Zielgruppe und Integrationswirkung von Ausbildungen der zweiten Chance

Ähnliche Dokumente
Abbruch und Schulversagen im österreichischen Bildungssystem

Integrationschancen durch die Lehre

Fehlender Pflichtschulabschluss Grundlagen und Strategien

Bildungs- und arbeitsmarktferne Jugendliche in Tirol

und raus bist Du! Ausbildungsarmut Jugendlicher und ihre soziale Ungleichverteilung im österreichischen Bildungssystem

Evaluation der Vorbereitungskurse auf den Hauptschulabschluss Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Erfolge der Umsetzung

Auswirkungen von Bildungsarmut und die umfassende Bedeutung für alle Beteiligten und die Gesellschaft

NEET-Jugendliche in Österreich

Daten zu frühem Schulabbruch auf Basis der Vorgaben der EU in Bezug auf die Benchmark Early School Leaving 1

Early School Leaving Strategien entgegen sozialer Exklusion

Bildungsbezogenes Erwerbskarrieren Monitoring und die Schlussfolgerungen für die Ausbildungsverpflichtung

Bildungskarrieren und Übergänge an den Schnittstelle im Bildungssystem

Amt der Oö. Landesregierung Direktion Präsidium Information der Abt. Statistik. Analyse NEET-Jugendliche in Oberösterreich /2013

BBFK-Steyr-Themenforum Bildungsarmut. Integrationschancen, Ausgrenzungsrisiken und soziale Reproduktion. Mario Steiner

Das österreichische Berufsbildungssystem. ibw 2016

Demographie und Arbeitsmarktentwicklung. Fachexperte der Sektion VI Mag. Manfred Zauner

Das österreichische Bildungssystem. ibw 2017

Welche Veränderungen bringt das Jugendcoaching für die Bildungsberatung

Sozial- und Wirtschaftsstatistik aktuell AK Wien

Grundkompetenzen und Arbeitsmarktsituation von Personen mit einem Lehrabschluss in Deutschland und Österreich eine vergleichende Analyse

und raus bist Du! Der frühe Bildungsabbruch in Österreich: Eine faktenbasierte Grundlage für die Ausbildung bis 18

ARMUTSBEKÄMPFUNG DURCH BILDUNG UND ARBEITSMARKTINTEGRATION SILVIA HOFBAUER I SOZIALE STADT

Wie kompetent sind Österreichs Erwachsene?

Demografie und Fachkräftebedarf im Fokus

Abbruch und Schulversagen im österreichischen Bildungssystem

Wohin nach der Schule?

Arbeitsmarktstrukturen in der Steiermark. Allgemeine Entwicklungen und Trends

Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Zahlen und Fakten und aus Sicht der steirischen BildungsberaterInnen

Früher Bildungsabbruch

Ergebnisse der Bildungsdokumentation. Tagung der Schüler- und Bildungsberater 2. Oktober 2012 Hubert Metzler

Arbeitsmarktstatistik im europäischen Vergleich

Das Vorarlberger Lehrlingsmodell aus Sicht seiner Zielgruppen

Arbeitsmarktpolitik Erfolge und Herausforderungen. Forum Zeit und Glaube, Katholischer Akademiker/innenverband 25. März 2014 Dr. Johannes Kopf, LL.M.

Wie kompetent sind Österreichs Erwachsene?

Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012 Highlights aus dem Indikatorenband

Erwerbslosigkeit der Frauen in Deutschland unter EU-Durchschnitt

Wie durchlässig ist das FH-System Analyse und Erwartungen

Migrantinnen am Arbeitsmarkt Daten und Implikationen des AMS. Sarah Galehr Organisationsentwicklung und Personalausbildung

Arbeitsmarktrelevante Rahmenbedingungen in Oberösterreich. Dr. Werner Lenzelbauer

Bildungsstand der Wiener Bevölkerung

Ausbildungsplatzandrang auf duale und vollschulische Berufsausbildung im Herbst 2002 in Wien Peter Schlögl

Zuwanderung und Integration in den Bezirken

AusBildung bis 18. Umfassende Reformen zur Vermeidung von frühzeitigem AusBildungsabbruch. sozialministerium.at

Das österreichische Berufsbildungssystem

Ergebnisse aus der Abgestimmten Erwerbsstatistik, Stichtag selbständiges (Er)Arbeiten

ÜBERGANG SCHULE -BERUF

Praxisbericht aus der Bildungsberatung. Wer bekommt was? Norbert Lachmayr, Martin Mayerl öibf Österr. Institut für Berufsbildungsforschung Wien

Unterschätzen Sie niemals die Lehre!

Arbeitslosigkeit 2012 (Teil 1)

Lehrstellenentwicklung und Lehrabbruch in Wien

Zahlen, Daten, Fakten Auswirkungen der Zuwanderung auf den österreichischen Arbeitsmarkt

Monitor. Bildung für die allgemeine und berufliche. EU-Ziele für Allgemeine und berufliche Bildung

Qualifikatorisches Matching und berufliche Weiterbildung. Stefan Vogtenhuber Institut für Höher Studien (IHS) Wien. Forschungsinteresse/-bedarf

Qualifikatorisches Matching und berufliche Weiterbildung Stefan Vogtenhuber

Ursachen früher Studienabbrüche an Universitäten

September 2008 Arbeitslosenquote der Eurozone stabil bei 7,5% Quote der EU27 auf 7,0% gestiegen

Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen und Migranten in Österreich

Lukas Dünser. Institut für Höhere Studien (IHS) Wien

Migration und Arbeit

Bildung in Zahlen 2014/15 Struktur des österreichischen Bildungswesens

Mehr Bildung. Mehr Chancen. Mehr Zukunft.

Unterbeschäftigung (Teil 1)

AusBildung bis 18. Umfassende Reformen zur Vermeidung von frühzeitigem AusBildungsabbruch

April 2009 Arbeitslosenquote der Eurozone auf 9,2% gestiegen Quote der EU27 auf 8,6% gestiegen

Erwerbslosigkeit Jugendlicher in Europa im Jahr 2014

NetLab Fachkonferenz

LLL :2020 Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich

Drop-outs in der Schule Quantitative und qualitative Analysen. Erna Nairz-Wirth

Arbeitslose Personen ,4% Frauen ,9% Männer ,0%

DROP OUT Berichtsjahr 2013

Ausgewählte Armutsgefährdungsquoten (Teil 1)

Workshop Abschlusspräsentation Nützliche Netzwerke FAS-research WUK m.power Projekt Unentdeckte Talente

Fachkräftebedarf und Attraktivität von Berufsbildung und Studium

Qualifikation und arbeitsmarktferne Schichten

Der steirische Arbeitsmarkt für Frauen 2011

August 2009 Arbeitslosenquote der Eurozone auf 9,6% gestiegen Quote der EU27 auf 9,1% gestiegen

AM-Report. Der Wiener Arbeitsmarkt im Jänner 2017

AM-Report. Der Wiener Arbeitsmarkt im Jänner 2018

BRUTTOINLANDSPRODUKT JE EINWOHNER/-IN 2018*

AM-Report. Der Wiener Arbeitsmarkt im Februar 2019

Mai 2006 Arbeitslosenquote der Eurozone auf 7,9% gefallen EU25 unverändert bei 8,2%

Jugendliche mit Einstiegsproblemen in Ausbildung und Beschäftigung

AM-Report. Der Wiener Arbeitsmarkt im März 2018

AusBildung bis 18. Alle unter 18-jährigen sollen nach Möglichkeit eine über den Pflichtschulabschluss hinausgehende Ausbildung abschließen.

Entwicklung der Berufsbildung im Kanton Zürich Chancen und Risiken

Early School Leaving in Österreich 2008 Ausmaß, Unterschiede, Beschäftigungswirkung

Vortrag an den Ministerrat. Aktuelle Arbeitsmarktlage

Arbeitslosenquoten nach Bildungsstand und Altersgruppe

Arbeitslose Personen ,7% Frauen ,8% Männer ,3%

Kinderbetreuungsplätze in Österreich Fehlen keine oder bis zu ? Bedarfsanalysen im Auftrag der Industriellenvereinigung

Januar 2007 Arbeitslosenquote der Eurozone auf 7,4% gesunken Quote der EU27 auf 7,5% gesunken

Schul- und Ausbildungsabbruch verhindern Bildung, Jugendpolitik & Arbeitswelt verbinden. ERASMUS+ am Thematisches Forum 9

Arbeitsmarktmaßnahmen im Rahmen des Qualifikationsplans Wien Dietmar Wipplinger Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds

Junge Mütter und Ausbildung ein Widerspruch?

BILDUNGSCHANCEN VON PFLEGEKINDERN

Podium 2: Nationale Strategien und Maßnahmen im globalen Wettbewerb um die besten Talente Österreich

Gertrud Hovestadt April Eine Studie im Auftrag des DGB

Arbeitslose Personen ,4% Frauen ,7% Männer ,8%

Übergangsmanagement für ausgrenzungsgefährdete Jugendliche

Transkript:

Zielgruppe und Integrationswirkung von Ausbildungen der zweiten Chance Mario Steiner Institut für Höhere Studien Themenstellungen 1) Zielgruppe von 2nd Chance ESL a. Diskussion des Ausmaßes b. Erklärungsmodell Einfluss von sozialen und Systemmerkmalen 2) ESL Entwicklung des AM- 3) 2nd Chance Angebote im Überblick 4) Wirkung von 2nd Chance auf AM- a. BRP - Berufsreifeprüfung b. Schulen für Berufstätige / Erwachsene 5) Conclusio msteiner@ihs.ac.at 1

Große Unterschiede im europäischen Vergleich und Österreich vergleichsweise gut positioniert. Langfristiger Rückgang mit Lissabon-Ziel und EU 2020-Ziel von 10% 1a. Ausmaß von ESL: EU-Vergleich 60% ESL-Raten im europäischen Vergleich 2000-2012 (Quelle: EUROSTAT, Grafik: Steiner-IHS) 50% 40% 30% 20% 10% Malta Portugal Spanien Italien EU-27 Deutschland Österreich Tschechien 0% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Definition Early School Leavers: Jugendliche (15/18-24 Jährige) mit höchstens Pflichtschulabschluss (ISCED 3c-kurz), die sich nicht mehr in Ausbildung befinden. 1a. Ausmaß von ESL: Ö-Vergleich Anzahl Betroffener nach unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen & Definitionen: ESL (2012) lt. LFS ESL (2011) lt. Register PISA-2012- Risiko-schül. (Lesen) Anteil am Jahrgang 7,6% 15,1% 19,5% Anzahl Betroffener 15-24J ca. 75.000 ca. 154.000 ca. 180.000 Bildungsarmut unter Jugendlichen ist in Österreich (im Kontrast zur eigentlich niedrigen ESL-Quote) auch ein quantitatives Problem! Definition PISA-RisikoschülerInnen (im Lesen): SchülerInnen im Alter von 15 Jahren, die nicht sinnerfassend lesen können. msteiner@ihs.ac.at 2

Quelle: Statistik Austria, BibEr-Sonderauswertung / Berechnungen: IHS-Steiner Quelle: Statistik Austria, LFS / Berechnungen: IHS-Steiner 1b. ESL: Erklärungsmodell Nagelkerke Pseudo R 2 0,147 Exp(B) Sig. Geschlecht = männlich 1,255 0,000 Alleinerzieher/in = ja 1,588 0,000 Region = Stadt 0,949 0,000 Drittstaat-1.Generation 3,225 0,000 Drittstaat-2.Generation 2,086 0,000 EU15 / EWR - 1.Generation 1,902 0,000 EU15 / EWR - 2.Generation 0,882 0,000 Eltern = Nichterwerbsperson 1,568 0,000 Eltern = arbeitslos 1,939 0,000 Elternbildung = niedrig 4,165 0,000 Elternbildung = mittel 2,100 0,000 Verlustraten in Sek II nach BL 1,044 0,000 Anteil ohne PS-Abschluss nach BL 1,106 0,000 Anteil in Sonderschulen nach BL 1,216 0,000 2) ESL: Entwicklung des AM- 3 Monate 6 Monate 12 Monate 18 Monate 24 Monate In Ausbildung 5,3% 5,5% 9,6% 9,5% 5,9% Erwerbstätigkeit 35,8% 37,8% 38,9% 39,1% 41,1% AMS Vormerkung 16,8% 14,8% 14,2% 15,1% 15,6% Präsenz- / Zivildiener 2,3% 2,6% 1,4% 0,8% 0,6% Sonstige/nicht aktiv 37,8% 37,2% 34,2% 33,7% 34,7% Geringfüg. Erwerbst. 2,1% 2,2% 1,7% 1,7% 2,1% 100% msteiner@ihs.ac.at 3

3) 2nd Chance Angebote im Überblick TN-2011 (Register 2011: 23+J) Abschlüsse 2010 (BibEr: 23+J.) Berufsreifeprüfung (2008) ca. 20.000 2.609 Lehre (im Erwachsenenalter) X + 1.982 Berufsschulen, 4.001 AMS-FA-Intensivausb. 6.909 BMS für Berufstätige 3.423 1.692 BHS für Berufstätige 5.414 1.559 AHS für Berufstätige 1.469 264 Basisbildung (IEB) 5.851 k.a. PS-Abschluss-Kurse (IEB) 1.839 k.a. Summe > 44.000 > 13.000 Quellen: Statistik Austria, Registerzählung 2011 & BibEr Sonderauswertung; Initiative Erwachsenenbildung; Klimmer/ Holzer/Schlögl/Neubauer ; Egger/Hackensöllner-Ali K/Papouschek/Mairhuber/Kasper / Berechnungen: IHS-Steiner 4a) 2nd Chance Wirkung: BRP AM- in Ausbildung 36,4% 38,4% 27,3% Erwerbstätig 49,0% 47,5% 50,3% AMS-Vormerkung 3,8% 4,7% 3,3% Sonst-inaktiv 10,7% 9,4% 19,0% Summe 100% 100% 100% Im Vergleich zu 2nd Chance LehrabsolventInnen: Mehr in Ausbildung Weniger in AMS- Vormerkung Einkommen Unter 1.200 EURO 47 6,0% 1.200 bis 1.799 EURO 44 5,6% 1.800 bis 2.399 EURO 98 12,5% 2.400 EURO und mehr 159 20,3% Nicht anwendbar 435 55,6% Summe 783 100% msteiner@ihs.ac.at 4

4b) 2nd Chance Wirkung: Schulen f. Erw. I 23 + Jährige AbsolventInnen der Lehre n= 6.909 AM- in Ausbildung 3,1% 3,0% 3,1% 2,8% Erwerbstätig 71,4% 73,3% 75,0% 74,6% AMS-Vormerkung 16,0% 13,5% 11,3% 11,3% Sonst-inaktiv 9,5% 10,2% 10,6% 11,3% 23 + Jährige AbbrecherInnen der Lehre n= 164 AM- in Ausbildung 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% Erwerbstätig 43,9% 50,6% 51,2% 49,4% AMS-Vormerkung 31,1% 24,4% 23,2% 23,2% Sonst-inaktiv 25,0% 25,0% 25,6% 27,4% 4b) 2nd Chance Wirkung: Schulen f. Erw. II 23 + Jährige AbsolventInnen der BMS n= 1.692 AM- in Ausbildung 12,1% 5,1% 6,0% 3,3% Erwerbstätig 75,0% 82,7% 81,2% 83,7% AMS-Vormerkung 3,8% 2,4% 3,4% 2,3% Sonst-inaktiv 9,1% 9,7% 9,5% 10,6% 23 + Jährige AbbrecherInnen der BMS n= 445 AM- in Ausbildung 0,0% 0,0% 4,5% 4,5% Erwerbstätig 56,6% 62,0% 64,3% 63,6% AMS-Vormerkung 22,9% 18,4% 13,0% 10,8% Sonst-inaktiv 20,4% 19,6% 18,2% 21,1% msteiner@ihs.ac.at 5

4b) 2nd Chance Wirkung: Schulen f. Erw. III 23 + Jährige AbsolventInnen der BHS n= 1.559 AM- in Ausbildung 16,0% 16,2% 18,7% 15,8% Erwerbstätig 64,1% 69,0% 68,2% 70,1% AMS-Vormerkung 7,8% 4,7% 4,2% 3,5% Sonst-inaktiv 12,0% 10,1% 8,9% 10,6% 23 + Jährige AbbrecherInnen der BHS n= 1.328 AM- in Ausbildung 0,0% 0,1% 9,9% 9,9% Erwerbstätig 62,1% 66,7% 62,7% 64,4% AMS-Vormerkung 18,2% 13,9% 10,1% 8,5% Sonst-inaktiv 19,7% 19,3% 17,3% 17,2% 4b) 2nd Chance Wirkung: Schulen f. Erw. IV 23 + Jährige AbsolventInnen der AHS n=264 AM- in Ausbildung 45,1% 49,6% 55,3% 52,7% Erwerbstätig 30,7% 36,0% 31,8% 33,7% AMS-Vormerkung 4,9% 3,0% 3,2% 3,4% Sonst-inaktiv 19,3% 11,4% 9,7% 10,2% 23 + Jährige AbbrecherInnen der AHS n= 336 AM- in Ausbildung 0,0% 0,0% 7,4% 7,1% Erwerbstätig 57,4% 55,7% 56,5% 54,8% AMS-Vormerkung 19,9% 19,0% 12,5% 14,0% Sonst-inaktiv 22,6% 25,3% 23,5% 24,1% msteiner@ihs.ac.at 6

5. Conclusio 1) Matheus-Prinzip der Nutzung von 2nd Chance a. Bedeutende Größe der 2nd Chance Angebote b. Wenig formale Weiterbildung von ESL/Zielgruppe (5-10%) c. Bestenfalls ein Fünftel der 2nd Chance TeilnehmerInnen sind ESL, 4/5 haben Sek-II-Abschlüsse 2) Wirkung von 2nd Chance: (Abschluss vs. Abbruch) Lehre BMS BHS AHS In Ausbildung + + ++ +++ Erwerbstätigkeit ++ + +/- - ALO/AMS-Vorm. - - - - - OLF/inaktiv - - - - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! msteiner@ihs.ac.at 7