Von der Tomate zur Erfindung
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- Christel Stein
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1 Michael A. Kock Von der Tomate zur Erfindung Patente aus der Sicht eines Pflanzenzüchters Publikation Vorlage: Datei des Autors Eingestellt am unter Autor Dr. Michael A. Kock Veranstaltung Biopatent, Schöpfungsethik und Ordnungspolitik Expertentagung der Hanns-Seidel-Stiftung am Konferenzzentrum München Empfohlene Zitierweise Beim Zitieren empfehlen wir hinter den Titel des Beitrags das Datum der Einstellung und nach der URL-Angabe das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse anzugeben. [Vorname Name: Titel. Untertitel (Datum der Einstellung). In: (Datum Ihres letzten Besuches).]
2 Von der Tomate zur Erfindung Patente aus Sicht eines Pflanzenzüchters Dr. rer. nat. Michael A. Kock Wem gehört die Welt? Hanns-Seidel-Stiftung, 10. November 2010, München
3 Mehr mit weniger... Bis 2050 wird die Weltbevölkerung um 30% auf 9 Mrd. steigen Der Kalorienbedarf wird um 50% steigen Weitere Herausforderungen: Klimawandel, Energiebedarf Begrenzte Ressourcen: Land, Wasser Steigender Bedarf an Innovationen und integrierten Lösungen 2
4 Technologien in der Pflanzenzüchtung Konventionelle Züchtung Kreuzungszüchtung Ertragsbezogene Züchtung Hybridtechnologie Höheres Ertragsniveau (Mais, Raps, Roggen, Gerste ) Smart Breeding (Marker) Verkürzung der Züchtungsarbeit (Beschleunigter Züchtungsfortschritt) Eigenschaftbezogene Züchtung (Resistenzen, Stresstoleranz, Inhaltsstoffe) Grüne Gentechnik (~ 134 Mio Hektar weltweit) Breitere genetische Basis (keine Artengrenzen) Eigenschaftbezogene Züchtung (Resistenzen, Stresstoleranz, Inhaltsstoffe) 3
5 Moderne Züchtungsforschung Technologie-Integration für schnellere Produktentwicklung Marker Selektion Genotypisierung Informationstechnologie Kombinationen Korrelationen Genetische Diversität Erfahrung & Wissenschaft Auswahl Beobachtbare Effekte Phenotypisierung Metabolomics Trehalose Sucrose Raffinose Galactose Glucose Fructose Ascorbate Maltose Starch G6P Allelische Diversität Wildrassen Neue Pflanzensorte Arabinose Cysteine Leucine Valine Isoleucine β alanine Methionine Ribulose-5P Mannitol F6P Sorbitol O-acetylserine Inositol Glycine Serine 3-PGA Glycerate Glycerol Glycerol-3P PEP Shikimate Alanine Pyruvate Asparagine Quinate Aspartate OAA Citrate Glutamine Pyroglutamate Isocitrate Homoserine Malate α-ketoglutarate Glutamate Threonine Fumarate Proline Arginin Succinate 4
6 Technologien in der Pflanzenzüchtung Grüne Gentechnik vs. Smart Breeding Gentechnisch verändertes Merkmal Gen wird mit Biotechnologie (Transformation) eingeführt Schutz: Patent auf Gen Vorteile: Sequenz bekannt, gezielte Züchtung, keine Artengrenze Nachteile: Hohe Zulassungskosten, lange Entwicklungszeiten, gesellschaftliche Akzeptanz Pflanze mit natürlichen Eigenschaften Die Eigenschaft wird durch Kreuzung in die Pflanze eingeführt (ggf. durch Marker unterstützt) Schutz: Patent auf Pflanze und Verfahren, Sortenschutz Vorteile: Geringere Zulassungskosten Nachteile: Detaillierte Sequenz unbekannt, Einschränkung durch Artengrenze 5 x
7 Was macht die Tomate zur Erfindung? Nicht jeder Mist ist ein Dünger. (Erwin Chargaff, Biochemiker, ) Eine Erfindung ist eine für den Fachmann nachvollziehbare, technische Lehre: o Nein: Züchtung basierend auf zufälligen, natürlichen Phänomenen o OK: Züchtung basierend auf wissenschaftlichen Verfahren (Markern) Alle Erfindungen müssen drei wesentliche Eigenschaften erfüllen: Neuheit: Die Erfindung darf noch nicht vorhanden sein. o Nein: Finden eines bestehenden Gens in einer vorhandenen Sorte o OK: Transfer eines Gens von einer Art in eine andere; neue Kombination Erfinderische Tätigkeit: Die Erfindung darf nicht naheliegend sein o Nein: Kombination von bekannten Genen ohne Zusatzeffekt; Routinearbeit o OK: Synergistische Effekte; erheblicher Aufwand Ausreichende Beschreibung: so dass der Fachmann sie ausführen kann o Nein: Beschreibung einer Pflanze nur mit Eigenschaften o OK: Beschreibung einer Pflanze mit Eigenschaft und Genetik; Hinterlegung 6
8 Sorten- vs. Patentschutz Warum wir beides brauchen Gen X Kreuzung Gen X Nur Sortenschutz auf Sorte A: Erfordert: Kommerzielle Neuheit, Unterscheidbarkeit Dauer: Jahre ab Erteilung Wettbewerber können ohne Lizenz Sorte A zur Züchtung verwenden. Die neue Sorte C ist außerhalb des Schutzes und kann frei vermarktet werden. Kein wirksamer Schutz von Gen X Patentschutz für Gen X: Erfordert: Absolute Neuheit, erfinderische Tätigkeit Dauer: 20 Jahre ab Anmeldung Wettbewerber kann Sorte A für Züchtung und Entwicklung der neuen Sorte C nutzen. Wenn Sorte C noch das geschützte Gen umfasst, ist eine Lizenz vor Vermarktung erforderlich. Nachbaurecht ist identisch zum Sortenschutz. Wirksamer Schutz von Gen X 7 x
9 Denkanstöße Warum sollten Pflanzen-Erfindungen keinen Patentschutz haben? Harte Gründe oder Vorurteile? Ethik: Kein Patent auf Leben Das Prinzip Leben kann nicht patentiert werden. Ein Patent ist kein Eigentumsrecht sondern ein Verbietungsrecht. Die zivilrechtlichen Eigentumsrechte an lebendigen Organismen sind wesentlich weitreichender. Einschränkung genetischer Diversität: Patentschutz t t eines einzelnen, neuen Gens beschränkt NUR die Nutzung dieses Gens für beschränkte Zeit fördert Entwicklung neuer Gene und erhöht so Diversität. Preis es& Abhängigkeit gg et: Produkte setzen sich nur am Markt durch, wenn ihre Leistung den Preis rechtfertigt. Landwirte: Nachbaurecht gilt identisch für Sortenschutz und Patente. Züchter: Zugang zu Lizenzen unter angemessenen Bedingungen ngen kann erleichtert werden (siehe Syngenta Vorschlag). 8
10 Denkanstöße Was sind die Folgen, wenn Pflanzen vom Patent ausgenommen sind? Innovationskultur: Patente fördern Erfindungen in allen Technologiebereichen Erfindungen im Züchtungsbereich sind nicht weniger aufwendig, technisch oder förderungswürdig als andere Technologien. Mit moderner ( smart ) Züchtung gewonnene Pflanzen sind wertvolle Alternativen zur grünen Gentechnik. Ihr agronomischer Wert ist nicht geringer. g Wissensgesellschaft: Patente fordern und fördern die Offenbarung von Erfindungen und Wissen Die Verweigerung von Patenten würde Züchter zu Geschäftsgeheimnissen zwingen. Was sind die Wirkungen auf Innovationszyklen? Wie können kleine Unternehmen und Universitäten ihre Erfindungen verwerten? (Auswirkung auf Lizenzmodelle) Hat eine auf Geschäftsgeheimnissen basierte Industrie (ohne Patente) wirklich mehr Wettbewerb (siehe Software-Industrie)? Investitionskultur: Reduzierte Investitionen in Erforschung und Konservierung genetischer Diversität Bevorzugte Investitionen in patentfähige Technologie (Gentechnik) 9
11 Kooperative statt konfrontative Lösungen Syngentas 4-Säulen Ansatz Grundsätze Anreize erhalten: Patente sollten allen echten Erfindungen zugänglich g sein. Unsicherheit vermindern durch IP Transparenz Technologieverbreitung fördern: Free access aber nicht access for free 4-Säulen Ansatz 1. Klarere Patentierungskriterien ( raising the bar ): Ein Anspruch auf Traits sollte sowohl durch die Eigenschaft als auch die zugrundeliegende Genetik begrenzt sein (eine andere Genetik verletzt nicht). 2. Patent Transparenz: Die für ein Produkt relevanten IP Informationen sollten öffentlich leicht zugänglich sein. 3. Zugang zu genetischer Diversität: Eine Pflanze mit einem patentierten Gen / Allel kann ohne Lizenz zu Züchtung und Vermarktung von neuen Sorten verwendet werden, wenn die neue Sorte selbst das Gen nicht mehr enthält (Auskreuzung). 4. Erleichterung von Technologielizenzen: Neuer, einfacher Zugang zu Lizenzen mittels offener Lizenzplattformen der Industrie (Internet-basiert) 10
12 11 Vielen Dank!
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