Referentenentwurf für ein Gesetz zur verbesserten Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz)

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Transkript:

Per E-Mail: IVA4@bmf.bund.de Bundesministerium der Finanzen Herrn MD Dr. Albert Peters Leiter der Steuerabteilung Wilhelmstr. 97 10117 Berlin Aktenzeichen Telefon Telefax E-Mail Datum NP/MD 21-08-119-03/10 - S 11/10 +49 30 27876-520 +49 30 27876-799 deutsch@dstv.de 24.11.2010 Referentenentwurf für ein Gesetz zur verbesserten Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) Sehr geehrter Herr Ministerialdirigent Dr. Peters, wir bedanken uns für die Möglichkeit einer Stellungnahme zum o.g. Artikelgesetz, die wir hiermit gerne wahrnehmen. Allerdings erscheinen uns die Gründe für die kurze Fristsetzung von lediglich fünf Werktagen nicht einsichtig, die eine Rückkoppelung mit der Praxis erheblich erschwert. Zu Artikel 2 allgemein - 371, 378 Abs. 3 AO (Einschränkung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten) Der DStV begrüßt die jüngsten Erfolge bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Dies betrifft vor allem die Vielzahl neuer Auskunftsabkommen, die grenzüberschreitende Fiskal- Straftaten erheblich erschweren und das Aufdeckungsrisiko wesentlich erhöhen. Der Verband zeigt sich ferner erfreut über das Bekenntnis des vorliegenden Entwurfs zum grundsätzlichen Erhalt der strafbefreienden Anzeige und die Tatsache, dass von weitergehenden Vorschlägen Abstand genommen wurde. Dies gilt insbesondere für die Entscheidung, auf einen sog. Strafzuschlag zu verzichten. Anderenfalls wären schwerwiegende Abgrenzungsprobleme zur bloßen Berichtigung nach 153 AO zu verzeichnen

gewesen. Dem liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass trotz der verbesserten Ermittlungsmöglichkeiten das Problem der Steuerhinterziehung leider noch immer ein Massenphänomen darstellt, welches einer sachgerechten Lösung zugeführt werden muss. Dies betrifft keineswegs nur den medientypisch wohlhabenden Anleger in sog. Steueroasen, sondern erfahrungsgemäß breite Bevölkerungsschichten. Wie die Entwurfsbegründung im Allgemeinen Teil herausstellt, sollen mit Hilfe des Rechtsinstituts der strafbefreienden Selbstanzeige auch zukünftig bisher unentdeckt gebliebene Steuerquellen zum Gemeinwohl beitragen. Dabei ist die Finanzverwaltung im Massenverfahren aus personellen und organisatorischen Gründen auf die Kooperation deliktischer Steuerpflichtiger angewiesen. Daher und aus dem Grundsatz des Selbstbelastungsverbots wird die Selbstanzeige von der ganz herrschenden Literatur und der Praxis aus einem rein fiskalisch motivierten Blickwinkel gesehen - eine von vielen Seiten kritisierte Ausnahme bildete dabei eine jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.5.2010, nach einem internen Wechsel der Zuständigkeiten der Senate. Ohne die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige hätten viele Täter nur die Wahl, entweder ihr Handeln fortzusetzen oder sich mit der Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung selbst einer oder mehrerer Straftaten zu überführen. Aus der jüngst vermehrten Inanspruchnahme der Selbstanzeige indes auf Ihre Reformbedürftigkeit zu schließen, ist aus unserer Sicht keineswegs zwingend. Vielmehr könnte im Gegenteil ebenso auf deren Wirksamkeit im Kampf gegen die Steuerhinterziehung geschlossen werden. Angesichts der Masse an jüngsten Strafverfahren wären die Finanz- und Strafbehörden nicht in der Lage gewesen, diese bei herkömmlicher Ermittlungsarbeit und etwaiger unkooperativer Haltung der Steuerpflichtigen - aus Angst vor der zu erwartenden Strafe - zu bearbeiten. Einen einfacheren Weg für den Fiskus, als mit der Selbstanzeige an verborgene Steuerquellen zu gelangen, existiert nicht. Ferner kann die Aussage, die Selbstanzeige würde als Teil einer Hinterziehungsstrategie missbraucht, empirisch nicht belegt werden. Vielmehr dürfte das erheblich gestiegene Entdeckungsrisiko viele Straftäter in hohem Maße überrascht haben, wodurch die Selbstanzeige überdurchschnittlich im Fokus stand. Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass es in der jüngeren Vergangenheit gerade staatliche Stellen waren, die im Zusammenhang mit den Aufkäufen von ausländischen Datenträgern offensiv und medienwirksam zur zeitnahen Selbstanzeige aufforderten. Damit ist festzustellen, dass die strafbefreiende Selbstanzeige nicht den Kampf gegen die Steuerhinterziehung konterkariert, sondern selbigen unterstützt. Unter diese Prämisse sollten 2

sämtliche Reformbemühungen gestellt werden, um dem über 100 Jahre austarierten Rechtsinstitut nicht seine Wirksamkeit zu nehmen. Zu Nr. 1) a) strafbefreiende Wirkung nur bei vollständiger Nachholung aller Angaben Mit der Streichung des Wortes insoweit und der ausdrücklichen Anfügung der Nr. 3 in den Ausschlussgründen in Absatz 2 des 371 AO soll die Selbstanzeige nur noch dann strafbefreiende Wirkung entfalten, wenn die hinterzogenen Steuern aller nicht-verjährten Zeiträume offenbart werden. Damit findet ein Paradigmenwechsel statt - weg von einer fiskalischen Sicht - hin zu einer Beurteilung über die Würdigkeit des Straferlasses beim Betroffenen. Eine bisher, unstreitig mögliche, Teilselbstanzeige soll hiermit künftig keine strafbefreiende Wirkung mehr entfalten. Der Gesetzesentwurf übernimmt damit die jüngste Doktrin der vollständigen Kehrtwendung des Bundesgerichtshofs, nach der der Täter neuerdings zur Erlangung der Straffreiheit vollständig reinen Tisch machen müsse. In diesem Zusammenhang möchten wir auf einige kritische Punkte aufmerksam machen. Mit der Einbeziehung aller strafrechtlich nicht-verjährten Veranlagungszeiträume sowie Steuerarten steigt in einem ganz erheblichen Maße das Risiko einer - unabsichtlich - fehlerhaften Selbstanzeige. Im einfachen Fall eines verborgenen Auslandskontos ohne weitere Aktivitäten mag dies im Hinblick auf die nicht deklarierten Zinseinkünfte unproblematisch sein. Als bereits wesentlich schwieriger kann sich die Sach- und Rechtslage bei nicht deklarierten, selbständigen Nebeneinkünften erweisen. Beispiel: Geht der Steuerpflichtige hierbei irrtümlicherweise vom Eingreifen der Kleinunternehmerregelung nach 19 UStG aus und erweist sich im Nachhinein die Auslegung dieser schwer verständlichen Vorschrift als unrichtig, würde aufgrund dieses Fehlers die strafbefreiende Wirkung nicht eintreten. Es stellt sich die Frage, ob dieses Ergebnis richtig sein kann, wenn der Steuerpflichtige subjektiv davon ausgeht, er würde sich umfänglich offenbaren. Einschätzungskonflikte können sich auch bei komplexen ausländischen Vorgängen in der Vergangenheit ergeben. Erschwerend kommt dabei hinzu, dass die ausländischen Banken nicht ohne weiteres in kurzer Zeit in der Lage sind, alle notwendigen Unterlagen bereitzustellen. Eine subjektiv richtige Darstellung der Erträge darf hierbei nicht zur Unwirksamkeit der Selbstanzeige aller Veranlagungszeiträume führen. Demzufolge sollten sich die neuen strengen Maßstäbe zur Erlangung der Straffreiheit vornehmlich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Nachdeklaration einer Steuerart eines 3

Veranlagungszeitraums konzentrieren. Damit käme man wesentlich dem Anliegen des Entwurfsverfassers entgegen, einem Taktieren bei der Abgabe der strafbefreienden Selbstanzeige entgegen zu wirken. Die nur selektive Angabe von verborgenen Einkünften würde damit nicht zur (partiellen) Straffreiheit führen. Eine solche praktikable Sichtweise berücksichtigt auch die Tatsache, dass es sich nach herrschender Meinung bei der Steuerhinterziehung pro Veranlagungszeitraum um eine jeweils strafprozessuale Tat handelt. Eine Tat ist daher unabhängig von anderen Taten zu sehen. Daher kann der Delinquent jede einzelne Tat vollenden oder versuchen, von dem Versuch selbiger zurücktreten oder sich - im Falle einer steuerstrafrechtlichen Tat - strafbefreiend selbst anzeigen. Darüber hinaus wird bei vielen Delinquenten vielfach die Liquidität fehlen, umfänglich alle Steuerschulden aus allen Steuerarten ad hoc begleichen zu können. Die höheren rechtlichen und tatsächlichen Hürden bei der strafbefreienden Selbstanzeige könnten auch dazu führen, dass viele Kollegen aus dem Berufsstand zukünftig eine Beratung auf diesem Gebiet meiden, womit einer zunehmenden Steuerehrlichkeit gleichfalls nicht gedient wäre. Mithin darf das Steuerstrafrecht keine Spezialmaterie für wenige - und teuer zu bezahlende - Experten werden. Ergänzend weisen wir noch darauf hin, dass die Strafgerichte schon heute die durch Selbstanzeige an sich straffrei gewordene Handlung bei der Strafzumessung der später entdeckten und - nicht erklärten Anteile - strafschärfend berücksichtigen können. Insofern ist für den Steuersünder bereits nach bestehender Rechtslage ein Zurückhalten von Informationen schon aus diesem Gesichtspunkt nicht anzuraten. FAZIT: Im Rahmen der strafbefreienden Selbstanzeige nach 371 Abs. 2, 378 Abs. 3 AO sollte die Abschirmwirkung jedes Veranlagungszeitraums bei jeder Steuerart erhalten werden, um aus Praktikabilitätsgründen eine - vollständige - Selbstanzeige für einzelne Jahre und Steuerarten zu ermöglichen. Zu Nr. 1) b) - neuer Ausschlussgrund Erlasses einer Prüfungsanordnung Der Entwurf sieht vor, als neuen Ausschlussgrund der strafbefreienden Selbstanzeige schon die Bekanntmachung einer Prüfungsanordnung nach 196 AO genügen zu lassen. Bislang wird hierbei auf das im Allgemeinen spätere Erscheinen des Außenprüfers abgestellt ( Fußmatten- Theorie ). Ein weiteres Taktieren im Vorfeld einer möglichen Überführung im Rahmen einer Außenprüfung würde damit ausgeschlossen. Erfahrungen aus der Praxis zeigen allerdings, 4

dass viele Steuersünder im Angesicht des kommenden Besuchs der Finanzverwaltung überdurchschnittlich geneigt sind, etwaige Vergehen zu offenbaren. Die Motive sind dabei freilich nicht vergleichbar ehrenwert wie im Rahmen eines völlig autonom gefassten Entschlusses. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass die Außenprüfung keineswegs eine Gewähr dafür bietet, alle Steuerstraftaten zu entdecken. Insofern sollte sorgfältig abgewogen werden, ob der Fiskus auf das Zeitfenster und den psychologischen Vorteil einer angekündigten Außenprüfung verzichten soll. Zu Nr. 2 - Übertragung der verschärften Ausschlussgründe auf die leichtfertige Steuerhinterziehung Im Gegensatz zur geltenden Rechtslage sollen im Rahmen der strafbefreienden Selbstanzeige einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach 378 AO, die eine Ordnungswidrigkeit darstellt, dieselben Ausschlussgründe wie bei der vorsätzlichen Steuerhinterziehung (Straftat) gelten. Eine Begründung für diesen geplanten Gleichlauf sieht der Entwurf nicht vor. Dabei ist dieser Gleichlauf keineswegs selbstverständlich. Gegen eine solche Regelung sprechen auch wichtige Gründe. Zu beachten ist, dass die Tatbestände der 370 und 378 AO hinsichtlich des subjektiven Tatbestands nicht miteinander zu vergleichen sind. Im Rahmen der leichtfertigen Steuerhinterziehung nach 378 AO fehlt es nämlich schon an einem - wenigstens bedingten - Vorsatz, gegen einen Straftatbestand zu verstoßen. Es genügt hierfür schon ein hoher Grad an Fahrlässigkeit bei der Erfüllung der steuerlichen Pflichten. Demgemäß ist der Steuerpflichtige regelmäßig nicht in der Lage, in Bezug auf eine mögliche Straffreiheit durch Selbstanzeige im Vorfeld einer etwaigen Entdeckung zu taktieren. Diese Tatsache muss zwangsläufig Auswirkungen auf die Reichweite der Ausschlussgründe haben. Sofern mithin keine Kenntnis über - frühere - Steuerverfehlungen besteht, nützt auch keine Vorverlagerung des Ausschlusses der strafbefreienden Selbstanzeige. Im Gegenteil, der nur leichtfertig Handelnde würde gegenüber dem planmäßig vorgehenden vorsätzlichen Hinterzieher sogar benachteiligt, da letzterer aufgrund seines Wissens jederzeit seine Taten strafbefreiend offenbaren könnte. In diesem Sinne entschied schon der Gesetzgeber des Jahres 1951 im Rahmen des 378 Abs. 3 AO, dass mit der Anwendbarkeit der Ausschlussgründe einer vorsätzlichen Steuerstraftat bei der leichtfertigen Steuerverkürzung die große Zahl der fahrlässigen Steuerdelikte zu scharf und einschränkend bei der Selbstanzeige behandelt werden würde. Daran ist nach unserer Ansicht weiterhin festzuhalten. Nach Ansicht 5

des DStV liegt kein kriminalpolitisches Bedürfnis für eine gleichlaufende Anwendung des 371 Abs. 2 AO im Rahmen der Ordnungswidrigkeit nach 378 Abs. 1, 2 AO vor. FAZIT: Für eine Ausweitung der Ausschlussgründe bei der strafbefreienden Selbstanzeige im Rahmen der Ordnungswidrigkeit nach 378 AO besteht keine Notwendigkeit. Sofern auch hier eine Strafbefreiung nur bei vollständiger Offenbarung intendiert wird, plädieren wir - wie im Falle des 371 AO - aus praktischen Gründen für eine auf einzelne Veranlagungszeiträume und Steuerarten beschränkte Betrachtung. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen gez. RA/StB Norman Peters (Geschäftsführer) gez. RA/StB Markus Deutsch (Referent) 6