Fachkräfte mangel : ein Scheinriese
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- Britta Tiedeman
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1 Fachkräfte mangel : ein Scheinriese Karl Brenke Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Vortrag TALENTUM Hamburg, 5. November 2015
2 Gliederung: 1. Zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials und der Struktur der Beschäftigung 2. Trends: Akademische Ausbildung 3. Trends: duales Ausbildungssystem 4. Fazit
3 1. Zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials und der Struktur der Beschäftigung
4 Demografisch bedingt geht das Erwerbspersonenpotential zurück Entwicklung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter 4 3 Veränderung gegenüber dem Jahr 2000 in Mio. Personen Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren -3 Quelle: Statistisches Bundesamt.
5 dennoch ist das Erwerbspersonenpotential eher gewachsen Entwicklung von Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und Erwerbspersonen 3 Veränderung gegenüber dem Jahr 2000 in 1000 Personen 2 Erwerbspersonen Bevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.
6 Personen bis 49 Jahre: deutlich veränderte Erwerbsneigung der Frauen 1000 Tatsächliche und hypothetische Entwicklung der Zahl der Erwerbspersonen - bis 49 Jahre 500 Veränderung gegenüber dem Jahr 2000 in Männer - tatsächlich Männer - bei Erwerbsquote wie 2000 Frauen - tatsächlich Frauen - bei Erwerbsquote wie Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.
7 Personen ab 50 Jahren: stark gestiegene Erwerbsbeteiligung bei beiden Geschlechtern 3000 Tatsächliche und hypothetische Entwicklung der Zahl der Erwerbspersonen - ab 50 Jahre 2500 Veränderung gegenüber dem Jahr 2000 in Männer - tatsächlich Männer - bei Erwerbsquote wie 2000 Frauen - tatsächlich Frauen - bei Erwerbsquote wie Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.
8 Die mittleren Funktionen gewinnen an Bedeutung 1) Tätigkeitsstruktur der Arbeitnehmer 100% 90% 80% 70% Anteil 60% 50% 40% Leitungskräfte herausgehobene Fachkräfte Fachkräfte Angelernte, einfache Fachtätigkeiten Ungelernte 30% 20% 10% 0% Quartal des jeweiligen Jahres 1) Ohne Mini-Jobber, Landwirtschaft, private Haushalte. Quelle: Statistisches Bundesamt.
9 2. Trends: akademische Ausbildung
10 Hochschulabschluss zunehmend Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeiten Zusammensetzung der Arbeitnehmer nach den Voraussetzungen für ihre ausgeübten Tätigkeiten 100% 80% Anteil an allen Arbeitnehmern 60% 40% Hochschule Lehre; Fachschule Kein Abschluss, Einarbeitung, Kurse 20% 0% Quelle: Das sozio-ökonomische Panel: eigene Berechnungen..
11 Trend zu akademischer Ausbildung Entwicklung der Zahl der Studenten ausgewählter Studienrichtungen - Teil Index: WS 2005/2006 = Sprach- und Kulturwissenschaften Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwiss. Alle Fächer Bauingenieurwesen, Architektur / / / / / / / / / / / / / / / /15 Wintersemester Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.
12 Run auf die Ingenieurwissenschaften Entwicklung der Zahl der Studenten ausgewählter Studienrichtungen - Teil Index: WS 2005/2006 = Industrienahes Ingenieurwesen1) Mathematik, Naturwissenschaften2) Humanmedizin Informatik / / / / / / / / / / / / / / / /15 Wintersemester 1) Einschl. Wirtschaftsingenieurwesen ingenieurwiss. Ausrichtung; 2) Ohne Informatik. Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.
13 Ingenieure: Nachwuchs liegt erheblich über dem Ersatzbedarf Personen mit bestandenen Prüfungen in industrienahen ingenieurwissenschaftlichen Fächern Deutschland DDR alte Bundesrepublik Anzahl Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistisches Amt der DDR; eigene Berechnungen
14 Struktur der Arbeitslosigkeit entwickelt sich spiegelbildlich zu der der Beschäftigung allerdings nicht bei den Hochqualifiziertn Arbeitslose Oktober des jeweiligen Jahres Helfer 45,4 45,9 46,8 48,4 Fachkraft 43,8 42,8 41,7 40,2 Spezialist 5,1 5,2 5,2 5,1 Experte 5,7 6,0 6,3 6, Quelle: Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnungen.
15 Steigende Arbeitslosigkeit bei akademischen MINT-Berufen Zahl der Arbeitslosen in ausgewählten Tätigkeitsfeldern der Kategorie "Experten" Okt 12 Okt 13 Okt 14 Okt Mathematik und Statistik Physik Chemie Humanmedizin Architekten, Bauingenieure Informatik- und andere IKT-Berufe industrienahes Ingenieurwesen Quelle: Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnungen.
16 Arbeitslosigkeit bei industrienahen Ingenieuren nahezu überall ein Anstieg Zahl der Arbeitslosen in ausgewählten Ingenieurbereichen der Kategorie "Experten" Okt 12 Okt 13 Okt 14 Okt Energietechnik Fahrzeug-Luftfahrt-,Schiffbautechn. Umweltschutz etc. Technische Forschung und Entwicklung Elektrotechnik Maschinenbau- und Betriebstechnik Technische Produktionsplanung,-steuerung Quelle: Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnungen.
17 3. Trends: duales Ausbildungssystem
18 Lehrstellenlücke wird kleiner Bei den Arbeitsagenturen gemeldete Ausbildungsstellen und Bewerber für Lehrstellen Bewerber Ausbildungsstellen / / / / / / /15 Ausbildungsjahr (September) Quelle: Bundesagentur für Arbeit.
19 Regional: teils Lehrstellenmangel, teils Bewerbermangel Relation Bewerber je Lehrstelle im August 2015 nach Bundesländern 1,40 Auf einen Bewerber kommen... Lehrstellen 1,20 1,00 0,80 0,60 0,40 0,20 0,00 Deutschland Berlin Nordrhein-Westfalen Hessen Niedersachsen Rheinland-Pfalz Brandenburg Sachsen Schleswig-Holstein Sachsen-Anhalt Bremen Saarland Baden-Württemberg Hamburg Bayern Thüringen Mecklenburg-Vorpommern Quelle: Bundesagentur für Arbeit.
20 Trend: weniger neue Ausbildungsverträge Neu abgeschlossene und vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge Quelle: Statistisches Bundesamt.
21 Duales System: sehr geschlechtsspezifische Berufswahl Top 20 Ausbildungsberufe - Auszubildende in den beliebtesten Ausbildungsberufen Zahl der abgeschlossenen Verträge Frauen Männer Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement Kraftfahrzeugmechatroniker/in Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel Industriekaufmann/-kauffrau Industriemechaniker/in Verkäufer/in Kaufmann/Kauffrau im Groß- und Außenhandel Medizinische(r) Fachangestellte(r) Elektroniker/in Bankkaufmann/-kauffrau Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker Zahnmedizinische(r) Fachangestellte(r) Fachinformatiker/in Mechatroniker/in Fachkraft für Lagerlogistik Friseur/in Hotelfachmann/-fachfrau Elektroniker/in für Betriebstechnik Zerspanungsmechaniker/in Koch/Köchin Quelle: Statistisches Bundesamt.
22 bei akademischen Berufen dasselbe Studienanfänger im WS 2014/15 nach Fächergruppen 100% 90% 80% 70% 60% Frauen Männer % 50% 40% 30% 20% 10% 0% Ingenieurwissenschaften Mathematik, Naturwiss, Sport Alle Studiengänge Rechts-, Wirt.- Sozialwiss. Agrar-, Ernährungswiss. Kunst, Kunstwiss. Humanmedizin etc. Sprach- Kulturwiss. Veterinärmedizin Quelle: Statistisches Bundesamt: eigene Berechnungen.
23 4. Fazit
24 Bestandsaufnahme Der demografische Wandel ist schon längst im Gange. Allerdings ist die Bevölkerungsentwicklung nur ein Faktor; ebenfalls wichtig ist die Erwerbsbeteiligung. Bevölkerungsrückgang konnte durch verändertes Erwerbsverhalten mehr als ausgeglichen werden. Arbeitskräftenachfrage: eindeutig weniger Personen für einfache Tätigkeiten; mittlere Qualifikationen haben an Bedeutung gewonnen. Berufsausbildung: starke Zuwächse bei der akademischen Ausbildung, eher Abnahme bei der Ausbildung im dualen System. Run auf die Ausbildung in akademischen MINT-Fächern, insbesondere beim industrienahen Ingenieurwesen. Offenbar ein Schweinezyklus, Arbeitslosigkeit steigt. Frage: Ist es tatsächlich sinnvoll, wenn ein immer größerer Teil der nachwachsenden Generation ein Studium beginnt?
25 Grundsätzliches zum Fachkräfte mangel Wir leben in einer Marktwirtschaft nicht in einer Planwirtschaft. Die Reaktionsfähigkeit der Arbeitsmärkte darf nicht unterschätzt werden. Knappheiten führen immer zu Anpassungsreaktionen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Bei Knappheiten steigen im Allgemeinen die Löhne. Lohnsteigerungen führen zu Innovationen wie beim Produktangebot und den Produktionsprozessen (Rationalisierung), verstärkten Investitionen in das Humankapital, Suche nach Arbeitskräften im Ausland (offene EU). Die jungen Leute werden vermehrt diejenigen Berufe wählen, bei denen sie Knappheiten vermuten (bessere Arbeitsmarktchancen, höhere Einkommen). Knappheiten sind immer eine Antriebskraft für jeden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Sind dagegen Ressourcen reichlich vorhanden, führt das zu Trägheit und zur Jammermentalität inklusive. Allerdings: Junge Menschen sollten den Beruf nach ihren Neigungen und Talenten wählen und nicht nach angeblichen Erfordernissen des Arbeitsmarktes.
26 Vielen Dank für Ihr Interesse.
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