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Mit diesen Reaktionen auf meinen Tweet habe ich nicht gerechnet! #MannfuereinenTag Freitagmittag. Soeben hat meine Mittagspause begonnen, ich checke Twitter, sehe dass der Hashtag #MannfüreinenTag trendet und rotze mal eben einen sarkastischen Tweet ins Netz. Das war der Tweet: Einmal als krasser Hengst statt als Schlampe gelten, weil man im Leben mehr als einen Sexualpartner hatte #MannfuereinenTag FrauMaja [Pöbelkanzlerin] #Evil (@FrauMaja) August 18, 2017 Warum wird ein Tweet, über den man lange nachgedacht hat, kaum retweetet und so ein Schnellschuss sehr oft? Man weiß es nicht.

Natürlich waren einige Männer empört Während viele Frauen ihn zustimmend retweeten und kommentieren bleiben die Reaktionen von empörten Männern auch nicht aus. Die reichen von Aber Männer mit viel Sex werden auch blöd angesehen bis hin zu DICH WILL DOCH EH NIEMAND FICKEN! Letzteres hört Frau ja eigentlich bei jeder feministischen Diskussion, das ist jetzt nicht wirklich kreativ. Mein Favorit ist die Antwort mit der Sperrmüllfotze. Ob dieser kreativen Wortschöpfung bin ich wirklich tief beeindruckt. Ich war ja etwas erstaunt ob der Typen, die sich von dem Tweet angepisst fühlten. Hab ich irgendwo erwähnt, dass es nur Männer sind, die Frauen Schlampe nennen? Tatsächlich kriege ich solches Gerede nämlich eher von Frauen mit, die sich über ihre Geschlechtsgenossinnen auslassen. Manchmal sind sich Frauen leider selbst die größten Feindinnen. Aber alle Reaktionen zeigen mir eines: Wir leben im Jahr 2018. Es wird allen Orten über Sex geredet. Nackte Haut ist allgegenwärtig. Im Kino wird bei 50 Shades of Grey gezeigt, wie SM-Beziehungen nicht laufen sollten. Es gibt massenweise Artikel und Berichte über polyamore Lebensmodelle. Alles

scheint möglich. Alles scheint offen. Aber all das ist nur auf dem ersten Blick richtig. In Wirklichkeit ist Sex offenbar immer noch etwas, was hinter vorgehaltener Hand passiert. Sex ist immer noch ein Machtinstrument und Sex gilt immer noch als anstößig. Immer noch gelten Frauen (Oder Menschen im Allgemeinen?), die Sex mit verschiedenen Personen haben als verbraucht und schmutzig. Noch immer herrscht da unfassbar viel Prüderie. Einfach mit anderen Menschen Spaß haben? Mit anderen Menschen Beziehungen eingehen, ob nun rein körperlich oder nicht? Ohne, dass einem jemand reinredet? Schwierig. Dabei ist bei Beziehungen doch vor allem eines wichtig: Ehrlichkeit. Klar, beim Sex macht man sich verletzlich, man gibt viel von sich Preis. Und wenn man in einer Partnerschaft und mit anderen Menschen schläft, ohne das mit dem Partner abzusprechen, dann ist schnell einer verletzt. Ebenso, wenn man miteinander schläft und sich ein Partner Hoffnungen auf mehr macht. Insofern ist mein Kredo vor allem eines: Habt miteinander Spaß, aber seid auch ehrlich zueinander. Sprecht miteinander! Darüber, was ihr euch erwartet, was euch wichtig ist, worauf ihr steht. Dann kann man so viel entspannter an die Sache rangehen! Oh, und wo wir schon dabei sind: Sich beim Sex zu schützen ist auch eine prima Idee, dann schwerwiegende Krankheiten braucht niemand.

Was mich an den Reaktionen auf meinen Tweet auch ziemlich amüsiert hat, war die Tatsache, dass viele für gegeben hielten, dass ich mich offenbar nach Lust und Laune durch die Gegend vögele, obwohl ich nichts darüber gesagt hatte. Aber da muss ich sagen: Wenn euer Gehirn euch da so tolle Fantasien beschert, dann will ich euch mal in dem Glauben lassen. Mein damaliger Freund fand das übrigens auch ziemlich witzig. Soviel zur Geschichte eines Tweets, der mich einiges über Prüderie gelehrt hat, und über die Reaktionen, die er auslöste, zum Teil sehr zum Lachen brachte. Artikelbild: Screenshot twitter.com, der Artikel erschien zuerst in der Volksverpetzer-Kolumne auf Mimikama Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen oder Artikelwünsche? Dann schreib uns auf redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter

5 Sätze, die Menschen mit ADHS nicht mehr hören können Unsere Autorin Maja wurde vor einigen Monaten mit ADHS diagnostiziert und hat seitdem viele Vorurteile gehört. ADHS, die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ist eine Störung des Gehirnstoffwechsels. Reize werden anders verarbeitet als bei anderen Menschen. Das bedeutet, dass Sinneseindrücke weniger gut gefiltert werden können und Menschen mit ADHS größere Probleme haben, strukturiert zu denken und Aufgaben zu priorisieren. Deshalb lassen sie sich schnell ablenken, wenn etwas Interessantes in der Nähe passiert. Auch die Impulskontrolle ist gestört. Daher rührt unter anderem das berühmte Zappeln. Und obwohl ADHS heute als Modediagnose verschrien ist, gibt es viele Vorurteile und falsche Informationen. 1. Ach komm, das haben doch nur kleine Jungs! Nein, das stimmt nicht. ADHS hat man oder eben frau sein ganzes Leben lang. Aber viele Menschen finden als Erwachsene Wege, damit umzugehen. Außerdem können Erwachsene viel besser

einschätzen, welches Verhalten angebracht ist und welches nicht und kontrollieren sich deshalb besser. Bei Mädchen ist ADS also die Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität häufiger. Sie gelten dann als sehr verträumt und lassen sich schnell ablenken von dem sprichwörtlichen Eichhörnchen vor dem Fenster. Das fällt nicht so schnell auf wie ein dauer-zappeliges und kribbeliges Kind. Die Probleme bleiben die gleichen, aber oft werden Frauen dann erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Bis zur Diagnose machen viele einen Leidensweg durch, weil sie an vielen Stellen nicht ganz reinpassen, Dinge nicht zu Ende bringen und deshalb beispielsweise beruflich hinter ihren Möglichkeiten zurück bleiben, manchmal Süchte entwickeln und vieles mehr. Dann ist es eine ungeheure Erleichterung, mit der Diagnose zu wissen, dass man nicht einfach nur eine komplette Versagerin ist, sondern dass es eine Ursache hat und man daran arbeiten kann. 2. Das kommt doch nur von den Handys! Na wenn das mal so einfach wäre! Wobei die ständige Flut an Informationen, die einem heute aus den sozialen Netzwerken entgegen strömt, für Menschen mit einer gestörten Reizverarbeitung natürlich nicht grade eine positive Wirkung hat. So viele Eindrücke, so viele Informationen, so viel Raum, um sich ablenken zu lassen! Dabei sind Netzwerke wie Twitter auch ein idealer Mülleimer für das Gedankenchaos, das Menschen mit ADHS ständig im Kopf haben. Twitter auf, Gedanke rein, Twitter wieder zu. Auch eine Kompensationsmethode. Aber nein, man kriegt von den Handys kein ADHS. Man hat es

oder man hat es nicht. Es begünstigt höchstens die Symptome. 3. Ja, also ich kann mich auch manchmal nicht konzentrieren! Diesen Satz hat die Autorin sogar von ihrem Hausarzt gehört, als sie mit der Bitte um eine Überweisung zum Experten in seine Praxis kam. Ja, natürlich hat jeder mal einen schlechten Tag und kann sich dann nicht konzentrieren. Aber es ist ein klitzekleiner Unterschied, ob man mal einen schlechten Tag hat, oder jeden einzelnen Tag damit lebt. Stell dir einfach mal eine vierspurige Autobahn vor, auf der viele Autos mit Höchstgeschwindigkeit fahren. Und jetzt stell dir vor, du stehst auf der Fahrbahn im Gegenverkehr und die entgegenkommenden Autos, denen du ausweichen musst, sind deine Gedanken. Dann hast du eine kleine Idee, wie es im Kopf eines Menschen mit ADHS aussieht. Das ist Stress pur. Jeden Tag. 4. Mach doch einfach mal Sport oder geh in den Wald! Wald statt Ritalin! Wenn du mal einen Menschen mit ADHS richtig verärgern willst, dann postest du dieses Bild. Sport kann Menschen mit ADHS helfen, weil man sich auspowert und die körperliche Anspannung, die durch das alltägliche

Gedankenchaos entsteht, abgebaut wird. Und so ein Waldspaziergang ist natürlich beruhigend, weil man dann nicht die ganzen Sinneseindrücke einer Stadt hat, die auf einen einströmen und die man nicht filtern kann. Aber: Beides heilt ADHS nicht. Am nächsten Tag ist man auf der Arbeit wieder gestresst und die Stadt ist wieder laut. Deshalb ist dieser Ratschlag einfach nur nervig und frustrierend. 5. Aber nimm bitte keine Medikamente, die stellen dich doch bloß ruhig! Ja, Ritalin. Das ist ein beliebtes Thema, zu dem Menschen mit ADHS ungefragt gesagt bekommen, was sie zu tun haben. Zunächst einmal: Ja, Ritalin ist ein Medikament und zwar kein harmloses. Es fällt nicht umsonst unter die verschreibungspflichtigen Betäubungsmittel und ist vom Aufbau her ähnlich wie ein Amphetamin. Aber wie Amphetamine auch hat es eigentlich eine stimulierende Wirkung und ist zum Ruhigstellen nicht geeignet. Da es sich aber auf den gestörten Hirnstoffwechsel von Menschen mit ADHS auswirkt, sorgt es dafür, dass diese sich besser konzentrieren und strukturierter denken können. Deshalb bringt es sie auch runter, aber ruhig gestellt wie bei einer Betäubung sind sie nicht. Viele Menschen mit ADHS berichten von ihrer ersten Einnahme von Ritalin als ein Aha-Moment in dem die Gedanken plötzlich nicht mehr das komplette Chaos waren und vielen Menschen hilft es sehr dabei, besser im Alltag klarzukommen. Aber es hat auch Nebenwirkungen und nicht jeder verträgt es gleich gut.

Deshalb sollte jeder ADHS Patient gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abwägen, ob das Medikament das Richtige für ihn oder sie ist. Warum ich Feministin bin, obwohl mich das Thema eigentlich nur nervt Ich dachte früher, Frauen würden gleich behandelt werden. Bis ich in die Politik ging. Plötzlich war ich die hysterische Frau, die sich mal

nicht so aufregen soll. Oder das Dummchen, dass doch keine Ahnung vom Leben hat. Oder auch gerne die Frau, die untervögelt ist und deshalb so unzufrieden, dass sie sich erdreistet, eine Meinung zu haben. Es gibt diese Themen, mit denen befasst man sich gern. An denen hängt das Herz. Und für die brennt man. Bei mir ist soziale Gerechtigkeit so ein Thema. Ich hätte mir auch 10 andere politische Themen aussuchen können, von denen ich persönlich auch denke, dass sie sehr wichtig sind, aber bei denen bin ich nicht mit dem Herzen dabei. Und dann gibt es aber auch politische Themen, die mich eigentlich richtig nerven. Die mir Stresspusteln verursachen und einen hohen Blutdruck. Aber mit denen ich mich trotzdem immer wieder befassen muss, weil sie mir immer wieder vor die Füße fallen. Das sind unter anderem feministische Themen. Ich habe mich früher ausdrücklich nicht als Feministin bezeichnet. Inzwischen bezeichne ich mich ausdrücklich als eine. Ich bin in der festen Überzeugung aufgewachsen, dass Männer und Frauen gleich sind. Dass sie gleichberechtigt sind und auf einer Stufe stehen. Und dass Frauen und Männer natürlich auch

die gleichen Chancen haben, das war für mich eigentlich eine völlig logische Schlussfolgerung. Meine Eltern sind überhaupt nicht sonderlich politisch oder feministisch oder emanzipatorisch, aber sie haben nie auf solche Klischees wie man als Mädchen zu sein hat oder wie man als Junge zu sein hat wert gelegt. Ich habe zugegebenerweise als Kind viele typische Mädchendinge gespielt und mochte Lila am liebsten. Aber meine Schwester hatte ihre Matchboxautos und ihren Autoteppich und ihre Rennbahn und es war nie ein Thema, dass das etwas besonderes sei, weil sie ein Mädchen ist. Und es gibt Fotos von meinem kleinen Bruder auf denen er freudestrahlend seine Puppe in einem Puppenkinderwagen durch die Gegend schiebt. Von Genderrollen und Gleichberechtigung Wenn ich heute Texte von feministischen Müttern lese, die stolz darauf sind, dass ihre Kinder sich eben nicht nur genderrollengemäß verhalten, dann muss ich an unsere eigene Kindheit denken und daran, dass solche Dinge für uns auch schon Realität waren, auch wenn meine Mutter das nie als einen Akt des Feminismus angesehen hätte uns diese Freiheiten zu lassen. Die einzige Begebenheit, an die ich mich in Sachen Rollenbilder erinnern kann, und das vor allem, weil sie seit nunmehr fast 30 Jahren immer wieder aufgewärmt wird, ist, dass meine Schwester einmal im Kinderwagen sitzend für einen Jungen gehalten wurde, weil sie so kurze Haare hatte. Das kriegt meine Mama von meiner Oma noch heute aufs Brot geschmiert. Aber ich habe es eigentlich immer als Fakt und gegeben genommen, dass die Geschlechter gleichberechtigt sind. Und dass dies auch allgemeiner gesellschaftlicher Konsens ist. Bis ich anfing mich politisch zu engagieren.

Wenn es um Politik und Meinung und letztendlich auch Macht geht und wenn es nur die Meinungsmacht ist dann wird es schmutzig. Denn wenn es darum geht, meiner Meinung etwas entgegenzusetzen, greifen manche Menschen -meist Männer- nicht zu sachlichen Argumenten. Nein. Plötzlich bin ich die hysterische Frau, die sich mal nicht so aufregen soll. Oder das Dummchen, dass doch keine Ahnung vom Leben hat. Oder auch gerne die Frau, die untervögelt ist und deshalb so unzufrieden, dass sie sich erdreistet, eine Meinung zu haben. Skandal! Wenn es ganz schäbig wird und das wurde es zu den Zeiten, als viele Geflüchtete nach Deutschland kamen und ich für Willkommenskultur argumentiert habe, besonders oft dann wünscht man mir vergewaltigt zu werden. Ernsthaft. Manche Männer wünschen mir, dass mir andere Männer Gewalt antun, nur weil ich anderer Meinung bin als sie. Ist das zu glauben? Auch gerne genommen werden sonstige Unterwerfungsfantasien. Bilder von gefesselten Frauen, die ich geschickt bekam oder Andeutungen, was man gerne höchstselbst mit mir täte es ist einfach nur eklig. Am Ende ist der Mechanismus ein ganz einfacher indem man nicht auf meine Meinung eingeht, sondern mein Geschlecht und meine sexuelle Selbstbestimmung eingeht, nimmt man meiner Meinung die Berechtigung.

Wenn ich in der Rangfolge unter jemandem stehe, ist meine Meinung eben auch nichts, was man ernst nehmen müsste oder mit dem man sich auf einer Sachebene mit Argumenten auseinander setzen müsste. Ich bin ja nur eine dumme, hysterische Frau und deshalb zählt meine Meinung nicht. Somit entzieht man sich jeglicher Diskussion. Für eine politisch aktive Frau gehören Vergewaltigungsdrohungen zum Alltag Frauen, besonders welche mit feministischen und linken Meinungen, erleben so etwas oft. Eigentlich kenne ich wenige politisch aktive Frauen, die sich in diesem Spektrum öffentlich äußern, die noch nie Vergewaltigungsdrohungen oder Unterwerfungsfantasien gelesen haben. Das ist quasi Standard. Darüber hinaus kenne ich sogar einige (linke) Männer, denen sowas auch passiert ist. Viele von uns haben sich daran gewöhnt. Am Anfang ist es noch schockierend, aber wenn dir das zehnte mal jemand wünscht vergewaltigt zu werden, dann seufzt du nur noch. Aber ist es wirklich etwas, mit dem man sich abfinden sollte? Dass es nun mal Leute gibt, die einem wünschen Gewalt zu erfahren? Und diese Mechanismen funktionieren auch auf sehr viel harmloseren Ebenen. Wenn typisch Frau, typisch Mann Witze gemacht werden, wenn wir gefragt werden ob wir unsere Tage haben wenn wir schlecht gelaunt sind, wenn Werbung wieder einmal nackte Frauenkörper als Projektionsfläche benutzen, wenn uns wieder mal jemand die Welt erklären will, weil er uns für unterlegen hält. Wir kennen all das, haben es tausend mal gesehen und gehört.

Wir sind daran gewöhnt. Aber ist es deswegen okay? Nein, ist es natürlich nicht. Meistens bin ich allerdings trotzdem in diesem Gewöhnungs- und Ignoranzmodus. Einfach, weil es leider besser für meinen Blutdruck ist. Und weil mir eben andere Themen mehr am Herzen liegen. Aber alle halbe Jahr fällt mir wieder ein besonders ätzender Fall vor die Füße und mir wird wieder bewusst: Wir haben als Frauen viel erreicht. Aber wir werden trotzdem viel zu oft auf unser Geschlecht reduziert und wegen unseres Geschlechtes objektifiziert.. Feminismus ist weiterhin notwendig und wichtig. Schon allein, weil wir als Frauen andere Themen nicht voran bringen können, wenn uns wegen unseres Geschlechtes die grundsätzliche Kompetenz abgesprochen wird. Und genau deswegen bin ich Feministin.