Entwicklung der Struktur des Arbeitsmarktangebotes und die Herausforderung der Fachkräftesicherung im ostdeutschen Baugewerbe

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1 Entwicklung der Struktur des Arbeitsmarktangebotes und die Herausforderung der Fachkräftesicherung im ostdeutschen Baugewerbe Von Kay Senius Das Baugewerbe eine wichtige Säule der Wirtschaft in Ostdeutschland Die Bauwirtschaft ist eine Schlüsselbranche der ostdeutschen Wirtschaft und trägt erheblich zur Wertschöpfung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Rund 7 % des ostdeutschen Bruttoinlandsproduktes werden für Baumaßnahmen verwendet. Die vor allem klein- und mittelständischen Bauunternehmen sind in Ostdeutschland wichtige Arbeitgeber. Nach dem Bauboom der ersten Jahre nach der Wiedervereinigung, musste das Baugewerbe seit 995 signifikante Umsatzrückgänge verkraften. Die Bau-Hochkonjunktur Anfang der 990er Jahre ließ die Zuwachsraten im Neubau nach oben schnellen, denn der Nachholbedarf in den ostdeutschen Bundesländern war enorm, insbesondere im Wohnungsbaubestand und beim Ausbau der Infrastruktur. Die Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder, Statistisches Bundesamt schnell ansteigende Nachfrage führte im Baugewerbe zum Aufbau von Überkapazitäten. Im Jahr 995 war in der deutschen Bauwirtschaft eine Marktsättigung erreicht, sodass die Bauaktivitäten erheblich zurückgingen. Hinzu kam eine strukturelle Veränderung der Nachfrage: Die Bauaktivitäten verschoben sich vom Neubau hin zur Renovierung. Für das Jahr 205 erwartet die Bauwirtschaft eine Fortsetzung der positiven Entwicklung der letzten Jahre, da die öffentlichen Investitionen seitens des Bundes und auch der Kommunen erneut deutlich steigen werden. Ich bin davon überzeugt, dass in der deutschen Bauwirtschaft ein gutes Wachstumspotenzial steckt und diese Impulse für das Handwerk setzt.

2 Entwicklung der Struktur des Arbeitsmarktangebotes im ostdeutschen Baugewerbe Die Entwicklung des Arbeitsmarktes im ostdeutschen Baugewerbe weist einige charakteristische Merkmale auf. Die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Baugewerbe2 weicht von der Entwicklung der Gesamtwirtschaft ab: 2043 waren von den Beschäftigten in Ostdeutschland rund 6,8 % ( Personen) im Baugewerbe tätig. Seit 999 (764.9 Personen) hat sich hier die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Zuge der Baukrise nahezu halbiert (-49,4 %). Solch eine massive Destruktion von Know-how und Unternehmenskapital hat es in keiner anderen Branche in so kurzer 2 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen der WZ 2008 (Wirtschaftsabteilung 4-43). 3 Bezieht sich im Text auf den Stichtag 30. Juni 204, Zeit jemals gegeben. Nach jahrelang sinkenden Beschäftigungszahlen scheint der Beschäftigungsabbau seit 2005 gestoppt zu sein, bedingt auch durch die gute wirtschaftliche Entwicklung der ostdeutschen Länder, die gestiegene Bauproduktion und die damit verbundenen höheren Investitionen seitens des Bundes und der Kommunen. Auch ein immer stärker werdender Fachkräftebedarf in der Branche trägt dazu bei. Trotzdem konnte sich die Beschäftigtenzahl im ostdeutschen Baugewerbe nach dem deutlichen Rückgang nicht mehr im gleichen Maße erholen. Das Baugewerbe ist geprägt durch einen hohen Männeranteil: 88,2 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im ostdeutschen Baugewerbe waren 204 männlich (999: 88,6 %). Die seit Jahren deutliche Unterrepräsentanz der Frauen setzt sich damit fort und zeigt sich vor allem im Bauhauptgewerbe. Hier sind aktuell nur 3,0 % der Beschäftigten weiblich. 4545

3 Das Baugewerbe ist eine Vollzeitbranche: Das ostdeutsche Baugewerbe ist von einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Vollzeitarbeitsverhältnissen gekennzeichnet. Der Anteil, 204 waren 90,4 % sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Vollzeit tätig (999: 97,4 %), ist in den vergangenen Jahren stabil bei über 90 % geblieben. Der Ausländeranteil im Baugewerbe liegt leicht über dem gesamtwirtschaftlichen Niveau: 4,4 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen im ostdeutschen Baugewerbe hatten 204 ausländische Wurzeln. Damit liegt der Anteil der ausländisch Beschäftigten mit 0,6 Prozentpunkten leicht höher als in der ostdeutschen Gesamtwirtschaft. Der Anteil der ausländisch Beschäftigten im ostdeutschen Baugewerbe hat sich zwischen 999 und 2004 kontinuierlich erhöht (+36,2 %). Dem Baugewerbe fehlt der Nachwuchs: 34, % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Ostdeutschlands waren Jahre und älter (999: 3,4 %); lediglich 7,5 % der Beschäftigten sind 25 Jahre und jünger (999: 8,5 %). Der Beschäftigungsanteil der rentennahen Jahrgänge stieg demografisch bedingt im ostdeutschen Baugewerbe zwischen 999 und 204 stark an (+28,7 %), während der Anteil der Jüngeren sehr deutlich sank (-79,6 %). Die Nachwuchssorgen sind auch auf dem Ausbildungsmarkt sichtbar. Im Zuge der Baurezession hat das Baugewerbe seine Attraktivität für Auszubildende verloren. Lag der Anteil der Auszubildenden im ostdeutschen Baugewerbe im Jahr 999 noch bei 7, %, betrug er 204 nur noch 2,0 %. Im aktuellen Ausbildungsjahr4 blieben in den Bauberufen 0,4 % der gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt. Dem standen gemeldete 4 Berichtsjahr 203/204; Quelle: Bewerber und Berufsausbildungsstellen, Statistik der BA. 46

4 Bewerber gegenüber, von denen rund 4,4 % unversorgt blieben. Damit münden immer weniger Jugendliche in eine Ausbildung im Baugewerbe ein, obwohl Berufe im Baugewerbe zu den Chancenberufen in Ostdeutschland zählen. Immer weniger Arbeitslose5 im Baugewerbe: Knapp 2,9 % der 2046 in Ostdeutschland gemeldeten Arbeitslosen strebten eine Tätigkeit in einem Bauberuf an, vor 25 Jahren waren es noch rund 25 %. Bedingt durch den steigenden Fachkräftebedarf fanden viele Arbeitslose wieder eine Beschäftigung. Seit 202 ist die Zahl der Arbeitslosen im Baugewerbe (-0,0 %) stärker zurückgegangen als die Zahl aller Arbeitslosen in Ostdeutschland (-8,2 %). Da rund 97,7 % aller Arbeitslosen im Baugewerbe männlich sind, wird der Rückgang der Arbeitslosigkeit vor allem hier sichtbar. Differenziert nach Alter zeigen sich deutliche Veränderungen bei den Arbeitslosen unter 25 Jahren (Rückgang zwischen 202 und 204: -29,9 %) und in der mittleren Altersgruppe (-3,8 %), während die Zahl älterer Arbeitsloser über 50 Jahre im Baugewerbe relativ konstant ist (-,0 %). Wenig Stellen für Helfer verfügbar: 2047 gab es im ostdeutschen Baugewerbe offene Stellen, rund 0,6 % mehr als im Vorjahr. Insgesamt wurden dabei Stellen neu gemeldet, wovon 74,7 % auf Fachkräfte und,4 % auf Spezialisten/ Experten entfielen. Für Helfer wurden deutlich weniger Stellen gemeldet (3,9 %). Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre fort, dass im Baugewerbe überwiegend Fachkräfte gefragt sind. 5 Bestand an Arbeitslosen nach Berufen der KldB 200 (Kategorie 3). 6 Bezieht sich im Text auf den Jahresdurchschnitt 204, 7 Bezieht sich auf den gleitenden Jahresdurchschnitt 204, 47

5 Lohngefälle zwischen Ost und West8: Eine regional differenzierte Betrachtung der Bruttolöhne zeigt, dass es in den Bauberufen immer noch ein deutliches Lohngefälle zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland gibt. Während im Jahr 203 der Median der Löhne über alle Berufe im Westen rund 25, % über dem Median der Löhne im Osten (2.37 Euro) lag, betrug der Lohnunterschied in den Bauberufen 27,2 % (Osten 2.09 Euro) Herausforderung der Fachkräftesicherung im Baugewerbe Geringe Zuwachsraten im Bauvolumen, eine Verschärfung des Wettbewerbs, Verteuerung der Rohstoffe und zunehmende Konkurrenz durch Mitbewerber aus dem Ausland vor diesen enormen Herausforderungen steht die deutsche Bauwirtschaft in den nächsten Jahren. Die Aufgaben in der Bauwirtschaft werden immer komplexer. Deshalb wird qualifizierte Ausbildung für die 8 Entgeltstatistik Stichtag 3. Dezember 203 (Daten vor der Revision), 4848 Zukunftssicherung der einzelnen Betriebe immer wichtiger. In den kommenden Jahren werden die gut qualifizierten, geburtenstarken Jahrgänge sukzessive in den Ruhestand eintreten. Gleichzeitig kommen zahlenmäßig kleinere Jahrgänge nach. Das heißt zum einen, dass sich die Altersstruktur verschiebt, zum anderen aber auch, dass eine gute Ausbildung und Qualifikation der jüngeren Generationen umso bedeutsamer wird. Es wird daher immer wichtiger, Auszubildende im Baugewerbe zu fördern und die Attraktivität als Wirtschaftsbereich zu steigern. Zugleich verschiebt sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt quantitativ und qualitativ. Im Zuge dieser Entwicklung wird es künftig stärker darum gehen, Arbeitskräfte und nicht besetzte Stellen besser, schneller und nachhaltig zusammen zu bringen. Diese Situation stellt insbesondere die in Ostdeutschland stark vertretene Zahl an klein- und mittelständischen Bauunternehmen vor große Herausforderungen. Kay Senius ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion SachsenAnhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit