltrechtstag des Jahres 2008 einen eigenen Arbeitskreis eingerichtet eine Quelle von weiteren Konflikten. Konflikte durch Machtungleichgewichte : Ich bin bei meinen Betrachtungen davon ausgegangen, dass die von mir genannten Verfahren sich der ungleichen Möglichkeiten von Betreibern und Betroffenen bewusst sind. So ist die Geschäftsordnung des Runden Tisches Terminal Wien Inzersdorf davon ausgegangen, dass der Runde Tisch dann erfolgreich sein kann, wenn alle Parteien in die Lage versetzt werden, auf gleicher fachlicher und sachlicher Ebene zu diskutieren. Die beigezogenen Fachgutachter sollen daher das Vertrauen aller Parteien genießen. Sowohl die Beiziehung von Sachverstand, als auch die Eingrenzung und Abgrenzung der Verhandlungsgegenstände und insgesamt die Einrichtung fairer Prozesse sollen gewährleisten, dass die Konflikte verhandelbar werden. Gerade der Qualität dieser Verfahren ist es zu verdanken, dass die Akzeptanz der jeweiligen Projekte offenbar größer wurde. Die laufenden Genehmigungsverfahren (Umweltverträglichkeitsprüfung) Flughafen Wien oder Terminal Wien Inzersdorf sind dafür ein gutes Beispiel. Für mich zeigen diese Beispiele ein zentrales Problem auf, auf das Peter Heintel mit seiner These Mediation als Widerspruchsmanagement mehrfach hingewiesen hat: Die wichtigsten Problemstellungen und lösungen haben eine systemübersteigende Gestalt. Da unsere Gesellschaft sektorial aufgebaut ist, ist damit zu rechnen, dass - Lösungen unvereint und unverbunden nebeneinander bestehen. Bemühungen im Rahmen der Partizipation und des Konfliktsmanagements lassen die Hoffnung aufkommen, dass - durch Kooperation im Prozess am Ende gemeinsame Lösungen herauskommen, die möglichst vielen Dimensionen des Problems gerecht werden. 5
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