AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser. Kapitel 4 Das AS-AD- Modell
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1 AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser Kapitel 4 Das AS-AD- Modell Version:
2 4.1 Der Arbeitsmarkt Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bzw. das Arbeitskräftepotenzial, umfasst alle Personen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren, die grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Die Gruppe der Erwerbspersonen setzt sich aus der Gruppe der Erwerbstätigen und der Gruppe der Arbeitslosen zusammen. Jene Personen, die weder arbeiten noch Arbeit suchen, zählen nicht zu den Erwerbspersonen. Als Partizipationsrate (Erwerbsquote) bezeichnet man das Verhältnis von Erwerbspersonen zum Arbeitskräftepotenzial. Die Arbeitslosenquote ist das Verhältnis von Arbeitslosen zu Erwerbspersonen. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 2
3 Die Mengen AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 3
4 Erwerbspersonen in Millionen AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 4
5 Partizipationsrate Prozent AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 5
6 Arbeitslosenquote Die Entwicklung der durchschnittlichen jährlichen Arbeitslosenquote in Deutschland und den USA, In den USA schwankt die Arbeitslosenquote seit 1960 zwischen 3 und 10%. In Deutschland ist die Arbeitslosenquote seit Mitte der 70er Jahre in mehreren Stufen angestiegen. In wirtschaftlichen Schwächephasen (schattiert) nimmt die Arbeitslosigkeit zu. in Prozent der Erwerbspersonen AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 6
7 Die Preise Oft werden Löhne zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern in Tarifverhandlungen ausgehandelt (kollektive Lohnverhandlungen). Kräfte, die die Festsetzung der Löhne beeinflussen: 1. Im Normalfall erhalten Beschäftigte einen Lohn, der über ihrem Reservationslohn liegt. Er entspricht dem Lohnsatz, bei dem der Beschäftigte gerade indifferent ist zwischen den Alternativen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Sein Niveau bestimmt sich aus der Entscheidung des Arbeitnehmers, ob der zusätzliche Konsum durch die Aufnahme einer Beschäftigung die verlorene Freizeit aufwiegt. 2. Die Höhe der Löhne hängt normalerweise von der Lage am Arbeitsmarkt ab. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 7
8 Lohnverhandlungen Die Verhandlungsmacht eines Beschäftigten bei den Lohnverhandlungen hängt ab von: a. Die Verhandlungsmacht steigt mit der Wahrscheinlichkeit, dass der Beschäftigte eine alternative Beschäftigung findet. Eine niedrige Arbeitslosenquote führt zu einer höheren Verhandlungsmacht der Beschäftigten und damit zu einem höheren Lohn. b. Die Verhandlungsmacht steigt mit der Höhe der Kosten, die dem Unternehmen entstehen, wenn es den Arbeitnehmer ersetzen will. Dies ist vor allem bei hoch qualifizierten Arbeitnehmern der Fall. 3. Lohnverträge werden für einen Zeitraum in der Zukunft geschlossen Arbeitnehmer werden daher ihre Erwartungen über das in diesem Zeitraum herrschende Preisniveau einfließen lassen. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 8
9 Löhne, Preise und Arbeitslosigkeit e W = P F( u, z) (, + ) Der aggregierte Nominallohn W hängt von drei Faktoren ab: 1. dem erwarteten Preisniveau P e 2. der Arbeitslosenquote u 3. der Sammelvariablen z, die alle anderen Variablen erfasst, die das Ergebnis der Lohnfestsetzung beeinflussen könnten. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 9
10 Löhne, Preise und Arbeitslosigkeit 1. Wenn das erwartete Preisniveau P e steigt, werden auch die Nominallöhne steigen. 2. Der aggregierte Lohnsatz W hängt auch von der Arbeitslosenquote u ab. Ein Anstieg der Arbeitslosenquote führt zu einem Sinken der Löhne. 3. Eine der in der Sammelvariable z zusammengefassten anderen Variablen, die die Lohnsetzung beeinflussen, ist die Arbeitslosenversicherung die Zahlung von Arbeitslosengeld an Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung verloren haben. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes erhöht den Reservationslohn. In der Folge steigen die Löhne bei gegebner Arbeitslosenquote. Aber auch: gesetzliche Mindestlöhne, verbesserter Kündigungsschutz, AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 10
11 Preise Die Produktionsfunktion beschreibt die Beziehung zwischen den in der Produktion verwendeten Produktionsfaktoren und der produzierten Outputmenge. Angenommen, die Unternehmen produzieren nur mit einem Produktionsfaktor, dem Faktor Arbeit. Dann gilt: Y AN Y = Outputmenge bzw. Produktion N = Beschäftigung A = Arbeitsproduktivität (Produktion pro Arbeiter) = Nehmen wir ferner an, dass ein Beschäftigter genau eine Einheit produziert, so dass A = 1. Unter dieser Annahme können wir die Produktionsfunktion weiter vereinfachen: Y = N Grenzprodukt des Faktors Arbeit = A = const. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 11
12 Preise Die Unternehmen legen ihre Preise gemäß der folgenden Funktion fest: P = (1 + μ) W μ stellt einen Aufschlag (Mark-up) auf die Kosten dar, der die Marktmacht der Unternehmen repräsentiert. Würde auf den Gütermärkten vollkommener Wettbewerb herrschen, dann wäre μ = 0 und der Preis entspräche dem Lohnsatz (P = W). Vergleiche mit den Erkenntnissen aus der Mikroökonomie, wonach Preis = Grenzkosten unter vollkommenen Wettbewerb (und damit der Gewinn = 0) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 12
13 Natürliche Arbeitslosenquote Nun wird analysiert, welche Konsequenzen sich aus Lohn- und Preissetzung für die Arbeitslosenquote ergeben. Wir nehmen an, dass das tatsächliche Preisniveau dem erwarteten Preisniveau entspricht, so dass P e = P. Unter dieser zusätzlichen Annahme determinieren die Lohn- und die Preissetzung die natürliche (gleichgewichtige) Arbeitslosenquote. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 13
14 Lohnsetzungsgleichung Der Nominallohn W wird durch folgende Gleichung bestimmt: W e = P F( u, z) (, + ) Unter der Annahme, dass P e = P, gilt: W = PF( u, z) Dividieren wir beide Seiten durch das tatsächliche Preisniveau P, so erhalten wir: W Fuz (, ) P = (, + ) Lohnsetzungsgleichung AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 14
15 Preissetzungsgleichung Die Preissetzungsgleichung lautet: P = (1 + μ) W Dividieren wir beide Seiten dieser Gleichung durch den Nominallohn W, so erhalten wir: P W = (1 + μ) Bilden wir auf beiden Seiten den Kehrwert, dann ergibt sich der Reallohn, der durch das Preissetzungsverhalten impliziert wird: W P = 1 (1 + μ) Preissetzungsgleichung AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 15
16 Grafische Darstellung Lohnsetzungsgleichung und Preissetzungsgleichung Der im Rahmen der Lohnsetzung gewählte Reallohn ist eine fallende Funktion der Arbeitslosenquote ( Arbeitsangebotsfunktion). Der durch die Preissetzung implizierte Reallohn ist konstant und unabhängig von der Arbeitslosenquote ( Arbeitsnachfragefunktion). W P 1 Preissetzungsgleichung 1+ μ PS WS Lohnsetzungsgleichung u AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 16
17 Mittelfristiges Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt Lohnsetzungsgleichung, Preissetzungsgleichung und natürliche Arbeitslosenquote Die natürliche (gleichgewichtige) Arbeitslosenquote u n ist die Arbeitslosenquote, die sich ergibt, wenn der im Rahmen der Lohnsetzung gewählte Reallohn dem durch die Preissetzung implizierten Reallohn entspricht. W P 1 A Preissetzungsgleichung 1+ μ PS u n WS Lohnsetzungsgleichung u AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 17
18 Mittelfristiges Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt Wir können die gleichgewichtige Arbeitslosenquote u n auch algebraisch darstellen. Wenn wir die Lohnsetzungsgleichung und die Preissetzungsgleichung gleich setzen, dann ergibt sich: 1 Fu ( n, z) = 1 + μ W P 1 A Preissetzungsgleichung 1+ μ PS WS Lohnsetzungsgleichung u n u AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 18
19 Arbeitsmarktinstitutionen z und die natürliche Arbeitslosenquote Die Auswirkungen einer Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung auf die Höhe der natürlichen Arbeitslosenquote W P Eine Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung (ein Anstieg von z) führt zu einem Anstieg der natürlichen Arbeitslosenquote μ A A PS WS (z > z) WS(z) u n u n u AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 19
20 Der Gewinnaufschlag μ und die natürliche Arbeitslosenquote Unternehmerischer Gewinnaufschlag und natürliche Arbeitslosenquote W P Eine Erhöhung des Gewinnaufschlages senkt den Reallohn und führt zu einer Erhöhung der natürlichen Arbeitslosenquote 1 1+μ 1 1+μ A A WS μ PS ( ) PS ( μ > μ ) u n u n u AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 20
21 Strukturelle Arbeitslosenquote Beispiele wie die Höhe des Arbeitslosengeldes oder die Wettbewerbsgesetzgebung können sicherlich nicht als naturgegeben bezeichnet werden. Sie charakterisieren die Struktur einer Volkswirtschaft. Aus diesem Grund wäre es passender, die natürliche Arbeitslosenquote als strukturelle Arbeitslosenquote zu bezeichnen. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 21
22 Von der Arbeitslosigkeit zur Beschäftigung Mit der natürlichen Arbeitslosenquote ist ein natürliches Beschäftigungsniveau verknüpft. u U L N N = = = 1 L L L Die Beschäftigung in Abhängigkeit von der Erwerbsbevölkerung und der Arbeitslosenquote entspricht: N = L(1 u) Das natürliche Beschäftigungsniveau N n wird dann durch folgenden Ausdruck beschrieben: N = L(1 u ) n n AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 22
23 Von der Beschäftigung zur Produktion Dem natürlichen Beschäftigungsniveau entspricht ein natürliches Produktionsniveau (auch Produktionspotenzial). Gegeben die Produktionsfunktion Y=N, lautet das natürliche Produktionsniveau: Y = N = L(1 u ) n n n Wenn wir die gleichgewichtige Arbeitslosenquote und den gerade abgeleiteten Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote, Beschäftigung und Produktion verknüpfen, dann erhalten wir die folgende Gleichung, durch die das natürliche Produktionsniveau definiert ist. F Y n 1, z = L 1 1+ μ AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 23
24 Natürliche Arbeitslosenquote und Produktionspotenzial in Deutschland in 1000 Mrd. in Prozent AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 24
25 Natürliche Arbeitslosenquote und Produktionspotenzial in den USA in 1000 Mrd. $ in Prozent AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 25
26 Zusammenfassung Arbeitsmarkt Der Reallohn ist eine abnehmende Funktion der Arbeitslosenquote. Auch die Preissetzung impliziert einen bestimmten Reallohn: Dieser ist bei konstantem Grenzprodukt der Arbeit konstant. Ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt stellt sich dann ein, wenn der Reallohn, der im Rahmen der Lohnsetzung festgelegt wird, dem Reallohn entspricht, der durch die Preissetzung impliziert wird. Die gleichgewichtige Arbeitslosenquote bezeichnet man als natürliche Arbeitslosenquote. Der natürlichen Arbeitslosenquote entspricht ein natürliches Beschäftigungsniveau und ein natürliches Produktionsniveau. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 26
27 Zusammenfassung Arbeitsmarkt u n N n Y n Arbeitsmarktinstitutionen verbessern sich zugunsten der Arbeitnehmer (Verhandlungsmacht nimmt zu, Reservationslohn steigt) Gütermarktwettbewerb nimmt ab (Gewinnaufschlag μ steigt) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 27
28 4.2 Das aggregierte Angebot Das aggregierte Angebot stellt dar, wie sich Änderungen der Produktion auf das Preisniveau auswirken. Entscheidend ist hierbei die Anpassung von Löhnen und Preisen im Zeitablauf. Die Gleichungen zur Lohnsetzung und zur Preissetzung dienen als Ausgangspunkt: W = e P F( u, z) P = (1 + μ) W AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 28
29 Bestimmung des aggregierten Angebots Schritt 1: Eliminierung des Nominallohns W aus e W = P F( u, z) und P = (1 +μ) W e P = P (1 +μ) F( u, z) Die Gleichung besagt, dass das Preisniveau P von den Preiserwartungen P e, von der Arbeitslosenquote u, vom Gewinnaufschlag μ und von der Sammelvariable z abhängt. Zunächst wollen wir annehmen, dass μ und z konstant sind. P kann sich also nur verändern, wenn sich P e oder u verändern. Zur Erinnerung: Wenn P e = P, erhalten wir einen Ausdruck für die natürliche / sturkturelle Arbeitslosenquote / Beschäftigung / Produktion gilt mittel- bis langfristig, nicht aber in der kurzen Frist AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 29
30 Bestimmung des aggregierten Angebots Schritt 2: Wir drücken die Arbeitslosenquote in Einheiten der Produktion aus: u U L N N Y = = = 1 = 1 L L L L Bei gegebener Erwerbsbevölkerung ist die Arbeitslosenquote um so niedriger, je höher die Produktion ist. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 30
31 Bestimmung des aggregierten Angebots Schritt 3: Einsetzen der Arbeitslosenquote in die Gleichung aus Schritt 1 ergibt die aggregierte Angebotsfunktion, kurz: AS-Funktion: e Y P = P (1 + μ) F 1, z L Das Preisniveau P hängt offensichtlich positiv von den Preiserwartungen P e und positiv (1-Y/L = u und F (u)<0) vom Produktionsniveau Y ab (natürlich spielen auch µ, z und L eine Rolle, diese Größen sind aber kurz- und mittelfristig konstant; so dass man sie zunächst vernachlässigen kann). AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 31
32 Eigenschaften der AS-Funktion Die AS-Funktion hat zwei wichtige Eigenschaften: 1. Eine Zunahme der Produktion führt zu einem Anstieg des Preisniveaus. Zu diesem Ergebnis gelangen wir in vier Schritten: i. Y N ii. N u iii. iv. e Y P = P (1 + μ) F 1, z L u W W P AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 32
33 Eigenschaften der AS-Funktion e Y P = P (1 + μ) F 1, z L Die AS-Funktion hat zwei wichtige Eigenschaften: 2. Wird ein höheres Preisniveau erwartet, dann passt sich auch das tatsächliche Preisniveau im Verhältnis 1:1 an. Zu diesem Ergebnis führen zwei Schritte: e i. P W ii. W P AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 33
34 Grafische Darstellung Die aggregierte Angebotskurve Bei gegebenen Preiserwartungen lässt eine höhere Produktion das Preisniveau steigen. Entspricht die tatsächliche Produktion ihrem natürlichen Niveau (Punkt A), dann sind Preisniveau und Preiserwartungen gleich. Preisniveau, P P=P e A Y= Y n Produktion, Y AS (P e ) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 34
35 Eigenschaften der AS-Kurve 1. Die AS-Kurve hat eine positive Steigung. Eine Zunahme der Produktion führt zu einem Anstieg des Preisniveaus. 2. Die AS-Kurve verläuft durch Punkt A, in dem gilt: Y = Y n und P = P e. Diese Eigenschaft hat zwei Implikationen: 1. Wenn Y > Y n, dann P > P e. 2. Wenn Y < Y n, dann P < P e. 3. Höhere Preiserwartungen P e verschieben die AS- Kurve nach oben. Eine Reduktion von P e verschiebt die AS-Kurve nach unten. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 35
36 Eigenschaften der AS-Kurve Verschiebung der AS-Kurve bei gestiegenen Preiserwartungen Ein Anstieg der Preiserwartungen verschiebt die AS- Kurve nach oben. Preisniveau, P P e A P e A AS (P e > P e ) AS (P e ) Y n Produktion, Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 36
37 4.3 Die aggregierte Nachfrage Die aggregierte Nachfrage erfasst, wie sich Änderungen des Preisniveaus auf die Produktion auswirken. Sie leitet sich aus den Gleichgewichtsbedingungen für Güter-, Geld- und Finanzmärkte ab. Beginnen wir mit den Gleichungen, die das simultane Gleichgewicht im IS-LM-Modell beschreiben: Gütermarkt IS: Y = C( Y T ) + I( Y, i) + G M Geldmarkt LM: = YL( i) P AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 37
38 Die aggregierte Nachfrage Die Ableitung der aggregierten Nachfragekurve. Zinssatz, i i i A A LM (P > P) LM (P) IS Ein Anstieg des Preisniveaus lässt die Produktion zurückgehen. M P i Nachfrage Y P Preisniveau, P P P A Ein Anstieg von P um 10% hat denselben Effekt auf die reale Geldmenge wie ein Rückgang von M um 10% A AD Y Y Produktion, Y Y Y Produktion, Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 38
39 Die aggregierte Nachfrage M Y = Y, GT, P ( +, +, ) Die Produktion Y hängt von der realen Geldmenge (M/P) und den Staatsausgaben (G) positiv und von den Steuern (T) negativ ab. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 39
40 Die aggregierte Nachfrage Verschiebungen der aggregierten Nachfragekurve. P Anstieg der Staatsausgaben Ein Anstieg der Staatsausgaben verschiebt die AD-Kurve nach rechts. Eine Reduktion der nominalen Geldmenge verschiebt die AD-Kurve nach links. P Reduktion der nominalen Geldmenge AD AD AD M Y = Y, GT, P ( +, +, ) Y Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 40
41 4.4 Gleichgewicht in der kurzen und mittleren Frist e Y AS-Funktion: P = P (1 + μ) F 1, z L M AD-Funktion: Y = Y, G, T P Bei gegebenen Preiserwartungen P e (kurze Frist) und gegebenen Werten der Geld- und Fiskalpolitik M, G und T, bestimmen diese beiden Funktionen die Produktion Y und das Preisniveau P im gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 41
42 Gleichgewicht in der kurzen Frist Das kurzfristige gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht: P e gegeben Das kurzfristige gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht entspricht dem Schnittpunkt von AD- und AS-Kurve. In diesem Gleichgewicht sind alle betrachteten Märkte (Gütermarkt: IS, Geld- und Finanzmarkt: LM, Arbeitsmarkt: AS) im Gleichgewicht. Preisniveau, P P P e B Y n AS(P e ) A Gleichgewicht AD(M,G,T) Y Produktion, Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 42
43 Gleichgewicht in der kurzen Frist In der kurzen Frist kann Y von Y n abweichen. Punkt A repräsentiert ein Gleichgewicht, da er bei gegebenen P e und gegebenen M, G und T sowohl auf der AD- als auch auf der AS-Kurve liegt. Da das Preisniveau höher ist als die Erwartungen, werden die Privaten ihre Erwartungen solange nach oben anpassen, bis die Erwartungen dem tatsächlichen Preisniveau entsprechen. Übergang zur mittleren Frist AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 43
44 Übergang von der kurzen Frist zur mittleren Frist Ausgangspunkt: Punkt A, hier gilt Die an der Lohnsetzung beteiligten werden ihre Erwartungen des künftigen Preisniveaus nach oben revidieren. Die AS-Kurve verschiebt sich nach oben. Erwartungen eines höheren Preisniveaus führen auch zu einem höheren Nominallohn, der wiederum zu einem höheren Preisniveau führt. Das höhere Preisniveau impliziert eine Reduktion der realen Geldmenge: i und Y Y > Y P > P Preisniveau, P P t+1 P e t+1 = P t P e t = P t-1 n B Y n B A e A Y t+1 Y t AS t+1 (P e t+1 ) AS t (P e t ) AD t Produktion, Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 44
45 Übergang von der kurzen Frist zur mittleren Frist Der Anpassungsprozess endet, wenn AS AS e Y = Yn und P = P. (P e = P n ) AS Die an der Lohnsetzung beteiligten haben keinen Grund mehr, ihre Erwartungen zu ändern. P t+n A A In der mittleren Frist kehrt die Produktion zu ihrem natürlichen Niveau zurück. P t+1 P t A Preisniveau, P (P e = P t ) (P e = P t-1 ) AD Y n Y t+1 Y t Produktion, Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 45
46 Übergang von der kurzen Frist zur mittleren Frist Anpassung der Produktion im Zeitverlauf Liegt die Produktion über ihrem natürlichen Niveau, kommt es zu Verschiebungen der AS- Kurve nach oben, bis das natürliche Produktionsniveau erreicht ist. P t+n A ( ) : kurzfristiges GG (Y Y n ) bei gegebenen P e ( P) und gegebenen M, G und T A : langfristiges GG (Y = Y n ) bei gegebenen P e (= P t+n ) und gegebenen M, G und T AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 46
47 4.5 Anwendungen des AS-AD-Modells Expansive Geldpolitik Restriktive Fiskalpolitik AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 47
48 4.5.1 Expansive Geldpolitik M AD-Kurve: Y = Y, GT, P Bei gegebenem Preisniveau P lässt die Erhöhung der nominalen Geldmenge M die reale Geldmenge, M/P, ansteigen. Dies stimuliert die Produktion. Die aggregierte Nachfrage verschiebt sich dauerhaft nach rechts, von AD nach AD. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 48
49 Anpassungsprozess Der Anstieg der nominalen Geldmenge verschiebt die AD-Kurve nach rechts. In der kurzen Frist steigt sowohl die Produktion als auch das Preisniveau. Der Unterschied zwischen Y t und Y n setzt den Anpassungsprozeß der Preiserwartungen in Gang. P P e t = P t-1 P t A Y n A AD (t-1) Y t AS (t) (P e t = P t-1 ) AD' (t) Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 49
50 Dynamische Effekte einer expansiven Geldpolitik In der mittleren Frist verschiebt sich AS nach AS und die Wirtschaft kehrt zum Gleichgewicht bei Y n zurück. Der Anstieg der Preise ist proportional zum Anstieg des nominalen Geldbestandes, d.h. mittelfristig bleibt die reale Geldmenge konstant. Preisniveau, P P t+n P t P t-1 A A Y n Y t AS (P e t = P t+n ) AS (P e t = P t-1 ) A AD AD Produktion, Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 50
51 Anpassungsprozess Dynamische Effekte einer expansiven Geldpolitik. Eine expansive Geldpolitik führt kurzfristig zu Produktionssteigerungen. Auf mittlere Frist steigen lediglich die Preise. (P e = P ) (P e = P) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 51
52 Hinter den Kulissen Die Auswirkungen einer Geldmengenerhöhung von M auf M : Die LM-Kurve verschiebt sich von LM nach LM, die AD-Kurve von AD nach AD. Durch den Anstieg der Preise von P auf P sinkt die reale Geldmenge von M /P wieder ein wenig auf M /P : Die LM-Kurve verschiebt sich wieder nach oben von LM nach LM. Die Auswirkungen der Erhöhung der nominalen Geldmenge werden so zum Teil aufgehoben. Neues Gleichgewicht in der kurzen Frist: Punkt A (M/P) = LM (M /P ) (M /P ) (M /P) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 52
53 Neutralität des Geldes Im Laufe der Zeit steigt das Preisniveau; die Auswirkungen der expansiven Geldpolitik auf Produktion und Zinssatz klingen ab. Die Neutralität des Geldes bezieht sich auf den Umstand, dass ein Anstieg der nominalen Geldmenge in der mittleren Frist keine Auswirkungen auf das Produktionsniveau oder den Zinssatz hat. Der Anstieg der nominalen Geldmenge wird komplett durch einen Anstieg des Preisniveaus absorbiert. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 53
54 4.5.2 Restriktive Fiskalpolitik Restriktive Fiskalpolitik im AS-AD-Modell Eine Senkung des Budgetdefizits führt zunächst zu einem Rückgang der Produktion. Im Zeitverlauf kehrt die Produktion auf ihr natürliches Niveau zurück. Preisniveau, P P P P A A A AS AS AD (für G) AD (für G <G) Y Y n Produktion, Y AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 54
55 Restriktive Fiskalpolitik Wie im Falle der Geldpolitik ist auch der Einsatz fiskalpolitischer Maßnahmen, die die gesamtwirtschaftliche Nachfrage von der natürlichen Produktion abweichen lassen, nur kurzfristig wirksam (d.h. solange die Privaten ihre Preiserwartungen nicht anpassen). Mittelfristig kehrt die Produktion auf ihr natürliches Niveau zurück, und die Preise spielen sich auf einem neuen Niveau ein. Im Gegensatz zu geldpolitischen Maßnahmen hat die Fiskalpolitik jedoch einen dauerhaften Effekt auf das Zinsniveau AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 55
56 Abbau des Budgetdefizits, Produktion und Zinssatz Durch den Produktionsrückgang sinkt das Preisniveau und damit steigt die reale Geldmenge. Die LM- Kurve verschiebt sich nach LM. Sowohl die Produktion, als auch der Zinssatz sind niedriger als zuvor. (M/P) (M/P ) (M/P ) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 56
57 Abbau des Budgetdefizits, Produktion und Zinssatz Die LM-Kurve verschiebt sich solange weiter nach unten, bis die Produktion ihr natürliches Niveau erreicht hat. Der Zinssatz ist geringer als vor dem Abbau des Budgetdefizits. (M/P) (M/P ) (M/P ) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 57
58 Abbau des Budgetdefizits, Produktion und Zinssatz Dynamische Effekt eines Abbaus des Budgetdefizits In der kurzen Frist kommt es zu einer Verringerung der Produktion und zu einem Sinken des Zinssatzes. In der mittleren Frist kehrt die Produktion auf ihr natürliches Niveau zurück. Der Zins ist mittelfristig gefallen. (M/P) (M/P ) (M/P ) AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 58
59 Abbau des Budgetdefizits, Produktion und Zinssatz Die Zusammensetzung der Produktion hat sich durch den Abbau des Budgetdefizits verändert. IS-Beziehung: Y = C( Y T ) + I( Y, i ') + G ' n n n Einkommen und Steuern sind unverändert, folglich ist der Konsum der gleiche wie zuvor. Die Staatsausgaben wurden reduziert, also müssen die Investitionen zugenommen haben. Die Zunahme entspricht exakt der Abnahme von G auf G. Ein Abbau des Budgetdefizits führt in der mittleren Frist zu einem Rückgang des Zinsniveaus von i auf i und zu einem Anstieg der Investitionen. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 59
60 Abbau des Budgetdefizits, Produktion und Zinssatz Kurzfristig kann es durch die Haushaltskonsolidierung jedoch zu einem Rückgang der Investitionen kommen: IS-Beziehung: Y ' = C( Y ' T ) + I( Y ', i ') + G ' Das Einkommen sinkt auf Y. Der Einkommensrückgang ist aufgrund des Multiplikator-Effekts stärker als der Rückgang der Staatsausgaben. Die Reaktion der Investitionen ist zunächst unklar. Während der Nachfragerückgang die Investitionen dämpft, wirkt die Zinssenkung stimulierend auf die Investitionen. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 60
61 4.6 Zusammenfassung Kurz- und mittelfristige Effekte einer expansiven Geldpolitik, einer Verringerung des Budgetdefizits und eines Ölpreisanstiegs auf Produktion, Zinssatz und Preisniveau. Expansive Geldpolitik Abbau des Budgetdefizits Kurze Frist Zinssatz Preisniveau Produktion Preisniveau Keine Änderung Mittlere Frist Zinssatz Keine Änderung Keine Änderung Produktion AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 61
62 Schocks und Übertragungsmechanismen Produktionsschwankungen (häufig als Konjunkturzyklen bezeichnet) sind Schwankungen des Produktionswachstums um ein Trendwachstum. Die Volkswirtschaft wird in unregelmäßigen Abständen von Schocks des aggregierten Angebots, der aggregierten Nachfrage oder beidem, getroffen. Jeder Schock hat dynamische Auswirkungen auf die Produktion und auf die einzelnen Komponenten der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Diese dynamischen Auswirkungen werden als Übertragungs-(Transmissions-)mechanismen eines Schocks bezeichnet. AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 62
63 Konjunkturzyklen in Deutschland in Prozent in 1000 Mrd. in Prozent AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 63
64 Konjunkturzyklen in den USA in Prozent in 1000 Mrd. $ in Prozent AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 64
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