VFA-Report Lebensqualität 2006: Wie viel Lebensqualität hat Deutschland? Lebensqualität braucht Forschung. Es gilt das gesprochene Wort!

Ähnliche Dokumente
Das Krankheitsspektrum der Zukunft

Lebenserwartung der Deutschen: Analyse, Prognose und internationaler Vergleich. 18. Juli 2008 Berlin. Statement von:

MLP Gesundheitsreport November 2008, Berlin

Gesundheitspolitik in der neuen Legislaturperiode: Wo bleiben die Patienten? Neue Therapien, alternde Gesellschaft - höhere Kosten?

Gesundheitsstandort Deutschland im Ärztecheck

MSD Prinzipien der Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen

Das Krankheitsspektrum der Zukunft

Expopharm 24. bis 27. September 2009 in Düsseldorf. Grußwort. Dr. Wolfgang Plischke

Alzheimer-Wirkstoff Memantine muss für alle Patienten erhalten bleiben

Frauengesundheit. Umfrage unter 150 führenden Spezialisten

Fakten BW 2015/2016 DIE ÄRZTE UND PSYCHOTHERAPEUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG

Demografischer Wandel

Perspektive Gesundes Europa. Beiträge forschender Pharma-Unternehmen

Gesprächsleitfaden zur Umstellung auf Generika in der HIV-Therapie

Die Arzneimittelversorgung aus Sicht der forschenden Pharma-Unternehmen

VFA Reformmonitor 2010

Pressekonferenz. Perspektive Juni 2011 Berlin. Forschung stärkt den Standort Deutschland. Statement von:

Rede Dr. Reinhold Festge Präsident des VDMA anlässlich der PK zur Vorstellung der VDMA/ McKinsey Studie Zukunftsperspektive deutscher Maschinenbau

Medikalisierung oder Kompression? Wie die demographische Entwicklung auf die Krankenversicherung wirkt?

Erstmals Zahlen zu jährlichen Neuerkrankungen

Unzufriedenheit mit Preis und Leistung

Patientenempowerment: Pharmakommunikation für eine individuelle Patientenansprache

Medizinprodukte-Versorgung in Ö. am Scheideweg: State of the Art oder Abrutschen ins Mittelfeld?

Wo und wie wird die Demografie das deutsche Gesundheitssystem beeinflussen?

Nationale Diabetesstrategie Regionale Umsetzung? Die Rolle der forschenden Industrie. Frankfurt (Main), 29. August 2018

Die Herausforderungen an das Gesundheitswesen in Sachsen-Anhalt

KURZ VORGESTELLT. Die Träger der Kampagne

Rede Eröffnung des Dialysezentrums an den Sonneberger Medinos-Kliniken

Grüner Tag der Gesundheitsberufe

Der private Gesundheitsdienstleister Marina Salud, Spanien

Deutschland hat Zukunft Soziale Sicherung demografische Herausforderung

Die veränderte Rolle des Patienten innerhalb unseres Gesundheitswesens

Bestechend unbestechlich: Wie kann die Selbsthilfe ihre Unabhängigkeit wahren? Fachforum der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.v.

Demografischer Wandel: Vorsicht, Steuerfalle

Aufsuchende Gesundheitsfürsorge für Wohnungslose in Hannover Erste Ergebnisse der Evaluation für 2011

Der mündige Patient realistisches Ziel oder nur ein Schlagwort?

Hochwertige Markenmedikamente müssen nicht teuer sein

Tritt Indien in Chinas Fußstapfen? Indiens demografische Vorzeichen für wirtschaftliche Entwicklung stehen gut weiterlesen

Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung eines Nationalen Diabetesplans

Zehntausende mehr Arbeitsplätze durch Pharma

Nachwuchs finden Nachwuchs binden

Was sind die Stärken der forschenden Pharma- Unternehmen in NRW und wofür kann man sie nutzen? Birgit Fischer

Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Es gilt das gesprochene Wort!

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen Chancen nutzen

Chronisch kranken Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 droht schlechtere Behandlung

Untersuchungssteckbrief

Illusions- Krankheiten. Wolf Lotter

VFA Bio Für eine starke Biotechnologie in Deutschland

Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung

Direkte Patienteninformationen für verschreibungspflichtige Arzneimittel: Internationale Erfahrungen und Optionen für Deutschland

Der Gesundheits-Kombi: stabil, gerecht und transparent

POSITIONSPAPIER Zukunft der medizinischen Versorgung und Wissenschaft in Köln

Politik-Check Pharmastandort Deutschland: Potenziale erkennen Chancen nutzen

DMP-Realität nach 10 Jahren

FAKTEN. TAS Fakten Gesundheitsförderung Österreich. TAS Team Arbeitsplatz Sitz Deutschstr. 6, 1239 Wien +43 (0) 1/

Zielorientierung: vom Gesundheitswesen zu einem Gesundheitssystem!

Kommunikation im Gesundheitswesen

Vorstellung des Innovationsreports 2018

Kosten-Nutzen-Bewertungen von onkologischen Therapien: Eine methodische Herausforderung. Prof. Dr. rer. pol. Jürgen Wasem

Gesundheitsthemen der Zukunft (neue) Felder der Sozialen Arbeit

«Pflegende Angehörige brauchen eine Auszeit» Christine Egerszegi-Obrist Ständerätin

Selbst- und Zuzahlungen das bezahlen GKV-Versicherte

expopharm Düsseldorf, 18. bis 21. September 2013 Eröffnungsveranstaltung 18. September 2013 Grußwort Birgit Fischer

!" # $$ ) * #+, -,. & /

ZWEI-KLASSEN-MEDIZIN IN DEUTSCHLAND: GEFÜHLTES ODER REALES PROBLEM?

NATIONALE STRATEGIE PRÄVENTION NICHTÜBERTRAGBARER KRANKHEITEN. Im Rahmen von:

Antrittsvorlesung, 15. Mai 2012 Universität Basel. Prof. Dr. Stefan Felder

Interview. Die Initiative Gesundheit wählen : Informieren und mitreden!

Innovative Gesundheitsversorgung

bíüáâ=eáåf=çéê=éü~êã~òéìíáëåüéå=fåçìëíêáé= téäåüéå=fåíéêéëëéå=çáéåí=çáé=^êòåéáãáííéäñçêëåüìåö\=

Informationen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln

RUINIERTE KNOCHEN, RUINIERTES LEBEN: Die Krise der Fragilitätsfraktur in Deutschland. Die Entwicklung dieser Initiative wurde von UCB unterstützt.

Umsetzung einer Nationalen Diabetesstrategie

Ein langer Weg: Von der Idee zum Medikament

VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE e.v.

Verabschiedet auf dem Bündnistag am 4. Dezember 2013 in Berlin

Bundesverband Rehabilitation: Krankenhäuser auf Demenzkranke vorbereiten. Bundesverband Rehabilitation Krankenhäuser auf Demenzkranke vorbereiten

Initiative Gesundheitsindustrie Hessen Projektbüro

Drei Jahre AMNOG Handlungsbedarf aus Sicht der Industrie

Staatliche Einschränkungen des Wettbewerbs im Gesundheitswesen Erfahrungen aus anderen Ländern

UNSER ANTRIEB: KREBS HEILEN

Pflegenotstand muss das Top-Thema werden

Frühe Nutzenbewertungen nach AMNOG: Einblicke in die aktuellen Verfahren und mögliche Auswirkungen für Ärzte und Patienten

PRESSEKONFERENZ, 18. MÄRZ 2015 WOLFGANG CLEMENT. Bundesminister a.d., Vorsitzender des Kuratoriums der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

Gut behandelt in Bremen? Fachtag zur gesundheitlichen Versorgung im Alter

SOZIALVERSICHERUNG FAKTENCHECK

Auswirkungen einer stärker wettbewerbsorientierten Gesundheitsversorgung auf die öffentlichen Haushalte

Gute Noten für die medizinische Versorgung in Deutschland

"Wollen die Jungmediziner im Südwesten noch Hausarzt werden?

Lewin Studie. 1. Einleitung. 2. Kernaussagen der Lewin Studie. 2.1 Einsatz der Diagnostica. 2.2 Kosten und Einsparpotentiale. 2.3 Präventiver Schutz

I N F O R M A T I O N

Fakten zum deutschen Gesundheitssystem.

Mittwoch, 17. Mai 2017 um 17:00 Uhr

5.3.2 Krankheitskosten nach Alter und Geschlecht

Experten-Umfrage: Impfungen und Impfverhalten

Kosten-Nutzen-Bewertung bei medizinischen Leistungen - zwischen Patientenwohl und Rationierung. Dr. Stefan Etgeton, Verbraucherzentrale Bundesverband

VORBERICHT Ratgeberaktion "Pflege" am 18. September 2014

Mechthild Kern, Mainz. Statement zum Thema. "EMNID-Umfrage: Was hält die Bevölkerung von der Positivliste?"

Gesundheitsleitbild. Gesundheitsamt. Gesundheitsförderung Prävention Versorgung vernetzen koordinieren initiieren Gesundheitsdialog Kommunikation

Transkript:

Pressekonferenz VFA-Report Lebensqualität 2006: Wie viel Lebensqualität hat Deutschland? 21. November 2006 Berlin Lebensqualität braucht Forschung Statement von: Cornelia Yzer Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) Es gilt das gesprochene Wort!

Unsere Lebensqualität ist in Gefahr. Das ist zugespitzt der Kern der Studienergebnisse, die Prof. Ebbinghaus Ihnen gerade vorgestellt hat. Eine Gefahr verlangt, einmal erkannt, nach zielgerichtetem Handeln. Nun ist es nicht Aufgabe der Politik, jedem Bürger ein erfülltes Leben zu bereiten. Das wäre auch kaum möglich, zu vielfältig sind die Vorstellungen, was ein qualitätsvolles Leben ausmacht. Allerdings liegt es in der Verantwortung der politisch Handelnden, die Grundlagen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein solches Leben ermöglichen. Eines der politischen Felder, auf denen eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen direkt und spürbar auf die Lebensqualität Einfluss nimmt, ist die Gesundheitspolitik. Wenn Menschen verschiedene Güter gegeneinander abwägen, ist ihnen die Gesundheit meist das wichtigste. Nichts beeinträchtigt die Qualität des eigenen Lebens so stark wie Krankheit und Leid. Wie steht es nun um die Rahmenbedingungen in der Gesundheitspolitik? Wie Sie wissen, stehen wir vor einer Reform des Gesundheitswesens. Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht, denn mit den bestehenden Regelungen kann den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte nicht begegnet werden. Dient aber diese Reform der Erhaltung oder der Verbesserung von Lebensqualität? In ihrer jetzigen Form lautet die Antwort: Nein! Entscheidend für die Lebensqualität in Bezug auf Gesundheit ist aber auch der Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung nach dem aktuellen Stand der Forschung und das für jedermann. Der Report Lebensqualität zeigt aber, dass dieser Zugang zu medizinischer Versorgung schon jetzt nicht mehr für alle Versicherten gegeben ist. Moderne Präparate werden den Patienten, man muss es so sagen, teilweise systematisch vorenthalten. Zuzahlungen und Kostendeckelungen haben die Versorgungssituation bei einigen Indikationen schon so stark verschlechtert, dass man bei Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson von einer Minderheit der leitliniengerecht behandelten Patienten sprechen kann. Dieser Zustand befördert eine Ungleichheit, die für ein modernes Gesundheitssystem

beschämend ist. Fortschrittliche Arzneimittel für wenige, veraltete Präparate für die Masse. Die Zahlen des Reports zeigen, wie groß die Schlagseite des Systems schon ist. Die Weichenstellungen, die aktuell in der Gesundheitspolitik vorgenommen werden, führen dazu, dass sich diese Kluft in Zukunft noch vertiefen wird. Die Einsparungen, die im Gesundheitssystem auf Kosten der forschenden Pharmaunternehmen stattfanden, werden nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die zukünftige Lebensqualität haben. Spitzenforschung kann in der Industrie nur geleistet werden, wenn sie refinanzierbar ist. Forschung, Arzneimittelforschung im Besonderen, ist eine langfristige Investition. Im Durchschnitt vergehen zwölf Jahre, bis ein Medikament zugelassen wird und erst dann kann es sich refinanzieren. Investitionen, die nicht auf Monate oder Jahre, sondern auf Dekaden angelegt sind, brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. In Deutschland sind diese Bedingungen durch die zum Teil sprunghaften Interventionen der Gesundheitspolitik aber immer weniger gegeben. Wer heute noch als Unternehmer die 800 Millionen Dollar in die Hand nimmt, die es im Durchschnitt kostet, ein neues Medikament zu entwickeln, geht wirtschaftlich gesehen ein kaum kalkulierbares Risiko ein. Denn der Vertrauensschutz auf eine langfristige Refinanzierung dieser Kosten durch Patentschutz und Zulassung hat sich mit jeder neuen so genannten Gesundheitsreform einmal mehr als Illusion erwiesen. In jeder Runde wurde der Schutz von Patenten und Zulassung weiter unterhöhlt und immer wieder auf s Neue ein Sonderopfer der pharmazeutischen Industrie verlangt. Angesichts des demografischen Wandels kommt diese Fortschrittsfeindlichkeit der Gesundheitspolitik zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Denn die Alterung der Gesellschaft ist nicht allein ein Problem der Rentenkasse. Mit dem Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung steigen auch die Fallzahlen bei typischen Alterskrankheiten. Parkinson, Alzheimer, Diabetes und Osteoporose sind schon jetzt Volkskrankheiten. Das bedeutet, dass sich durch den demografischen Wandel die Lebensqualität großer Teile der Bevölkerung in absehbarer Zeit verschlechtern wird, da immer mehr Menschen immer älter werden und damit ein höheres Risiko für die erwähnten Erkrankungen haben. Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheiten zu

finden, ist eine der größten Herausforderungen für die forschenden Pharma- Unternehmen. Die Forschung daran hat in den Laboren längst begonnen - leider angesichts der aktuellen Situation in der Gesundheitspolitik nicht immer in Deutschland. Immer neue Regelungen haben aus dem deutschen Gesundheitssystem einen bürokratischen Apparat werden lassen, in dem Milliarden versickern, ohne dass auch nur einem Patienten geholfen wurde, und der auf der anderen Seite Patienten immer mehr Lebensqualität durch Bevormundung und Regelungswut nimmt. So ist zum Beispiel eine große Zahl von Diabetikern in Deutschland von der Entscheidung des neu geschaffenen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen buchstäblich betroffen, Insulin-Analoga nicht mehr von den Krankenkassen erstatten zu lassen. Eine Entscheidung, die einen massiven Einschnitt in die Lebensqualität der Patienten darstellt.[k1] Denn viele Diabetiker, die beruflich gefordert sind, haben die Insulinanaloga deshalb schätzen gelernt weil sie - anders als herkömmliches Insulin flexible Spritz-Ess-Abstände ermöglichen und so den Erfordernissen des Berufsalltags besser gerecht werden. Ein neu geschaffenes Institut mit intransparenten Bewertungsmaßstäben hat nun über die Köpfe von hunderttausenden Diabetikern hinweg dieses Mehr an Lebensqualität der Patienten für irrelevant erklärt. Kein gutes Signal für den künftigen Weg des deutschen Gesundheitssystems. Eine Folge dieses Dickichts an Einzellösungen ist die schlechtere Versorgung der Bevölkerung bei steigenden Kosten. Das deutsche Gesundheitswesen ist in dieser Form nicht zukunftsfähig. Qualitätsmängel, Versorgungsdefizite und mangelnde Leistungsfähigkeit sind offenkundig. Ineffiziente Versorgungsstrukturen werden gefördert und erhalten. Es gibt ein krasses Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag: Während Deutschland bei den Gesundheitsausgaben pro Kopf hinter den USA an zweiter Stelle rangiert, liegt die Lebenserwartung hierzulande im Vergleich der OECD-Länder allenfalls auf Durchschnittsniveau. Gleichzeitig steigen die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen, die Wettbewerbsfähigkeit sinkt und es droht der Verlust von Arbeitsplätzen in der pharmazeutischen Industrie.

Exemplarisch zeigt sich im Gesundheitswesen, dass die Bedingungen für mehr Lebensqualität nicht nur durch höhere Ausgaben zu erreichen sind, sondern mit einem klügeren und effizienteren Einsatz der Mittel. Gerade angesichts des demografischen Wandels stellen sich die forschenden Pharma-Unternehmen setzen vehement für bessere Rahmenbedingungen am Gesundheitsstandort Deutschland ein. Denn Gesundheit ist ein entscheidendes Stück Lebensqualität. Und Gesundheit braucht Forschung.