Rechtswissenschaftliches Institut Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 6 «Falltraining»

Ähnliche Dokumente
Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 6 «Falltraining»

Lösungsskizze Übungsfall Tutorate Lektion 6: Falltraining

jeder Fahrlässigkeitstat =

... jeder Fahrlässigkeitstat =

Fall 4. Indem R dem J mit dem Baseballschläger hart auf den Kopf schlug, könnte sie sich wegen Totschlags gemäß 212 Abs.1 StGB strafbar gemacht haben.

AG im Strafrecht II. Birte Brodkorb Johannes Koranyi Dr. Tobias Singelnstein. Holland. Lehrstuhl Prof. Dr. Hoffmann-Holland.

Lösungsskizze Fall 3

Kausalität. Objektive Zurechenbarkeit

Hier nun einige hoffentlich hilfreiche Prüfungspakete für Dich und Deine Klausuren.

Fahrlässigkeit. PD Dr. Jan C. Schuhr Grundkurs Strafrecht IV, Wintersemester 2016/17 10

Lösungsskizze Fall 3

3. Unterlassen einer zur Erfolgsabwehr geeigneten und möglichen Handlung

BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003, BGHSt 49, 34 Heroin

Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Unterlassen, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Fall Handlungskomplex: Die Alkoholfahrt des Al. Strafbarkeit des Al wegen fährlässiger Tötung gem. 222 StGB durch Erfassen des Mopeds

Übersicht 8. Juli 2008

BGH, Beschluss vom 18. November 1969, BGHSt 23, 156 Schläfrigkeit

BGH, Beschl. v. 26. November 1970, BGHSt 24, 31 Verkehrsunfall

Klausur Strafrecht AT Sabine Gless

Lösungsskizze Fall 10

Das vorsätzliche unechte Unterlassungsdelikt

Prof. Dr. Sabine Gless FS 2009 Klausurenkurs

Fall Tatkomplex: Das Geschehen rund um den Unfall. A. Strafbarkeit des U wegen Totschlags gem. 212 Abs. 1 StGB durch Anfahren des X

Thema: Dazwischentreten eines vorsätzlich handelnden Dritten. Materialien: Arbeitsblatt Examinatorium AT Nr. 33

Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht III

BGH v StR 529/74 BGHSt 26, 35 ( Gastwirt- Fall )

2. Ergebnis A hat sich durch den Schuss auf X nicht wegen Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht.

besteht aus. a) Vorsatz. und

Universität Heidelberg Besprechungsfall 2 Sommersemester 2015

Basiswissen Strafrecht Allgemeiner Teil

APÜ aus Strafrecht Dr. Stephanie Öner/ Dr. Lisa Pühringer WS 2011/2012

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Fall 6. A. Strafbarkeit der J wegen Körperverletzung gem. 223 Abs. 1 StGB durch Werfen der Coladose

Strafrecht Allgemeiner Teil

Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben Strafrecht Fahrlässigkeit. Aufbau

Jura Online - Fall: Die Party seines Lebens - Lösung

Aufbau von Delikten im Strafrecht AT II

226, 227 StGB. schwere Tatfolgen. 223 StGB - Grundtatbestand

Strafrecht I. Prof. Dr. iur. Marc Thommen. 20. Fahrlässigkeit 1

Strafrecht AT I. Prof. Dr. Marc Thommen

I. Strafbarkeit des A wegen des zu schnellen Fahrens

Lösungsvorschlag Fall 1

II. Rechtswidrigkeit III. Schuld. (Beachte Abs.2: Schon in der Überschrift zitieren, wenn Absicht oder Wissentlichkeit in Frage kommt)

Lösungsskizze zur 3. Klausur

Begehungsdelikt Teil 1 (TB)

September 18. Prof. Dr. Michael Jasch

1 Ebenso könnte an eine Strafbarkeit wegen Mordes gedacht werden. Im Rahmen der dann anzusprechenden

F könnte sich durch die Messerattacke auf M wegen Totschlags gem. 212 I StGB strafbar gemacht haben.

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Lösung Fall 1: Rivalitäten. L ö s u n g s s k i z z e

I. Versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, 315 b Abs. 1, Abs. 2, 22 StGB

Strafrecht auf dem Bau

Autofahrer A schaltet bei einer nächtlichen Fahrt das Fahrlicht nicht ein. Dadurch sieht ihn der Radfahrer R nicht. R fährt deshalb seitlich in A`s

Universität Heidelberg Lösung 1. Klausur Sommersemester 2014 Prof. Dr. Gerhard Dannecker Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene

AG im Strafrecht II. Birte Brodkorb Johannes Koranyi Dr. Tobias Singelnstein. Holland. Lehrstuhl Prof. Dr. Hoffmann-Holland.

Hauck - Strafrecht AT (Die Straftat) 12/1

BGH, Urteil vom 18. Mai 1993, BGH NStZ 1993, 489 Falscher Zeuge

Arten des Vorsatzes. Deliktsaufbau

Universität Heidelberg Lösung 1. Klausur Sommersemester Lösungsskizze

A vergiftet B mit 1/2 Dosis Gift (Handlung 1). B stirbt am Gift (Erfolg).

Lösungsvorschlag Fall 3

Lösungsskizze Fall 5

Examensklausurenkurs. Lösungshinweise Strafrecht, 9. Klausur vom

Einführung in das Strafrecht (AT) 12/1

Tötung auf Verlangen, 216 StGB

Medizin- und Biostrafrecht SS 2014 PD Dr. Luís Greco. C. Fahrlässige Körperverletzung bzw. Tötung insb. durch Behandlungsfehler

VOLLENDETES VORSÄTZLICHES BEGEHUNGSDELIKT I. TATBESTAND. Vorsatz hinsichtlich aller Umstände des objektiven Tatbestands ( 5 StGB) II.

2 - Kausalität und objektive Zurechnung

Die Grundlagen: Kausalität, Vorsatz und deliktsspezifische Absichten der strafrechtliche Deliktsaufbau. Fall 1: Doofgelaufen 14

C könnte sich durch das Töten der O des Totschlags gemäß 212 I StGB strafbar gemacht haben.

Skript zum Vortrag Methodik der Fallbearbeitung. Die prüfungstechnische Umsetzung der Straftatlehre. von Prof. Dr. Georg Freund

BGH, Urteil vom 4. November 1988, BGHSt 36, 1 AIDS

Professionell, aber mit einem Bein im Knast? Input für den Workshop beim ASD- Bundeskongress am 5. September 2013

Verantwortung und Haftung des Koordinators insbesondere unter dem Aspekt der Regressnahme

Examinatorium im Strafrecht I: AT Prof. Dr. Heinrich

Grundsätzliches und Änderungen mit dem Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts. Gila Schindler, Rechtsanwältin, Heidelberg

Das vorsätzliche unechte Unterlassungs- und Erfolgsdelikt

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Einführung; Wiederholung Prof. Dr. D. Klesczewski

Prüfung Strafrecht II & III FS 2015 Teil BT III Musterlösung

September Beteiligung. II. Subjektiver Tatbestand - Vorsatz, der sich nicht auf den Erfolg (2.) beziehen muss! III. Rechtswidrigkeit IV.

Lektion 9 Unterlassungs- und Fahrlässigkeitsdelikt

Lektion 9 Unterlassungs- und Fahrlässigkeitsdelikt

Lösungsskizze zum Übungsfall Generalvertreters Beitrag zur Stabilisierung der Rentenbeiträge

LÖSUNGSVORSCHLAG 1. Klausur

Lösungsvorschlag 1. Klausur

Universität Heidelberg Besprechungsfall 8 Wintersemester 2014/15

Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 5 «Täterschaft und Teilnahme»

Generalvertreters Beitrag zur Stabilisierung der Rentenbeiträge

Lösungsvorschläge und Materialien für die Fälle 1 und 2

Fälle zum Vorsatz und Tatbestandsirrtum Lösungen

1.Teil Einführung 1 l. A. Überblick 6 2

Täterschaft und Teilnahme 1

Kolloquium im Strafrecht AT II begleitend zur Vorlesung von Prof. Dr. Kudlich Sommersemester 2005 Lösungen der Fälle zum Unterlassen.

Was haben ArbeitsmedizinerInnen beim Impfen aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Tötungs- und Körperverletzungsdelikte

Einführung in das Strafrecht

Transkript:

Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 6 «Falltraining» lic. iur. Benjamin Meier

Übersicht über die Tutorate 2014 Lektion 1 13./14.November 2014 Einführung, Deliktsaufbau Lektion 2 20./21. November 2014 Objektiver und Subjektiver Tatbestand Lektion 3 27./28. November 2014 Rechtswidrigkeit, Schuld, Irrtümer Lektion 4 4./5. Dezember 2014 Versuch Lektion 5 11./12. Dezember 2014 Täterschaft und Teilnahme Lektion 6 18./19. Dezember 2014 Falltraining / Wiederholung

Theorie Input

Prüfungsaufbau Fahrlässigkeit I. Tatbestand 1. Tathandlung, Taterfolg, Kausalität, objektive Zurechnung 2. Sorgfaltspflichtverletzungen a. Objektive Pflichtwidrigkeit b. Subjektive Vorhersehbarkeit von Erfolg und Kausalität c. Subjektive Vermeidbarkeit des Erfolgs 3. Erfolg im Schutzbereich verletzter Sorgfaltsnorm 4. Pflichtwidrigkeitszusammenhang (Sorgfaltspflichtverletzung Erfolg) II. Rechtswidrigkeit III. Schuld

Prüfungsaufbau Unechtes Unterlassungsdelikt I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs b. Verursachung des Erfolgs durch Unterlassen Abgrenzung aktives Tun Unterlassen c. Hypothetische Kausalität («Quasi-Kausalität») d. Garantenstellung, Art. 11 Abs. 2 StGB = Unechtes Unterlassen 2. Subjektiver Tatbestand a. Vorsatz b. ggf. sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale II. Rechtswidrigkeit (insb. Pflichtenkollision) III. Schuld (insb. Gebotsirrtum)

zur Fallbearbeitung

Übungsfall zur Fahrlässigkeit In der Nacht zum Sonntag fährt der B auf seinem Kleinmotorroller von Brunnen in Richtung Schwyz. Sein Freund X fährt auf seinem Longboard und lässt sich mit einer Geschwindigkeit von rund 25 km/h von B ziehen, indem er dessen rechten Arm festhält. X ist zu diesem Zeitpunkt stark alkoholisiert. Er bleibt an einer Kante des Bordsteins hängen und fällt auf den Rücken und Hinterkopf und ist für einen kurzen Moment auch nicht ansprechbar. Der von B herbeigerufenen Sanität schildert er den Unfallhergang wahrheitswidrig dahingehend, dass er den auf dem Board stehenden X zu Fuss gestossen habe und dieser daraufhin gestürzt sei; den Rest verschweigt er. Im Spital untersucht der seit rund 15 Jahren praktizierende Notfallarzt A den X und findet keine äusseren Kopfverletzungen zudem glaubt er der wiederholt wahrheitswidrigen Unfallschilderung des B ohne diese weiter zu hinterfragen. Die mangelnde Orientierung, die Schwindelgefühle sowie andauerndes Erbrechen des X begründet der A mit der starken Alkoholisierung des X. Er sieht daher trotz des insistierenden Hinweises der Notfallschwester vom Beizug eines Neurochirurgen, von weiteren Untersuchungen sowie von der Anordnung eines stationären Aufenthalts ab und entlässt X noch in derselben Nacht aus dem Spital. Am nächsten Tag verstirbt der X. Seine Obduktion ergibt, dass er an den Folgen einer Epiduralblutung (Hirnblutung) verstorben ist. Diese Hirnblutung hätte ein Neurochirurg bei entsprechendem Scan erkannt und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch eine lebensrettende Operation beseitigen können. Wie haben sich A und B strafbar gemacht? (Es sind nur Tatbestände des StGB zu prüfen!)

Sachverhaltsabschnitte / Täter Unfall Behandlung Täter A Täter B

Strafbarkeit des A

Obersatz Strafbarkeit des A gem. Art 111 StGB? A könnte sich der vorsätzlichen Tötung gemäss Art. 111 StGB strafbar gemacht haben, indem er X nur mangelhaft untersuchte und dieser an der von A nicht erkannten und behandelten Hirnblutung verstarb.

Tatbestand Vorsatz des A? kein direkter Vorsatz (Art. 12 Abs. 2 Satz 1 StGB) des A allenfalls Eventualvorsatz (Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB)? A hat den Eintritt des Taterfolgs nicht für möglich gehalten und diesen auch nicht billigend in Kauf genommen. Ergebnis: A macht sich der vorsätzlichen Tötung gem. Art. 111 StGB nicht strafbar.

Obersatz Strafbarkeit des A gem. Art 117 StGB? A könnte sich der fahrlässigen Tötung gemäss Art. 117 StGB strafbar gemacht haben, indem er den X mangelhaft ärztlich untersuchte und dieser deshalb an den Folgen einer Hirnblutung verstarb.

Tatbestand 1. Taterfolg Tod des X (+) 2. Tathandlung kein direktes Einwirken auf X kurze, nicht intensive körperliche Untersuchung keine weiteren medizinischen Handlungen vorgenommen Abgrenzung aktives Tun Unterlassen notwendig!

Tatbestand Schwerpunkttheorie Der Täter setzt durch positives Tun neue / weitere Schadensursache, welche das Unterlassen überwiegt. hier: Schadensursache bereits durch Sturz gesetzt. Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit aber hier: abgelehnte Weiterverweisung an Neurochirurgen. Danach: abgelehnte Weiterverweisung stellt im Schwerpunkt ein Unterlassen dar.

Tatbestand Subsidiaritätstheorie Unterlassen nur dann, wenn strafrechtliche Haftung nicht an eine aktive Handlung anknüpfen kann, die das Risiko, das in den tatbestandlichen Erfolg umgeschlagen ist, in kausaler und zurechenbarer Weise herbeiführte oder steigerte. hat A das Todesrisiko für X zumindest gesteigert? Risiko durch Sturz des A (und damit die Hirnblutung) bereits auf Landstrasse gesetzt. durch Handlung (medizinische Untersuchung) des A nicht gesteigert. Risiko nur dadurch gesteigert, dass er nicht an Facharzt überweist. dieses risikosteigernde Verhalten ist jedoch kein aktives Tun, sondern Unterlassen.

Tatbestand Zwischenfazit nach beiden Theorien ist kein aktives Tun, sondern ein Unterlassen gegeben. Tatbestand des Art. 117 StGB (als Begehungsdelikt) kann danach nicht erfüllt sein. Die fahrlässige Tötung gem. Art. 117 StGB ist in der Begehungsform nicht erfüllt.

Obersatz Strafbarkeit des A gem. Art 117 StGB (Unterlassen)? A könnte sich der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen gemäss Art. 117 i.v.m. Art. 11 StGB strafbar gemacht haben, indem er den X nicht an einen Facharzt (Neurochirurgen) weiter überwies und der X dadurch an einer Hirnblutung starb.

Tatbestand 1. Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs: Siehe oben, Tod des X (+) 2. Verursachung des Erfolgs durch ein Unterlassen: siehe oben (Abgrenzung Tun/Unterlassen)

Tatbestand 3. Hypothetische Kausalität...wenn durch eine Handlung des Unterlassenden der Taterfolg hätte verhindert werden können. nach SV hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein neurochirurgischer Eingriff den Tod des X verhindert. hypothetische Kausalität: Untätigbleiben (unterlassene Weiterverweisung) Erfolgseintritt (Hirntod).

Tatbestand 4. Garantenstellung des A (unechtes Unterlassen) Garantenstellung ergibt sich aus Art. 11 Abs. 2 StGB Gesetz verknüpft Verhinderungspflicht mit Rechtsstellung des Täters aus Vertrag gem. Art. 11 Abs. 2 lit. b StGB? hier: Behandlungsvertrag Auftrag gem. Art. 394 ff. OR Arzt verpflichtet sich zur ordnungsgemässen und umfassenden (not-) medizinischen Versorgung / Behandlung aus Gesetz gem. Art. 11 Abs. 2 lit. a StGB? Art. 40 lit. g MedBG Kantonale Vorschriften: z.b. 17 Abs. 1 Gesundheitsgesetz (ZH) Pflicht des A zur Notfallhilfe und ihn nicht weiterer Lebensgefahr auszusetzen

Tatbestand 5. Sorgfaltspflichtverletzung a. Objektive Pflichtwidrigkeit, Art. 12 Abs. 3 Satz 2 StGB...wenn der Täter nicht die Vorsicht beachtet hat, zu der er nach den Umständen und persönlichen Verhältnissen verpflichtet war. Sorgfaltspflicht des A als Arzt Heilkunst nach anerkannten Grundsätzen ausüben hier: nach Unfallschilderung alle notwendigen Untersuchungen an X vornehmen Fachkollegen beiziehen hier kein vertretbares Mass mehr an zulässigem Risiko: A hätte Symptome nicht nur auf Alkoholintoxikation zurückführen dürfen Unfallbericht des Zeugen (B) kritisch hinterfragen

Tatbestand 5. Sorgfaltspflichtverletzung b. Subjektive Vorhersehbarkeit von Erfolg und Kausalität Individuelle Fähigkeiten und Sonderwissen des Täters medizinisches Sonderwissen langjährige Berufspraxis zudem schon bereits allgemeine Lebenserfahrung: Folgen des Sturzes vom Board wahrheitswidrige Unfallschilderung eines Zeugen nicht ungewöhnlich nach seinen Fähigkeiten hätte A auch Symptome des X besser deuten können

Tatbestand 5. Sorgfaltspflichtverletzung c. Subjektive Vermeidbarkeit des Erfolgs wiederum orientiert an Fähigkeiten und Sonderwissen des Täters seine erforderliche Sorgfalt hätte Tod des X mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert aufgrund seiner Erfahrung hätte er Fachkollegen beiziehen können

Tatbestand 6. Erfolg im Schutzbereich der verletzten Sorgfaltsnorm (Notfall-) Ärztliche Sorgfaltsnormen sollen Abklärung lebensgefährlicher Verletzungen / Krankheiten gewährleisten (+) 7. Pflichtwidrigkeitszusammenhang: Sorgfaltspflichtverletzung vs. Erfolgseintritt Erfolg ist nur zurechenbar, wenn sorgfaltsgemässes Handeln den Erfolgseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte. Sachverhalt (+)

RW und Schuld Keine Probleme (+)

Fazit Der A hat sich der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen gem. Art. 117 i.v.m. Art. 11 StGB strafbar gemacht, indem er den X nicht an einen Neurochirurgen überwies und X daraufhin verstarb.

Strafbarkeit des B

Obersatz Strafbarkeit des B gem. Art 117 StGB? B könnte sich der fahrlässigen Tötung gemäss Art. 117 StGB strafbar gemacht haben, indem er den X mit seinem Motoroller zog und dadurch einen Sturz mit lebensgefährlicher Verletzung mitverursachte und zudem gegenüber dem A einen falschen Unfallhergang schilderte.

Tatbestand 1. Taterfolg 2. Tathandlung Ziehen mit dem Motorroller (1) Falsche Unfallschilderung gegenüber dem Arzt A (2) 3. Kausalität (1) Ziehen mit dem Motorroller kausal für Sturz und Kopf- (Hirn-) verletzung (+) (2) Falsche Unfallschilderung kausal? primär kausal war die Nichtbehandlung durch Neurochirurgen andererseits hätte A den X vielleicht nicht nur kursorisch untersucht, wenn B richtige Angaben im Spital gemacht hätte nicht ausserhalb allgemeiner Lebenserfahrung, dass Arzt unmittelbarem Unfallzeugen glaubt damit ist Kausalität zumindest nicht völlig ausgeschlossen

Tatbestand 4. Objektive Zurechnung Täter hat eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen und diese hat sich im konkreten tatbestandsmässigen Erfolg realisiert. (1) Ziehen mit dem Motorroller kausal für Sturz und Kopf- (Hirn-) verletzung? rechtlich missbilligte Gefahr (+) Kann Gefahr aber auch dem B zugerechnet werden? Gefahrschaffung in seinem Verantwortungsbereich? X tritt hier als eigenverantwortliches Opfer selbst gefährdend dazwischen X hat durch eigenes Festhalten (und mögliches Loslassens) des Arms von B eigene Tatmacht

Tatbestand 4. Objektive Zurechnung Täter hat eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen und diese hat sich im konkreten tatbestandsmässigen Erfolg realisiert. (2) Falsche Unfallschilderung kausal? Ist das Falschaussagen gegenüber einem Arzt rechtlich missbilligt? keine Rechtsnorm / kein Gebot zur Wahrheitspflicht gegenüber Arzt soweit rechtlich missbilligte Gefahr bejaht wie wirkt sich dann aber das Unterlassen des A auf Risikozusammenhang für B aus? A tritt hier vollverantwortlich als Dritter dazwischen und begründet durch sein Unterlassen neue Gefahr Taterfolg liegt auch überwiegend im Verantwortungsbereich des A Verantwortung des B endet hier bereits mit Sicherstellen notärztlicher Hilfe für X

Fazit Mangels objektiver Zurechnung der Tathandlungen des B hat er den Tatbestand der fahrlässigen Tötung gem. Art. 117 StGB durch sein Verhalten nicht erfüllt. Eine Strafbarkeit für B entfällt somit.

Ende Vielen Dank und Frohe Weihnachten!