Rein in die Stadt oder raus aufs Land? Statistische Woche 2017 Rostock, Dr. Tim Leibert

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1 Rein in die Stadt oder raus aufs Land? Aktuelle Trends der Wanderungsverflechtungen in der Region Leipzig Statistische Woche 2017 Rostock, Dr. Tim Leibert

2 Aktuelle Trends der Bevölkerungsentwicklung in (Mittel-)Deutschland Die Großstädte wachsen nach wie vor am stärksten Verjüngung der städtischen Bevölkerungen ( sinkendes Durchschnittsalter), zunehmende Attraktivität der Städte für Familien, auch in zentralen Lagen Wachstum zunehmend auch im Umland, jedoch (noch?) räumlich beschränkt Keine Entwarnung auf dem Land! Lokal: Abschwächung der Schrumpfung, Stabilisierung oder sogar Wachstum ABER: außerhalb der Stadtregionen teilweise auf Zuteilung (!) von Flüchtlingen/Asylbewerbern zurückzuführen Bleibewahrscheinlichkeit?!? Viele Dörfer, Klein und Mittelstädte weisen einen sehr hohen Seniorenanteil auf zukünftige Schrumpfung vorgezeichnet! In den ländlichen Regionen Mitteldeutschlands ist auf der lokalen Ebene eine Akkumulation demographischer Problemlagen festzustellen Positive Signale: relativ hohe Geburtenraten (aber: fehlende Mütter) und schwächere Abwanderung der 18 bis 25 Jährigen; insbesondere der Frauen Mitteldeutschland ist auf Zuwanderer angewiesen! Problem: Vielerorts fehlende Willkommenskultur

3 Mittlere jährl. Bevölkerungsentwicklung in %: Kreisfreie Städte über Einwohner (Gebietsstand ) Eigene Berechnungen; Datenquellen: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2016); Stat. Landesämter

4 Mittlere jährliche Bevölkerungsentwicklung 1990*-2015 (%): Angrenzende Landkreise und Krsfr. Städte < EW (Gebietsstand ) Eigene Berechnungen; Datenquelle: Statistische Landesämter (2016) * Umland Berlin:

5 Bevölkerungsentwicklung Innerer Ring*: +1,9% Minimum Pegau: 3,1% Maximum Taucha: +7,0% Äußerer Ring**: 1,3% Minimum Kitzscher: 4,8% Maximum Rötha: +1,4% Mittelzentren im LR: 2,2% Minimum Oschatz: 1,7% Maximum Wurzen: 2,4% Grundzentren im LR: 3,6% Minimum Bad Düben: 1,3% Maximum Dahlen: 6,1% Ländlicher Raum: 3,4% Minimum Löbnitz: 1,4% Maximum Kohren Sahlis: 6,6% Stadt Leipzig: +9,9% Landkreis Leipzig: 1,0% Nordsachsen: 1,2% Land Sachsen: +0,8% Eigene Berechnungen; Datenquellen: StaLa Sachsen (2016); Destatis (2016, 2017) * Belgershain, Borsdorf, Brandis, Großpösna, Machern, Markkleeberg, Markranstädt, Naunhof, Pegau, Zwenkau; Jesewitz, Krostitz, Rackwitz, Schkeuditz, Taucha ** Bennewitz, Böhlen, Borna, Elstertrebnitz, Groitzsch, Kitzscher, Neukieritzsch, Otterwisch, Parthenstein, Regis Breitingen, Rötha; Delitzsch, Eilenburg, Schönwölkau, Wiedemar, Zschepplin

6 Wanderungssaldo der Stadt Leipzig mit ausgewählten Regionen

7 Quelle: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen (2015)

8 Quelle: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen (2015)

9 Quelle: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen (2015)

10 Suburbanisierung Wanderungssaldo Stadt- Umland 2015 DZ TG Die Wanderungsverluste der Umlandgemeinden gegenüber der Stadt Leipzig haben sich in seit 2012 abgeschwächt. EB WUR GRM OZ Immer mehr Gemeinden im inneren und äußeren Ring verzeichnen im Saldo Wanderungsgewinne aus Leipzig Die Trendwende ist bei einigen Gemeinden jedoch vorrangig auf die Flüchtlingskrise zurückzuführen. BNA GHA Eigene Berechnungen; Datenquelle: StaLa Sachsen (2016)

11 Wanderungen innerhalb der Region Leipzig 2015: Ausländeranteil (%) nach Quelle-Ziel-Beziehung Eigene Berechnungen; Datenquelle: StaLa Sachsen (2016)

12 Stadt-Umland-Wanderung: Anteil der ausländischen Staatsbürger an den aus Leipzig Zuziehenden 2015 Eigene Berechnungen; Datenquelle: StaLa Sachsen (2016)

13 Wanderungsvolumen und Wanderungsbilanz nach Gemeindetyp und Nationalität 2015 Große Kreisstädte (BNA, DZ, EB, GRM, OZ, TG, WUR) Zuzug aus Leipzig: 1161 Personen, davon 693 Deutsche Fortzug nach Leipzig: 1169 Personen, davon 1055 Deutsche Wanderungsverlust: insgesamt 8 Personen, aber 362 Deutsche Innerer Ring von Leipzig* Zuzug aus Leipzig: 3379 Personen, davon 3193 Deutsche Fortzug nach Leipzig: 2527 Personen, davon 2330 Deutsche Wanderungsgewinn: insgesamt 852 Personen, aber 863 Deutsche Äußerer Ring von Leipzig** Zuzug aus Leipzig: 540 Personen, davon 492 Deutsche Fortzug nach Leipzig: 504 Personen, davon 448 Deutsche Wanderungsgewinn: insgesamt 36 Personen, aber 44 Deutsche Ländlicher Raum (alle übrigen Gemeinden) Zuzug aus Leipzig: 637 Personen, davon 505 Deutsche Fortzug nach Leipzig: 626 Personen, davon 587 Deutsche Wanderungsbilanz: insgesamt +11 Personen, aber 82 Deutsche * Belgershain, Borsdorf, Brandis, Großpösna, Machern, Markkleeberg, Markranstädt, Naunhof, Pegau, Zwenkau; Jesewitz, Krostitz, Rackwitz, Schkeuditz, Taucha ** Bennewitz, Böhlen, Elstertrebnitz, Groitzsch, Kitzscher, Neukieritzsch, Otterwisch, Parthenstein, Regis Breitingen, Rötha,; Schönwölkau, Wiedemar, Zschepplin Eigene Berechnungen; Datenquelle: StaLa Sachsen (2016)

14 Hauptwanderungsverflechtungen innerhalb der Landkreise nach Gemeindetypen 2015 Ländlicher Raum Große Kreisstädte (1285 Personen) Große Kreisstädte Ländlicher Raum (1144 Personen) Innerhalb des ländlichen Raums (906 Personen) Zwischen Gemeinden des inneren Rings (815 Personen) Äußerer Ring Große Kreisstädte (684 Personen) Zwischen Großen Kreisstädten (548 Personen) Wanderungsbilanzen: Große Kreisstädte: +340 Personen Innerer Ring: +29 Personen Äußerer Ring: 177 Personen Ländlicher Raum: 192 Personen Eigene Berechnungen; Datenquelle: StaLa Sachsen (2016)

15 Wanderungen innerhalb der Region Leipzig 2015: Altersstruktur (%) nach Quelle-Ziel-Beziehung ,5% 47,7% 38,9% 13,4% 23,3% 22,5% Eigene Berechnungen; Datenquelle: StaLa Sachsen (2016)

16 Leipzig: Typisierung der Ortsteile nach Gebäudestruktur, Mietniveau und Leerstandsquote Attraktive Altbauquartiere: Gründerzeitbebauung, (sehr) hohe Angebots und Bestandsmieten, niedrige Leerstandsquoten Aufstrebende Altbauquartiere: Gründerzeitbebauung, hohe Angebots, aber geringe Bestandsmieten, mittlere bis hohe Leerstandsquoten Weniger begehrte Altbauquartiere: Gründerzeitbebauung, niedrige Angebots und Bestandsmieten, (sehr) hohe Leerstandsquoten DDR Großwohnsiedlungen: Plattenbauviertel mit niedrigen Angebots und Bestandsmieten, niedrige bis sehr hohe Leerstandsquoten Quelle: eigener Entwurf Einfamilienhaussiedlungen: (sehr) niedrige bis durchschnittliche Leerstandsquoten, hoher Anteil von Gebäuden nach 1991 gebaut

17 Leipzig: Entwicklung der Einwohnerzahl und des Durchschnittsalters nach Ortsteilen =100 Eigene Berechnungen; Datenquelle: Amt für Statistik und Wahlen

18 Entwicklung der Zahl der unter 3-Jährigen nach Ortsteilen und Kinderanteil =100 Eigene Berechnungen; Datenquelle: Amt für Statistik und Wahlen

19 Biographische Interviews mit Zu- und Rückwanderern: Wohnorte der Befragten

20 Zwischenergebnisse der biographischen Interviews mit Zu- und Rückwanderern Die Nähe zur Familie ist oftmals wichtiger als die Ausstattung der Immobilie, besonders bei jungen Familien und ältere Menschen Arbeitsmobilität ist im Alltag integriert, ansonsten werden lokale Angebote, gerne und vorzugsweise genutzt Alle sprechen Internetgeschwindigkeit als Thema an Besonders geschätzt wurden in Nordsachen die überschaubare, nachbarschaftliche Umgebung und ein ruhiges Wohnumfeld starke gefühlte (Heimat )Verbundenheit mit der Region, dem Ortsteil und/oder dem Grundstück Das ist einfach die Scholle, es ist einfach ne Verbundenheit. Sie müssen sich vorstellen, Ihre Vorfahren sind seit Ewigkeiten hier ansässig gewesen. Dann vertrieben worden. Und die haben das aufgebaut und dann gesagt: Hey, jammere nicht. [ ] Und hoffentlich gibt es Nachfolger, die es weiter betreiben und den Geist oder den Spaß haben, das weiter zu erhalten. Interview #86

21 Drei Thesen zum Schluss Die Stabilisierung der Einwohnerzahl und die Trendwende bei der Ost West Wanderung sind vor allem auf die Attraktivität der Großstädte zurückzuführen. Dies ist einerseits Teil eines bundesweiten Trends, andererseits sind die Rahmenbedingungen für eine Reurbanisierungin Ostdeutschland besonders günstig. Das Wachstum der Großstädte strahlt zunehmend auf das Umland aus, aber weniger als in Westdeutschland. Die ländlichen Regionen Mitteldeutschlands sind nach wie vor das Labor des demographischen Wandels! Darüber sollten positive Trends (z.b. Geburtenentwicklung) sowie die bevölkerungsstatistischen Effekte der internationalen Zuwanderung nicht hinwegtäuschen. Hauptproblem ist die Altersstruktur! Auf den Immobilienmärkten dürfte sich die Polarisierung in sich verknappende Marktsegmente (z.b. günstige familiengerechte Wohnungen in den Großstädten) und Überangebote in anderen Segmenten verschärfen.

22 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Leibniz Institut für Länderkunde Dr. Tim Leibert Schongauerstraße 9 D Leipzig t_leibert@ifl leipzig.de leipzig.de