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Transkript:

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 1 BVR 3135/07-1. des Herrn H..., 2. der Frau H... Im Namen des Volkes In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Koerver & Kirch, August-Schmidt-Platz 1, 52134 Herzogenrath - gegen a) den Beschluss des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 16. Oktober 2007-2 C 82/07 -, b) das Urteil des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 10. Juli 2007-2 C 82/07 - hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch am 26. November 2008 einstimmig beschlossen: die Richterin Hohmann-Dennhardt und die Richter Gaier, Kirchhof 1. Das Urteil des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 10. Juli 2007-2 C 82/07 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Damit wird der Beschluss des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 16. Oktober 2007-2 C 82/07 - gegenstandslos. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Geilenkirchen zurückverwiesen. 2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen zu erstatten. Gründe: I. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gewährung rechtlichen Gehörs in einem im 1 1/6

schriftlichen Verfahren geführten Zivilrechtsstreit. 1. Im Ausgangsverfahren wurden die Beschwerdeführer vor dem Amtsgericht auf Zahlung von Werklohn nebst Zinsen in Anspruch genommen. Nach Eingang der Klage ordnete das Gericht gemäß 495a Satz 1, 128 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) das schriftliche Verfahren an und bestimmte die Frist zur Einreichung von Schriftsätzen auf den 23. Mai 2007. Mit am selben Tage beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 23. Mai 2007 legte die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) eine detaillierte Rechnung und einen Montagenachweis über die streitgegenständlichen Werkleistungen vor; diesen Schriftsatz nebst Anlagen erhielten die Beschwerdeführer am 14. Juni 2007 zugesandt. Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2007 ließen die Beschwerdeführer per Telefax mitteilen, dass sie die mit der Klage geltend gemachte Werklohnforderung nach Prüfung der erstmalig mit Schriftsatz der Klägerin vom 23. Mai 2007 vorgelegten Unterlagen ausgeglichen hätten; der zu erwartenden Erledigungserklärung der Klägerin schlössen sie sich unter Verwahrung gegen die Kostenlast an. Durch Urteil des Amtsgerichts vom 10. Juli 2007 wurden die Beschwerdeführer unter teilweiser Abweisung der geltend gemachten Nebenforderungen als Gesamtschuldner kostenpflichtig zur Zahlung der Klagesumme verurteilt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Klageanspruch sei spätestens mit Vorlage der detaillierten Rechnung am 23. Mai 2007 fällig geworden und bis zum Schluss der Schriftsatzfrist nicht bezahlt worden; der Erfüllungseinwand der Beschwerdeführer sei erst nach Ablauf der Schriftsatzfrist erhoben worden und daher entsprechend 296a ZPO wegen Verspätung unberücksichtigt zu lassen. Die von den Beschwerdeführern gegen das Urteil erhobene Anhörungsrüge wies das Amtsgericht durch Beschluss vom 16. Oktober 2007 mit der Begründung zurück, der Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör sei nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden, weil der Schriftsatz der Beschwerdeführer vom 4. Juli 2007 im Sinne des 296a ZPO verspätet und damit nicht zu berücksichtigen sei. Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung habe es gemäß 156 Abs. 1 und 2 ZPO nicht bedurft, weil die Beschwerdeführer den Erfüllungseinwand über eine Vollstreckungsgegenklage gemäß 767 ZPO hätten erheben können. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung oder auf Einräumung einer Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23. Mai 2007 sei im Übrigen nicht gestellt worden. Auch der Grundsatz des fairen Verfahrens habe eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht geboten, weil die Beschwerdeführer keinen Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist oder auf mündliche Verhandlung gestellt hätten. 2. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Sie seien durch die angegriffenen Entscheidungen in den genannten Rechten verletzt, weil sie keine Gelegenheit gehabt hätten, zu dem vom Amtsgericht für streitent- 2 3 4 5 6 2/6

scheidend gehaltenen Schriftsatz der Klägerin vom 23. Mai 2007 Stellung zu nehmen. Das Amtsgericht sei unter den gegebenen Umständen verpflichtet gewesen, entweder die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen oder eine Frist zur Stellungnahme zum Schriftsatz der Klägerin vom 23. Mai 2007 zu gewähren. Ihr Schriftsatz vom 4. Juli 2007 und der darin enthaltene Hinweis auf den Ausgleich der Klagforderung hätten bei der Urteilsfindung Berücksichtigung finden müssen. 3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben der Deutsche Anwaltverein, die Bundesrechtsanwaltskammer und die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben vorgelegen. 7 8 II. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Anspruchs der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) angezeigt ist ( 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Entscheidung maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 280 <285 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. 1. a) Das angegriffene Urteil verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Die Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Beteiligten vorher äußern konnten (vgl. BVerfGE 6, 12 <14>; 29, 345 <347 f.>; 46, 72 <73>). Das hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall nicht beachtet. Seine Entscheidung beruht maßgeblich auf dem Schriftsatz der Klägerin vom 23. Mai 2007 nebst Anlagen, obwohl den Beschwerdeführern zu diesem neuen Sachvortrag keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war. Ungeachtet der Frage, ob sich diese Rechtsansicht mit der Fälligkeitsregelung des 641 Abs. 1 BGB vereinbaren lässt (vgl. BGHZ 157, 118 <126>), hat das Amtsgericht die erstmals mit diesem Schriftsatz vorgelegte Rechnung der Klägerin als entscheidungserheblich angesehen und in seinem Urteil darauf abgestellt, dass die Werklohnforderung spätestens durch die nun erfolgte Vorlage der detaillierten Rechnung fällig geworden sei. b) Den Beschwerdeführern war es nicht möglich, in Wahrnehmung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör innerhalb der am 23. Mai 2007 endenden Schriftsatzfrist auf den neuen Sachvortrag im Schriftsatz der Klägerin vom 23. Mai 2007 zu erwidern, nachdem ihnen dieser Schriftsatz nebst Anlagen erst nach Ablauf der Schriftsatzfrist, nämlich am 14. Juni 2007, zugegangen ist. Dabei bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob die Zivilgerichte nach Art. 103 Abs. 1 GG allgemein gehalten sind, unter Verlängerung der Schriftsatzfrist den Ter- 9 10 11 12 13 3/6

min zur Verkündung einer Entscheidung in Verfahren ohne mündliche Verhandlung ( 495a ZPO) zu verlegen oder die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, wenn eine Partei erst kurz vor Ablauf der Schriftsatzfrist einen entscheidungserheblichen Schriftsatz einreicht und die andere Partei nicht mehr innerhalb der Schriftsatzfrist erwidern kann, oder ob von der anderen Partei zu verlangen ist, dass sie sich auch noch nach Ablauf der Schriftsatzfrist in der bis zum Verkündungstermin verbleibenden Zeit äußert (vgl. BVerfGE 50, 280 <284 f.>). Denn die Beschwerdeführer haben mit ihrem Schriftsatz vom 4. Juli 2007 rechtzeitig vor dem Verkündungstermin auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23. Mai 2007 erwidert und mit der Erfüllung der Werklohnforderung entscheidungserhebliche Tatsachen vorgetragen, ohne dass dies vom Amtsgericht berücksichtigt worden wäre. c) Die Beschwerdeführer waren nicht gehalten, die Verlegung des Verkündungstermins nebst einer Verlängerung der Schriftsatzfrist für das schriftliche Verfahren gemäß 495a Satz 1, 128 Abs. 2 ZPO oder die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß 156 ZPO zu beantragen. Gemäß 156 Abs. 1, 2 Satz 1 ZPO sind die Gerichte verpflichtet, die mündliche Verhandlung von Amts wegen wieder zu eröffnen, wenn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erkennbar ist (vgl. Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 27. Aufl. 2009, 156 Rn. 2 f.); entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung des rechtlichen Gehörs sind auch im schriftlichen Verfahren von Amts wegen zu ergreifen (vgl. BVerfGE 50, 280 <285 f.>). Auf einen Antrag der in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzten Partei kommt es insoweit nicht an. Die Beschwerdeführer durften auf ein pflichtgemäßes Verhalten des Gerichts vertrauen. Für sie bestand daher kein Anlass, die vom Gericht von Amts wegen zu ergreifenden Maßnahmen durch einen Antrag anzuregen; sie durften sich vielmehr darauf verlassen, dass das Gericht auch ohne entsprechenden Antrag pflichtgemäß handeln und die Gewährung rechtlichen Gehörs sicherstellen werde. d) Das Urteil des Amtsgerichts beruht auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Das Amtsgericht hätte die Beschwerdeführer bei Kenntnisnahme ihres Schriftsatzes vom 4. Juli 2007 im Hinblick auf das durch die Bezahlung eingetretene Erlöschen der Klageforderung gemäß 362 Abs. 1 BGB nicht mehr zur Zahlung verurteilen dürfen; vielmehr hätte das Amtsgericht die Klage unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Beschwerdeführer vom 4. Juli 2007 kostenpflichtig abweisen müssen, wenn die Klägerin des Ausgangsverfahrens den Vortrag der Beschwerdeführer unstreitig gestellt und trotzdem an ihrem Klagantrag festgehalten hätte, oder im - zu erwartenden - Falle einer Erledigungserklärung der Klägerin gemäß 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits entscheiden müssen. 2. Nachdem die angegriffenen Entscheidungen jedenfalls Art. 103 Abs. 1 GG verletzen, kann dahingestellt bleiben, ob auch ein Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. 3. Der aufgezeigten Grundrechtsverletzung kommt trotz der vergleichsweise geringen Klagesumme besonderes Gewicht zu. Sie beruht auf einer Verkennung des 14 15 16 17 4/6

durch die Verfassung gewährten Schutzes und einem leichtfertigen Umgang mit dem grundrechtlich gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör, und verletzt damit in krasser Form rechtsstaatliche Grundsätze (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Durch die Verweigerung des rechtlichen Gehörs hat das Amtsgericht gegen die mit der Verfahrensgarantie des Art. 103 Abs. 1 GG verbundene Erwartung der Bürger verstoßen, sich zur Streitbeilegung auf das staatliche Rechtsschutzsystem verlassen zu können (vgl. BVerfGK 7, 438 <442>). 4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus 34a Abs. 2 BVerfGG. 18 Hohmann-Dennhardt Gaier Kirchhof 5/6

Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. November 2008-1 BvR 3135/07 Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. November 2008-1 BvR 3135/07 - Rn. (1-18), http://www.bverfg.de/e/ rk20081126_1bvr313507.html ECLI ECLI:DE:BVerfG:2008:rk20081126.1bvr313507 6/6