Die neuen direkten oralen Antikoagulanzien (NOAC/DOAC)



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Transkript:

10 Therapeutische Prinzipien Dieser Test dient zur quantitativen Bestimmung von Thrombininhibitoren. Er beruht auf der Aktivierung von Prothrombin durch Ecarin zum Meizothrombin, einem nicht gerinnungsaktivierenden Zwischenprodukt, das mit Hirudin einen 1:1-Komplex bildet. Ecarin ist das Gift der Viper Echis carinatus [93]. Lepirudin Das Lepirudin (Refludan ) wurde 2012 vom Markt genommen. Die neuen direkten oralen Antikoagulanzien (NOAC/DOAC) Direkte Thrombinhemmer Dabigatran Mit der pleiotropen Wirkung (s. S. 54) besitzt das Thrombin eine zentrale Funktion bei den Gerinnungsvorgängen. Bisher konnten Hemmungen des Thrombins mit unfraktionierten Heparinen, niedermolekularen Heparinen und den Heparinoiden erreicht werden. Neben diesen biogenen Substanzen existieren die synthetischen Thrombinhemmer Fondaparinux und Argatroban. Alle diese Substanzen sind nicht oral applizierbar. Nachdem durch Röntgenstrukturanalyse der molekulare Aufbau des Thrombins aufgeklärt werden konnte, wurden Substanzen entwickelt, die in den drei Bindungstaschen des Thrombins, der D-, der P- und der S-Tasche binden. Ausgangspunkt war die Substanz N-(2-Naphtalensulfonyl)-Glycil-(D)-4-Aminophenyl-Analyl-Piperidin. Mit dieser Substanz ließ sich keine effiziente Hemmung erzielen, aber basierend auf dieser Struktur wurde dann schließlich eine Reihe von Molekülen synthetisiert, deren Passgenauigkeit an die Bindungsstellen des Thrombins verbessert wurde. Um ein effizientes Molekül zu erreichen und um Probleme wie z. B. die Verteilung im Gewebe und die Wirkungsdauer zu opti- 260

Gerinnungshemmende Therapie mieren, mussten über 200 Moleküle entwickelt und geprüft werden, bis dann schließlich ein effizientes Molekül vorlag. Entscheidend war, dass die Substanz oral appliziert werden kann und gut resorbierbar ist. Dies gelang durch das Anfügen unpolarer Gruppen, die die stark polaren Anteile des Moleküls kaschierten. Dieses Medikament liegt als Prodrug vor und wurde Dabigatranetexilat genannt. Diese Substanz wird nach Absorption über Esterasen und Hydrolasen gespalten und damit in ihre aktive Form, das Dabigatran (Handelsname: Pradaxa ), überführt. Die Bioverfügbarkeit liegt bei ca. 6,5 %, ein effektiver Plasmaspiegel wird nach einer halben bis 2 Stunden erreicht. Die Halbwertszeit liegt bei 12 14 Stunden. Die Wirkung des Dabigatrans geht über eine reversible direkte Hemmung des Thrombins hinaus, sodass die plasmatische Gerinnung gehemmt wird. Weiterhin wird auch die Wirkung des Thrombins auf die Thrombozytenaggregation gehemmt. Die Wirkung ist konzentrationsabhängig. Eine Interaktion mit dem Cytochrom-P450-System liegt nicht vor. Die Substanz wird nicht metabolisiert und über den Urin ausgeschieden [14, 15, 37, 58, 129, 136, 137]. Klinisch geprüft wurde das Dabigatran 2004 in der BISTRO- I-Studie, die aber offen und ohne Kontrollarm durchgeführt und deshalb zurückgewiesen wurde. In der BISTRO-II-Studie wurde Dabigatran in unterschiedlichen Dosierungen gegen Enoxaparin 40 mg bei 1949 Patienten nach Hüft- oder Knieprothesenoperation geprüft. Registriert wurde das Auftreten von tiefen Beinvenenthrombosen und Thromboembolien. Es zeigte sich, dass die hohen Dabigatrandosen (2 150 mg, 2 225 mg und 1 300 mg) dem Enoxaparin überlegen waren [40]. In der RE-LY-Studie wurde an 18.113 Patienten mit Vorhofflimmern und hohem Schlaganfallrisiko in einer Doppelblindstudie Dabigatran mit Warfarin verglichen. Dabigatran wurde mit 110 oder 150 mg 2 täglich dosiert. Fragestellung war die Verhinderung eines Schlaganfalls oder einer peripheren Embolie. 261

10 Therapeutische Prinzipien Es zeigte sich, dass bei einer Dosis von 110 mg die Schlaganfall- und Embolierate ähnlich der in der Warfaringruppe war, wobei die Rate der Blutungen reduziert war. Bei einer Gabe von 150 mg 2 täglich zeigte sich im Vergleich zur Warfaringruppe eine Reduktion des Schlaganfallrisikos um 35 % relativ und 0,6% absolut. Kein Unterschied zwischen Dabigatran und Warfarin war bei der Rate der schweren Blutungen zu beobachten [24]. Beachtet werden muss die Beobachtung, dass in der 110-mg-Dabigatrangruppe bei 0,82 % und bei der 150-mg- Dosis bei 0,81 % Herzinfarkte beobachtet wurden. In der Warfaringruppe wurde bei 0,64 % ein Myokardinfarkt beobachtet. Bei Zusammenschau aller kardiovaskulären Ereignisse wie Herzinfarkt, instabile Angina pectoris, Herzstillstand und Tod durch ein kardiales Ereignis wurden unter der 110-mg- Dosierung bei 3,16 % der Patienten entsprechende Ereignisse beobachtet. In der Gruppe der mit 150 mg Dabigatran behandelten Patienten traten bei 3,33 % kardiovaskuläre Ereignisse auf, in der Warfaringruppe lag die Rate bei 3,14 % [62]. In einer weiteren Studie, der RE-MODEL-Studie, wurde Dabigatran gegen Enoxaparin verglichen. Frage war die Reduktion der Häufigkeit an venösen thromboembolischen Ereignissen nach einer Knieendoprothese. Es wurden 2076 Patienten mit 150 oder 220 mg Dabigatran behandelt, die Vergleichsgruppe erhielt 40 mg Enoxaparin. Die Therapie wurde vor der Operation begonnen und über 3 Monate hinweg verfolgt. Es zeigte sich, dass beide Dabigatrandosen dem Enoxaparin nicht unterlegen waren [39]. Ein ähnliches Ergebnis erbrachte die RE-MOBILIZE-Studie. Hier wurde bei 1896 Patienten nach Knieendoprothesenoperationen mit 220 mg und 110 mg Dabigatran gegen Enoxaparin verglichen. Es zeigte sich in der Gruppe mit 220 mg Dabigatran eine venöse Thromboembolierate von 31 % und in der 110-mg-Gruppe von 34 % gegenüber 25 % bei Enoxaparin. Die Blutungsraten waren ähnlich [48]. 262

Gerinnungshemmende Therapie In der RE-NOVATE-Studie wurden Patienten nach einer Hüftgelenkendoprothesenoperation untersucht. Dabigatran wurde in einer Dosis von 150 mg und 220 mg gegen 40 mg Enoxaparin verglichen. Es zeigte sich, dass Dabigatran in seiner Effektivität vergleichbar gut war wie Enoxaparin bei einem vergleichbaren Risikoprofil [38]. In der RECOVER-II-Studie wurde Dabigatran an 2568 Patienten gegen Warfarin bei Patienten mit akuter venöser Thrombose und/oder Lungenembolie geprüft. Nach 5 11 Tagen einer Akuttherapie mit unfraktioniertem oder niedermolekularem Heparin wurde 2 150 mg Dabigatran gegen Warfarin getestet. Der Beobachtungszeitraum betrug 180 Tage. Resultate: Nach 180 Tagen lagen in der Dabigatrangruppe bei 1,9 % Thrombosen vor, in der Warfaringruppe bei 1,3 %. Der Unterschied ist nicht signifikant. Nicht tödliche Lungenembolien traten in der Dabigatrangruppe bei 0,4 %, in der Warfaringruppe bei 0,9 % auf. Zu Blutungsereignissen kam es in der Dabigatrangruppe in 200 Fällen, in der Warfaringruppe in 285 Fällen. Der Unterschied ist signifikant. Schwere Blutungen waren mit 15 Ereignissen bei Dabigatran gegen 22 in der Warfaringruppe nicht signifikant verschieden. Todesfälle durch Rezidivthrombosen oder Embolien waren mit 2,4 % in der Dabigatrangruppe und 2,2 % unter Warfarin nicht signifikant unterschiedlich. Koronare Ereignisse wurden in 5 Fällen unter Dabigatran und in 3 Fällen mit Warfarin beobachtet (n. s.) [112]. Eine Metaanalyse von 7 Studien über Dabigatran mit verschiedenen Fragestellungen erbrachte für die Dabigatrangruppen signifikant mehr Herzinfarkte und akute Koronarereignisse: unter Dabigatran bei 1,19 %, in den Vergleichsgruppen bei 0,79 % [126]. 263

10 Therapeutische Prinzipien Anwendung Dabigatran (Pradaxa ) 75 mg: nur zur Thromboseprophylaxe bei Endoprothetik. Dabigatran (Pradaxa ) 110 mg: Primärprophylaxe von venösen thromboembolischen Ereignissen bei Erwachsenen nach elektivem chirurgischem Hüft- oder Kniegelenkersatz. Weiterhin zur Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie bei erwachsenen Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern mit einem oder mehreren Risikofaktoren wie Schlaganfall in der Anamnese, TIA, Alter über 75 Jahre, Herzinsuffizienz NYHA II und größer, Diabetes mellitus, Hypertonie. Dabigatran (Pradaxa ) 150 mg: wie oben (Produktinformation). Unter Dabigatran ist die aptt auf das Zweifache der Norm erhöht. Nach Absetzen normalisiert sich die aptt nach 12 24 Stunden, bei Niereninsuffizienz verlängert sich die Normalisierungszeit. Kontraindikatonen: Niereninsuffizienz mit einer Kreatinin- Clearance unter 30 ml/min, Leberinsuffizienz, Schwangerschaft, Stillzeit. Ein weiterer direkter Thrombinhemmer, das Ximelagatran, wurde wegen Leberschäden vom Markt genommen. Die Faktor-Xa-Antagonisten Parallel zu der Entwicklung der Thrombinantagonisten wurde eine weitere Gruppe von Antikoagulanzien entwickelt, deren Angriffspunkt der aktivierte Faktor X ist. Es handelt sich dabei um: Rivaroxaban (Xarelto ) Apixaban (Eliquis ) Edoxaban (Lixiana ). Rivaroxaban Rivaroxaban ist ein Antikoagulans aus der Gruppe der Oxazolidinone, das oral verabreicht werden kann (Handelsname: Xarelto ) [64]. 264

Gerinnungshemmende Therapie Die Bioverfügbarkeit liegt bei 80 100 %, die Halbwertszeit bei 7 11 Stunden. In der ROCKETT-AF Studie wurden Patienten nach Endoprothesenoperation von Knie und Hüfte sowie Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern geprüft. Ziel war die Reduktion von Schlaganfällen und peripheren Embolien, wobei die Patienten mit VHF einen CHADS-Score von 2 aufweisen mussten. In dieser Studie wurden 14.269 Patienten über einen Zeitraum von 1,9 Jahren untersucht. Es wurde Warfarin mit einem INR zwischen 2 3 gegen Rivaroxaban 1 20 mg und 1 15 mg täglich verglichen. Es zeigte sich, dass Rivaroxaban in der Effizienz nicht unterlegen war, die jährliche Ereignisrate lag bei Rivaroxaban bei 1,7 % im Vergleich zu 2,2 % in der Warfaringruppe. Klinisch relevante Blutungen zeigten sich in beiden Gruppen praktisch gleich, 14,9 % unter Rivaroxaban und 14,5 % unter Warfarin. Intrakranielle Blutungen traten in der Rivaroxabangruppe bei 0,5 % und in der Warfaringruppe bei 0,7 % auf. Tödliche Blutungen lagen in der Rivaroxabangruppe bei 0,2 % gegenüber 0,5 % bei Warfarin und damit unter Rivaroxaban signifikant niedriger. In der Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei Patienten mit valvulärem Vorhofflimmern war Rivaroxaban nicht unterlegen, ein Vorteil war die niedrige Rate an intrakraniellen und tödlichen Blutungen. Kritisiert wurde die Studie, weil in dem Warfarinarm nur 55 % der Patienten im therapeutischen Bereich lagen [97]. In der EINSTEIN-Studie wurden 3449 Patienten mit tiefen Beinvenenthrombosen oder Lungenembolien untersucht. 1731 erhielten Rivaroxaban in einer Dosierung von 2 15 mg/d über 3 Wochen, gefolgt von 20 mg 1 1/d über 3, 6 oder 12 Monate. Die Vergleichsgruppe mit 1718 Patienten wurde initial mit Enoxaparin, dann mit Warfarin oder Cumarin über denselben Zeitraum behandelt. Es zeigten sich in der Rivaroxabangruppe 36 Ereignisse (2,2 %), in der Enoxaparin-/Warfaringruppe 51 Ereignisse (3,0 %) [9]. 265

10 Therapeutische Prinzipien In der EINSTEIN-Extension-Studie wurden nach 6 bzw. 12 Monaten der o. g. Therapie 602 Patienten mit 1 20 mg Rivaroxaban behandelt, 594 Patienten erhielten ein Placebo. In der Placebogruppe traten bei 42 Patienten (7,1 %) thromboembolische Ereignisse auf, in der Rivaroxabangruppe kam es bei 8 Patienten (1,3 %) zu einem Ereignis. Die NNT beträgt 15. Schwere bis mittelschwere Blutungen traten bei 6 % in der Verumgruppe und nur 1,2 % in der Placebogruppe auf [9]. Eine weitere wichtige Studie ist die ATLAS-ACS-2-TIMI- 51-Studie. Untersucht wurden Patienten, die wegen eines akuten Koronarsyndroms stationär aufgenommen worden waren. 15.526 Patienten wurden in diese Studie eingeschlossen. Nach Beendigung der initialen Therapie erhielten sie eine Dauertherapie mit 75 100 mg ASS, Clopidogrel (Plavix ) oder Ticlopidin (Tiklyd ). Diese Therapie wurde mit 2 2,5 mg, 2 5 mg Rivaroxaban oder einem Placebo verglichen. Primärer Endpunkt der Studie war die Analyse von kardiovaskulären Todesfällen, Herzinfarkten und Hirnblutungen. Es zeigte sich, dass es unter Einbeziehung beider Rivaroxabandosen unter Rivaroxaban in 8,9 % der Fälle zu einem Ereignis kam, während dies in der Vergleichsgruppe in 10,7 % der Fall war. Die Analysen der unterschiedlichen Dosierungen erbrachten für die 2,5-mg-Dosierung ebenfalls eine signifikante Überlegenheit (9,1 % vs. 0,7 %). Die Zahl der kardiovaskulären Todesfälle war in der Rivaroxabangruppe signifikant seltener als in der Vergleichsgruppe (2,7 % vs. 4,1 %). Die Herzinfarktrate war in beiden Gruppen gleich. Die Gesamtmortalität lag in der Rivaroxabangruppe bei 2,9 %, in der Vergleichsgruppe bei 4,5 %. Schwere Blutungen, einschließlich Hirnblutungen, traten in der Rivaroxabangruppe bei 1,8 % auf, in der Vergleichsgruppe bei 0,6 %. Da die Rate der Todesfälle in der 2 5-mg-Gruppe deutlich höher lag (4,4 % vs. 2,7 %), wurde von der Europäischen Arzneimittelbehörde nur die Dosis von 2 2,5 mg zur Sekundärprophylaxe bei akutem Koronarsyndrom zugelassen [105]. 266

Gerinnungshemmende Therapie Anwendung 10 mg: zur Thromboseprophylaxe nur bei Endoprothetik. 1 20 mg: Prophylaxe von Schlaganfällen und systematischen Embolien bei Erwachsenen mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und einem oder mehreren Risikofaktoren wie Schlaganfall oder TIA in der Anamnese, die Therapie von tiefen Beinvenenthrombosen und Lungenembolien sowie die Prophylaxe von rezidivierenden tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien bei Erwachsenen. Bei Niereninsuffizienz 15 mg. Nebenwirkungen: Blutungen, Gliederschmerzen, Übelkeit, Fieber, Schwäche, Hautjucken (Beipackzettel). Kontraindikation: Schwangerschaft. Apixaban Ein weiterer Xa-Hemmer ist das Apixaban, das unter dem Namen Eliquis seit November 2012 zur Behandlung von Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und zur Embolieprophylaxe nach Knie- und Hüftgelenkoperation zugelassen ist. Apixaban ist ein selektiver Xa-Hemmer, seine Bioverfügbarkeit liegt bei 50 %, es wird in der Leber oxidiert und zu 75 % über die Galle und zu 25 % renal ausgeschieden. Die Halbwertszeit liegt bei 9 14 Stunden. In den ADVANCE-Studien 1 3 wurden Patienten nach Knie- und Hüftendoprothesenoperationen untersucht. Verglichen wurde Apixaban in einer Dosierung von 2 25 mg mit Enoxaparin 30 mg/d. In der ADVANCE-1-Studie kam es in der Enoxaparingruppe bei 9 % und in der Apixabangruppe bei 8,8 % zu Thrombosen und Todesfällen. Der Unterschied ist nicht signifikant. In der ADVANCE-2-Studie war das Apixaban dem Enoxapan deutlich überlegen (15,1 % vs. 24,4 %). Das Blutungsrisiko lag bei Apixaban bei 3,5 %, in der Enoxaparingruppe bei 4,8 %. Die Behandlungsdauer betrug 12 Tage. 267