45 und 90 Minuten-Module für die Berufsschule DGB-Jugend macht Vorfeldarbeit



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45 und 90 Minuten-Module für die Berufsschule DGB-Jugend macht Vorfeldarbeit

INHALT 1. Einleitung 1.1. Vorwort 3 1.2. Einordnung der Module in die»vorfeldarbeit der DGB-Jugend«4 1.3. Was wollen wir mit den Modulen Die Idee 5 2. Module 2.1.»Rund um die Ausbildung: 45 min.«mit Anhang 9 2.2.»Rund um die Ausbildung: 90 min.«mit Anhang 36 3. Impressum 80 2

VORWORT 1.1. Vorwort Sozialabbau und Angriffe auf ArbeitnehmerInnenrechte aller Orten: Zumutbarkeitskriterien und 1-Euro-Jobs à la Hartz IV, In-Frage-Stellung der Tarifautonomie, Arbeitszeitverlängerung u.v.a.m. Nicht nur die Unternehmerverbände rücken mit unglaublichen Erpressungen den ArbeiterInnen und Angestellten ans Leder. Die Bundesregierung kappt in beispielloser Weise die Errungenschaften des Wohlfahrts- und Sozialstaats. Unter dem Eindruck von»profite bis zum Get-no«und»Billig-Billig-Billig«wollen sie uns weis machen, dass es keine Alternative zur»totalen Deregulierung«gibt. Die Medien beteiligen sich an der absurden Hetzjagd: jeder, der die»reformen«nicht widerspruchslos hinnimmt, ist ein Blockierer allen voran die Gewerkschaften. Gewerkschafts-Bashing ist»in«. Wer hat noch nicht, wer will noch mal draufschlagen? Gleichzeitig wächst der Widerstand: längst nicht alle glauben den Heilsversprechungen des totalen Marktes: 2004 gab es eindrucksvolle Demonstrationen, Aktionen und Veranstaltungen. Es stimmt nicht, dass die Gewerkschaften nur dagegen sind. Sie zeigen auch Alternativen auf: in der Arbeitsorganisation, im Gesundheitswesen, in der Sozialversicherung, im Bildungswesen und am Ausbildungsmarkt. Die Gewerkschaftsjugend sieht sich dabei in der Verantwortung, Azubis, junge ArbeitnehmerInnen, SchülerInnen und Studierende an den Erkenntnissen zu partizipieren und sie zu gewerkschaftlichem Denken und Handeln zu motivieren. Dazu dient auch dieser Ordner. Wir wollen alle Jugend-BildungsarbeiterInnen im DGB dazu ermutigen, diese Unterlage zu nutzen, um erfolgreich auf Jugendliche in Berufsschulen zuzugehen. Dazu braucht es Sachkompetenz und Wissen, aber auch Vermittlungsfähigkeit und Einfühlungsvermögen dafür, was jugendliche BerufsanfängerInnen brauchen und wollen. Ihnen ihre Rechte und Pflichten erklären, damit sie selbstbewusste und mündige ArbeitnehmerInnen und BürgerInnen werden, die für ihre Interessen einstehen können und immer wieder kritisch hinterfragen:»cui bono?«(lat.:»zu wessen Nutzen?«). Dafür wünschen wir dir viel Erfolg! Cornelia Doerries, DGB-Jugendbildungsreferentin in Hessen Simone Kern, DGB-Jugendbildungsreferentin in Bayern Christian Kühbauch, DGB-Bundesjugendsekretär Claudia Linsel, DGB-Jugendbildungsreferentin in Thüringen Wilfried Maxim, DGB-Organisationssekretär in Bayern Marc Neumann, DGB-Jugendbildungsreferent in NRW Barbara Wildberger, Politische Referentin im DGB-Bundesvorstand Britta Wortmann, DGB-Jugendbildungsreferentin in NRW 3

EINORDNUNG 1.2. Einordnung der Module in die Vorfeldarbeit der DGB-Jugend Es gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen von GewerkschafterInnen:»Traditionell findet die Ansprache und Organisierung von Jugendlichen im Betrieb statt. Der Wandel der Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten macht es jedoch erforderlich, die Jugendlichen schon beim Eintritt ins Berufsleben an ihren Bildungs- und Ausbildungsstätten auf Gewerkschaften anzusprechen.«die DGB-Jugend führt aus dieser Erkenntnis heraus derzeit verschiedene Projekte in Berufsschulen durch. Neben dem bundesweiten»projekttag Demokratie und Mitbestimmung«(PDM) haben die regionalen Ebenen weitere Projekttage und Module im Angebot. Genannt seien hier z.b. die»projekttage für Demokratie Courage zeigen«oder viele»selbstgestrickte«module für Infostunden an den Berufsschulen. Auch die Mitgliedsgewerkschaften bieten eigene Projekttage in den Schulen an (z.b. ver.di@school, IG Metall»Macht Schule«, IG BAU»Projekttag gegen Fremdenfeindlichkeit am Bau«). Darüber hinaus finden Berufsschultouren statt, die auf enge Kooperationen zwischen der DGB-Jugend und den Mitgliedsgewerkschaften bauen. Im Idealfall führt die DGB-Jugend Projekttage oder Infostunden im Rahmen des Berufsschulunterrichts durch und die Mitgliedsgewerkschaft ist mit Infostand und BeraterInnen auf dem Schulhof und steht den Jugendlichen Rede und Antwort. Vielerorts klappt diese Arbeitsteilung schon hervorragend. Die DGB-Jugend agiert mit den Infostunden und Projekttagen als Türöffner und Wegbereiter für die Gewerkschaften. Die unterschiedlichen Konzepte sind keine Konkurrenzprodukte, sondern verstehen sich als Möglichkeit, das weite Feld der gewerkschaftlich unorganisierten Jugendlichen zu beackern. Nebeneinander, Miteinander, ohne sich Terrains streitig zu machen eben an einem Strang ziehen. Für mehr Jugendliche, die über ihre Rechte und Pflichten, die Gewerkschaften, Mitbestimmung im Betrieb und Tarifverträge Bescheid wissen. Und die entsprechenden weiteren (Bildungs- und Freizeit-) Angebote müssen die Vorfeldarbeit an Berufsschulen flankieren um Nachhaltigkeit her zu stellen und die Jugendlichen später eventuell als Mitglieder zu gewinnen. Die hier nun vorliegenden ersten Module»Rund um die Ausbildung: 45 min.«und»rund um die Ausbildung: 90 min.«sind weitere Mosaiksteine der DGB-Jugend-Berufsschularbeit. Diese Module sollen dort eingesetzt werden, wo 6-stündige Projekttage nicht machbar sind, weil Schulen oder die Politik es uns verwehren. Oder als»schnupperstunde(n)«für LehrerInnen, die sich dann überzeugen können, dass wir Kompetenz-TrägerInnen sind, denen sie vielleicht im nächsten Jahr mehr Zeit einräumen wollen. 4

DIE IDEE 1.3. Was wollen wir mit den Modulen Die Idee Weitergabe von Know-How Viele BildungsarbeiterInnen in der DGB-Jugend haben ihre»selbstgestrickten«module für Berufsschulbesuche und Infostunden. Diese haben sie sich selbst oder in kleinen Gruppen erarbeitet und im Laufe der Zeit ausgefeilt und verfeinert. Sie können auf ihre Erfahrungen und ihr Know-How setzen und sind unschlagbar. Viele der SchülerInnen, die schon einmal in den Genuss gekommen sind, könnten das bestätigen. Aber reicht es aus, dass dieses Wissen eine Handvoll Leute haben und was passiert, wenn diese ExpertInnen sich anderen Tätigkeitsfeldern zuwenden? Muss sich jeder sein Rad selbst erfinden? Richtig, bis zu einem gewissen Grad muss jede/r selbst seine/ihre Erfahrungen machen das bleibt niemanden»erspart«. Die Weitergabe von Wissen und Erfahrung ermöglicht es uns allerdings, Berufsschularbeit weiter zu entwickeln, besser zu werden, Fortschritte zu machen. Das ist einer der Gründe, warum wir diesen Ordner auflegen: Wissen bündeln und in eine Form gießen, die es uns ermöglicht, neuen Teamenden etwas an die Hand zu geben. Es geht nicht darum, eine strikte zeitliche und inhaltliche Abfolge von Infostunden vorzugeben, sondern Wissen zu kollektivieren und einem größeren Kreis zugänglich zu machen. Das ersetzt natürlich nicht andere, sehr gute DGB-Jugend-Bildungskonzepte in Berufsschulen und negiert diese nicht. Modul-TeamerIn = Greenhorn = Alter Hase Neben dem fachlichen Wissen, mit dem Teamende ausgestattet sein müssen, ist es wichtig, ihnen Selbstvertrauen mit auf den Weg zu geben. Das kann jede/r nachvollziehen, der/die sich schon mal vor eine Klasse mit 20 Leuten gestellt hat. Selbstsicherheit in der Wissensvermittlung basiert auf Fachwissen und einer guten Menschenkenntnis. Es gilt allerdings fest zu halten: Dieser Ordner kann nur schon etwas erfahrenen BildungsarbeiterInnen als Handwerkszeug dienen. Es wäre eine Überforderung für Greenhorns, die über keinerlei Erfahrung in gewerkschaftlicher Bildungs- oder Jugendarbeit verfügen, ausgestattet mit diesem Ordner auf SchülerInnen»losgelassen«zu werden. Es würde ihn/ihr im Angesicht der vielfältigen Fragen der SchülerInnen in grobe Bedrängnis bringen. Man darf nicht vergessen, dass das Aufwerfen gewisser Themen einem Öffnen der»büchse der Pandora«gleichen kann, wenn man die entsprechenden Antworten auf Fragen nicht parat hat oder sich gegenüber den Alltagsproblemen der Jugendlichen hilfund heillos gegenüber stehen sieht. EinsteigerInnen sei also an dieser Stelle abgeraten, mit dem 45 min.-modul oder den 90 min.-modul ihre Karriere in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit beginnen zu wollen. Die etwas andere Seminar-Situation Das Besondere an Berufsschularbeit im Gegensatz zur herkömmlichen Bildungsarbeit sollte man sich vor Augen halten. Sowohl Ort, Situation als auch Zielgruppe unterscheiden sich gravierend von herkömmlichen gewerkschaftlichen Seminaren oder Workshops: man ist in der Berufsschule eher in der»lehrerinnen-rolle«, die SchülerInnen sind nicht freiwil- 5

DIE IDEE lig da, sie haben also über ihre Teilnahme nicht frei entschieden. Für die SchülerInnen findet das Modul in ihrem gewohntem Umfeld der Berufsschule statt, auch wenn man statt der sonst üblichen strengen Sitzordnung mal einen Stuhlkreis macht. Manchmal bestehen die LehrerInnen auf ihre Anwesenheit und das kann für die SchülerInnen hemmend wirken. Wichtig ist, dass man sich diese Situation vor Besuch der Klasse bewusst macht und eine dementsprechende Haltung einnimmt: freundlich und kooperativ sein, aber 90 Minuten werden kaum ausreichen, sich alle Namen der TeilnehmerInnen einzuprägen oder Freundschaften zu schließen. Es ist wichtig, den Stundenverlauf prägnant und bestimmend durchzuziehen. Dass die SchülerInnen aufzeigen müssen, wenn sie sich zu Wort melden wollen, soll selbstverständlich sein. Nur im Idealfall kann der Teamende Ping-Pong mit den Wortbeiträgen der SchülerInnen spielen. Im schlechteren Fall muss er unmotivierte, unausgeschlafene und schulmüde Jugendliche 90 Minuten lang (re-)animieren. Die Ziele Mit den vorliegenden Modulen und dem Engagement in der Berufsschulen verfolgt die DGB-Jugend diese Ziele: 3»Türöffner«/ Wegbereiter für die Gewerkschaften, Nachhaltigkeit herstellen Nicht»Konkurrenz«oder»Wettstreit«der Konzepte, sondern beackern des weiten Feldes der unorganisierten Jugendlichen mit dem Ziel,»zu sähen, auf das die Gewerkschaften ernten«. Daher ist es unerlässlich, dass die Module in enger Absprache und Kooperation mit Mitgliedgewerkschaften durchgeführt werden. Im Idealfall kommt ein/e ExpertIn der Mitgliedsgewerkschaft mit in die Klasse oder kann von den SchülerInnen in den Pausen auf dem Schulhof direkt angesprochen werden. Außerdem müssen die Teamenden Materialien (Give-aways, Bildungsprogramme, Visitenkarten) der Mitgliedsgewerkschaften in der Klasse zurücklassen, damit die SchülerInnen wissen, wohin sie sich in Zukunft bei Fragen wenden können. 3 Inhalte vermitteln Den BerufsschülerInnen Themen und Inhalte so nahe zu bringen mit dem Ziel, dass sie wissen, was Gewerkschaften sind, sie ihre Rechte und Pflichten kennen und den Sinn von Tarifverträgen und Mitbestimmung begreifen. 3 Positives Bild hinterlassen Nachhaltig zu vermitteln, dass die Gewerkschaften»die Guten«sind und ArbeitnehmerInnen von ihnen profitieren. Sowohl auf emotionaler als auch auf rationaler Ebene einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Die SchülerInnen aufklären, ohne sie zu etwas zu zwingen. 3 Kompetenter Partner für SchülerInnen und LehrerInnen SchülerInnen sollen wissen, dass sie sich bei Problemen rund um die Ausbildung an Gewerkschaften wenden können und sie dort von ExpertInnen Hilfe erwarten können.»wir sind für dich da! Wir sagen dir konkret, was geht! Wir setzen alles daran, gemeinsam mit dir Lösungen zu finden!«lehrerinnen sollen wissen, dass es sich auszahlt, wenn sie bestimmte Inhalte durch ExpertInnen vermitteln lassen.»wir sind professionell, verlässlich, lebensnah.«6

DIE IDEE 3 Zielgruppen erreichen, die wir sonst nicht erreichen Die DGB-Jugend erreicht mit dem 45 min.-modul und dem 90 min.-modul BerufsschülerInnen, an die wir sonst nicht herankommen würden. Schulen und Politik erlauben oft keine Projekttage. Mitunter gelingt es aber engagierten LehrerInnen, die GewerkschafterInnen an den»offiziellen«vorbei in ihren 45 min. oder 90 min. dauernden Berufsschulunterricht einzuladen. 3»A-HA Effekt«, Bewusstsein schaffen Für viele SchülerInnen ist es das»erste Mal«. Sie erfahren, was ihnen zusteht, mit welchen Handlungen sie ihren Ausbildungsvertrag riskieren, dass man mit Tarifvertrag besser dran ist und dass Gewerkschaften die Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen sind. Vielen wird ein Licht aufgehen:»so ist das also!«. Und wir denken, das ist der erste kleine große Schritt zum ArbeitnehmerInnen-Bewusstsein. Themen und Inhalte Beide Module»Rund um die Ausbildung: 45 min.«und»rund um die Ausbildung: 90 min.«behandeln die Themen»Rechte und Pflichten in der Ausbildung«,»Was sind Gewerkschaften«,»Mitbestimmung im Betrieb«und»Tarifverträge«. Das Modul»Rund um die Ausbildung: 45 min.«kann dabei die Jugendlichen nur kurz in die Thematik einführen, das Modul»Rund um die Ausbildung: 90 min.«kann die Thematik etwas vertiefen. Die Themen wurden gewählt, weil sie die Basics darstellen, wohl mit dem Bewusstsein, dass vieles nur angerissen und kurz aufgezeigt werden kann. Geplant ist, in den nächsten Monaten weitere Module auszuarbeiten. Diese sollen die oben genannten Themenfelder einzeln behandeln. Das heißt, es folgen die Module: 90 min.-modul»was sind Gewerkschaften 90 min.-modul»rechte und Pflichten in der Ausbildung«90 min.-modul»mitbestimmung im Betrieb«90 min.-modul»tarifverträge«außerdem sollen Module für die Zielgruppe der in außerbetrieblichen Berufsbildungseinrichtungen lernenden Jugendlichen erarbeitet werden. Damit kommen wir zur Zielgruppe der bislang vorliegenden Module: Zielgruppen In den Alten Bundesländern ist die Gruppe der Jugendlichen, die ihre Ausbildung noch im klassischen Dualen System beginnt, relativ hoch. 2004 lagen die neu abgeschlossenen betrieblichen Verträge in den Alten Ländern bei 95,6% (von gesamt 429.160). 4,4% der Verträge wurden demnach im außerbetrieblichen Bereich abgeschlossen. In den Neuen Ländern und Berlin sind das im gleichen Zeitraum nur noch 72,3% (von gesamt 124.104). 27,7% der Verträge wurden also im außerbetrieblichen Bereich abgeschlossen. Der Trend geht seit Jahren im gesamten Bundesgebiet wie wir alle wissen in Richtung nichtbetrieblicher Ausbildung. Für unsere Module für die Berufsschule hat das folgende Konsequenzen: Dieser Ordner wird in den nächsten Jahren wachsen, für alle Zielgruppen sollen spezifische, auf sie zugeschnittene Module entstehen. Als ersten Schritt haben wir Module für 7

DIE IDEE die aktuell größte Zielgruppe entwickelt: BerufsschülerInnen im Dualen Ausbildungssystem. In den nächsten Monaten und Jahren soll unser Angebot erweitert werden: BerufsschülerInnen im nichtdualen/außerbetrieblichen System (JahrespraktikantInnen«, BVJ-Klassen, JungarbeiterInnenklassen, Berufsfachschule, Berufliches Gymnasium, Fachoberschule). 8

2. Module 2.1.»Rund um die Ausbildung: 45 min.«mit Anhang 9

45-Minuten-Modul für Berufsschulunterricht: Nr. Ziel: Thema: Fragestellungen & Erläuterung: Methode: Zu Beachten: 1. 2. Hinführung auf die Definition»Gewerkschaften«Begrüßung und Einstieg Was sind Gewerkschaften? 3 Vorstellung der Teamenden 3 Du-Frage klären 3 Absprache LehrerInnen 3 Abfrage, in welchen Betrieben die SchülerInnen beschäftigt sind; wer ist ggf. in der JAV?; wie groß sind die Betriebe /Anzahl der Beschäftigten?; wie viel Auszubildende sind im Betrieb beschäftigt?; Alter der Auszubildenden?; Ausbildungsberufe und Jahr. 3 keine Werbeveranstaltung 3 Was passiert in den 45 Minuten /was haben wir mitgebracht? Behauptungen: 3»Gewerkschaften sind Parteien.«3»Gewerkschaften vertreten ArbeitnehmerInnen.«3»Gewerkschaften handeln Tarifverträge aus.«3.. 3 Positionierung Richtige oder falsche Behauptung? Auf Zuruf oder Kärtchen MODULE 3. Auflösung:»Was sind Gewerkschaften«! Kurzvorstellung der Einzelgewerkschaften und des DGB 3 Nachfrage, welche Gewerkschaft für sie zuständig ist? 3 Wissen sie welche Aufgaben ein Dachverband hat? 3 Folie, Kärtchen oder an die Tafel schreiben Visuell arbeiten: Logos präsentieren, um Wiedererkennungswert zu steigern. 4. Überleitung zu Aufgaben der Gewerkschaften Gesetzliche Regelungen vs. Tarifvertragliche Regelungen»Wozu braucht man Gewerkschaften, wo doch alles gesetzlich geregelt ist?«themen: 1. Ausbildungsvergütung 3»Was steht euch gesetzlich an Ausbildungsvergütung zu?«(neben Ausbildungsvergütung auch Sonderzahlungen wie: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, VWL) 3 tarifvertragliche Regelung als Gegenbeispiel! 3 Zurufmethode Zu»Ausbildungsvergütung«: Im Anhang 10

45-Minuten-Modul für Berufsschulunterricht: Nr. Ziel: Thema: Fragestellungen & Erläuterung: Methode: Zu Beachten: (4.) 4.a Überleitung zu Aufgaben der Gewerkschaften Gesetzliche Regelungen vs. Tarifvertragliche Regelung 2. Arbeitszeit 3»Wie viel Stunden arbeitet ihr am Tag, in der Woche, im Monat?«3 Erläuterung zu Überstunden. 3 Thema»Anrechnung des Berufsschulbesuches auf die Arbeitszeit: Frage dazu: Z.B.:»Muss man nach der Berufsschule wieder zurück in die Arbeit?«3. Urlaub 3»Wer von euch ist unter 16 Jahre, wie viel Urlaub bekommt ihr?«3»wer von euch ist unter 17 Jahre «3» unter 18 Jahre «3» über 18 Jahre «Weitere Methode zu Punkt 4.: Behauptungen zur Methode»Positionierung«: 1. Ich darf mein Berichtsheft in der Arbeitszeit ausfüllen. 2. Der Weg zwischen Berufsschule und Arbeitsstelle zählt zur Arbeitszeit. 3. Ich darf auch länger als 10 Stunden pro Tag arbeiten. 4. Ich habe Anspruch auf Urlaubsgeld. 5. Meine Berufskleidung zahle ich selbst. 6. Für mich gilt ein Tarifvertrag. 7. 3 Positionierung mit vorgeschriebenen Kärtchen (»stimmt/stimmt nicht«), anschließend punkten lassen. Zu»Arbeitszeit«: im Anhang Zu Urlaub: Im Anhang die Urlaubsregelungen für Minderjährige bzw. Azubis Auflösung der Behauptungen: 1. ja 2. ja 3. nein 4. nur, wenn der Tarifvertrag auf dich Anwendung findet, du Gewerkschaftsmitglied bist, oder der Tarifvertrag für allgemeingültig erklärt wurde. 5. Ausbildungsmittel (BBiG 6,3) werden vom Arbeitgeber gestellt, aber nur wenn 6. ist als Überleitung zum nächsten Thema gedacht! MODULE 11

45-Minuten-Modul für Berufsschulunterricht: Nr. Ziel: Thema: Fragestellungen & Erläuterung: Methode: Zu Beachten: 5. 6. 7. Erläuterungen zum Tarifvertrag und dessen Vorteile Mitbestimmung Verabschiedung Tarifvertrag Mitbestimmungsmöglichkeiten im Betrieb und Berufsschule Ausstieg 1. Vertragsparteien 2. Tarifvertragsverhandlungen 3. Vorteile einer Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft (Anspruch auf tarifvertragliche Regelung; Rechtsschutz; günstige Bildungsmaßnahmen; specials: GEW Schlüsselversicherung; IGM Unfallversicherung, ) 1. Betriebsrat (ab 5 ArbeitnehmerInnen) 2. Jugend- und Auszubildendenvertretungen (wenn es einen Betriebsrat gibt und wenn 5 Azubis oder Jugendliche bis 25 Jahre alt sind) 3. SchülerInnenvertretung/ SchülerInnenmitverwaltung (in Berufsschulen) 3 Nennung von AnsprechpartnerInnen vor Ort 3 Verteilung von Materialien 3 Verabschiedung 3 Kurzreferat mit konkreten Beispielen (evtl. Folie zeigen oder Grafik an Tafel malen). Im Anhang Erläuterung zu Tarifverhandlungen (inkl. Urabstimmung und Streik) Hinweis auf Beratung am Infostand; Kontakt hinterlassen oder nächsten Besuchtermin in der Berufsschule bekannt geben! MODULE Literaturempfehlung: ArbG Arbeitsgesetze, Beck-Texte im dtv, jährlich erscheinende aktualisierte Neuausgabe enthält alle relevanten Arbeitsgesetze wie: ArbeitsschutzG, ArbeitszeitG, BerufsbildungsG, BeschäftigungsförderungsG, BetriebsrentenG, BetriebsverfassungsG, BundesurlaubsG, Dienstvertragsrecht des BGB, EntgeltfortzahlungsG, JugendarbeitsschutzG, KündigungsschutzG, MitbestimmungsG, MutterschutzG, NachweisG, Sozialgesetzbuch (Auszug), TarifvertragsG. 12

Anhänge 45 min. Modul: WAS SIND GEWERKSCHAFTEN? Hintergrundtext:»Was sind eigentlich Gewerkschaften?«Gewerkschaften vertreten die Interessen der lohnabhängig Beschäftigten und arbeitssuchenden Menschen in den Betrieben und in unserer Gesellschaft. Ihre Stärke in beiden Bereichen hängt vom Engagement ihrer Mitglieder ab, unabhängig davon, ob es nun um Lohnkämpfe oder andere politische Auseinandersetzungen in der Gesellschaft geht. Durch ihr Handeln für soziale Gerechtigkeit bestimmen sie auch den Alltag mit. Nicht nur im Betrieb, sondern auch in Bereichen wie Sozialpolitik, Umwelt, Frieden usw. können die Parteien, Regierungen und Behörden die Meinung der Gewerkschaft nicht außer acht lassen. Die Gewerkschaften wurden vor über hundert Jahren gegründet. Menschen beschlossen damals, ihre Interessen aktiv und gemeinsam zu vertreten. Die sozialen Leistungen, die Regelungen der Arbeitsbedingungen, die für uns heute selbstverständlich sind, wurden durch den Einsatz dieser organisierten ArbeitnehmerInnen, Angestellte und Beamten erkämpft. Auch wenn die Situation der arbeitenden Menschen sich verbessert hat, sind Gewerkschaften auch heute unverzichtbar. Höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Umweltschutz und mehr demokratische Rechte im Betrieb sind Forderungen, die aktuell sind. Menschen, die sich in Gewerkschaften organisieren, wollen über ihre Arbeit und ihr Leben selbst bestimmen. Gewerkschaften stehen für die Gleichberechtigung aller Menschen. 13

Zeittafel:»Geschichte der Gewerkschaften«1849 Erst 10% der Bevölkerung sind in der Industrie beschäftigt.»arbeiterverbrüderung«als erste politische Arbeiterorganisation. Scheitern der bürgerlichen Revolution von 1848/49 erstickt erste organisatorische Erfolge. 1869 Koalitionsfreiheit: Gewerkschaften werden erstmalig rechtlich zugelassen. Trotzdem unterliegen sie alltäglicher Unterdrückung und Behinderung von Seiten des Staates und der Unternehmer. 1879 Bismarck sches»gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie«(sogenanntes»Sozialistengesetz«) 1881 Im Gegenzug zum Verbot politischer Arbeiterorganisationen erlässt Bismarck Gesetze zur Unfall-, Kranken- sowie Alters- und Invalidenversicherung. 1890 Ende des»sozialistengesetzes«. 1892 Erster Allgemeiner Gewerkschaftskongress. Wahl einer Generalkommission (Vorstand). Frauen werden zu gleichberechtigten Mitgliedern. Berufliche Zentralverbände, keine ausschließlich lokalen Organisationen. 1896 Buchdrucker vereinbaren ersten kollektiven Tarifvertrag. 1906 Die Sozialdemokratische Partei erkennt im Mannheimer Abkommen die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Gewerkschaften an. 1914 1. Weltkrieg. Politik des Burgfriedens: SPD und Gewerkschaftsführung stimmen der Kriegspolitik zu mit einer Ausnahme: Karl Liebknecht. Im Gegenzug formale Anerkennung der Gewerkschaften. 1918 Novemberrevolution. Deutschland wird Republik. Gewerkschaften können 8-Stunden-Tag und betriebliche Arbeiterräte durchsetzen. Dafür bleiben die alten antidemokratischen Eliten in Militär, Justiz, Bürokratie, Wirtschaft und Wissenschaft. Umformung der Generalkommission zum Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB). Ausbau der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit, eigene Verlage und Druckereien, gewerkschaftseigene Unternehmen im Bank-, Bau-, Wohnungs- und Versicherungswesen. 1920 ADGB ruft zum Generalstreik gegen rechtsradikalen Kapp-Putsch auf, der die demokratische Weimarer Republik beseitigen will: 12 Millionen Lohnabhängige treten in den Ausstand und verhindern eine Militärdiktatur. 1924 Inflation und Arbeitslosigkeit. ADGB verliert rund die Hälfte seiner Mitglieder (von 7,5 Mio.). 14

1929 Die Wirtschaftskrise führt zu Massenarbeitslosigkeit. 1930 Die letzte parlamentarisch gestützte, sozialdemokratisch geführte Regierung zerbricht an den Auseinandersetzungen um die Arbeitslosenversicherung. Grund: die kapitalorientierte Deutsche Volkspartei lehnt eine gleichmäßige Belastung von Lohn- und Kapitaleinkommen ab. 1933 Die Weimarer Republik wird durch die Machtübernahme an die Faschisten zerstört. Die ArbeiterInnenbewegung ist gespalten; es kommt nicht zu einer gemeinsamen Aktion gegen den Faschismus (wie 1920!). Die ADGB-Führung erklärt sich gegenüber Hitler neutral. Am 2. Mai zerschlagen SA-Trupps die Gewerkschaftsbewegung. Viele GewerkschafterInnen Mitglieder und FunktionärInnen gehen in den Widerstand gegen die Nazi- Diktatur, woraufhin viele in Konzentrationslager, Zuchthäuser oder Gefängnisse gebracht und hingerichtet werden, wie z.b. Wilhelm Leuschner. Einige flüchten ins Exil. 8. Mai 1945 Befreiung vom Faschismus. Bedingungslose Kapitulation Deutschlands: vier Siegermächte übernehmen Regierungsgewalt. Interesse an freien Gewerkschaften als»ein wesentliches Element für eine demokratische Ordnung in Deutschland«. Alliierte fördern Wiederaufbau von Gewerkschaften auf betrieblicher und lokaler Ebene. Funktionäre der ehemaligen Richtungsgewerkschaften planen Einheitsgewerkschaften und möglichst rasch zentrale Zusammenschlüsse. 1945 wird in der Sowjetzone (spätere DDR) der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) gegründet. 1947 In der britischen und in der amerikanischen Zone bildet sich der»gewerkschaftsrat der vereinigten Zonen«. 1948 Am 20.Juli 1948 vollziehen die Besatzungsmächte der Weszone die Währungsreform, daraufhin setzt am 24. Juli die Blockade Berlins durch Sowjetunion ein. Im Oktober konstituiert sich in München der DGB als Einheitsgewerkschaft. Hans Böckler wird Vorsitzender. Verabschiedung des»münchner Programms«. DGB organisiert sich nach dem Industrieverbandprinzip: ein Betrieb eine Gewerkschaft. 1951 Beschließt der Bundestag das Gesetz über die paritätische Mitbestimmung für die großen Bergbau-, Kohle- und Stahlbetriebe: im Aufsichtsrat bekommen die Beschäftigten gleiches Stimmrecht. 1952 Parlamentarische Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes. 1954 IG Metall führt 16-wöchigen Streik um Lohnfortzahlung für ArbeitnehmerInnen im Krankheitsfall. 1957 Gesetz über 100% Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Auseinandersetzung um die Notstandsgesetze (Einsatz der Bundeswehr nicht nur zur Landesverteidigung sondern notfalls auch gegen die eigene Bevölkerung). DGB-Kongress gegen Notstandsgesetze. 15

1958 DGB gibt sich ein Grundsatzprogramm. 1967 Konzertierte Aktion: Vertreter von Kapital und Arbeit sollen ihre Tarifpolitik an politisch vorgegebene Lohnleitlinien orientieren. Gefährdung der Tarifautonomie. 1984 Kampf um die 35-Stunden-Woche. 1986 Änderung des 116 Arbeitsförderungsgesetz zu einem Anti-Streik-Paragraphen. Demonstrationen und Kundgebungen des DGB mit rund 1 Million Menschen. 1990 Nach dem Fall der Berliner Mauer arbeitet der DGB am Aufbau von Gewerkschaften in Ostdeutschland nach westdeutschem Vorbild. 1992 Reformprozess des DGB bezüglich Organisationsstruktur und politischer Programmatik. 1993 mit der»aktion Gegenwehr«kämpft der DGB gegen die Angriffe der Arbeitgeber und der Regierung Kohl auf die Tarifautonomie. 1996 Die Bundesregierung und die Arbeitgeber brechen das»bündnis für Arbeit«. Am 15. Juni demonstrieren 350.000 Menschen in Bonn für»arbeit und soziale Gerechtigkeit«. Im November gibt sich der DGB in Dresden ein neues Grundsatzprogramm 1998 Die DGB-Jugend mobilisiert über 40.000 Junge Menschen»für eine andere Politik«nach Frankfurt am Main. 2002 Die Gewerkschaftsjugend mobilisiert unter dem Motto»Her mit dem schönen Leben!«gemeinsam mit attac 40.000 Jugendliche nach Köln. Klare Message:»Eine andere Welt ist möglich«2xxx to be continued 16

Hintergrundtext: Es war einmal Man muss sich wehren, sich zusammenschließen, mit den Arbeitgebern über die Arbeitsbedingungen verhandeln das war die Grundidee für die Gründung erster Arbeitervereine. Diese Zusammenschlüsse wurden vom Staat bekämpft, Treffen wurden verboten, es dauerte Jahrzehnte, bis die Gewerkschaften als Verhandlungs- und Tarifvertragspartei akzeptiert waren. Auch heute gibt es noch Arbeitgeber, die mit den Gewerkschaften keine Verhandlungen führen und keine Tarifverträge abschließen wollen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Industriebetriebe. Im Gegensatz zum kleinen Handwerksmeister waren sie in der Lage, mit mehr Menschen und erstmals mit Maschinen eine größere Masse an Produkten herzustellen. Die in diesem Betrieben beschäftigten Menschen machten die Erfahrung, dass sie eine Organisation gründen müssen, um ihre Interessen gegen die Arbeitgeber durchzusetzen. Diese Interessen bestanden u.a. in der Forderung nach mehr Lohn und finanzieller Unterstützung bei Krankheit. Es fällt heute schwer, sich vorzustellen, dass es damals keinen 8-Stunden-Tag, sondern Arbeitszeiten von 12 bis 16 Stunden, keine Urlaubsregelung und nur Hungerlöhne gab. Kinderarbeit in den Fabriken war an der Tagesordnung. Es konnte also nur gemeinsam Abhilfe geschaffen werden. Der/Die Einzelne war (und ist es noch heute) nahezu ohnmächtig dem Interesse der Arbeitgebers ausgeliefert, das darin bestand (und besteht), mit möglichst geringem Aufwand den größtmöglichen Profit zu erzielen. Aus der Erkenntnis, dass die ArbeiterInnen und Angestellten nur durch Zusammenschluss ihr Los verbessern können, entstanden die Gewerkschaften. Lange waren sie zersplittert in Berufsverbände, getrennt nach ArbeiterInnen, Angestellten und Beamte. Darüber hinaus waren die gespalten durch politische oder religiöse Richtungen. Diese einzelnen Gewerkschaften erkannten mit der Zeit immer mehr, dass sie ihre Kraft bündeln müssen. So entstanden die ersten Dachverbände. Zum Ende der Weimarer Republik existierten vier politisch orientierte Dachverbände der sozialistischen, der christlichen, der kommunistischen und liberalen GewerkschafterInnen. Der Versuch diese Verbände zusammenzuschließen, erstickte nach der Machtübergabe an die Nazis. Die Gewerkschaften wurden von den Faschisten zerschlagen. Zehntausende GewerkschafterInnen kämpften weiter, trotz blutiger Verfolgung durch die Nazis. Tausende mussten in diesem Kampf ihr Leben lassen. Nach der Befreiung vom Hitler Regime 1945 gründeten die GewerkschafterInnen, die den braunen Terror überlebt hatten in den Westzonen die heutigen Mitgliedergewerkschaften mit ihrem Dachverband Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB). Mit der Schaffung der Einheitsgewerkschaft wurde die Trennung der GewerkschafterInnen in politischer und weltanschaulicher Richtung überwunden. Für die heutige Gewerkschaftsbewegung gilt das Prinzip:»Ein Betrieb eine Gewerkschaft«. 17

Deutscher Gewerkschaftsbund:»DGB«Der DGB ist der Dachverband, in dem sich die selbständigen Mitgliedsgewerkschaften zu einem Bund zusammengeschlossen haben, um gemeinsam die Interessen von ArbeiterInnen Angestellten BeamtInnen Auszubildenden zu vertreten und durchzusetzen. Diese Mitgliedsgewerkschaften sind nach dem sogenannten»industrieverbandsprinzip«organisiert, d.h. ArbeitnehmerInnen haben sich nach dem Wirtschaftszweig, indem sie beschäftigt sind, zusammengeschlossen. Alle ArbeitnehmerInnen können Mitglied einer Mitgliedsgewerkschaft werden, ganz egal welcher Religion sie angehören oder zu welcher der demokratischen politischen Richtungen sie sich bekennen. Dadurch ist es möglich, dass sich die ArbeiterInnen, Angestellten und Beamten bei der Vertretung ihrer Interessen nicht zersplittern oder gegeneinander ausspielen lassen. Jede/r von euch hat sicherlich schon festgestellt: Allein ist man schwächer. Menschen erreichen mehr, wenn sie mit anderen zusammen in einer Gruppe arbeiten. Deshalb haben sich im deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) über 7 Millionen Menschen zusammengeschlossen, davon ca. 535 000 Leute unter 25 Jahren. In den Gewerkschaften kämpfen sie u.a. für mehr Geld, mehr Urlaub, kürzere Arbeitszeiten, bessere Arbeitsbedingungen, Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Frieden und Völkerverständigung und mehr Umweltschutz. Die Mitgliedsgewerkschaften helfen ihren Mitgliedern auch durch Information und Schulung und bei Rechtsstreitigkeiten mit dem Arbeitgeber. IG BAU (Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt) www.jugend-igbau.de Für alle, die in den Bereichen Baugewerbe, Baustoffindustrie, Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Gartenbau, Floristik, Fischerei, Steine- und Erdenindustrie oder Natur- und Umweltschutz arbeiten oder ausgebildet werden. Transnet, Gewerkschaft GdED www.gdpjungegruppe.de Für alle, die im Transportbereich der Deutschen Bahn AG sowie aller Tochterunternehmen arbeiten oder ausgebildet werden, sowie alle bei privaten Bahnen und Unternehmen im Personenfernverkehr auf Straße und Schiene. GdP (Gewerkschaft der Polizei) www.gdpjungegruppe.de Die GdP ist zuständig für alle BeamtInnen, Angestellten und Auszubildenden der Polizeien des Bundes und der Länder und des Bundesgrenzschutzes. GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) www.gew.de Für alle, die in den Bereichen Erziehung und Wissenschaft arbeiten oder ausgebildet werden. Dies können u.a. Schulen, Hochschulen, Kindergärten und außerschulische Bildungseinrichtungen sein. 18

IGM (Industriegewerkschaft Metall) www.igmetall.de/jugend IG Metall die Gewerkschaft in Produktion und Dienstleistung der Bereiche Metall und Elektro, Textil und Bekleidung, Holz und Kunststoff, Optische Industrie und Handwerk. NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) www.junge-ngg.net Die Gewerkschaft, wenn Du im Bereich Nahrungs- und Ernährungshandwerk, Gastronomie, oder Hotellerie Genussmittelindustrie (Getränke und Tabakindustrie) arbeitest oder lernst. IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie) www.future-igbce.de Die IG BCE ist zuständig für die Bereiche: Bergbau, Chemische Industrie, Papiererzeugung, Keramische Industrie und Handwerk, Glasverarbeitung, Lederverarbeitung und Energieproduktion. Ver.di (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) www.verdi-jugend.de Ver.di ist zuständig für Angestellte und Auszubildende im Öffentlichen Dienst (Bund-Länder-Gemeinden), im Bereich Transport und Verkehr, im Druckgewerbe, in der Papierverarbeitung, in der Publizistik, im Kunstgewerbe, im Finanzdienstleistungssektor, bei der Ver- und Entsorgung, im Gesundheitswesen, soziale Dienste, Sozialversicherung, Kirchen, Bildung, Telekommunikation, Postdienste, Handel und in sonstigen Dienstleistungsbereichen. 19

Wer wir sind: Gewerkschaftsjugend Wir die DGB Jugend sind sowohl Teil des deutschen Gewerkschaftsbundes, als auch ein eigenständiger Jugendverband. Mitglied bei uns sind alle jugendlichen Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften. Das sind zur Zeit über 500.000 Menschen. Alle haben die Möglichkeit, sich an der Arbeit der Gewerkschaftsjugend zu beteiligen. Wir beschäftigen uns mit unterschiedlichsten Fragen, die sich aus dem Arbeitsleben und der Gesellschaft ergeben, führen Seminare, Reisen und Veranstaltungen durch. Und wo wir mit unseren Argumenten auf taube Ohren stoßen, werden Aktionen durchgeführt und für Öffentlichkeit gesorgt. In den Mitgliedgewerkschaften und bei uns der DGB-Jugend könnt ihr in Projekten- und Aktionsgruppen aktiv werden. Außerdem gibt es überbetriebliche Jugendgruppen. Im Job setzen wir uns ein 3 für das Recht auf Bildung und Chancengleichheit, 3 für eine qualifizierte und zukunftsorientierte Ausbildung für alle Jugendlichen, 3 für die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze durch einen Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben»Wer nicht ausbildet, soll zahlen«, 3 für die Übernahme im erlernten Beruf, 3 für die Verbesserung der Qualität der Berufsschulen, 3 für ein modernes Berufsbildungsgesetz, 3 für ein Jugendarbeitsschutzgesetz, das junge Menschen schützt, 3 für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten. Und wir machen uns stark 3 für die Verwirklichung aller individuellen und kollektiven Menschenrechte, für Freiheit, Gleichheit und Solidarität, 3 für Toleranz gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt, 3 für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung, 3 für eine gerechte Weltordnung ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt, 3 für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, 3 für die Erhaltung und den Schutz unserer Umwelt. Aktion, Bildung und Information 3 Veranstaltungen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus, 3 Gewerkschafts-JUGEND on Tour- Berufsschultour des DGB, 3 Internationale Jugendarbeit: Begegnungen, Erkundungen, Austausch, 3 Beratungs- und Informationsangebote für SchülerInnen und Studierende zur Arbeitsund Berufwelt, 3 Gewerkschaftsjugend vor Ort- unsere gewerkschaftlichen InteressenvertreterInnen in den Betrieben und Verwaltungen, 3 Seminarangebote der DGB-Jugend zu verschieden Themen: Internet, Globalisierung, Internationales und Europa, Rhetorik, Zeitmanagement, Mobbing, Rassismus uvm., 20

3 Kostenlose Infomaterialien zu Ausbildung, Beruf, Umwelt, Gleichberechtigung, Kriegsdienstverweigerung, 3 Jugendkongresse zu wichtigen Themen. Fun und Freizeit 3 Sommercamps, 3 Jugendprogramm am 1. Mai, Feste, Feten, Feiern, 3 Sprachkurse, Reisen, 3 Jugendclubs. Als Gewerkschaften haben wir viel erreicht 3 Verbesserung der Ausbildungsqualität, 3 Erhöhung der Ausbildungsvergütung, 3 Verkürzung der Arbeitszeit, 3 30 Tage Urlaub und Urlaubsgeld in vielen Tarifverträgen, 3 Sicherung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, 3 Schaffung und Sicherung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Wusstest Du schon, 3 dass nur ein Viertel aller Betriebe überhaupt ausbildet und immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene keinen betrieblichen Ausbildungsplatz mehr finden? Deshalb fordern wir:»wer nicht ausbildet, muss zahlen«. 3 dass dir wenn du über 18 Jahre alt bist nach dem Gesetz lediglich 24 Urlaubstage im Jahr zustehen und das bei einer Sechs-Tage-Woche? 3 dass in zahlreichen Tarifverträgen die Gewerkschaften einen Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Urlaubstagen im Jahr ausgehandelt haben? 3 dass du selbst eine JAV in deinem Betrieb gründen kannst, wenn es noch keine JAV in deinem Betrieb gibt? Vorrausetzung ist nur, dass es in deinem Betrieb mindestens fünf Personen gibt, die entweder unter 18 sind oder sich in der Berufsausbildung befinden und noch keine 25 Jahre alt sind. 3 dass Tarifverträge nicht irgendwelche Vereinbarungen sind, sondern Gesetzesrang genießen? 3 dass nur Mitglieder der Gewerkschaften einen Anspruch auf die durch sie ausgehandelten und erkämpften tarifvertraglichen Leistungen haben? Hier gilt: Je mehr wir sind, desto stärker ist die Verhandlungsposition! 21

RECHTE Tägliche und wöchentliche Arbeitszeit»Wie ist das mit der Arbeitszeit?«Für Jugendliche gilt: Die Arbeitszeit für Jugendliche (also alle, die noch nicht 18 Jahre alt sind), ist grundsätzlich auf 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich begrenzt ( 8 Abs. 1 JArbSchG). Ist allerdings die Arbeitszeit an einzelnen Werktagen auf weniger als 8 Stunden verkürzt, können Jugendliche an den übrigen Werktagen derselben Woche bis zu 8 1/2 Stunden beschäftigt werden. Beispiel: Jemand macht eine Ausbildung als Rechtsanwalts- und Notargehilfin. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Mittwochs wird lediglich 6 Stunden gearbeitet, da die Kanzlei nachmittags nicht geöffnet hat. Montags, dienstags, donnerstags und freitags wird 8 1/2 Stunden gearbeitet. Dies ist nach den Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes völlig ok. Das ist allerdings nur der gesetzliche Rahmen für die Arbeitszeit. Tarifvertragliche Regelungen sehen meist eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 bis 38 Stunden vor. Für über 18-jährige gilt: Die Arbeitszeit für über 18-jährige ist grundsätzlich nach den bestehenden gesetzlichen Regelungen auf 8 Stunden täglich und 48 Stunden wöchentlich begrenzt. Insoweit wird von einer 6-Tage-Woche ausgegangen (6 mal 8= 48 Stunden). Die Arbeitszeit kann auf 10 Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich erhöht werden, wenn hierfür im Gegenzug innerhalb von 6 Monaten Ausgleich gewährt wird. Aber auch hier gilt: Dies ist nur der gesetzliche Rahmen für die Arbeitszeit. Tarifvertragliche Regelungen sehen ebenfalls meist eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 bis 38 Stunden vor. Kündigung Keine Angst vor Kündigungen! Auszubildende dürfen nicht grundlos gekündigt werden! Es kommt zwar nur relativ selten vor, dass Auszubildende mit einer Kündigung während ihrer Ausbildung konfrontiert werden, erfahrungsgemäß sind aber BerufsschülerInnen an dem Themenkomplex»Kündigung in der Ausbildung«sehr interessiert. Zudem gibt es Auszubildenden auch eine gewisse Sicherheit, wenn sie über die grundsätzlichen Kündigungsregelungen während ihrer Ausbildung Bescheid wissen. Die Voraussetzungen für eine Kündigung sind gesetzlich festgelegt (vgl. 15 BBiG). Bei der Frage, wer wem wann und aus welchen Gründen kündigen kann, muss man grundsätzlich unterscheiden, ob es sich um eine Kündigung innerhalb oder nach der Probezeit handelt. Kündigung während der Probezeit: Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden ( 15 Abs. 1 BBiG). Das heißt, dass sowohl der Ausbildungsbetrieb dem/der Auszubildenden, als auch der/die Auszubildende 22

seinem/ihrem Ausbildungsbetrieb kündigen kann. Gründe für die Kündigung müssen nicht angegeben werden, aber die Kündigung muss auf jeden Fall schriftlich erfolgen. Irgendwelche mündlichen Äußerungen haben somit keinerlei Bedeutung!»Ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist«bedeutet, dass der Ausbildungsbetrieb dem/der Auszubildenden, als auch der/die Auszubildende dem Ausbildungsbetrieb praktisch von heute auf morgen kündigen kann. Kündigung nach der Probezeit: Nach der Probezeit sieht das mit der Kündigung aber ganz anders aus. Eine Kündigung ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich. Dies ist so, weil jungen Menschen, die am Anfang ihres Arbeitslebens stehen, ein»besonderer Schutz«vor Kündigungen zukommen soll. Und als Faustregel gilt: je weiter die Ausbildung fortgeschritten ist, desto schwieriger wird es mit einer Kündigung. Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden, 1. aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, 2. vom Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will. ( 15 Abs. 2 BBiG) Nach der Probezeit unterscheidet man also wieder zwei Möglichkeiten: zu 1.: Kündigung»aus einem wichtigen Grund«: Das Berufsausbildungsverhältnis kann sowohl vom Auszubildenden, als auch von dem Ausbildungsbetrieb»aus einem wichtigen Grund«gekündigt werden.»wichtige Gründe«können nicht irgendwelche x-beliebigen Gründe sein, sondern es müssen solche Gründe vorliegen, die es entweder dem/der Auszubildenden oder seinem/ihrem Ausbildungsbetrieb unzumutbar machen, an dem Ausbildungsvertrag festzuhalten. Hier einige Beispiele, die es zulassen würden, einem/einer Auszubildenden zu kündigen: 3 Azubi fährt für zwei Wochen in den Urlaub, ohne dass das mit dem Betrieb abgesprochen ist, 3 Azubi klaut Geld aus der Kasse (hier reichen auch schon kleinere Beträge!), 3 Azubi weigert sich einfach zu arbeiten und trinkt stattdessen den ganzen Tag Kaffee. Und nun einige Beispiele, die es zulassen würden, dass der/die Auszubildende kündigt: 3 Der Ausbildungsbetrieb verliert die Berechtigung zum Ausbilden, 3 der/die AusbilderIn versetzt Azubi immer eine Ohrfeige, wenn er/sie meint, dass Azubi die Arbeit nicht 100%ig erledigt hat, 3 Azubi ist sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ausgeliefert. Die Kündigung muss auch hier auf jeden Fall schriftlich erfolgen. Zudem müssen die Gründe für die Kündigung angegeben werden. Also, anhand der aufgezählten Beispiele wird ziemlich schnell klar, dass schon etwas vorgefallen sein muss, damit Auszubildenden gekündigt werden kann oder damit der/die 23

Auszubildene aus einem»wichtigen Grund«kündigen kann. Jetzt solltet ihr allerdings die BerufsschülerInnen auch nicht in»absoluter Sicherheit«wiegen. Ganz so einfach ist es dann eben doch nicht. Auch»kleinere Vorfälle«, wie z.b. ständiges Zuspätkommen, können, wenn dies häufig vorkommt und der/die Auszubildende auch trotz Abmahnung das Verhalten nicht ändert, in der Konsequenz zu einer Kündigung führen. Wenn diese Vorfälle derart oft vorkommen, dass dem Ausbildungsbetrieb nicht zugemutet werden kann, weiter auszubilden, kann dies auch»ein wichtiger Grund«sein. Was vorfallen muss, damit bei derartigen Konstellationen eine Kündigung gerechtfertigt ist, ist recht kompliziert und würde den Rahmen dieser Erläuterungen sprengen. zu 2.: Kündigung wegen»aufgabe der Berufsausbildung«oder»Wechsel des Ausbildungsberufs«: Neben der»kündigung aus einem wichtigen Grund«, kann nach der Probezeit nur kündigen, wer die Berufsausbildung gar mehr weiter machen will oder in einen anderen Ausbildungsberuf wechseln möchte. Was z.b. nicht geht ist, dass der/die Auszubildende nach einem Jahr dem Ausbildungsbetrieb kündigt, weil er/sie feststellt, dass der Ausbildungsberuf zwar Spaß macht, er/sie die Ausbildung aber gerne bei einem anderen Betrieb beenden möchte, weil der eine höhere Ausbildungsvergütung zahlt, oder weil der Betrieb näher an dem Wohnort liegt. Sollte allerdings jemand aus diesen oder ähnlichen Gründen die Ausbildung in einem anderen Betrieb beenden wollen, kann natürlich der Ausbildungsbetrieb gefragt werden, ob er mit einem Wechsel einverstanden ist. Nur drauf bestehen kann man eben nicht und wenn der Ausbildungsbetrieb nicht einverstanden sein sollte, müsste man dann die Ausbildung auch da beenden, wo sie begonnen wurde. Auch in diesem Fall muss die Kündigung wieder schriftlich erfolgen. Zudem muss eine Kündigungsfrist von vier Wochen eingehalten und der Grund für die Kündigung angeben werden. Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund also eine Kündigung nach der Probezeit ist unwirksam, wenn die Tatsachen (wie z.b. Diebstahl von Geld) demjenigen, der kündigen möchte, länger als zwei Wochen bekannt sind. Das heißt aber nicht, dass der Vorfall nicht länger als zwei Wochen zurückliegen darf, sondern nur, dass die Kenntnis über den Vorfall eben nicht länger als zwei Wochen bestehen darf. Übrigens, auch das Schwänzen der Berufsschule berechtigt unter Umständen den Betrieb, bei vorheriger Abmahnung eine Kündigung auszusprechen. Nicht wenige BerufsschülerInnen glauben, Betrieb und Berufsschule hätten nichts miteinander zu tun und es gehe den Betrieb gar nichts an, ob man am Unterricht teilnimmt. Das ist schon deshalb nicht richtig, weil der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden für den Besuch der Berufsschule freistellt und nimmt dieser nicht am Unterricht teil, ist er/sie nicht mehr freigestellt, sondern müsste dann zurück in den Betrieb und arbeiten. Ausbildungsvergütung Eine wichtige Frage für alle Azubis ist die nach der monatlichen Vergütung. In jedem Fall muss in dem Ausbildungsvertrag eine Regelung zur Frage der Ausbildungsvergütung enthalten sein. Die Frage nach der Höhe der Ausbildungsvergütung können wir nicht direkt beantworten, da es eine Vielzahl von Ausbildungsberufen gibt, die unterschiedlich vergütet werden. Darüber hinaus legen entsprechende Tarifverträge die Höhe der Vergütung fest. Grundsätzlich ist eine angemessene Vergütung zu gewähren (vgl. 10 BBiG). Sie richtet sich nach dem Ausbildungsberuf, dem Alter und der Dauer der Ausbildung und ist so zu 24

bemessen, dass sie mindestens jährlich ansteigt. In unserer Broschüre»ran an den Job«findest du eine Übersicht zu den einzelnen Ausbildungsberufen und deren Vergütung. Aber was ist, wenn jemand feststellt, dass er/sie im Vergleich zu anderen, die den gleichen Ausbildungsberuf erlernen und im gleichen Ausbildungsjahr sind, eine deutlich geringere Ausbildungsvergütung erhält? Oben hatten wir schon erwähnt, dass eine angemessene Ausbildungsvergütung zu zahlen ist. Es kann also sein, dass die Ausbildungsvergütung nicht mehr angemessen ist. Liegt die Ausbildungsvergütung um mehr als 20% unter der Empfehlung der zuständigen Kammer oder 20 % unter dem Tariflohn, der üblicherweise in diesem Ausbildungsberuf im entsprechenden Ausbildungsjahr gezahlt wird, ist sie nicht mehr angemessen. In der Konsequenz heißt dies, dass mehr Vergütung gezahlt werden muss. Urlaub Bei den Urlaubstagen muss man unterscheiden, ob der Urlaub in Werktagen oder Arbeitstagen angegeben ist. Ist er in Arbeitstagen angegeben, musst man in der Regel fünf Tage Urlaub pro Woche nehmen. Ist er in Werktagen angegeben, musst man sechs Tage nehmen, weil der Samstag auch ein Werktag ist. Beispiel: Nach dem Ausbildungsvertrag stehen dem Azubi 24 Werktage Urlaub im Jahr zu. Das sind genau vier Wochen (24:6). Der Urlaubsanspruch für Jugendliche ist im Jugendarbeitsschutzgesetz geregelt. Jugendliche unter 16 Jahren haben Anspruch auf 30 Werktage Urlaub, unter 17 Jahren auf 27 Werktage und unter 18 Jahren auf 25 Werktage. Azubis über 18 Jahren haben nach dem Bundesurlaubsgesetz 3 Anspruch auf 24 Werktage Urlaub im Jahr. Falls der Azubi in seinem Ausbildungsvertrag Anspruch auf mehr Urlaub hat, als es das Jugendarbeitschutzgesetz und das Bundesurlaubsgesetz vorsehen, ist das ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass für ihn ein Tarifvertrag gilt, in dem dieser Anspruch festgelegt ist. Während des Urlaubes darf nicht gewerblich gearbeitet werden. Der Azubi muss sich mit seinem Ausbilder auf einen Urlaubszeitpunkt einigen. Der Ausbilder darf ihm jedoch den Urlaub nur dann verweigern, wenn wichtige betriebliche Gründe dagegen sprechen ( 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz). Ein oft gebrauchter Grund sind dabei allgemeine Betriebsferien. Wenn der Azubi während des Urlaubes krank wird, soll er zum Arzt gehen und sich seine Arbeitsunfähigkeit bestätigen lassen. Die Tage, an denen er krank ist, werden nicht als Urlaub angerechnet. Der Azubi muss die Krankmeldung auch im Urlaub sofort an seinen Ausbilder schicken. Falls er im Rahmen seines Urlaubs irgendwo auf der Welt krank wird, ist auch ein ausländisches Attest als Krankmeldung möglich ( 9 Bundesurlaubsgesetz). Generell muss der Urlaub im laufenden Jahr genommen werden. Die Übertragung des Urlaubes in das nächste Jahr ist nur aus wichtigen Gründen möglich. Nimmt der Azubi den alten Urlaub mit in das neue Jahr, muss er den Urlaub in den ersten drei Monaten des neuen Jahres abbauen. Wenn dies bis Ende März nicht möglich ist, muss er unbedingt einen schriftlichen Antrag auf Übernahme des Resturlaubs stellen, sonst verfällt sein Urlaubsanspruch. Sollte ihm sein Ausbilder den Urlaub auch im Laufe des neuen Jahres nicht gewähren, sollte er sich an die Gewerkschaft wenden. 25

Im Urlaub wird dem Azubi die Ausbildungsvergütung natürlich weiter gezahlt. In einigen Tarifverträgen ist geregelt, dass es zusätzlich Urlaubsgeld gibt. Normalerweise wird das Urlaubsgeld zusammen mit dem Juni- oder Juligehalt ausgezahlt. Das Urlaubsgeld muss versteuert werden. Der Azubi soll normalerweise seinen Urlaub in den Berufsschulferien nehmen. Wenn er ihn allerdings während der Berufsschulzeit nehmen muss/will, braucht er nur vier oder drei Tage Urlaub pro Woche nehmen. Das ist davon abhängig, ob er an einem oder zwei Tagen in der Woche in die Berufsschule geht. Die Pflicht, in die Schule zu gehen, besteht weiter. Nur in ganz seltenen Fällen bekommt der Azubi auch von seiner Berufsschule frei. Am besten, er fragt seinen Klassenleiter. Manchmal melden sich Azubis für die Schultage während des Urlaubs einfach krank und fliegen ganz entspannt in den Urlaub. Wenn sie dabei erwischt werden, ist dies ein guter Grund für eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall ein Grund für eine fristlose Kündigung durch den Ausbilder ( 15 Berufsbildungsgesetz). Die Auszahlung des Urlaubsanspruches an den Azubi ist nicht erlaubt. Ausnahme: Falls am Ende der Ausbildung noch Urlaub offen ist, muss der Ausbilder den Urlaub auszahlen. Sonderzahlungen»Urlaubs- und Weihnachtsgeld«Sicher hat jeder Azubi schon mal etwas von Weihnachts- oder Urlaubsgeld gehört. Dabei handelt es sich um Sonderzahlungen, die im Sommer bzw. vor Weihnachten den Kassenbestand aufbessern. Vielleicht glaubt derazubi auch, er hätte auf beides einen gesetzlichen Anspruch und der Arbeitgeber sei verpflichtet, ihm die Zahlungen zu leisten. Aber Vorsicht: Beim Weihnachts- und Urlaubsgeld handelt es sich in den meisten Fällen um eine tarifvertragliche Vereinbarung. Einen rechtlichen Anspruch darauf erwirbt nur der, der nach Tarifvertragsgesetz Mitglied einer Tarifvertragspartei ist. Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften sowie Vereinigungen von Arbeitgebern. Das bedeutet: Nur wenn man auch Mitglied in der Gewerkschaft ist, die den Tarifvertrag geschlossen hat und der Arbeitgeber in der Arbeitgebervereinigung ist, die den Tarifvertrag geschlossen hat, hat man auch einen rechtlichen Anspruch auf das Weihnachts- und Urlaubsgeld, soweit diese Sonderzahlungen im Tarifvertrag vereinbart wurden. Gewerkschaftsmitgliedschaft zahlt sich also aus. Sollte der Tarifvertrag vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt worden sein, ergibt sich der Anspruch für alle Beschäftigten dieser Branche. Es gibt auch den Fall, dass Arbeitgeber diese Sonderzahlungen sozusagen als»freiwillige Leistungen«vornehmen. Daraus leitet sich aber nur dann ein Anspruch für Arbeitnehmer ab, wenn diese Zahlung dreimal in Folge vorgenommen wurde und der Arbeitgeber nicht auf die Freiwilligkeit dieser Zahlung hingewiesen hat. Übernahme Übernahme bedeutet, dass der Ausbildungsbetrieb den Azubi nach seiner Ausbildung weiterbeschäftigt. Die Ausbildung ist ein befristetes Beschäftigungsverhältnis. Daher besteht kein Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung, wenn das Ausbildungsverhältnis durch die bestandene Abschlussprüfung oder durch das Ende des Ausbildungsvertrages endet. Wird aber ein Azubi nach dem Ende seiner Ausbildung weiter beschäftigt, ohne dass etwas anderes schriftlich vereinbart ist, gilt der Azubi als unbefristet angestellt ( 17 BBiG). 26