Entwicklung eines Bewertungskonzeptes gendiagnostischer Untersuchungen bei Seltenen Erkrankungen Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.v., Essen RDD Symposium Hannover,
Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.v. (MDS) Aufgaben für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) Der MDS berät den GKV-Spitzenverband in allen medizinischen Versorgungs-, Leistungs- und Strukturfragen und zwar auf der Basis der aktuellen medizin-wissenschaftlichen Erkenntnisse. Zu den Produkten des MDS zählen Grundsatz- und HTA-Gutachten sowie die medizinisch-fachliche Beratung in Gremien der Gesundheitsselbstverwaltung.... sowie weitere Aufgaben in Fragen der sozialen Pflegeversicherung und darüber hinaus koordiniert der MDS die fachliche Arbeit der Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) Seite 2
Bereich Evidenzbasierte Medizin beim MDS e.v. Aufgaben: Bewertung (neuer) medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der Bewertung von Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) www.igel-monitor.de Erstellung von Studienkonzepten (insbesondere Konzeption von Erprobungsstudien im Gemeinsamen Bundesausschuss) und wissenschaftlichen Begleitung der Studiendurchführung Kommentierung / Weiterentwicklung der Methodik der evidenzbasierten Medizin Beratung des GKV-Spitzenverband bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach AMNOG Seite 3
Aufgaben Bereich Evidenzbasierte Medizin beim MDS e.v. Bezüge zu Seltenen Erkrankungen Bewertung (neuer) medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der Bewertung von Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) www.igel-monitor.de Erstellung von Studienkonzepten (insbesondere Konzeption von Erprobungsstudien im Gemeinsamen Bundesausschuss) und wissenschaftlichen Begleitung der Studiendurchführung Kommentierung / Weiterentwicklung der Methodik der evidenzbasierten Medizin Beratung des GKV-Spitzenverband bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach AMNOG Seite 4
Projekte 2015 mit Bezug zu Seltenen Erkrankungen Entwicklung von Eckpunkten für ein Bewertungskonzept für Molekulardiagnostische/Gendiagnostische Untersuchungsmethoden und Diskussion mit der Fachöffentlichkeit CLINICAL UTILITY GENE CARDS EuroGentest Guidelines for Diagnostic Next Generation Sequencing ; Concept Diagnostic yield Vertiefung der Kenntnisse der Nutzenbewertung bei Seltenen Erkrankungen (Arzneimittel) Sonderfall Orphan Drugs Anlage II.1: Erstellung und Einreichung eines Dossiers zur Nutzenbewertung gemäß 35a SGB V (161.6 kb, PDF) Seite 5
Nutzenbewertung gendiagnostischer & molekulardiagnostischer Testverfahren Grundlegendes (Definitionen/Konzepte) Welche Anwendungsbereiche gibt es für einen molekulardiagnostischen Test und welche Kriterien wollen wie für die Nutzenbewertung im jeweiligen Anwendungsbereich anlegen? (Dichotomie Orphan/Normal oder Kontinuum?) Welche Testtechnologie soll eingesetzt werden? Zielgerichtete Einzelgenanalyse Gen-Panel-Analyse/targeted exon sequencing (TES) WES/WGS? Seite 6
Die Nutzenbewertung molekulardiagnostischer Testverfahren birgt aus folgendem Gründen besondere Herausforderungen (siehe The EGAPP initiative: lessons learned. Genet Med, 2014) Sehr dynamische Markentwicklung im Bereich Molekulare Diagnostik verbunden mit schnellem Auftauchen, Weiterentwicklung und Vermarktung neuer Technologien Anwendungsbereiche in der Praxis reichen von präsymptomatischen Risikobewertung über Diagnose bis hin zur Pharmakogenomik Patientenrelevante Endpunkte sind nicht eindeutig definiert Interpretation der Testergebnisse ist komplex Testergebnisse können Auswirkungen auf verschiedene Familienmitglieder haben Fraglicher Umgang mit zufälligen Befunden (sog. incidental genetic findings ) Mangel an einer regulatorischen Infrastruktur für kommerzielle Molekulare Diagnostika und unklare Situation bei laboreigenen Tests Seite 7
Begriffe: Genetischer, gendiagnostischer, molekulardiagnostischer Test Überbegriff Molekulare Diagnostik, molekulardiagnostischer Test entnommen aus Zimmern, 2014 Untergruppe Gendiagnostischer Test (= Genetic Test, genetischer Test) nach Deutsches Gendiagnostikgesetz 2010 ( sind genetische Eigenschaften ererbte oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbene, vom Menschen stammende Erbinformationen ) Seite 8
Begriffe: prädiktive Wertigkeit (nicht prädiktive genetische Diagnostik (vgl. 3 Nr. 8 GenDG)) Die Unterscheidung zwischen dem diagnostischen, prognostischen und prädiktivem Wert des Testergebnisses ist grundlegend die Bewertung des klinischen Nutzens: Ein Test hat dann eine prädiktive Wertigkeit wenn er den höheren (oder geringeren) Nutzen einer Folgebehandlung vorhersagen kann. Demgegenüber ist prognostische Wertigkeit die Fähigkeit der Vorhersage eines zukünftigen Gesundheitszustands und diagnostische Wertigkeit die Fähigkeit einen augenblicklichen Gesundheitszustand zu identifizieren. In der Regel ist die prädiktive Wertigkeit entscheidend für den Nachweis des klinischen Nutzens, und zwar in all den Fällen in denen ein Test patientenrelevante Endpunkte indirekt durch eine Folgebehandlung beeinflusst. Seite 9
Zentrale Begriffe: analytische, klinische Validität, klinischer Nutzen Die analytische Validität eines molekulardiagnostischen Tests ein Maß der Genauigkeit und Zuverlässigkeit mit der ein Test einen bestimmten Genotyp (bzw. ein Genexpressionsmuster) identifizieren kann. Die klinische Validität eines molekulardiagnostischen Tests ist ein Maß der Genauigkeit und Zuverlässigkeit mit der ein Test eine Erkrankung oder allgemeiner einen klinischen Zustand/Phänotyp identifiziert oder den Zeitpunkt dessen Auftretens voraussagt. Dies entspricht dem Begriff der diagnostischen oder prognostischen Güte (oder Wertigkeit). Der klinische Nutzen eines molekulardiagnostischen Testes ist dessen Fähigkeit patientenrelevante Endpunkte zu verbessern. Dies beinhaltet auch eine Gesamtabwägung mit Berücksichtigung der analytischen und klinischen Validität. Die Analyse des klinischen Nutzens beinhaltet zudem die Nutzen- Schadens-Bewertung der Testanwendung bezüglich der patientenrelevanten Vorteile und Nachteile. EGAAP, 2009 UND: Zusatznutzen einer Test-basierten Therapieentscheidung im patientenrelevanten Outcome und im Vergleich zum (Gold-oder Referenz-) Standard Seite 10
Definition des patientenrelevanten medizinischen Nutzens bzw. Schadens Mit dem Begriff Nutzen werden kausal begründete positive Effekte, mit dem Begriff Schaden kausal begründete negative Effekte einer medizinischen Intervention auf patientenrelevante Endpunkte (s. u.) bezeichnet als patientenrelevant soll verstanden werden, wie ein Patient fühlt, seine Funktionen und Aktivitäten wahrnehmen kann oder ob er überlebt Bewertung der Beeinflussung insbesondere folgender patientenrelevanter Zielgrößen: Mortalität Morbidität (Beschwerden und Komplikationen), gesundheitsbezogene Lebensqualität IQWiG-Methodenpapier, 4.2 Seite 11
Nutzenbewertung gendiagnostischer & molekulardiagnostischer Testverfahren Grundlegendes Welche Anwendungsbereiche gibt es für einen molekulardiagnostischen Test und welche Kriterien wollen wie für die Nutzenbewertung im jeweiligen Anwendungsbereich anlegen? (Dichotomie Orphan/Normal oder Kontinuum?) Welche Testtechnologie soll eingesetzt werden? Zielgerichtete Einzelgenanalyse Gen-Panel-Analyse/targeted exon sequencing (TES) WES/WGS? Seite 12
Kategorisierung molekulardiagnostischer Tests Krankheitsstatus Kontext Testkategorie Beispiel für molekulardiagnostischen Test Gesund / Asymptomatische Erkrankung Wie ist das Risiko eine bestimmte Krankheit zu entwickeln? Risikoidentifikation Frühe Diagnose Screening Coloseq BRCA, Huntington, Lynch- Syndrom Symptomatische Erkrankungen Diagnose und Prognose Symptomatische Erkrankungen Welche Diagnose - (Differential)diagnose BRCA, Lynchsyndrom Bestätigung/Ausschlussdiagnose Welche Diagnose - bei unklarem Befund Diagnose NGS targeted Sequencing bei Aortopathien/Marfansyndrom Wie wird sich die Erkrankung wahrscheinlich entwickeln? Setze ich ein Arzneimittel ein? Wie wird der Patient auf das Medikament ansprechen? Prognose/Risikoabschätzung Therapieentscheidung aufgrund untersch. Wirksamkeit (Pharmakogenetik) Her2, Oncotype Dx Her2, zirkulierende Tumorzellen/Tumor-DANN, BRCA Therapiewahl Setze ich ein Arzneimittel (und mit welcher Dosis) ein? Wie wird der Patient das Medikament vertragen? Therapieentscheidung aufgrund untersch. Verträglichkeit/Nebenwirkungen /Toxizität (Pharmakogenetik) Pharmakogenetik der Cytochrom P450 Enzyme (z.b. CYP2D6) Setze ich ein Arzneimittel ein? Wie hoch ist das (Rezidiv)-risiko, braucht der Patient eine (bestimmte) Therapie? Therapieentscheidung aufgrund untersch. Rezidivrisko Oncotype Dx, Prolaris, zirkulierende Tumorzellen/Tumor-DNA, Lynch- Syndrom Chronische Erkrankungen Ist die Therapie effizient? Gibt es Anzeichen für Resistenzentwicklung oder Krankeits- /(Tumor-)progression? Therapieentscheidung anhand von Monitoring Prolaris, zirkulierende Tumorzellen/Tumor-DNA Geheilte Erkrankung Tritt die Erkrankung wieder auf - Diagnose eines Rückfalls Diagnose anhand von Monitoring Urovysion Seite 13
Kategorisierung molekulardiagnostischer Tests Krankheitsstatus Kontext Testkategorie Beispiel für molekulardiagnostischen Test Gesund / Asymptomatische Erkrankung Wie ist das Risiko eine bestimmte Krankheit zu entwickeln? Risikoidentifikation Frühe Diagnose Screening Coloseq BRCA, Huntington, Lynch- Syndrom Symptomatische Erkrankungen Diagnose und Prognose Symptomatische Erkrankungen Welche Diagnose - (Differential)diagnose BRCA, Lynchsyndrom Bestätigung/Ausschlussdiagnose Welche Diagnose - bei unklarem Befund Diagnose NGS targeted Sequencing bei Aortopathien/Marfansyndrom Wie wird sich die Erkrankung wahrscheinlich entwickeln? Setze ich ein Arzneimittel ein? Wie wird der Patient auf das Medikament ansprechen? Prognose/Risikoabschätzung Therapieentscheidung aufgrund untersch. Wirksamkeit (Pharmakogenetik) Her2, Oncotype Dx Her2, zirkulierende Tumorzellen/Tumor-DANN, BRCA Therapiewahl Setze ich ein Arzneimittel (und mit welcher Dosis) ein? Wie wird der Patient das Medikament vertragen? Therapieentscheidung aufgrund untersch. Verträglichkeit/Nebenwirkungen /Toxizität (Pharmakogenetik) Pharmakogenetik der Cytochrom P450 Enzyme (z.b. CYP2D6) Setze ich ein Arzneimittel ein? Wie hoch ist das (Rezidiv)-risiko, braucht der Patient eine (bestimmte) Therapie? Therapieentscheidung aufgrund untersch. Rezidivrisko Oncotype Dx, Prolaris, zirkulierende Tumorzellen/Tumor-DNA, Lynch- Syndrom Chronische Erkrankungen Ist die Therapie effizient? Gibt es Anzeichen für Resistenzentwicklung oder Krankeits- /(Tumor-)progression? Therapieentscheidung anhand von Monitoring Prolaris, zirkulierende Tumorzellen/Tumor-DNA Geheilte Erkrankung Tritt die Erkrankung wieder auf - Diagnose eines Rückfalls Diagnose anhand von Monitoring Urovysion Seite 14
Klinischer Nutzen molekulardiagnostischer Tests nach EGAAP 2009 EGAAP, 2009
Krankheitsstatus Kontext /Anwendungsbereich Klinische Validität Klinischer Nutzen Maß der Genauigkeit und Zuverlässigkeit mit welcher ein Test. Fähigkeit des Testes patientenrelevante Endpunkte zu verbessern [1] Gesund / Asymptomatische Erkrankung Wie ist das Risiko eine bestimmte Krankheit zu entwickeln? Risikoidentifikation.einen zukünftigen Phänotyp/Erkrankung vorhersagen kann (Penetranz/Expressivität beachten!) basierend auf geänderten Präventions- oder Vorsorgestrategien basierend auf dem Vermögen des Testes, Informationen zu liefern welche für die persönliche oder klinische Entscheidungsfindung nützlich sind Frühe Diagnose- Screening.einen bestehenden Phänotyp/Erkrankung identifizieren kann basierend auf geänderten Präventions- oder Vorsorgestrategien Symptomatische Erkrankungen Diagnose und Prognose Welche Diagnose - Bestätigung/Ausschlussdiagnose Welche Diagnose - bei unklarem Befund Wie wird sich die Erkrankung wahrscheinlich entwickeln?.einen bestehenden Phänotyp/Erkrankung identifizieren kann.einen zukünftigen klinischen Zustand (z.b. Rezidiv/Tod) vorhergesagen kann..basierend auf Diagnose und nachfolgender Intervention oder Behandlung.Vermögen des Testes, sog. Diagnostische Odysseen zu vermeiden (Diagnostic Yield?)..basierend auf geänderten Therapientscheidungen Therapiewahl Setze ich ein (zielgerichtete) Arzneimittel ein? Wie wird der Patient auf das Medikament ansprechen? Setze ich ein (zielgerichtete) Arzneimittel (mit welcher Dosis) ein? Wie wird der Patient das Medikament vertragen? Vorhersage von Wirksamkeit oder Veträglichkeit (Pharmakogenetik)zur Therapiewahl einen bestehenden Phänotyp/metabolischen Zusstand identifizieren kann, der in Beziehung zur Arzneimitellwirksamkeit oder - verträglichkeit steht. zukünftige Arzneimittelwirksamkeit/- metabolismus und/oder Nebenwirkungen (adverse events) vorherzusagen..basierend auf geänderter Wirkstoffauswahl/Wirkstoffdosierung oder verbesserter Adhärenz [2] [1] Beinhalted Nutzen-Schatzens-Bewertung der Testanwendung bezüglich der patientenrelevanter Vorteile und Nachteile [2] Adhärenz beschreibt im weiteren Sinne die Umsetzung einer Therapie durch den Patienten ( Therapietreue ) EGAAP, 2009 09.03.2015 Seite 16
Danke für Ihre Aufmerksamkeit! D.Preukschat@MDS-ev.de Seite 17