Hilfe für Frauen im Sperrgebiet Zwei Standorte: St. Pauli und St. Georg Schutzraum Straßensozialarbeit Medizinische Versorgung Aktuelle Informationen für Spender Jahresrückblick 2016
Schutzraum Sperrgebiet Das Sperrgebiet ist seit 1985 eine Anlaufstelle für Mädchen und Frauen, die sich prostituieren es gibt zwei Standorte: St. Georg und St. Pauli In den Räumlichkeiten vom Sperrgebiet finden die Frauen und Mädchen Schutz vor dem Leben auf der Straße, denn die Gewalt von Freiern nimmt wieder zu. Frauen und Mädchen, die ins Sperrgebiet kommen, müssen nur einen Vornamen nennen, damit wir die Möglichkeit haben sie persönlich anzusprechen. Die Sozialarbeiterinnen, eine Ärztin und eine Pastorin stehen den Mädchen und Frauen zur Seite. Sie beraten und helfen beim Ausstieg und versuchen mit ihnen neue Perspektiven zu entwickeln. Neben Beratungen gibt es niedrigschwellige Angebote wie Frühstücks- oder Mittagstreffen. Im Sperrgebiet können die Frauen zur Ruhe kommen, sich aufwärmen und Gespräche führen. Ins Sperrgebiet St. Georg kommen vor allem junge Frauen aus Ost-Europa. Sie sind vor bitterer Armut und Perspektivlosigkeit in ihrer Heimat geflohen. Sie wollen arbeiten z.b. als Putzfrau etwas Geld für sich und ihre Familie in der Heimat verdienen in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch hier in Deutschland bekommen sie keinen Job und leben auf der Straße. Um überhaupt etwas Geld zu verdienen, ist die Prostitution oft ihre einzige Möglichkeit. Die Freier kennen die dramatische Situation der Mädchen und Frauen und nutzen das aus. Das verdiente Geld reicht häufig nicht einmal für einen Schlafplatz und etwas zu Essen viele von ihnen sind obdachlos. Das Sperrgebiet St. Pauli wird von vielen Frauen aufgesucht, die der kommerziellen Prostitution in Bordellen nachgehen. Auch hier ist ihr Verdienst sehr gering und sie sind von Armut bedroht und suchen einen Ort an dem sie Ruhe finden, ihr Leben neu ordnen können und Hilfe bekommen. Aus ganz Hamburg kommen Mädchen und Frauen ins Sperrgebiet St.Georg und St. Pauli. Einige von ihnen arbeiten an anderen Orten z.b. in Appartements oder in der Süderstraße. Viele von ihnen leben in Armut und wissen nicht, wie es morgen weitergehen soll. Im Sperrgebiet finden sie die Hilfe, die sie dringend benötigen.
Das Sperrgebiet 2016 in Zahlen Die Straßensozialarbeiterinnen waren 400 Stunden auf der Straße unterwegs. 4.062 mal sind die Straßensozialarbeiterinnen mit Frauen ins Gespräch gekommen. 49% der Frauen und Mädchen sind unter 30 Jahre. Es wurden mehr als 2.136 Kondome und 959 Tuben Gleitmittel verteilt. 1539 Frauen wurden individuell und intensiv im Sperrgebiet beraten und zum Teil auch zu Behörden etc. begleitet. 168 Untersuchungen und Beratungen wurden von der Ärztin durchgeführt. Es gab 76 Informations- und Beratungsveranstaltungen für Angehörige, Schüler- und Konfirmandengruppen, Sozialarbeiter sowie Mediziner. Straßensozialarbeit Die Sozialarbeiterinnen sind viel auf der Straße unterwegs. Sie gehen dorthin, wo sich die Frauen und Mädchen aufhalten und ihre Dienste anbieten. Sie haben immer Kondome, Gleitmittel, Tee und Süßigkeiten dabei. Ziel ist es, mit den Prostituierten ins Gespräch zu kommen und ihnen von den Angeboten und Hilfen des Sperrgebietes zu berichten. Der Standort St. Georg ist nach wie vor von dem Kontaktanbahnungsverbot geprägt. Die Frauen und Mädchen müssen Bußgelder bezahlen, wenn sie von der Polizei erwischt werden, wie sie ihre Dienste anbieten. Die vermehrten Bußgelder zwingen die Frauen dazu länger Arbeiten zu müssen, was wiederum die Gefahr neuer Bußgelder nach sich zieht Abwärtsspirale und Schuldenfalle. Durch die angespannte Situation auf der Straße, haben sich die Freier verändert. Die Freier haben eine geringere Hemmschwelle zur Gewalt. Die Frauen berichten die Netten kommen nicht mehr. Der Standort St. Pauli ist geprägt durch organisierte Prostitution in Zuhälterstrukturen. Die Frauen in St. Pauli arbeiten größtenteils in kriminellen Strukturen, die ihnen den Ausstieg nahezu unmöglich machen. Prostitution findet auf der Straße, in Laufhäusern und Bordellen statt. Denn noch verdienen die meisten Frauen kaum Geld und leben in Armut.
Individuelle Beratung im Sperrgebiet Um den Frauen und Mädchen bestmöglichst helfen zu können, bieten die Sozialarbeiterinnen auch Beratungen im Sperrgebiet an. Häufig ergeben sich aus ersten Gesprächen auf der Straße weitere intensive Beratungen. Dabei geht es meist ums persönliche Umfeld, den Ausstieg, die Arbeitssuche und Entwicklung von Perspektiven. Bei den Frauen aus Ost-Europa ergeben sich meist komplizierte behördliche und rechtliche Abläufe, die durch Sprachschwierigkeiten erschwert werden - deshalb gibt es eine Rechtsanwältin, die für drei Stunden in der Woche ins Sperrgebiet kommt. Leider sind die Ansprüche der Frauen bei Behörden oft nur durch Begleitung der Sozialarbeiterinnen durchsetzbar. Die Frauen können die Sprechzeiten für Beratungen nutzen. Das Sperrgebiet dient aber auch einfach als Schutz- und Ruheraum. Dort können sie frühstücken, Wäsche waschen, duschen und sich mit anderen Frauen austauschen. Es finden auch individuelle Beratungen außerhalb der Sprechzeiten statt. In diesem Kontext wenden sich die Frauen telefonisch, per Mail oder persönlich bei uns. Überwiegend sind es Themen zum Ausstieg aus Zuhälterstrukturen und über angedrohte Gewalt. Für diese Frauen ist eine größere Anonymität als im Rahmen der Sprechzeiten möglichst wichtig. Weiterhin wurden im Jahr 2016, 306 Beratungen telefonisch durchgeführt.
Medizinische Versorgung Im Sperrgebiet St. Georg findet zweimal wöchentlich eine medizinische Sprechstunde statt. Die Ärztin bietet eine medizinische Grundversorgung an. Dabei geht es in erster Linie um: Behandlung von diversen Infektionserkrankungen Beratung zur Prävention und Behandlung von sexuell übertragbaren Erkrankungen und Weiterleitung zur Diagnostik Vermittlung von Basiswissen zur sexuellen Gesundheit, sowie die Durchführung von Schwangerschaftstests, Verordnung von Empfängnisverhütungsmitteln und der Pille danach Kriseninterventionen im Rahmen diverser psychischer Belastungssituationen und ggf. Vermittlung in ambulante oder stationäre Therapie In der Sprechstunde im Sperrgebiet zeigt sich eine große Bandbreite von Krankheitsbildern. Die überwiegenden Erkrankungen der Patientinnen stehen häufig in engem Zusammenhang mit individuellen Lebens- und Wohnsituationen. Dabei stellt die Versorgung von Frauen ohne Krankenversicherungsstatus die größte Herausforderung dar und betrifft vor allem die osteuropäischen Frauen. Die Obdachlosigkeit vieler Frauen erschwert den Genesungsprozess. Durch Spenden ist es der Ärztin möglich, den Mädchen und Frauen Medikamente auszugeben oder ihnen kostenlos Rezepte auszustellen. Die Ärztin versucht den osteuropäischen Klientinnen, mit sehr geringem Bildungsstand (und zum Teil Analphabetismus) in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpädagoginnen, ein Basiswissen zu vermitteln, wie man sich vor Krankheiten und/oder Schwangerschaft schützen kann. Außerdem gibt es eine enge Kooperation mit der Gynäkologin der Praxis AnDOCken (Eine aus Spenden finanzierte ärztliche und soziale Praxis für Menschen ohne Papiere). Somit gibt es eine Möglichkeit bei gynäkologischen Unklarheiten, Untersuchungen durch eine Fachärztin durchzuführen.
Hilfe für Angehörige und Prävention Wenn Mädchen und Frauen sich prostituieren ist dies für das Lebensumfeld meist sehr schwer zu verstehen. Vor allem der Einstig der Tochter bzw. Freundin in die Prostitution ist sehr belastend. Die Bekannten wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. In den Beratungen der Angehörigen ist häufig auch die Frage welche Ausstiegsmöglichkeiten es aus der Prostitution gibt und wie die Angehörigen dabei unterstützen können. Meist rufen betroffene Eltern oder Freunde im Sperrgebiet an und fragen nach Rat. Um schon präventiv tätig sein zu können, bietet das Sperrgebiet für Sozialarbeiter/innen aus anderen Arbeitsfeldern und Mediziner/innen extra Beratungs- und Informationsveranstaltungen zum Thema Prostitution an. Hier sollen die Kollegen für das Thema und deren Anzeichen sensibilisiert werden. Damit Mädchen und Frauen, die sich prostituieren, von ihrem gewohnten Umfeld erste Hilfen bekommen. Ein wichtiger Schwerpunkt der Prävention sind auch Veranstaltungen für Schüler- und Konfirmandengruppen. Hier wird über die Lebensumstände der Frauen und Mädchen sowie ihren Weg in die Prostitution berichtet. Es werden mögliche Einstiegsszenarien und Hilfsangebote aufgezeigt.