Notar Prof. Dr. Christopher Keim Ingelheim am Rhein 10 Regeln zum Unternehmertestament
1. Die gesetzliche Erbfolge ist zur Verwirklichung der Unternehmensnachfolge (meist) ungeeignet Unternehmer ist verheiratet und hat drei Kinder. Die Ehefrau ist Lehrerin, ein Sohn arbeitet im Unternehmen mit, ein weiterer Sohn ist Soziologe und lehnt den Kapitalismus ab. Die Tochter ist noch minderjährig. Der Unternehmer stirbt überraschend bei einem Verkehrsunfall. Was passiert erbrechtlich, wenn kein Testament vorhanden ist?
2. Inhaltlich sollte das Testament eine klare Erbfolge erhalten und professionell formuliert sein! Der Unternehmer und seine Ehefrau haben sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und als Schlusserben die zwei noch minderjährigen Kinder. Nach dem Tod des Unternehmers möchte die Witwe nur die Tochter zur Alleinerbin für das Unternehmen einsetzen, weil sich der Sohn der Scientologysekte angeschlossen hat. Erbengemeinschaften sind zu vermeiden, Testamentsvollstreckung kann sinnvoll sein, Vor und Nacherbfolge ist selten sinnvoll, Vorsicht bei erbvertraglichen Bindungen oder wechselbezüglichen gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten
3. Der spätere Nachfolger sollte bereits zu Lebzeiten sukzessive an dem Unternehmen beteiligt werden. Das Unternehmertestament dient lediglich der Ergänzung und Vorsorge für den Fall des unerwarteten Todes. Der Unternehmer hatte bereits in frühen Jahren ein Testament errichtet, in dem er seinen im Betrieb mitarbeitenden Sohn zum Unternehmensnachfolger bestimmt hat. Er stirbt mit 90 Jahren und war noch alleiniger Unternehmensinhaber. Der Sohn ist aus Enttäuschung, bisher nicht beteiligt worden zu sein, inzwischen Unternehmensberater bei einer großen internationalen Unternehmensberatungsgesellschaft und hat daher kein Interesse mehr an der Übernahme des väterlichen Betriebs.
4. Zur Absicherung des letzten Willens oder der lebzeitigen Vermögensnachfolge sind Pflichtteilsverzichtsverträge mit den Kindern abzuschließen Der Unternehmer hat eine fleißige Tochter, der er das Unternehmen später übertragen möchte. Der Sohn aus der ersten Ehe ist gerade volljährig geworden und benötigt dringend Geld. Der juristische Berater empfiehlt, den Sohn schnell zum Notar einzuladen, um mit ihm einen Pflichtteilsverzichtsvertrag abzuschließen. Er soll hierfür eine Abfindung von 10.000,00 erhalten. Das Unternehmen ist mehrere Millionen wert.
5. Das Unternehmertestament ist mit den Gesellschaftsverträgen abzustimmen und umgekehrt Der Unternehmer errichtet vor dem Notar ein Testament, in welchem er seine Ehefrau zur Alleinerbin einsetzt. Sein Vermögen besteht im wesentlichen aus den Beteiligungen des Unternehmers an einer Kommanditgesellschaft. Nach dem zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrag können Erben von den übrigen Gesellschaftern ausgeschlossen werden, soweit sie nicht Mitgesellschafter oder Kinder des Gesellschafters sind. Was passiert beim Tod des Erblassers mit den Gesellschaftsanteilen? (Nach BGH vom 18. April 2002)
6. Das Unternehmertestament ist in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen und ggf. anzupassen (z. B. alle vier Jahre nach der Bundestagswahl oder nach der Fußball WM) Der Erblasser hat ein Einzelunternehmen, das er seinem Sohn vererben möchten. Er errichtet ein entsprechendes Testament. Später wandelt er das Unternehmen in eine GmbH um, das Betriebsgrundstück verbleibt jedoch in seinem Vermögen, um es aus steuerlichen Gründen an die GmbH vermieten zu können. Der Unternehmer stirbt, ohne das Testament geändert zu haben. Wem gehören der Betrieb und das Grundstück?
7. Kein Unternehmertestament ohne ertragsteuerliche und erbschaftsteuerliche Prüfung Der Unternehmer hat als Betriebsnachfolgerin seine Lebensgefährtin eingesetzt. Sie befürchtet, bei einem erbschaftsteuerlichen Freibetrag von nur 20.000,00 ( 19 ErbschStG) jede Menge Erbschaftsteuer zahlen zu müssen.
8. Das Unternehmertestament ist durch einen Ehevertrag zu ergänzen: Weder die normale Zugewinngemeinschaft noch die Gütertrennung sind für den Unternehmer geeignet. Vielmehr muss die Zugewinngemeinschaft modifiziert werden! Der Ehemann ist Inhaber eines hoch verschuldeten Betriebs und möchte eine Haftung seiner künftigen Ehefrau durch die Vereinbarung einer Gütertrennung verhindern.
9. Eine umfassende Vorsorgevollmacht sorgt dafür, dass bei einem krankheitsbedingten Ausfall des Unternehmers die Geschäfte weitergeführt werden können. Die gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten erfordern regelmäßig Sonderregelungen gegenüber der herkömmlichen Vorsorgevollmacht. Nach einem Herzinfarkt fällt der Unternehmer für längere Zeit aus. Die Ehefrau möchte einen leitenden Angestellten zum neuen Geschäftsführer der GmbH bestellen. Sie hat keine Vollmacht und ist auch selbst nicht Gesellschafterin.
10. Besonderheiten gelten beim Wegzug ins Ausland: Für die Anwendung des Erbrechts kommt es nicht mehr auf die Staatsangehörigkeit sondern auf die Rechtsordnung des Staates des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes des Verstorbenen an! Der Unternehmer zieht nach Mallorca und stirbt dort. Er hat dort ein gemeinschaftliches Ehegattentestament mit seiner Ehefrau errichtet, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben einsetzten und die Kinder zu Schlussererben eingesetzt haben. Ist dieses gültig?