Tätigkeitsbericht 2006 der Amtspartei Bundeskartellanwalt

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Tätigkeitsbericht 2006 der Amtspartei Bundeskartellanwalt Alfred Mair / Gustav Stifter I. Überblick Das Jahr 2006 war vor allem durch das Inkrafttreten des Kartellgesetzes (KartG) 2005 gekennzeichnet, mit dem die wichtigsten Prinzipien des gemeinschaftlichen Kartellrechts übernommen wurden. So fielen durch den Grundsatz der Legalausnahme beispielsweise die Anzeigepflicht von Vertriebsbindungen und (innerösterreichischen) Kartellen weg. Ebenso wurden die sogenannten Schwellenwerte der Fusionskontrolle erhöht, sodass die Anzahl der anmeldepflichtigen Zusammenschlüsse um 25% zurück ging. Erwähnenswert ist die erste strukturelle Auflage in einem Zusammenschlussverfahren, der Verkauf des Unternehmensbereiches Tiefbau im Verfahren Strabag/Storf ohne langwieriges Prüfungsverfahren 1. Ebenso erfreulich war, dass die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ihre Honorarordnung ohne weiteres Verfahren vor dem Kartellgericht widerrief 2. Auch wurden in drei Fällen einer verbotenen Durchführung eines Zusammenschlusses insgesamt Geldbußen in der Höhe von 235.000 Euro verhängt 3. Im Verfahren Europay 4 wurde auf Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwaltes eine Geldbuße wegen Durchführung eines Absichtskartelles und Missbrauches einer marktbeherrschenden Stellung von 5 Mio Euro verhängt (nicht rechtskräftig). Dies ist die höchste Geldbuße, die das Kartellgericht bisher verhängt hat. Insgesamt sind im Jahr 2006 395 neue Verfahren angefallen (2005: 561). Bei insgesamt 278 (2005: 368) Zusammenschlussanmeldungen wurden in 9 Fällen die Anmeldungen aus unterschiedlichen Gründen zurückgezogen. In insgesamt sieben Verfahren (2005: sechs) hat die Amtspartei Bundeskartellanwalt, teilweise gemeinsam mit der Bundeswettbewerbsbehörde, durch einen Prüfungsantrag ein kartellgerichtliches Prüfungsverfahren eingeleitet. Insgesamt wurden 5 Geldbußenanträge nach dem KartG 1988 (für Vergehen vor Inkrafttreten des KartG 2005) und 6 nach dem KartG 2005 gestellt. Die Amtspartei Bundeskartellanwalt hat in verschiedensten Verfahren insgesamt 33 begründete Stellungnahmen abgegeben. Nachstehend sollen einige wichtige, von der Amtspartei Bundeskartellanwalt initiierte bzw. mitinitiierte Verfahren näher dargestellt werden. II. Zusammenschlusskontrolle 1. STRABAG / Storf Hoch- und Tiefbaugesellschaft 5 Verpflichtung zum Verkauf eines Unternehmensbereichs Das Zusammenschlussvorhaben betraf den Erwerb der Storf Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbh, einem Tiroler Bauunternehmen, durch die Strabag AG. Da eine starke Marktposition von Strabag auf dem Tiroler 1 Dazu unten II.1. 2 Dazu unten V.1. 3 Dazu unten IV 4 Dazu unten III 5 BWB/Z-88/2, KG 29.6.2006 26 Kt 35/06-1 -

Tiefbaumarkt schon mehrmals durch das Kartellgericht festgestellt wurde 6, stellte die Amtspartei Bundeskartellanwalt einen Prüfungsantrag, der sich ausschließlich auf den Tiefbaubereich konzentrierte. Nach informellen Gesprächen bot Strabag den Verkauf des genau über Aufträge, Personal, Anlagen und Umsatz definierten -Tiefbaubereiches an. In einer Verpflichtungserklärung gegenüber den Amtsparteien isd 17 2 Abs 2. Satz KartG verpflichtete sich Strabag und Storf gegenüber den Amtsparteien, den Tiefbaubereich zu verkaufen. Zwischenzeitlich wurde der Käufer bereits den Amtsparteien präsentiert und der Verkauf durchgeführt. Dies stellt die erste strukturelle Auflage in einem Zusammenschlussverfahren vor dem Kartellgericht dar. 2. Südbayerisches Portland Zementwerk / Gmundner Zement 7 Das Zusammenschlussverfahren behandelte dem zum Zeitpunkt des Prüfungsverfahrens bereits vollzogenen Erwerb 8 der alleinigen Kontrolle über die Gmundner Zement Produktions- und Handels GmbH (GZ) durch das Südbayerische Portland- Zementwerk Gebr. Wiesböck & Co GmbH (SPZ) (einem mit HeidelbergCement verbundenen Unternehmen). Die Amtspartei Bundeskartellanwalt, unterstützt von der Bundeswettbewerbsbehörde, stellte einen Prüfungsantrag, da in unmittelbarer Nähe des Werkes von GZ drei Zementwerke liegen, die mit der SPZ verbunden waren. Auch war das Preisniveau von Zement im Umkreis der GZ bedeutend höher als beispielsweise im Osten Österreichs. Das Kartellgericht beauftragte einen Gutachter, der keine durch den Zusammenschluss bewirkte Änderung feststellen konnte, vor allem weil der Vertrieb zwischen GZ und dem SPZ schon vor Durchführung dieses Zusammenschlusses abgestimmt war. Der vorhergegangene Erwerb einer wesentlichen Minderheitsbeteiligung war bereits 1999 durchgeführt worden, zu einer Zeit, in der nach Judikatur des Obersten Gerichtshofes als Kartellobergericht der Erwerb österreichischer Unternehmen durch ausländische Konzerne nicht anmeldebedürftig und somit der Fusionkontrolle entzogen war. Aufgrund dieses Gutachtens wurden die Prüfungsanträge zurückgezogen und das gerichtliche Prüfverfahren eingestellt. 3. Lafarge Perlmooser / Lasselsberger Betonmischwerke (Logistik Alberner Hafen) Die Zusammenschlussanmeldung betraf den Kauf von Transportbetonwerken im Hafen Albern, Liesing und Parndorf, verschiedene Silos und Logistikelemente im Hafen Albern sowie eine Umschlaganlage im Hafen Enns der Lasselsberger- Gruppe durch die Lafarge Perlmooser GmbH. (Die Transportbeton- Aktivitäten von Lasselsberger in Pöchlarn und Krems verbleiben ebenso wie die Frachtschiffflotte bei Lasselsberger.) Die Amtspartei Bundeskartellanwalt stellte, unterstützt von der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), einen Prüfungsantrag, da Lafarge Perlmooser im Großraum Wien bei Zement einen sehr hohen Marktanteil hält und Lasselsberger von Käufern als Zement- Importeur genannt wurde, dessen Preisniveau bedeutend unter jenem der Wettbewerber lag. Weiters hatte Lasselsberger Genehmigungen für ein Zement- Mahlwerk am Hafen Freudenau von zunächst 900.000 Tonnen/Jahr, später 280.000 Tonnen pro Jahr beantragt und für letzteres auch 2005 erhalten, womit Lasselsberger ein wesentlicher Wettbewerber im Großraum Wien geworden wäre. Im Zuge des Zusammenschlussverfahrens konnten die Zusammenschlusswerber glaubhaft machen, dass Lasselsberger schon vor dem Zusammenschluss aus strategischen Überlegungen aus dem Markt für Zement ausgeschieden war. 6 KG 3.6.1998, 25 Kt 105/98 (Bauholding/Strabag); KG 7.10.2003, 25 Kt 160, 207, 214/03 (GU Strabag/Fröschl) 7 KG 29.6.2006, 24 Kt 11,12/06 8 Siehe unten IV.3-2 -

Die Zusammenschlusswerber boten den Amtsparteien eine weitreichende Verpflichtungserklärung an, die unter anderem ein Verbot der Errichtung einer Mahlanlage am Hafen Albern sowie der Errichtung zusätzlicher Transportbetonwerke innerhalb einer langen Periode vorsah. Die Amtsparteien zogen daraufhin ihre Prüfungsanträge zurück, das Kartellgericht stellte das Prüfungsverfahren ein. III. Untersagungsverfahren Europay: Geldbuße von 5 Mio Euro wegen Absichtskartell und Marktmachtmissbrauch 9 (nicht rechtskräftig) Das Kartellgericht hat bereits mit Beschluss vom 17.10.2003 10 festgestellt, dass zwischen der Europay Austria Zahlungsverkehrssysteme GmbH (Europay) und ihren Vertragspartnern ein Absichtskartell bestanden hatte und dass Europay ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für unbare POS- Zahlungen missbraucht hätte. Die BWB beantragte nunmehr für diese Vergehen die Verhängung einer Geldbuße, der sich auch die Amtspartei Bundeskartellanwalt anschloss. Das Kartellgericht verhängte eine Geldbuße in der Höhe von 5 Mio Euro über Europay, weil Europay- Gesellschafter sich nur mit Zustimmung von Europay an Unternehmen für unbare Zahlungsabwicklung beteiligen durften, andererseits weil im Rahmen des Bankomatvertrages für Nicht- Europay-Systeme Transaktionsgebühren vereinbart wurden, die im Verhältnis für die dafür erbrachte Leistung unangemessen hoch waren. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. IV. Verbotene Durchführung eines Zusammenschlusses 1. AVAG/Opel Beyschlag 11 : Geldbuße wegen verbotener Durchführung eines Zusammenschlusses in Höhe von 70.000 Euro Im Zuge von Recherchen entdeckte die Amtspartei Bundeskartellanwalt, dass die Opel und Beyschlag Gesellschaft mbh durch die deutsche AVAG Holding AG, die bereits in Österreich als Opel- Händler - vertreten war, erworben worden war und der Zusammenschluss auch bereits vollzogen wurde. Kurz nach Beginn des Geldbußenverfahrens meldete AVAG den Zusammenschluss nachträglich an. Im Zuge dieses Zusammenschlussverfahrens wurde jedoch keine negative Auswirkung auf den Wettbewerb festgestellt, da der räumliche Markt für KFZ relativ kleinräumig abzugrenzen ist und es folglich nach Untersuchung der Unternehmensstandorte zu keiner Marktanteilsaddition kam. Folglich wurde der Zusammenschluss ohne Prüfungsverfahren genehmigt. Trotz des relativ großen Umsatzvolumens ergab sich die geringe Geldbuße aufgrund der gegenwärtig geringen Spannen im KFZ- Handel, weiters der Tatsache, dass eine Bereicherung nicht festgestellt werden konnte und des ausschließlich fahrlässigen Verhaltens der Zusammenschlusswerber. 9 KG 22.12.2006, 27 Kt 20, 24/06 10 KG 17.12.2003 27 Kt 243, 244/02 11 KG 11.5.2006, 24 Kt 570/05-3 -

2. XXXLutz, ASF Leasing / Mann Mobilia 12 : Geldbuße wegen verbotener Durchführung eines Zusammenschlusses Die Amtspartei Bundeskartellanwalt stellte Anträge wegen verbotener Durchführung mehrerer Zusammenschlüsse des XXXLutz- Konzerns, der verschiedene Möbelhäuser in Deutschland erworben hatte, ohne dies in Österreich anzumelden. Medien hatten zuvor von einer bedeutenden Einkaufsmacht des Lutz- Konzerns berichtet. Im Zuge des Verfahrens stellte das Kartellgericht fest, dass die neu erworbenen Möbelhäuser nur einen sehr geringen Prozentsatz ihrer Einkäufe bei österreichischen Möbelproduzenten deckten, folglich der Zusammenschluss kaum Auswirkungen auf den österreichischen Beschaffungsmarkt bewirkte. Auch lag der Marktanteil des Lutz- Konzerns unter der Schwelle der Marktbeherrschungsvermutung von 30% Marktanteil, was vom Kartellgericht befragte, von den Zusammenschlusswerbern unabhängige Auskunftspersonen, bestätigten. Aufgrund der Tatsache, dass die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den österreichischen Markt kaum von Bedeutung waren, dies der erste Fall einer Entscheidung wegen verbotener Durchführung eines Zusammenschlusses auf dem Beschaffungsmarkt und überdies das Verschulden als gering anzusehen war, wurde lediglich eine geringe Geldbuße verhängt. 3. Südbayerisches Portland Zementwerk /Gmundner Zement; Geldbuße in der Höhe von 140.000 Euro 13 Die Amtspartei Bundeskartellanwalt stellte einen Antrag auf Verhängung eines Bußgeldes wegen Erwerbs der alleinigen Kontrolle der Gmundner Zement Produktions- und Handels GmbH (GZ) durch HeidelbergCement (HC), einem mit der Südbayerischen Portland Zement Gebr. Wiesböck & Co GmbH (SPZ) verbundenen Unternehmen, ohne vorherige Anmeldung des Zusammenschlusses. Zum Zeitpunkt der Stellung des Geldbußenantrages wurde davon ausgegangen, dass die Auswirkungen auf den räumlich und sachlich relevanten Markt erheblich wären, liegt doch das Werk der SPZ Rohrdorf im weiteren Einzugsbereich der GZ und ist SPZ auch an den in unmittelbarer Nähe liegenden Zementwerk Leube beteiligt. Der vom Kartellgericht bestellte Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass zwar eine Abstimmung des Vertriebs zwischen GZ und SPZ erfolge, dies jedoch seit dem (erlaubten) Erwerb einer Minderheitsbeteiligung, sodass der Zusammenschluss keine Auswirkungen auf dem Markt hätte 14. Das Kartellgericht vertrat die Rechtsansicht, dass der Übergang von Mitbeherrschung zu Alleinbeherrschung anmeldebedürftig sei, eine Holdinggesellschaft (ohne eigene Tätigkeit) Unternehmen isd KartG sei, wenn sie Einfluss auf wettbewerbsrelevante Entscheidungen der Tochter nehmen kann, und als Bereicherung jener Gewinn abzuschöpfen wäre, der aus der Durchführung des Zusammenschlusses ohne Abwarten eines Anmelde bzw. Prüfungsverfahrens erzielt wurde. Da es aufgrund des Gutachtens zu keinen messbaren Marktauswirkungen kam, wurde die Schwere der Rechtsverletzung ebenso wie das Verschulden - als gering angesehen. Es wurde eine Geldbuße von insgesamt 140.000 Euro verhängt. 12 KG 11.10.2006, 25 Kt 57, 73/06 13 KG 31.10..2006, 26 Kt 426,427/06, 26 Kt 54,55/06 14 Vgl. oben II.2-4 -

V. Freie Berufe Honorarordnung der Architekten (HOA) Auf Grundlage der Entscheidung Honorarordnung der Baumeister (HOB) bezüglich Honorarempfehlungen übermittelten Bundeswettbewerbsbehörde und Bundeskartellanwalt in einem gemeinsamen Schreiben vom 31.7.2006 der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten die wesentlichen Kritikpunkte. So umfasste die HOA an zahlreichen Stellen die Angabe expliziter Preise bzw. Formeln und Kennwerte, die die Berechnung konkreter Preise ermöglichten und hatten diese Angaben alleine aufgrund der Wortwahl bindenden Charakter. Das so errechnete Preisniveau war weitgehend ident mit jenem der Honorarordnung der Baumeister und somit 10% bis 30% über den tatsächlichen Marktpreisen, was letztendlich zur Täuschung kleiner Abnehmer über den marktüblichen Wert einer Leistung, nicht jedoch zur Information von Kunden, führen könnte. Auch waren nach Ansicht der Amtsparteien alle Kriterien eines Kartells bzw. eines Beschlusses einer Unternehmensvereinigung isd Art 81 EG-V erfüllt. Die Kammer der Architekten widerrief daraufhin die bestehenden Honorarordnungen mit 31.12.2006 ersatzlos. - 5 -