ORGANISCHE CHEMIE Prof. Dipl.-Ing. Manfred SUSSITZ Kernfragen: Mündliche Reifeprüfung: Alpen-Adria-Gymnasium Völkermarkt
1. Kohlenwasserstoffe KW Kohlenstoff "Kohlenstoff ist in organischen Verbindungen immer vier-wertig(bindig). Im Periodensystem der Elemente ist der Kohlenstoff in der vierten Hauptgruppe zu finden, besitzt also vier Außenelektronen, über die Bindungen zu anderen Atomen eingegangen werden können. Wie alle Elemente ist auch der Kohlenstoff bestrebt, in seinen Verbindungen die Elektronenanordnung eines Edelgases zu erreichen. Das bedeutet für den Kohlenstoff, 8 Elektronen um sich herum zu scharen. (= Oktettregel - lat. octo = acht). Um dieses zu erreichen, geht das Kohlenstoffatom Bindungen mit solchen Atomen ein, die selbst ungepaarte Elektronen in die Verbindung mit einbringen. Typische Bindungspartner sind: Der Stoff, der dabei entsteht ist das Methan (CH 4 ). Da Wasserstoff ja nur zwei Elektronen in seiner Schale besitzen kann, nimmt er in diesem Molekül die Elektronenanordnung des Edelgases Helium ein. Jedes Elektronenpaar der vier Bindungen hält sich dabei in Räumen zwischen den beiden Atomkernen auf. Da alle Elektronen eine negative Ladung besitzen, stoßen sich die Elektronenpaare Bindungen so weit wie möglich voneinander ab. Dabei bildet sich ein Tetraeder. Vom Grundzustand zum angeregten Zustand Kohlenstoff besitzt die Elektronengrundkonfiguration 1s 2 2s 2 2p 2. Die vier potentiellen Bindungselektronen befinden sich nach dem Pauli-Prinzip spingepaart im vollbesetzten 2s-Orbital und mit parallelem Spin ungepaart (Hundsche Regel) in zweien der drei besetzbaren und energetisch gleichwertigen p-orbitale. In der gebräuchlichen Kastenschreibweise, in der man die einzelnen Elektronen unter Berücksichtigung ihres Spins (Pauli-Prinzip) als Pfeile darstellt, ergibt sich für ein Kohlenstoffatom im Grundzustand also folgendes Bild: 2
Die Orbitale haben folgende Form: Elektronen in s-orbitalen haben niedrigere Energien als Elektronen in p-orbitalen: Im Kohlenstoffatom des Grundzustandes würden also nur die zwei ungepaarten Elektronen des p- Orbitals als Valenz(Bindungs)elektronen zur Verfügung stehen. Kohlenstoff tritt in seinen Verbindungen jedoch immer vierwertig auf, was man am Beispiel des Methans CH 4 erkennen kann. Erklärung: Unter Berücksichtigung der Hundschen Regel wird ein Elektron des s-orbitals auf das Niveau eines p-orbital-elektrons angehoben. Man spricht von dem "angeregten Zustand" des Kohlenstoffatoms (= HYBRIDISIERUNG) sp 3 -Hybridisierung: Warum ist das Methanmolekül ein Tetraeder? Die Vier(Wertigkeit)bindigkeit des Kohlenstoffatoms beruht auf einem Vorgang, den man Hybridisierung nennt. Das Methanmolekül ist tetraedrisch gebaut. Durch die Hybridisierung befinden sich nun vier Einzelelektronen ungepaart in vier einzelnen Orbitalen (ein Elektron im 2s- und drei Elektronen in den 2p-Orbitalen).). Es kommt es zu einer Mischung des einzelnen s-orbitals mit allen drei p-orbitalen, was zu vier gleichwertigen Orbitalen führt. = sp 3 - Hybrid. (bedeutet: 4 Einfachbindungen des Kohlenstoffs). [ Eigentlich: s 1 p 3 -Orbital ] 3
Im Raum nehmen die vier sp 3 -Hybridorbitale aufgrund der Elektronenladungen den größtmöglichen Abstand voneinander ein. Das kann man anhand von vier gleichgroßen Luftballons zeigen. Die vier sp 3 -Orbitale zeigen auf die Eckpunkte eines Tetraeders und stehen somit in einem Winkel von 109,5 zueinander. In der Mitte des Tetraeders befindet sich das Kohlenstoffatom. Die sp 2 -Hybridisierung (C=C-Doppelbindung und π-elektronen) Alkene sind ungesättigte Kohlenwasserstoffe. Ungesättigt bedeutet, dass nicht alle Kohlenstoffatome mit der maximalen Anzahl an Wasserstoffatomen gebunden sind. Deshalb haben diese C-Atome jeweils ein Elektron übrig. Folglich gehen benachbarte Kohlenstoffatome im Molekül Doppelbindungen miteinander ein, an denen jeweils vier Bindungselektronen beteiligt sind (klicke hier). Die Doppelbindung eines Alkens besteht aus zwei verschiedenen Bindungsarten An der Hybridisierung sind dann auch nur das 2s-und zwei der drei 2p-Atomorbitale beteiligt. Man spricht deshalb von einer sp 2 -Hybridisierung. (Eigentlich müsste man s 1 p 2 -Orbital schreiben.) Die drei sp 2 -Hybridorbitale sind dagegen trigonal-planar in einer Ebene angeordnet und stehen in einem Winkel von 120 zueinander. Diese Hybridorbitale bilden mit ihrem jeweiligen Bindungspartner (C oder H) durch Überlappung eine σ-bindung, die Elektronen heißen σ-elektronen. Das nicht an der Hybridisierung beteiligte 2p z -Atomorbital steht senkrecht zu den hybridisierten sp 2 - Orbitalen. Dadurch wird die π-bindung gebildet. Die an der π-bindung beteiligten Elektronen bezeichnet man als π-elektronen. Die Bindungen der p z - Orbitale sind schwächer als die σ-bindungen, da sie weniger gut überlappen. Damit sind π-bindungen auch erheblich weniger stabil, können also leichter aufgespalten werden, was die Alkene weitaus reaktionsfähiger als Alkane macht. 4
Die sp-hybridisierung und Dreifachbindung In den Molekülen der Alkine liegt eine Dreifachbindung zwischen den Kohlenstoffatomen vor. Die so miteinander verbundenen beiden Kohlenstoffatome besitzen zusammen 6 gemeinsame Bindungselektronen. Auch bei den Alkinen findet eine Hybridisierung zwischen s- und p-orbitalen statt. Doch hierbei vermischt sich nur noch ein 2s-Orbital mit dem 2p-Orbital, wodurch zwei neue Orbitale entstehen, die zu einer Hälfte s- und zur anderen Hälfte p-charakter besitzen. Diese Hybridorbitale heißen sp- Orbitale (genau genommen s 1 p 1 -Orbitale). Wie man sieht, gehen zwei hantelförmige p-orbitale (p y und p z ) nicht in die Hybridisierung ein. Sie bleiben "unangetastet" in einem Winkel von 90 zueinander erhalten. Die Bindungslänge zwischen den sp-hybridisierten Kohlenstoffatomen untereinander und auch zum Wasserstoff als Bindungspartner ist also geringer. Dieses wiederum hat kürzere Bindungslängen als das Ethan. Wie sieht ein Alkin-Molekül aus? 5
Alkane Wenn man vom Methan ausgehend die Kette in einem gesättigten Kohlenwasserstoffmolekül um jeweils eine CH 2 -Gruppe ("Methylen-Gruppe") verlängert, kommt man zu der homologen Reihe der Alkane (griech. homos = gleich; griech. logos = Stoff, Sache). Name Formel (C n H 2n+2 ) Methan CH 4 1 Ethan C 2 H 6 2 Propan C 3 H 8 3 Butan C 4 H 10 4 Anzahl der Kohlenstoffatome Pentan C 5 H 12 5 (griech. penta) Hexan C 6 H 14 6 (griech. hexa) Heptan C 7 H 16 7 (griech. hepta) Octan C 8 H 18 8 (griech. octa) Nonan C 9 H 20 9 (griech. nona) Decan C 10 H 22 usw. Undecan C 11 H 24 Dodecan C 12 H 26 Tridecan C 13 H 28 Tetradecan C 14 H 30 Pentadecan C 15 H 32 Eicosan C 20 H 42 Wenn man aus den Formeln der Alkane ein Wasserstoffatom entfernt, ergeben sich die einwertigen Reste. Man nennt sie auch etwas ungenau Radikale. Diese Reste werden durch die Endung "-yl" gekennzeichnet und heißen in ihrer Gesamtheit Alkylgruppen, z. B. CH 3 - = Methyl-, C 2 H 5 - = Ethyl- (usw.). Formelschreibweisen der Kohlenwasserstoffe In der Chemie haben sich verschiedene Schreibweisen zur Darstellung von Kohlenwasserstoffmolekülen durchgesetzt. Die einfachste Darstellungsform ist die normale Kettenschreibweise. Jeder Strich steht in dieser Schreibweise für ein Bindungselektronenpaar. Diese Schreibweise findet man oft auch noch so stark vereinfacht, dass auf die Darstellung der Wasserstoffatome verzichtet wird. 6
Die Vor/Nachteile dieser Darstellungsformen erkennt man bereits beim Iso-Butan. Bekanntlich sind die vier kovalenten Bindungen des Kohlenstoffs auf die Ecken eines Tetraeders gerichtet. In der sterischen (räumlichen) Darstellung werden dies berücksichtigt. Die aufeinanderfolgenden Kohlenstoffatome werden als "Zick-Zack-Kette" dargestellt. Als Kurzform dieser Darstellung werden sogar oft die Bindungselektronen zum Wasserstoff weggelassen und nur das Kohlenstoffgerüst gezeichnet. Hierbei steht jeder Knick und jedes freie Ende für ein C-Atom. Sehr beliebt in der Chemie ist letztlich auch folgende Darstellung, bei der die einzelnen Kohlenstoffatome mit ihrem gebundenen Wasserstoff als Gruppen zusammengefasst werden. Diese Darstellung ist besonders platzsparend. Durch die Keilstrichformel ist sogar eine räumlich-perspektivische Betrachtung des Moleküls möglich, wie man am Beispiel des Ethans erkennen kann. Hierbei bedeuten die Strichsymbole: Eine durchgezogene Linie: Die Bindung liegt in der Papierebene Ein Keil: Die Bindung liegt vor der Papierebene Eine gepunktete Linie: Die Bindung liegt hinter der Papierebene. 7
Isomerie der Alkane Isomere Verbindungen (gr. isos: gleich; meros: Teil) besitzen bei gleicher Summenformel verschiedene Struktur bzw. verschiedene chemische und physikalische Eigenschaften. Ein einfaches Beispiel ist das aus 4 C-Atomen bestehende Butan. Ist dessen Kette unverzweigt, bezeichnet man die Verbindung als n-butan (n steht für normal). Sind die vier Kohlenstoffatome jedoch in einer verzweigten Kette angeordnet, spricht man vom Isobutan. Die Vorsilbe Iso- bezeichnet hier ein Molekül mit einer oder mehreren Verzweigungen der Hauptkette. Es handelt sich um eine Konstitutionsisomerie. Während Butan nur die zwei oben dargestellten isomeren Formen besitzt (2 Isomere), sind für das Hexan schon fünf mögliche Konstitutionsisomere zu finden. Benennung der Moleküle - Nomenklatur Benannt werden die Verbindungen nach ihrer längsten Kette. Die Stellung der Seitenketten wird durch eine Zahl angegeben, wobei an dem Ende der Hauptkette zu zählen begonnen wird, das der ersten Verzweigung am nächsten ist. Die Zahl vor der Benennung der Seitenkette beschreibt, an welchem C- Atom der Hauptkette die Seitenkette abzweigt. Kommt eine Seitenkette mehrmals im Molekül vor, muss man erst durchzählen, wie oft dieses geschieht. Die Häufigkeit der Seitenkette wird dann 8
zusätzlich durch griechische Vorsilben wie Di- (zwei), Tri- (drei), Tetra- (vier) usw. angegeben. In folgendem Beispiel findet man diese Regeln alle wieder. Mit wachsender Anzahl der Kohlenstoffatome im Molekül nimmt auch die Zahl der möglichen Isomere schnell zu. Benenne: Zahl der Kohlenstoffatome Anzahl der möglichen Isomere C 4 2 C 5 3 C 6 5 C 10 75 C 20 366 319 Cycloalkane - Ringspannung Im Erdöl sind neben den Alkanen auch ringförmige Kohlenwasserstoffe, die Cycloalkane, enthalten. Da sie durch die Ringbildung zwei Wasserstoffatome weniger haben, ist ihre Allgemeinformel C n H 2n In der Ringstruktur ist die freie Drehbarkeit um die C-C-Bindungen aufgehoben - die Bindungen sind starr. Die C-Atome sind auch bei den Cycloalkanen sp 3 -hybridisiert. Der Tetraederwinkel von 109,5 im linearen Kohlenwasserstoffgerüst scheint doch die Möglichkeiten für Ringschlüsse sehr einzuschränken. Tatsächlich ist jedoch ab drei Kohlenstoffatomen ein Ringschluss möglich. 9
Die ersten drei Cycloalkane: Cyclopropan (1), Cyclobutan (2) und Cyclopentan (3). Cyclopropan bildet ein Dreieck mit einem Winkel von 180 / 3 = 60 zwischen den C-C-Atomen. Der ideale Winkel der Einfachbindung ist jedoch 109,5. Dieser erzwungene Winkel verursacht eine beträchtliche Instabilität ("Ring-Spannung") des Ringes. Im Cyclobutan (C 4 H 8 ) beträgt der Bindungswinkel bereits 90.. Erst der Ring des Cyclohexans C 6 H 12 ist frei von jeglichen Spannungen Cyclohexan - Sessel und Wanne Ein Cyclohexanmolekül kann in verschiedenen Konformationen vorliegen. Die Orbitale der Kohlenstoffatome sind sp 3 -hybridisiert. Alle C-C-Winkel entsprechen (fast) dem Tetraederwinkel (109,5 ). Hierdurch wird eine Ringspannung vermieden. 6 H-Atome (rot gezeichnet) stehen senkrecht zur Molekülachse und werden deshalb als axial bezeichnet. Die anderen 6 H-Atome (blau gezeichnet) liegen in der Molekülebene und werden deshalb auch äquatorial genannt. Neben der Sesselform besitzt das Cyclohexan weitere, weniger stabile Konformationen. In der Bootoder Wannenform stehen das C1- und das C4-Atom aus der Ebene des Ringes in eine gemeinsame Richtung heraus. 10