EU Richtlinie für Kettenverträge (Nach der Wirtschaftskammer)



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EU Richtlinie für Kettenverträge (Nach der Wirtschaftskammer) Um die vorher erwähnten Umgehungen von unbefristeten Arbeitsverhältnissen durch den Abschluss von mehreren hintereinander reihenden befristeten Arbeitsverhältnissen entgegenzuwirken, gab es schon vor Jahren eine Richtlinie der EU, nämlich die Richtlinie 1999/70/EG, in welcher die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge festgelegt wurden. Diese Richtlinie hat auch Eingang in das Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz (AVRAG) gefunden. Hiernach sind Befristungen nur dann zulässig, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen (grundsätzliches Verbot von Kettenarbeitsverträgen). Die Judikatur geht schon seit langer Zeit davon aus, dass Kettenarbeitsverträge grundsätzlich verboten sind, liegt also keine ausreichend sachliche Begründung vor, so werden Kettenarbeitsverträge von den Gerichten als zusammenhängendes unbefristetes Arbeitsverhältnis qualifiziert, was zur Folge hat, dass diese Arbeitsverhältnisse den normalen Kündigungsbeschränkungen unterliegen. Dabei spielt es keine Rolle, wenn einige Verträge im Rahmen einer Kette nicht unmittelbar aufeinander folgen. Selbst längere Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses schließen das Vorliegen eines einheitlich unbefristeten Arbeitsvertrages nicht aus. Der Europäische Gerichtshof hat im Jahre 2006 befristete Arbeitsverträge betreffend die erwähnte EU-Richtlinie nochmals interpretiert. Der EuGH sagt in seiner Entscheidung, dass für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages eine sachliche Begründung notwendig ist. Der Begriff sachliche Gründe setzt voraus, dass konkrete Gesichtspunkte vorliegen, die vor allem mit betreffenden Tätigkeiten und Bedingungen ihrer Ausübungen zusammenhängen. Dies entspricht der österreichischen Judikatur zu privaten Dienstverträgen. Über Kettenverträge (Nach Prof. Schrammel) II.1. Werden zwischen denselben Parteien zwei oder mehrere befristete Arbeitsverträge zeitlich aneinander gereiht, so ist dies an sich vertragsrechtlich durchaus zulässig. Diese aneinander gereihten befristeten Verträge werden üblicherweise als Kettenverträge bezeichnet. Kettenverträge können für den Arbeitnehmer nachteilig sein. Durch den wiederholten Abschluss befristeter Arbeitsverträge verliert der Arbeitnehmer vor allem den Kündigungsschutz ( 105 ff ArbVG). Dieser setzt voraus, dass der Arbeitsvertrag durch Kündigung beendet wird; befristete Arbeitsverhältnisse enden aber gerade nicht durch Kündigung, sondern durch Zeitablauf. Durch Abschluss von Kettenverträgen kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Ergebnis für einen unbestimmten Zeitraum binden, ohne die mit einer Kündigung verbundenen Belastungen tragen zu müssen. Die Judikatur steht daher seit langem Kettenverträgen sehr kritisch gegenüber. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen zulässigen und unzulässigen Kettenarbeitsverträgen. Die Unzulässigkeit wird darin gesehen, dass die wirtschaftliche Unterlegenheit des Arbeitnehmers in rechtsmissbräuchlicher Weise dazu ausgenützt wird, um Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu unterlaufen (OGH 14. 9. 1982, 4 Ob

75/82, Arb 10.149). Bei unzulässigen Kettenarbeitsverträgen werden die zweite und die folgenden Befristungsvereinbarungen für nichtig angesehen; demgemäß gilt der Arbeitsvertrag ab dem Beginn des ersten befristeten Arbeitsverhältnisses als auf unbestimmte Zeit eingegangen (OGH 27. 5. 1986, 14 Ob 86/86, Arb 10.527, RdW 1987, 23; Tomandl/Schrammel, Arbeitsrecht 2 5 [2004] 32 f). II.2. Ein zulässiger Kettenarbeitsvertrag liegt vor, wenn wirtschaftliche oder soziale Gründe den wiederholten Abschluss befristeter Arbeitsverträge legitimieren. Beweispflichtig ist der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann etwa dartun, dass sich der Arbeitnehmer gar nicht auf unbestimmte Zeit verpflichten wollte, oder dass die neuerliche Befristung im Interesse des Arbeitnehmers lag (zb zum Nachweis der Eignung für einen besonders qualifizierten Posten). Auch Branchenüblichkeit kann eine Rolle spielen (vgl 29 Schauspielergesetz), ebenso die erforderliche Einschränkung oder Stilllegung des Betriebes während der toten Saison (OGH 25. 6. 1998, 8 ObA 58/98 g). Ein Kettenvertrag kann auch dann vorliegen, wenn zwischen den einzelnen befristeten Verträgen Zeiten der Nichtbeschäftigung liegen. Liegen zwischen den einzelnen befristeten Arbeitsverträgen solche Zeiten der Nichtbeschäftigung, so ist das Ausmaß der Unterbrechungszeiten den Beschäftigungszeiten gegenüberzustellen. Übersteigt die Dauer der Unterbrechungszeiten bei weitem die der Beschäftigung, ist das Vorliegen eines unzulässigen Kettenarbeitsvertrages zu verneinen (OGH 6. 7. 1998, 8 ObA 15/98 h). Der nachfolgende befristete Vertrag ist in diesem Fall rechtlich als Erstvertrag zu werten. II.3. Wird ein befristeter Vertrag in zulässiger Weise befristet verlängert, so ist die Gesamtdauer der befristeten Verträge nach 109 Abs 1 Satz 2 UG 2002 zu beachten. Wenn ein einzelner befristeter Vertrag bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit nur auf höchstens sechs Jahre abgeschlossen werden darf, kann diese Maximalfrist durch den wiederholten Abschluss befristeter Verträge nicht verlängert werden. Wird daher ein zunächst auf vier Jahre abgeschlossener Vertrag um drei Jahre verlängert, muss der verlängerte Vertrag ebenfalls von Anfang an als nichtig angesehen werden. Dieser Sanktion kann man nur dann entgehen, wenn die Verlängerung des Vertrags wie unter II.2. ausgeführt als Erstvertrag anzusehen ist. III.1. Sonderregelungen gelten für Kettenverträge mit Projektmitarbeitern, Lehrpersonen und Ersatzkräften. 102 Abs 2 UG 2002 lässt für diesen Personenkreis Kettenverträge ausdrücklich zu; eine besondere Begründung für die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverträge ist nicht erforderlich. Das Gesetz bezieht sich ausdrücklich nur auf den wiederholten Abschluss von unmittelbar aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen, Kettenverträge sind aber auch dann als zulässig anzusehen, wenn zwischen den einzelnen befristeten

Arbeitsverhältnissen (kurze) Unterbrechungszeiten liegen. Entscheidend kann nur sein, dass die befristeten Arbeitsverhältnisse an sich als Kettenvertrag zu werten sind. III.2. Die Gesamtdauer von unmittelbar aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverhältnissen ist mit sechs Jahren, bei Teilzeitbeschäftigung mit acht Jahren begrenzt. Diese Begrenzung ergibt sich aus den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts. Sie erfolgt in Umsetzung der Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner über befristete Arbeitsverhältnisse, die vom Rat durch die Richtlinie 1999/70/EG (ABl 1999 L 175, 43) für verbindlich erklärt wurde. 5 der Rahmenvereinbarung verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Ergreifung von Maßnahmen, um Missbrauch durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge (Kettenverträge) zu vermeiden. Die Rahmenvereinbarung sieht drei verschiedene Möglichkeiten der Missbrauchsvermeidung vor: a) die Mitgliedstaaten können die Zulässigkeit mehrfach befristeter Arbeitsverhältnisse vom Vorliegen eines sachlichen Grundes abhängig machen; b) die Mitgliedstaaten können eine insgesamt maximal zulässige Dauer befristeter Arbeitsverhältnisse festlegen, c) die Mitgliedstaaten können aber auch die zulässige Zahl aufeinander folgend befristeter Arbeitsverhältnisse begrenzen. 109 Abs 2 UG 2002 hat sich für die Variante b) entschieden. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen befristete Arbeitsverträge als aufeinander folgend zu betrachten sind. Die Rahmenvereinbarung verweist diesbezüglich auf das nationale Recht, das offenkundig nur unmittelbar aufeinanderfolgende befristete Verträge auch als aufeinander folgend im Sinne der Rahmenvereinbarung wertet. Zu beachten ist allerdings, dass der durch die Rahmenvereinbarung intendierte Schutz der Arbeitnehmer nicht durch einfache Vertragsgestaltungen zb Unterbrechung für einen Tag umgangen werden darf (vgl Schrammel/Winkler, Arbeits- und Sozialrecht der Europäischen Gemeinschaft [2002] 68). Auch bei kurzen Unterbrechungen, die nach nationalem Verständnis das Vorliegen eines Kettenvertrages nicht ausschließen, ist daher die Höchstgrenze des 109 Abs 2 UG 2002 zu beachten. III.3. Das Gesetz differenziert bezüglich der höchstzulässigen Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse zwischen Arbeitsverhältnissen in Vollbeschäftigung und Teilzeitarbeitsverhältnissen. Werden befristete Vollzeitarbeitsverhältnisse und befristete Teilzeitbeschäftigungen in gemischter Form aneinander gereiht, so ist die zulässige Gesamtdauer entsprechend der Dauer der jeweiligen Vollzeit- bzw

Teilzeitbeschäftigungen zu ermitteln. 12 Monate Vollzeittätigkeit entsprechen dabei 16 Monaten Teilzeitbeschäftigung; 12 Monate Teilzeitbeschäftigung sind 9 Monaten Vollzeittätigkeit äquivalent. III.4. 109 Abs 2 UG 2002 sieht im Gegensatz zu 109 Abs 1 UG 2002 nicht vor, dass der gesamte Arbeitsvertrag rechtsunwirksam ist, wenn die Höchstgrenze der mehrfach befristeten Arbeitsverhältnisse überschritten wird. Im Anwendungsbereich des 109 Abs 2 UG 2002 ist in diesem Fall Teilnichtigkeit der letzten Befristungsvereinbarung anzunehmen. Dies hat zur Folge, dass der betreffende Mitarbeiter ab Beginn dieses unzulässig befristeten Arbeitsvertrages als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit anzusehen ist. Das unzulässig befristete, über die Gesamtdauer von sechs (acht) Jahren hinaus reichende Arbeitsverhältnis endet daher nicht durch Zeitablauf. Es muss vielmehr wie jedes Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit durch Kündigung beendet werden, wenn eine Fortsetzung über den ursprünglich geplanten Endtermin nicht beabsichtigt ist.

10. 7. 1999 DE Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 175/43 RICHTLINIE 1999/70/EG DES RATES vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 139 Absatz 2, auf Vorschlag der Kommission, in Erwägung nachstehender Gründe: ausgewogenes Verhältnis zwischen Anpassungsfähigkeit und Sicherheit zu erreichen. (7) Die Kommission hat nach Artikel 3 Absatz 2 des Abkommens über die Sozialpolitik die Sozialpartner zu der Frage gehört, wie eine Gemeinschaftsaktion zur Flexibilisierung der Arbeitszeit und Absicherung der Arbeitnehmer gegebenenfalls ausgerichtet werden sollte. (1) Durch das Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam wurden die Vorschriften des Abkommens über die Sozialpolitik, das dem Protokoll über die Sozialpolitik beigefügt war, welches dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt war, in die Artikel 136 bis 139 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft übernommen. (2) Die Sozialpartner können nach Artikel 139 Absatz 2 des Vertrags gemeinsam beantragen, daß die auf Gemeinschaftsebene geschlossenen Vereinbarungen durch einen Beschluß des Rates auf Vorschlag der Kommission durchgeführt werden. (3) Nummer 7 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer sieht unter anderem folgendes vor: Die Verwirklichung des Binnenmarktes muß zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft führen. Dieser Prozeß erfolgt durch eine Angleichung dieser Bedingungen auf dem Wege des Fortschritts und betrifft namentlich andere Arbeitsformen als das unbefristete Arbeitsverhältnis, wie das befristete Arbeitsverhältnis, Teilzeitarbeit, Leiharbeit und Saisonarbeit. (4) Der Rat hat weder zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über bestimmte Arbeitsverhältnisse im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen ( 1 ) noch zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über bestimmte Arbeitsverhältnisse hinsichtlich der Arbeitsbedingungen ( 2 ) einen Beschluß gefaßt. (5) Entsprechend den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Essen sind Maßnahmen zur Steigerung der Beschäftigungsintensität des Wachstums, insbesondere durch eine flexiblere Organisation der Arbeit, die sowohl den Wünschen der Arbeitnehmer als auch den Erfordernissen des Wettbewerbs gerecht wird, erforderlich. (6) In der Entschließung des Rates vom 9. Februar 1999 zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien für 1999 werden die Sozialpartner aufgefordert, auf allen geeigneten Ebenen Vereinbarungen zur Modernisierung der Arbeitsorganisation, darunter auch anpassungsfähige Arbeitsregelungen, auszuhandeln, um die Unternehmen produktiv und wettbewerbsfähig zu machen und ein (8) Die Kommission, die nach dieser Anhörung eine Gemeinschaftsaktion für zweckmäßig hielt, hat die Sozialpartner nach Artikel 3 Absatz 3 des genannten Abkommens erneut zum Inhalt des in Aussicht genommenen Vorschlags gehört. (9) Die allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen, d. h. die Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), der Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) haben der Kommission in einem gemeinsamen Schreiben vom 23. März 1998 mitgeteilt, daß sie das Verfahren nach Artikel 4 des genannten Abkommens in Gang setzen wollen. Sie haben die Kommission in einem gemeinsamen Schreiben um eine zusätzliche Frist von drei Monaten gebeten. Die Kommission kam dieser Bitte nach und verlängerte den Verhandlungszeitraum bis zum 30. März 1999. (10) Die genannten branchenübergreifenden Organisationen schlossen am 18. März 1999 eine Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge und übermittelten der Kommission nach Artikel 4 Absatz 2 des Abkommens über die Sozialpolitik ihren gemeinsamen Antrag auf Durchführung dieser Rahmenvereinbarung durch einen Beschluß des Rates auf Vorschlag der Kommission. (11) Der Rat hat in seiner Entschließung vom 6. Dezember 1994 Bestimmte Perspektiven einer Sozialpolitik der Europäischen Union: ein Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Konvergenz in der Union ( 3 ) die Sozialpartner ersucht, die Möglichkeiten zum Abschluß von Vereinbarungen wahrzunehmen, weil sie in der Regel näher an den sozialen Problemen und der sozialen Wirklichkeit sind. (12) In der Präambel zu der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit kündigten die Unterzeichnerparteien ihre Absicht an, zu prüfen, ob ähnliche Vereinbarungen für andere flexible Arbeitsformen erforderlich sind. (13) Die Sozialpartner wollten den befristeten Arbeitsverträgen besondere Beachtung schenken, erklärten jedoch auch, daß sie in Erwägung ziehen wollten, ob eine ähnliche Vereinbarung über Leiharbeit erforderlich ist. ( 1 ) ABl. C 224 vom 8.9.1990, S. 6 und ABl. C 305 vom 5.12.1990, S. 8. ( 2 ) ABl. C 224 vom 8.9.1990, S. 4. ( 3 ) ABl. C 368 vom 23.12.1994, S. 6.

L 175/44 DE Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 10. 7. 1999 (14) Die Unterzeichnerparteien wollten eine Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge schließen, welche die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge und Beschäftigungsverhältnisse niederlegt. Sie haben ihren Willen bekundet, durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern und einen Rahmen zu schaffen, der den Mißbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse verhindert. (15) Der geeignete Rechtsakt zur Durchführung der Rahmenvereinbarung ist eine Richtlinie im Sinne von Artikel 249 des Vertrags. Sie ist für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überläßt diesen jedoch die Wahl der Form und der Mittel. (16) Entsprechend den in Artikel 5 des Vertrags genannten Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit können die Ziele dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden, so daß sie besser auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden können. Die Richtlinie geht nicht über das für die Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinaus. (17) Bezüglich der in der Rahmenvereinbarung verwendeten, jedoch nicht genau definierten Begriffe überläßt es diese Richtlinie wie andere im Sozialbereich erlassene Richtlinien, in denen ähnliche Begriffe vorkommen den Mitgliedstaaten, diese Begriffe entsprechend ihrem nationalen Recht und/oder ihrer nationalen Praxis zu definieren, vorausgesetzt, diese Definitionen entsprechen inhaltlich der Rahmenvereinbarung. (18) Die Kommission hat ihren Richtlinienvorschlag entsprechend ihrer Mitteilung vom 14. Dezember 1993 über die Anwendung des Protokolls über die Sozialpolitik und ihrer Mitteilung vom 20. Mai 1998 zur Entwicklung des sozialen Dialogs auf Gemeinschaftsebene unter Berücksichtigung des Vertretungsanspruchs der Unterzeichnerparteien, ihres Mandats und der Rechtmäßigkeit der Bestimmungen der Rahmenvereinbarung ausgearbeitet. Die Unterzeichnerparteien verfügen über einen ausreichenden kumulativen Vertretungsanspruch. (19) Entsprechend ihrer Mitteilung über die Anwendung des Protokolls über die Sozialpolitik hat die Kommission das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß unterrichtet und ihnen den Wortlaut der Rahmenvereinbarung sowie ihren mit einer Begründung versehenen Vorschlag für eine Richtlinie übermittelt. (20) Das Europäische Parlament hat am 6. Mai 1999 eine Entschließung zu der Rahmenvereinbarung der Sozialpartner angenommen. (21) Die Durchführung der Rahmenvereinbarung trägt zur Verwirklichung der in Artikel 136 des Vertrags genannten Ziele bei HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: Artikel 1 Mit dieser Richtlinie soll die zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und CEEP) geschlossene Rahmenvereinbarung vom 18. März 1999 über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang enthalten ist, durchgeführt werden. Artikel 2 Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 10. Juli 2001 nachzukommen, oder vergewissern sich spätestens zu diesem Zeitpunkt, daß die Sozialpartner im Wege einer Vereinbarung die erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben; dabei haben die Mitgliedstaaten alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, daß die durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Sofern notwendig kann den Mitgliedstaaten bei besonderen Schwierigkeiten oder im Falle einer Durchführung mittels eines Tarifvertrags nach Konsultation der Sozialpartner eine zusätzliche Frist von höchstens einem Jahr gewährt werden. Sie setzen die Kommission umgehend von diesen Gegebenheiten in Kenntnis. Wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in diesen Vorschriften selbst oder bei deren amtlicher Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. Artikel 3 Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichtung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Artikel 4 Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Luxemburg am 28. Juni 1999. Im Namen des Rates Der Präsident M. NAUMANN

10. 7. 1999 DE Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 175/45 ANHANG EGB UNICE CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge Präambel Die vorliegende Rahmenvereinbarung ist ein Beispiel für die Rolle, die Sozialpartner im Rahmen der 1997 auf der Sondertagung in Luxemburg vereinbarten europäischen Beschäftigungsstrategie spielen können, und nach der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ein weiterer Beitrag auf dem Weg zu einem besseren Gleichgewicht zwischen Flexibilität der Arbeitszeit und Sicherheit der Arbeitnehmer. Die Unterzeichnerparteien dieser Vereinbarung erkennen an, daß unbefristete Verträge die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern darstellen und weiter darstellen werden. Sie erkennen auch an, daß befristete Beschäftigungsverträge unter bestimmten Umständen den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsprechen. Die Vereinbarung legt die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge in der Erkenntnis nieder, daß bei ihrer genauen Anwendung die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen nationalen, sektoralen und saisonalen Situation berücksichtigt werden müssen. Sie macht den Willen der Sozialpartner deutlich, einen allgemeinen Rahmen zu schaffen, der durch den Schutz vor Diskriminierung die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen sichert und die Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage ermöglicht. Die Vereinbarung gilt für Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen mit Ausnahme derer, die einem Unternehmen von einer Leiharbeitsagentur zur Verfügung gestellt werden. Es ist die Absicht der Parteien, den Abschluß einer ähnlichen Vereinbarung über Leiharbeit in Erwägung zu ziehen. Die Vereinbarung erstreckt sich auf die Beschäftigungsbedingungen von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen und erkennt an, daß Fragen der gesetzlichen Regelung der sozialen Sicherheit der Entscheidung der Mitgliedstaaten unterliegen. Die Sozialpartner nehmen in diesem Sinne von der Erklärung zur Beschäftigung des Europäischen Rates von Dublin aus dem Jahre 1996 Kenntnis, in der unter anderem betont wird, daß die Systeme der sozialen Sicherheit beschäftigungsfreundlicher gestaltet werden sollten, indem Systeme der sozialen Sicherheit entwickelt werden, die sich an neue Arbeitsstrukturen anpassen lassen und die jedem, der im Rahmen solcher Strukturen arbeitet, auch einen angemessenen sozialen Schutz bieten. Die Unterzeichnerparteien wiederholen ihre bereits 1997 in der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit geäußerte Ansicht, daß die Mitgliedstaaten die Erklärung unverzüglich umsetzen sollten. Außerdem wird anerkannt, daß Innovationen in den betrieblichen Sozialschutzsystemen erforderlich sind, um sie an die Bedingungen von heute anzupassen und insbesondere die Übertragbarkeit von Ansprüchen zu ermöglichen. EGB, UNICE und CEEP ersuchen die Kommission, diese Rahmenvereinbarung dem Rat vorzulegen, damit deren Vorschriften in den Mitgliedstaaten, die das Abkommen über die Sozialpolitik, das dem Protokoll (Nr. 14) über die Sozialpolitik im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Union beigefügt ist, unterzeichnet haben, durch Ratsbeschluß verbindlich werden. Die Unterzeichnerparteien ersuchen die Kommission, die Mitgliedstaaten in ihrem Vorschlag zur Umsetzung dieser Vereinbarung aufzufordern, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um dem Ratsbeschluß innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach seiner Verabschiedung nachzukommen, oder sich zu vergewissern ( 1 ), daß die Sozialpartner die notwendigen Maßnahmen vor Ablauf dieser Frist im Wege einer Vereinbarung ergreifen. Bei besonderen Schwierigkeiten oder einer Umsetzung mittels eines Tarifvertrags haben die Mitgliedstaaten nach Konsultation der Sozialpartner gegebenenfalls zusätzlich bis zu einem Jahr Zeit, dieser Bestimmung nachzukommen. Die Unterzeichnerparteien bitten darum, daß die Sozialpartner vor jeder Maßnahme, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Erfüllung dieser Vereinbarung betrifft, konsultiert werden. Unbeschadet der jeweiligen Rolle der einzelstaatlichen Gerichte und des Gerichtshofs bitten die Unterzeichnerparteien darum, daß jede Frage im Hinblick auf die Auslegung dieser Vereinbarung auf europäischer Ebene über die Kommission zunächst an sie weitergeleitet wird, damit sie eine Stellungnahme abgeben können. Allgemeine Erwägungen 1. Gestützt auf das Abkommen über die Sozialpolitik, das dem Protokoll (Nr. 14) über die Sozialpolitik im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, insbesondere auf Artikel 3 Absatz 4 und Artikel 4 Absatz 2, in Erwägung nachstehender Gründe: 2. Gemäß Artikel 4 Absatz 2 des Abkommens über die Sozialpolitik erfolgt die Durchführung der auf Gemeinschaftsebene geschlossenen Vereinbarungen auf gemeinsamen Antrag der Unterzeichnerparteien durch einen Beschluß des Rates auf Vorschlag der Kommission. ( 1 ) Im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 des Abkommens über die Sozialpolitik, das dem Protokoll (Nr. 14) über die Sozialpolitik im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist.

L 175/46 DE Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 10. 7. 1999 3. Die Kommission kündigte in ihrem zweiten Konsultationspapier über die Flexibilität der Arbeitszeit und Arbeitnehmersicherheit an, eine gesetzlich bindende Gemeinschaftsmaßnahme vorschlagen zu wollen. 4. Das Europäische Parlament forderte die Kommission in seiner Stellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie über Teilzeitarbeit auf, unverzüglich Vorschläge für Richtlinien über andere Formen der flexiblen Arbeit wie befristete Arbeitsverträge und Leiharbeit zu unterbreiten. 5. In den Schlußfolgerungen des außerordentlichen Gipfeltreffens über Beschäftigungsfragen in Luxemburg ersuchte der Europäische Rat die Sozialpartner, Vereinbarungen zur Modernisierung der Arbeitsorganisation, darunter flexible Arbeitsregelungen, auszuhandeln, um die Unternehmen produktiv und wettbewerbsfähig zu machen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit zu erreichen. 6. Unbefristete Arbeitsverträge sind die übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses. Sie tragen zur Lebensqualität der betreffenden Arbeitnehmer und zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit bei. 7. Die aus objektiven Gründen erfolgende Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge hilft Mißbrauch zu vermeiden. 8. Befristete Arbeitsverträge sind für die Beschäftigung in bestimmten Branchen, Berufen und Tätigkeiten charakteristisch und können den Bedürfnissen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer entsprechen. 9. Da mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen in der Europäischen Union Frauen sind, kann diese Vereinbarung zur Verbesserung der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern beitragen. 10. Diese Vereinbarung überläßt es den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern, die Anwendungsmodalitäten ihrer allgemeinen Grundsätze, Mindestvorschriften und Bestimmungen zu definieren, um so der jeweiligen Situation der einzelnen Mitgliedstaaten und den Umständen bestimmter Branchen und Berufe einschließlich saisonaler Tätigkeiten Rechnung zu tragen. 11. Diese Vereinbarung berücksichtigt die Notwendigkeit, die sozialpolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Gemeinschaft zu fördern und verwaltungstechnische, finanzielle oder rechtliche Zwänge zu vermeiden, die die Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen behindern könnten. 12. Die Sozialpartner sind am besten in der Lage, Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer gereicht werden. Daher ist ihnen eine besondere Rolle bei der Umsetzung und Anwendung dieser Vereinbarung einzuräumen HABEN DIE UNTERZEICHNERPARTEIEN FOLGENDES VEREINBART: Paragraph 1: Gegenstand Diese Rahmenvereinbarung soll: a) durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern; b) einen Rahmen schaffen, der den Mißbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse verhindert. Paragraph 2: Anwendungsbereich 1. Diese Vereinbarung gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag oder -verhältnis gemäß der gesetzlich, tarifvertraglich oder nach den Gepflogenheiten in jedem Mitgliedstaat geltenden Definition. 2. Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner können vorsehen, daß diese Vereinbarung nicht gilt für: a) Berufsausbildungsverhältnisse und Auszubildendensysteme/Lehrlingsausbildungssysteme; b) Arbeitsverträge und -verhältnisse, die im Rahmen eines besonderen öffentlichen oder von der öffentlichen Hand unterstützten beruflichen Ausbildungs-, Eingliederungs- oder Umschulungsprogramms abgeschlossen wurden. Paragraph 3: Definitionen Im Sinne dieser Vereinbarung ist: 1. befristet beschäftigter Arbeitnehmer eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder -verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird. 2. vergleichbarer Dauerbeschäftigter ein Arbeitnehmer desselben Betriebs mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag oder -verhältnis, der in der gleichen oder einer ähnlichen Arbeit/Beschäftigung tätig ist, wobei auch die Qualifikationen/ Fertigkeiten angemessen zu berücksichtigen sind. Ist in demselben Betrieb kein vergleichbarer Dauerbeschäftigter vorhanden, erfolgt der Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrags oder in Ermangelung eines solchen gemäß den einzelstaatlichen gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten.

10. 7. 1999 DE Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 175/47 Paragraph 4: Grundsatz der Nichtdiskriminierung 1. Befristet beschäftige Arbeitnehmer dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. 2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz. 3. Die Anwendungsmodalitäten dieser Bestimmung werden von den Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner und/oder von den Sozialpartnern unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten festgelegt. 4. In Bezug auf bestimmte Beschäftigungsbedingungen gelten für befristet beschäftige Arbeitnehmer dieselben Betriebszugehörigkeitszeiten wie für Dauerbeschäftigte, es sei denn, unterschiedliche Betriebszugehörigkeitszeiten sind aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Paragraph 5: Maßnahmen zur Vermeidung von Mißbrauch 1. Um Mißbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, ergreifen die Mitgliedstaaten nach der gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen oder in dem Mitgliedstaat üblichen Anhörung der Sozialpartner und/oder die Sozialpartner, wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Mißbrauchsverhinderung bestehen, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen: a) sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen; b) die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder -verhältnisse; c) die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse. 2. Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung dersozialpartner, und/oder die Sozialpartner legen gegebenenfalls fest, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse: a) als aufeinanderfolgend zu betrachten sind; b) als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben. Paragraph 6: Information und Beschäftigungsmöglichkeiten 1. Die Arbeitgeber informieren die befristet beschäftigten Arbeitnehmer über Stellen, die im Unternehmen oder Betrieb frei werden, damit diese die gleichen Chancen auf einen sicheren unbefristeten. Arbeitsplatz haben wie andere Arbeitnehmer. Diese Information kann durch allgemeine Bekanntgabe an geeigneter Stelle im Unternehmen oder Betrieb erfolgen. 2. Die Arbeitgeber erleichtern den befristet beschäftigten Arbeitnehmern, soweit dies möglich ist, den Zugang zu angemessenen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die die Verbesserung ihrer Fertigkeiten, ihr berufliches Fortkommen und ihre berufliche Mobilität fördern. Paragraph 7: Information und Konsultation 1. Befristet beschäftigte Arbeitnehmer werden entsprechend den nationalen Rechtvorschriften bei der Berechnung der Schwellenwerte für die Einrichtung von Arbeitnehmervertretungen in den Unternehmen berücksichtigt, die nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten vorgesehen sind. 2. Die Anwendungsmodalitäten des Paragraphs 7 Nummer 1 werden von den Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner und/oder von den Sozialpartnern unter Berücksichtigung der einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten und im Einklang mit Paragraph 4 Nummer 1 festgelegt. 3. Die Arbeitgeber ziehen, soweit dies möglich ist, eine angemessene Information der vorhandenen Arbeitnehmervertretungsgremien über befristete Arbeitsverhältnisse im Unternehmen in Erwägung. Paragraph 8: Umsetzungsbestimmungen 1. Die Mitgliedstaaten und/oder die Sozialpartner können günstigere Bestimmungen für Arbeitnehmer beibehalten oder einführen, als sie in dieser Vereinbarung vorgesehen sind. 2. Diese Vereinbarung gilt unbeschadet spezifischerer Gemeinschaftsbestimmungen, insbesondere der Gemeinschaftsbestimmungen zur Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Männern und Frauen. 3. Die Umsetzung dieser Vereinbarung darf nicht als Rechtfertigung für die Senkung des allgemeinen Niveaus des Arbeitnehmerschutzes in dem von dieser Vereinbarung erfaßten Bereich dienen. 4. Diese Vereinbarung beeinträchtigt nicht das Recht der Sozialpartner, auf der geeigneten, einschließlich der europäischen Ebene, Vereinbarungen zu schließen, die die Bestimmungen dieser Vereinbarung unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der betroffenen Sozialpartner anpassen und/oder ergänzen.

L 175/48 DE Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 10. 7. 1999 5. Die Vermeidung und Behandlung von Streitfällen und Beschwerden, die sich aus der Anwendung dieser Vereinbarung ergeben, erfolgen im Einklang mit den einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten. 6. Falls eine der Unterzeichnerparteien dies beantragt, nehmen diese fünf Jahre nach dem Datum des Ratsbeschlusses eine Überprüfung der Anwendung dieser Vereinbarung vor. Fritz Verzetnitsch Präsident des EGB Emilio Gabaglio Generalsekretär des EGB Georges Jacobs Präsident der UNICE Dirk F. Hudig Generalsekretär der UNICE Antonio Castellano Auyanet Präsident des CEEP Jytte Fredensborg Generalsekretär des CEEP 18. März 1999