Oberlandesgericht Bamberg Az.: 8 U 166/10 32 O 113/10 LG Bayreuth In dem Rechtsstreit IM NAMEN DES VOLKES gegen wegen Forderung erlässt das Oberlandesgericht Bamberg -8. Zivilsenat- durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und die Richterin am Landgericht xxx auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2011 folgendes Urteil I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 03. September 2010 abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.683,69 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2009 zu zahlen. II. III. IV. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. GRÜNDE:
- Seite 2 - A. Von einer Darstellung des Tatbestandes wird nach 540 Abs. 2 i.v.m. 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen. B. Die zulässige Berufung hat Erfolg. Sie führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Verurteilung der Beklagten entsprechend dem von der Klägerin gestellten Antrag. Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach der Kündigung des Darlehensvertrags vom 03.12.2007 einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Darlehensraten, Rückzahlung des Darlehens und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 9.683,69 nebst Zinsen in der beantragten Höhe aus einem Betrag von 9.436,25. I. Die Klägerin hat den Darlehensvertrag vom 03.12.2007 unstreitig mit Schreiben vom 27.07.2009 (Anl. K 4) wegen Zahlungsverzugs der Beklagten aufgrund Ziff. 7a) ihrer Darlehensbedingungen wirksam gekündigt. II. Es bestehen keine Einwendungen der Beklagten im Sinne von 359 Satz 1 BGB, die sie zur Leistungsverweigerung gegenüber der Klägerin berechtigen: 1. Die Beklagte hat gegen die Verkäuferin keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gem. den 433 Abs. 1 Satz 2, 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB. a) Nach Auffassung des Senats liegt bereits kein Sachmangel des Fahrzeugs vor. aa) Die Parteien des Kaufvertrags haben die Unfallfreiheit des Fahrzeugs nicht zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung nach 434 Abs. 1 Satz 1 BGB gemacht.
- Seite 3 - Aus der Angabe der Verkäuferin im Bestellformular "Unfallschäden laut Vorbesitzer - nein" ergibt sich keine Beschaffenheitsvereinbarung. Es handelt sich dabei lediglich um eine Wissenserklärung bzw. -mitteilung, mit der die Verkäuferin die Angaben des Vorbesitzers wiedergibt (BGH NJW 2008, 1517 Tz. 12 ff.). Auch die weitere Angabe "dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt - nein" ist keine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass das Fahrzeug unfallfrei ist. Vielmehr kann und darf ein Kaufinteressent diese Erklärung nur so verstehen, dass im Geschäftsbereich des Händlers keine Kenntnisse über einen Unfallschaden vorliegen, es sich mithin ebenfalls um eine bloße Wissensmitteilung handelt (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rdn. 1562; vgl. dazu auch unten unter Punkt 2 b). bb) Es liegt auch kein Sachmangel im Sinne des 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor, weil der Vorschaden als sogenannter "Bagatellschaden" anzusehen ist. Zwar ist die Grenze insoweit sehr eng zu ziehen und erkennt der BGH nur ganz geringfügige, äußere (Lack-) Schäden, nicht hingegen andere (Blech-) Schäden als Bagatellschäden an (BGH NJW 2008, 53 Tz. 20; NJW 2008, 1517 Tz. 18). Es trifft auch zu, dass der Kotflügel vorne links nicht nur lackiert, sondern auch ausgebeult worden ist. Andererseits ist vor der Neulackierung nicht gespachtelt worden (vgl. BGH NJW 2008, 1517 Tz. 19) und sind die Reparaturkosten mit 514,23 gering (Reinking/Eggert, a.a.o., Rdn. 1586). Es war nur der Kotflügel und damit kein tragendes oder mittragendes Teil betroffen. Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Kaufes 4 Jahre und 7 Monate alt und wies eine Laufleistung von 84.250 km auf. Unter diesen Umständen hält der Senat die Grenze vom Bagatellschaden zum Sachmangel noch nicht für überschritten. b) Dem Rücktritt steht jedoch jedenfalls 323 Abs. 5 Satz 2 BGB entgegen. Das Fahrzeug wurde unstreitig sach- und fachgerecht repariert, so dass sich der Vorschaden allein in einem merkantilen Minderwert auswirken könnte. Nach der von der Beklagten vorgelegten Gebrauchtfahrzeugbewertung vom 28.11.2008 (Anl. B 9) beträgt die "Wertminderung durch Unfall" jedoch 0, so dass ein merkantiler Minderwert nicht zu erkennen ist. Die Pflichtverletzung der Verkäuferin wäre demnach als unerheblich anzusehen (BGH NJW 2008, 1517 Tz. 22). 2. Die Beklagte hat den Kaufvertrag auch nicht wirksam nach 123 BGB angefochten. a) Es bestand schon keine Verpflichtung der Verkäuferin, den Vorschaden mitzuteilen, weil ein bloßer Bagatellschaden vorliegt. Eine Täuschung scheidet daher aus.
- Seite 4 - b) Selbst wenn man aber einen Sachmangel bejaht, liegt dennoch keine arglistige Täuschung der Verkäuferin vor. Zwar hat sie im Kaufvertrag erklärt, dass in ihrem Geschäftsbereich keine Kenntnisse über einen Unfallschaden vorliegen. Das Landgericht hat diese Erklärung zutreffend dahingehend ausgelegt, dass die Verkäuferin sich damit nur auf solche Kenntnisse bezieht, die ihr im Rahmen einer vom Gebrauchtwagenhändler üblicherweise zu erwartenden Prüfung bekannt geworden sein können (so auch OLG Köln, Urt. v. 13.03.2001-3 U 173/00, Tz. 10 - zitiert nach juris). Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts hatte die Verkäuferin keine positive Kenntnis von dem Vorschaden, weil sie eine Abfrage der Zentralen Audidatenbank nicht vorgenommen hatte. Die Angabe in dem Kaufvertrag ist jedoch auch nicht ins Blaue hinein erfolgt, weil die Verkäuferin ihrer Prüfungspflicht nachgekommen ist. Bei Gebrauchtwagenhändlern ist eine Sichtprüfung von außen und innen und eine Funktionsprüfung zu erwarten. Wenn sich dann kein weiterer Aufklärungsbedarf aufdrängt, besteht keine Verpflichtung zu weiteren Nachforschungen (OLG Köln aao Tz. 10 - zitiert nach juris; Reinking/Eggert aao Rdn. 1928). Diesen Anforderungen ist die Verkäuferin gerecht geworden. Sie hat unstreitig eine Sichtprüfung des Fahrzeugs durchgeführt. Diese hat - ebenfalls unstreitig - keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Vorschadens ergeben. Unter diesen Umständen war die Verkäuferin zu weiteren Nachforschungen und damit auch zur Einsichtnahme in die zentrale Audidatenbank nicht verpflichtet. Umgekehrt musste sie der Beklagten auch nicht mitteilen, dass sie die Einsichtnahme unterlassen hatte. Aus der bloßen Tatsache, dass ihr die Einsichtnahme ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre, folgt keine Arglist. 3. Der Kaufvertrag zwischen der Beklagten und der Verkäuferin ist auch nicht nach 138 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB nichtig. Auch nach dem Sachvortrag der Beklagten liegt kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne dieser Vorschrift vor. III.
- Seite 5 - Die Klägerin kann entsprechend ihrer Berechnung in der Klageschrift vom 08.03.2010 (Bl. 14 d.a.), auf die Bezug genommen wird, von der Beklagten insgesamt 9.683,69 verlangen. Die von der Beklagten gegen die Höhe der Klageforderung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch: 1. Für eine "Reduzierung" des Darlehensbetrags auf 12.000,00 wegen des von der Beklagten behaupteten überhöhten Kaufpreises ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, insbesondere greift 138 BGB nicht ein. 2. Die Klägerin hat das ihr sicherungsübereignete Fahrzeug gem. Ziff. 8 der vereinbarten Darlehensbedingungen verwertet. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liegt nicht vor. Sie hat der Beklagten insbesondere mit Schreiben vom 20.08.2009 (Anl. K 6) eine ausreichende Frist zur Benennung eines Käufers eingeräumt. Die Beklagte hat innerhalb dieser Frist keinen Käufer benannt. Die von ihr vorgelegten Angebote stammen vom 28.11.2008 (Anl. B 9) bzw. vom 27.04.2009 (Anl. B 11). Sie datieren damit weit vor der Kündigung des Darlehensvertrags, die erst mit Schreiben vom 27.07.2009 erfolgt ist. Zu einer Fahrzeugverwertung schon vor Kündigung des Darlehensvertrags war die Klägerin aber nicht verpflichtet. Dass die Angebote auch noch nach der Kündigung galten, hat die Beklagte schon nicht vorgetragen. Wegen des Angebots von D. kommt hinzu, dass dieser den angebotenen Kaufpreis von 9.500,00 unstreitig nur in Raten zahlen konnte. Darauf musste sich die Klägerin jedoch nicht einlassen. 3. Die von der Klägerin mit Schreiben vom 09.03.2009 erklärte Aussetzung des Rateneinzuges bis zum 30.04.2009 (Anl. B 10) ändert am Schaden der Klägerin nichts. Ein Erlass liegt insoweit nicht vor. 4. Die Klägerin hat schließlich auch durch Vorlage der Rechnung der Kraftfahrzeugprüfstelle A. GmbH (Anl. K 11) vom 24.09.2009 nachgewiesen, dass ihr Kosten für die Fahrzeugabmeldung in Höhe von 40,00 netto entstanden sind, die sie von der Beklagten ersetzt verlangen kann. 5. Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus 286 Abs. 2 Nr. 2, 288 Abs. 1 BGB.
- Seite 6 - IV. Die Kostenentscheidung folgt aus 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, 543 Abs. 2 ZPO. xxx xxx xxx Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richterin am Landgericht. Verkündet am 09.02.2011 gez. xxx, JAng Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle