Konjunktur Ursachen von Konjunkturschwankungen Makroökonomik 4.6. 2007 1
Plan der Vorlesung 1. Das Taylormodell der Konjunktur 1. Erklärte Grössen 2. Annahmen 3. Modellbestandteile 1. Überblick 2. Investitionsfunktion 3. Geldpolitikregel 4. Inflation und aggregierte Nachfrage 4. Wirkungszusammenhang 1. Staatsausgaben 2. Auslandsnachfrage 5. Zusammenfassung 2. Andere Ursachen von Konjunkturschwankungen 3. Lang- und kurzfristige Schocks 4. Stabilisierende und destabilisierende Faktoren 5. Zusammenfassung 2 2
Bisher bestimmt allein die Nachfrageseite das Niveau von Produktion und Einkommen. Produktion = Nachfrage Einkommen Jetzt wollen wir auch die Angebotsseite berücksichtigen: BIP = potentielles BIP, wenn Produktionsanlagen/Arbeitskräfte voll ausgelastet. 3 3
Makroökonomisches Fluktuationsmodell (nach Taylor) Inflation % Mit diesem Modell erklären wir BIP (real)-schwankungen, Arbeitslosigkeit Inflation Zinssatz Wirtschaftspolitik Wirkung von makroökonomischen Schocks Inflations-Anpassungslinie BIP aggregierte Nachfragekurve BIP 4 Mit diesem Modell erklären wir NICHT: -Potential-BIP -Erwartungsbildung -Geldpolitische Regel -Investorenverhalten 4
Makroökonomisches Fluktuationsmodell (nach Taylor) Annahmen 1. Offene Volkswirtschaft 2. Vollständiger Kreditmarkt 3. Proaktive Geldpolitik 4. Unvollständige Preisflexibilität Adaptive (Preis)Erwartungen Langfristige Verträge 5. Zinsparität gilt 6. Potentialoutput ist gegeben 5 5
Aggregierte Nachfrage Inflation 4% 3% Die aggregierte Nachfrage zeigt Kombinationen von realem Wachstum und Inflation. Die Kurve heisst aggregierte Nachfrage, weil Abweichungen des realen BIP vom potentiellen BIP auf Fluktuationen der Nachfragekomponenten zurückzuführen sind. 2% 1% hier entspricht das reale BIP dem potentiellen BIP aggregierte Nachfrage -2% -1% 0 1% 2% reales BIP (Abweichung vom potentiellen BIP) 6 6
Wieso negativer Zusammenhang zwischen aggregierter Nachfrage und Inflation? Schritt 2 Zusammenhang Inflation Zinssatz Schritt 1 Zusammenhang Zinssatz reales BIP Inflation Zinssatz reales BIP Schritt 3 Inflation und aggregierte Nachfrage 7 7
Schritt 1 Zusammenhang Zinssatz reales BIP Der reale Zinssatz hat eine negative Beziehung zu den Nachfragekomponenten Investitionen (höhere Kosten) Nettoexporte (stärkerer Wechselkurs) 8 8
Zinssatz und Investitionen Zinssatz i jährliche Rendite 10% 8% A B Rendite von verschiedenen Investitionsprojekten 6% C 4% D 2% E 10 20 30 40 50 60 70 Mio. SFr. 9 9
Zinssatz und Investitionen Zinssatz i jährliche Rendite 10% A Bei einem Zinssatz von 8% wird nur das Investitionsprojekt A durchgeführt. 8% B Zinssatz i 6% 4% C D Investitionsvolumen = 13 Mio. SFr. 2% E 10 20 30 40 50 60 70 Mio. SFr. 10 10
Zinssatz und Investitionen Zinssatz i jährliche Rendite 10% A Bei einem Zinssatz von 4% werden die Investitionsprojekte A, B und C durchgeführt. 8% B 6% C Investitionsvolumen = 40 Mio. SFr. 4% 2% D Zinssatz i E 10 20 30 40 50 60 70 Mio. SFr. 11 11
reale Bauinvestitionen & Hypothekarzinsen (1980-2005) Zins % 9 8 Hypothekarzins Wohnen VJV Investitionen in % 25 20 7 15 6 10 5 5 4 0 3-5 2 1 Industrie, Gewerbe, Verwaltung, -10-15 0 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04-20 12 12
Zinssatz und Nettoexporte Höhere Zinsen gegenüber dem Ausland führen zu einer höheren Nachfrage nach Franken (Kapitalzufluss aus dem Ausland). Die höhere Nachfrage führt zu einem höheren Preis des Frankens der Wechselkurs des Frankens wertet sich auf. Exporte nehmen ab (schweizerische Güter werden im Ausland teurer) Importe nehmen zu (ausländische Güter werden in der Schweiz billiger) 13 13
Gesamtwirtschaftliche Nachfrage BIP Nachfrage wenn Zinssatz i steigt C + I + G + X = BIP Nachfrage - - BIP BIP Nachfrage I X Höherer Zinssatz führt zu niedrigerem BIP BIP BIP Einkommen 14 14
Schritt 2 Zusammenhang Inflation Zinssatz Ein stabiles Preisniveau ist das erste Ziel der Nationalbank. Inflationsziel der SNB: Veränderung Preisniveaus zwischen 1% und 2%. Die Nationalbank kann die Zinssätze festlegen. Wenn die Inflation zunimmt, erhöht die Nationalbank die Leitzinsen überproportional. 15 15
Regel der Geldpolitik Zinssatz % 7 6 Regel der Geldpolitik Steigung = 1 5 4 3 +1.7% Wenn die Inflation zunimmt, erhöht die Nationalbank die Leitzinsen überproportional 2 1 +1% 1 2 3 4 5 6 Inflation % 16 16
Zinssatz % 9 8 7 Regel der Geldpolitik Schweiz 1981-2004 1992 1991 Steigung = 1 6 5 4 3 2 1 0 1987 1995 1989 2003 2004 1988 2000 1993 1984 0 1 2 3 4 5 1981 1983 Wenn die Inflation zunimmt, erhöht die Nationalbank die Leitzinsen überproportional Inflation % 17 17
Schritt 3 Inflation und aggregierte Nachfrage Wenn die Inflation steigt,... erhöht die Nationalbank die Zinsen überproportional. Die realen Zinsen steigen. Deshalb sinken die Investitionen und Nettoexporte - und damit die Gesamtnachfrage. 18 18
Zinssatz % Regel der Geldpolitik BIP Nachfrage BIP Nachfrage neue BIP Nachfrage Inflation Inflation % Inflation % BIP BIP Einkommen Inflation aggregierte Nachfrage Negativer Zusammenhang zwischen aggregierter Nachfrage und Inflation BIP reales BIP 19 19
Verschiebung auf der aggregierten Nachfragekurve Inflation Eine Verschiebung auf der aggregierten Nachfragekurve entspricht einer Veränderung des realen BIP wegen einer Veränderung der Inflation. aggregierte Nachfrage reales BIP 20 20
Verschiebung der aggregierten Nachfragekurve Inflation Die aggregierte Nachfrage verschiebt sich nach aussen wenn: die Staatsausgaben zunehmen die Steuern abnehmen der Konsum zunimmt die Auslandnachfrage zunimmt neue aggregierte Nachfrage aggregierte Nachfrage reales BIP 21 21
Die Inflations-Anpassungslinie Inflation Die Inflations-Anpassungslinie zeigt das Inflationsniveau zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Linie ist flach, weil die Unternehmen die Preise kurzfristig konstant halten, wenn sich das reale BIP verändert. Inflations-Anpassungslinie potentielles BIP reales BIP 22 22
Wieso halten die Unternehmen die Preise kurzfristig konstant, wenn sich das reale BIP verändert? Die Preiserwartungen bilden sich aufgrund der Preise der Vergangenheit. Bei Lohnverhandlungen wird die vergangene Preisentwicklung berücksichtigt. Viele Preise sind für einen längeren Zeitraum festgelegt. Löhne Mietverträge Preise in gedruckten Katalogen Krankenkassenprämien 23 23
Verschiebung der Inflations-Anpassungslinie Die Inflations-Anpassungslinie kann sich von Jahr zu Jahr verschieben. Die Linie verschiebt sich nach oben, wenn das reale BIP über dem potentiellen BIP liegt. Inflation potentielles BIP Inflations-Anpassungslinie Jahr 2 Inflations-Anpassungslinie Jahr 1 BIP Jahr 1 reales BIP 24 24
Verschiebung der Inflations-Anpassungslinie Die Kurve verschiebt sich nach unten, wenn das reale BIP unter dem potentiellen BIP liegt. Inflation potentielles BIP Inflations-Anpassungslinie Jahr 1 Inflations-Anpassungslinie Jahr 2 BIP Jahr 1 reales BIP 25 25
Weitere Ursachen für Verschiebung der Inflations-Anpassungslinie Die Inflations-Erwartungen verändern sich - Preise und Löhne werden aufgrund der Erwartungen angehoben. Die Preise von importierten Gütern steigen (Erdöl). 26 26
Abweichung vom potentiellen BIP und Veränderung der Inflation (Schweiz 1989-2003) Inflation % 7 6 Inflation fällt, wenn BIP < BIP potenziell Inflation steigt, wenn BIP > BIP potenziell 1991 5 1992 4 1993 1990 3 2 1994 1989 Preisstabilität nach SNB 1996 1995 2001 2000 1 2003 1997 2002 1999 1998 0-3 -2-1 0 1 2 3 4 Abweichung vom potentiellen BIP in % 27 27
Aggregierte Nachfrage und Inflationsanpassungslinie Inflation % potentielles BIP Inflationsanpassungslinie BIP kleiner als potentielles BIP aggregierte Nachfrage BIP 28 28
Aggregierte Nachfrage und Inflationsanpassungslinie Inflation % potentielles BIP BIP grösser als potentielles BIP Inflationsanpassungslinie aggregierte Nachfrage BIP 29 29
Auswirkungen einer Verringerung der Staatsausgaben Inflation % potentielles BIP Inflations-Anpassungslinie BIP 1 BIP 0 aggregierte Nachfrage neue aggregierte Nachfrage BIP 30 30
Auswirkungen einer Verringerung der Staatsausgaben Inflation % potentielles BIP Inflationsanpassungslinie neue Inflationsanpassungslinie aggregierte Nachfrage BIP 1 BIP 2 neue aggregierte Nachfrage BIP 31 31
Inflation % potentielles BIP Inf-An kurzfristig Inf-An mittelfristig Inf-An langfristig agg-n vorher agg-n nachher kurz mittel lang Abweichung BIP pot BIP (CHF) potentielles BIP mittelfristig langfristig potentielles BIP kurzfristig Zeit 32 32
Auswirkungen einer Zunahme der Auslandsnachfrage Inflation % potentielles BIP Inflationsanpassungslinie neue aggregierte Nachfrage aggregierte Nachfrage BIP 0 BIP 1 BIP 33 33
Auswirkungen einer Zunahme der Auslandsnachfrage Inflation % potentielles BIP neue Inflationsanpassungslinie Inflationsanpassungslinie neue aggregierte Nachfrage aggregierte Nachfrage BIP 2 BIP 1 BIP 34 34
Reales Bruttoinlandprodukt (zu Preisen von 2000) Mrd. Fr. 450 400 reales BIP 350 300 250 200 quadratischer Trend 150 100 50 0 48 52 56 60 64 68 72 76 80 84 88 92 96 00 04 35 35
Auslöser von Konjunkturschwankungen Zunahme / Abnahme Exporte BIP Welt (aber was bestimmt BIP Welt???) Wechselkurs Zunahme / Abnahme Investitionen realer Zinssatz Erwartungen (aber was bestimmt Erwartungen???) privater Konsum ( Stimmung, Sparen, Vermögen) Fiskalpolitik (Ausgaben, Steuern) Geldpolitik (vor allem restriktive) Preisschocks (Erdölpreis) Politische, militärische Ereignisse (11/9) 36 36
Auslöser von Konjunkturschwankungen BIP Wendepunkte regelmässige Fluktuationen um Trend stetiges Trendwachstum ohne Schwankungen Fragen: Sind sie Folge externer Schocks oder interner Mechanismen? Welche Kräfte stabilisieren / destabilisieren das System? Beeinflussen die Fluktuationen das Trendwachstum? Was kann/soll die Wirtschaftspolitik tun? Eingreifen? Zeit 37 37
Reaktion auf einmaligen Schock BIP stetiges Wachstum ohne Schwankungen Schock einmaliger Schock mit stetiger Rückkehr zu Trendwachstum Mögliche Ursachen? einmaliger Schock ohne Rückkehr zu Trendwachstum Mögliche Ursachen? Zeit 38 38
Reaktion auf Reihe von Schocks BIP Konjunkturverlauf als Abfolge von Schocks auf ein selbst-stabilisierendes System Schock stetiges Wachstum ohne Schwankungen Schock Schock Schock Zeit 39 39
Stabilisierende Faktoren Faktoren die Wachstum des potentiellen BIP sind zum Teil unabhängig von aktueller Wirtschaftslage: Technischer Fortschritt Bevölkerungswachstum Automatische Stabilisatoren: Arbeitslosenversicherung progressive Einkommenssteuer Flexible Märkte (Preise sinken in Rezession, steigen in Boom) Wechselkurs (tendenziell Aufwertung in Boom) Gute Wirtschaftspolitik (richtige Massnahme, gutes Timing) 40 40
Destabilisierende & prozyklische Faktoren Selbstverstärkende Erwartungen (z.b. pessimistische Investoren, optimistische Konsumenten) Herdeneffekte (Investitionen, Aktien- und Immobilienmärkte) Nur langsamer Abbau von Stockgrössen (z.b. Verschuldung von Staat oder Haushalten) Einkommensmultiplikator Unflexible Märkte (keine Abnahme der Preise bei Überangebot) Schlechte Wirtschaftspolitik (falsche Massnahme, schlechtes Timing) 41 41
Auslöser von Konjunkturschwankungen BIP Wieso kommt es zu Rückkehr zu Trend? stetiges Trendwachstum ohne Schwankungen Schock keine Rückkehr zu Trend sondern Anhalten des Aufschwungs Zeit 42 Bei der technischen Bestimmung der Konjunktur wird die Rueckkehr zum Trend als identifizierende Bedingung genutzt. 42
Konjunktur Ursachen von Konjunkturschwankungen Makroökonomik 4.6. 2007 43
Die Gleichungen hinter dem Kreislaufmodell Y = C + G + I + X M ( 1 ) ( ) C = c t Y M = m C + G + I + X T = ty ( ) ( ) S = I + G T + X M Wie viele Variablen? Wie viele Gleichungen? Welche Variablen sind exogen und welche endogen? 44 44