Bericht Parlamentarischer Abend Substitutionstherapie

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Transkript:

Presseinformation Bericht Parlamentarischer Abend Substitutionstherapie Neue BtMVV in Kraft aber weiterhin zahlreiche Herausforderungen bei Patientenversorgung und Vergütungsstrukturen Neue BtMVV nach langem Prozess seit Oktober 2017 in Kraft Viele Verbesserungen, die nun ins Land getragen werden müssen Reformbedarf bei Vergütungsstrukturen für Ärzte und Apotheker Es drohen Versorgungslücken aufgrund fehlenden ärztlichen Nachwuchses Berlin, 23. März 2018 Nach einem langwierigen Prozess ist die neue Betäubungsmittel- Verschreibungs-Verordnung (BtMVV) zur Substitutionstherapie opioidabhängiger Patienten vor wenigen Monaten in Kraft getreten. Beim 14. Parlamentarischen Abend zur Substitutionstherapie diskutierten Ärzte, Apotheker und Gremienvertreter mit den neu benannten drogen- und gesundheitspolitischen Sprechern der Fraktionen im Bundestag über Lösungen und neue Wege zur Sicherung der Versorgung. Zentrale Themen der Veranstaltung von Sanofi und der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke in Berlin waren unter anderem die reformbedürftigen Vergütungsstrukturen für Ärzte und Apotheker, die Gewinnung von ärztlichem Nachwuchs für die Substitution, aber auch der Abbau bürokratischer Hürden, denen sich die Akteure in der Substitutionsmedizin vielfach gegenüber sehen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, wies auf die Agenda ihrer gerade begonnenen zweiten Amtszeit hin: Wir müssen die Lücken in der Substitution schließen, die unabhängig von der neuen BtMVV auch weiterhin bestehen. Erik Bodendieck, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer (BÄK) und Vorsitzender der BÄK-AG Sucht und Drogen, zog eine positive Bilanz: Die jetzt gültigen Bestimmungen der BtMVV und der Richtlinien der BÄK schaffen Rechtssicherheit und rücken die ärztliche Behandlung stärker in den Vordergrund. Gleichzeitig müsse aber auch in Zukunft überprüft werden, ob die bestehenden Regelungen zeitgemäß seien und aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprächen. Die neue BtMVV bewerteten die Gäste des Abends übereinstimmend als großen Gewinn, um die Situation der Patienten weiter verbessern zu können. Die alte und neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, appellierte jedoch an die Anwesenden: Mit der neuen BtMVV hat der Bund einen Baum gepflanzt, den wir nun weiter gießen müssen. Machen Sie die neuen Möglichkeiten bekannt und lassen Sie uns die neue BtMVV gemeinsam ins Land tragen zum Wohle der suchtkranken Patienten. Wenngleich nun wesentliche rechtliche Rahmenbedingungen verbessert wurden, sieht sich die Praxis der Substitution in Deutschland mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. 1

Vergütungsbestimmungen weiterhin reformbedürftig Hans-Günter Meyer-Thompson, langjährig substituierender Arzt aus Hamburg, belegte an vielen Beispielen, dass das Honorarwesen für die Substitution dringend und vollständig auf den Prüfstand müsse. Dabei bezog er ausdrücklich neben den behandelnden Ärzten auch die Apotheken ein, die Substitute abgeben, dafür aber in den meisten Bundesländern gar keine oder keine angemessene Honorierung erhielten. Darin aber liege eine der zentralen Stellschrauben, um die Versorgung in der Fläche zu sichern und der strukturellen Krise der Substitutionsbehandlung zu begegnen. So berichtete Karl-Heinz Meller, Arzt im KV-Bezirk Baden-Württemberg, in dessen Bundesland die Substitution für Apotheken vergütet wird, dass die Zahl der sich beteiligenden Apotheken infolgedessen um etwa 150 Prozent gesteigert werden konnte. Daher ist die Kooperation von Apotheken und Ärzteschaft ebenso wie die Zusammenarbeit aller beteiligten Gremien im Gesundheitswesen unabdingbar. Von maßgeblicher Bedeutung sei auch die noch ausstehende Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (MVV) des G-BA, die Meyer-Thompson einforderte. Diese müsse sich inhaltlich an der neuen BtMVV wie auch an der entsprechenden Richtlinie der BÄK orientieren. Vor allem müsse der G-BA seine MVV Richtlinie umgehend überarbeiten, um so den Ärzten auch bei der Honorierung Klarheit zu geben. Immer weniger substituierende Ärzte Berichte aus verschiedenen Bundesländern machen deutlich, dass es bereits heute zahlreiche weiße Flecken auf der Substitutions-Landkarte gibt und insbesondere in den nächsten Jahren ein Notstand droht. Dr. Astrid Weber, Vorsitzende der Qualitätssicherungskommission Substitution Rheinland-Pfalz, zeigte auf: In ihrem Bundesland ist die Zahl der substituierten Patienten auf rund 2.500 gestiegen, gleichzeitig aber die Zahl der Ärzte auf 61 gesunken. Hinzu kommt das Nachwuchsproblem, denn mehr als die Hälfte der derzeit substituierenden Mediziner ist über 60 Jahre alt. Ähnliche Zahlen präsentierte auch Dr. Wolfgang-Axel Dryden, Vorsitzender Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Ein großer Teil der dort substituierenden Ärzte jenseits des 60. Lebensjahres wird in den kommenden fünf Jahren aus der Versorgung ausscheiden eine für die Substitutionsbehandlung qualifizierte Nachbesetzung sei eher unwahrscheinlich, so Dryden. Seine Vision: durch die verstärkte Bildung von Substitutionsnetzwerken mit Schwerpunktpraxen und dazugehörigen Satellitenpraxen, die konsiliarisch unterstützen, könnte eine Multiplikation des Substitutionspotenzials erreicht werden und damit auch zukünftig eine flächendeckende Versorgung gelingen. Politik sieht weiteren Handlungsbedarf Die Vertreter der Bundestagsfraktionen erkennen auch unter der reformierten BtMVV vielfältige Ansatzpunkte für politisches Handeln, etwa bei den Vergütungsstrukturen. Dirk Heidenblut (SPD) sieht den Bund darüber hinaus in der Pflicht, bei der ärztlichen Ausbildung intensiv das Gespräch mit den Ländern zu suchen. Im Hinblick auf die anstehende MVV- Richtlinie des G-BA zeigte sich Heidenblut erschüttert über die langen Zeiträume bis zur geplanten Fertigstellung. Es sei zu fragen, was der Gesetzgeber an dieser Stelle tun könne. Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) unterstützte die Forderung nach besseren Rahmenbedingungen für den ärztlichen Nachwuchs und plädierte außerdem für die Überwindung bestimmter Dogmen in der Drogenpolitik: Wir benötigen weniger Strafrecht 2

und mehr Vertrauen Sucht ist nicht durch Bestrafung in den Griff zu bekommen. Der drogenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Niema Movassat, betonte ebenfalls die Notwendigkeit, junge und qualifizierte Ärzte für die Substitution zu motivieren. Dafür müsse der Gesetzgeber die Strafbarkeitsschraube weiter nach unten drehen, um Ärzten die Angst vor einer Strafverfolgung im Zusammenhang mit Substitution zu nehmen. Auch zahlreiche bürokratische Hürden stünden der Gewinnung von Nachwuchs im Weg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther, drogenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, lobte den Paradigmenwechsel, der mit der neuen BtMVV vollzogen worden sei. Im Fokus sei nun nicht länger das Dogma der Betäubungsmittelabstinenz, sondern der harm reduction -Ansatz das heißt, den Gesundheitszustand der meist schwer kranken Suchtpatienten und ihre Lebensqualität zu verbessern sowie ihnen soziale Teilhabe zu ermöglichen. Allerdings müsse auch weiterhin daran gearbeitet werden, die gesellschaftliche Stigmatisierung von Opiatabhängigkeit als Schuld abzubauen. Vielfältige Ideen für Verbesserung der aktuellen Versorgungssituation Weitere Redebeiträge des Abends zeugten eindrucksvoll davon, dass es nicht an Ideen für die Verbesserung der gegenwärtigen Lage in der Substitutionstherapie mangelt. In Bielefeld etwa besteht eine Kooperation zwischen der örtlichen Drogenberatungsstelle und einer Substitutionspraxis. In diesem Modell wird die Substitutsabgabe mit PSB (psychosozialer Betreuung) und weiteren Angeboten kombiniert. So lässt sich eine große Zahl von Patienten individuell versorgen und das mit geringem Kostenaufwand. Die Grünen-Politikerin Dr. Kirsten Kappert-Gonther, selbst Psychiaterin und erfahren in der Behandlung von Suchtpatienten, schloss sich weiteren wichtigen Forderungen an: mehr Psychiater für die Substitutionsbehandlung zu gewinnen sowie der Substitutionsbehandlung wie der gesamten Suchtmedizin eine deutliche größere Bedeutung im Medizinstudium einzuräumen. Ein anderer, praxisnaher Vorschlag kommt aus Rheinland-Pfalz und stellt die bisherige Zeithinterlegung der Substitutionsarbeit in Frage: Warum kann man nicht die ärztlichen Leistungen von den Verwaltungsarbeiten trennen, auch in der Zeithinterlegung? fragte Dr. Astrid Weber. So würden die Zeitbudgets der Substitutionsärzte entlastet und mehr Raum für die ärztliche Leistung den Patientenkontakt gegeben. Die Verwaltungstätigkeiten könnte das Praxisteam übernehmen. Zukunftsthema Digitalisierung Zu den bürokratischen Belastungen zählen auch überholte Praxisanforderungen. Wo andere über Digitalisierung reden, seien substituierende Ärzte gezwungen, alte Nadeldrucker zum Ausdrucken der komplizierten BtM-Rezepte vorzuhalten. Das müsse sich ändern. Durch die elektronische Gesundheitskarte, die elektronische Patientenakte oder das elektronische Rezept könnte gerade in diesem so eng vernetzen Handlungsraum die Zusammenarbeit und Dokumentation zwischen Ärzten und Apothekern im Bereich der Substitutionstherapie erleichtert werden. Gleichzeitig war man sich in der Diskussion aber auch der ganz besonderen Anforderungen an den Datenschutz, die der Umgang mit sensiblen persönlichen Informationen und mit Betäubungsmitteln mit sich bringt, im Klaren. Am Beispiel der elektronischen Patientenakte plädierte Dr. Wieland Schinnenburg deswegen dafür, die sich bietenden Optionen mit Herz und Verstand zu prüfen. Dirk Heidenblut ergänzt: Wir brauchen im Gesundheitswesen ein praktikables System digitaler Lösungen, das dennoch den Schutz personenbezogener Daten gewährleistet. 3

Der 14. Parlamentarische Abend zur Substitutionstherapie opioidabhängiger Patienten bot erneut eine wichtige Plattform für die Akteure der Substitutionspraxis und verdeutlichte: Suchterkrankungen sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deren Bearbeitung neben zeitgemäßen rechtlichen Rahmenbedingungen und angemessenen Vergütungsstrukturen auch eine Menge persönliches Engagement und Herzblut erfordert. Mit der reformierten BtMVV wurde nun eine wichtige Weiche gestellt, doch gerade im Hinblick auf die Patientenversorgung und die Gewinnung von ärztlichem Nachwuchs warten in den kommenden Jahren große Herausforderungen auf die Substitutionsmedizin. Die Politik versprach nach besten Kräften dabei zu unterstützen. Dr. Martina Neunecker Wiesbaden, 23. März 2018 Editor s Notes Zum Parlamentarischen Abend Substitutionstherapie treffen Akteure der Suchtmedizin, substituierende Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, medizinische Fachgesellschaften, Gremien der Ärzteschaft, Wissenschaftler und Fachverbände der Drogenhilfe sowie Patientenorganisationen mit Politikern zusammen. Seit 1999 werden hier Anliegen, Herausforderungen und Lösungen für die Versorgung von fast 80.000 substituierten opioidabhängigen, chronisch kranken Menschen diskutiert. Als Veranstalter unterstützen Sanofi und die Deutsche Stiftung für chronisch Kranke diese politische Austauschplattform. www.sanofi.de www.substitutionsportal.de www.dsck.de Pressekontakt Sieglinde Schneider, Accente BizzComm, 0611/ 40 80 610 sieglinde.schneider@accente.de 4

Bildvorschau Bildinfo: (v.l.n.r.) Andreas Grundmann (Sanofi), Dr. Wieland Schinnenburg (MdB, FDP), Sieglinde Schneider (Moderation), Niema Movassat (MdB, Die Linke), Hans-Günther Meyer-Thompson (Arzt), Dr. Kirsten Kappert-Gonther (MdB, Bündnis 90/Die Grünen), Erik Bodendieck (Vorstand BÄK), Dr. Wolfgang- Axel Dryden (Vorsitzender Vorstand KV Westfalen-Lippe), Dirk Heidenblut (MdB, SPD) Bildinfo: Das Podium der politischen Vertreter beim Parlamentarischen Abend Substitutionstherapie (v.l.n.r.): Marlene Mortler (DBB), Dr. Wieland Schinnenburg (FDP), Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bd 90/Die Grünen), Sieglinde Schneider (Moderation), Dirk Heidenblut (SPD), Niema Movassat (Die Linke) Bildrechte: Sanofi / Jürgen Sendel @ Pictureblind Druckfähige Abbildungen unter www.accente.de/downloadbereich/pa2018 5