JOCKEL, THOMAS. Vortrag 2012

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Transkript:

JOCKEL, THOMAS Thomas Jockei ist selbstständiger Baubiologe. Er ist Sachverständiger für die Erkennung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzbelastungen und Sachkundiger gemäß TRGS 519 Anlage 3. Er ist Mitglied im Berufsverband deutsche Baubiologen (VDB), Verband Baubiologie (VB) und Biolysa e.v. und Inhaber eine baubiologischen Bera-tungsstelle IBN. Tätigkeitsschwerpunkte: Analyse und Messung von Schimmelpilzen, Schadstoffen, Wohngiften, Elektrosmog, Gerüchen. Beratung bei Kauf, Miete oder Bau von Immobilien. Dozent für verschiedene Institutionen.

JOCKEL, THOMAS Vortrag 2012

Fünf Fälle aus der baubiologischen Praxis Bei mir als Baubiologe fragen oft Menschen an, die vielfältige gesundheitliche Probleme haben. Bei meiner Arbeit geht es darum, vor Ort im persönlichen Umfeld nach möglichen gesundheitlich beeinträchtigen Faktoren zu suchen. Im Vorgespräch am Telefon wird gemeinsam mit dem Kunden überlegt, ob mir seine Informationen ausreichen die erforderlichen Maßnahmen bereits für den ersten Termin bei ihm festzulegen oder ob beim ersten Termin erst einmal eine Begehung der Räume durch mich stattfindet, um dann das weitere Vorgehen festzulegen. Es hat sich immer wieder als äußert wichtig und hilfreich gezeigt, mit dem Kunden ein ausführliches Gespräch zu führen. Oft konnten mir diese hierbei gesammelten Informationen bei den weitergehenden Maßnahmen wertvolle Hinweise liefern. Nachfolgend stelle ich Ihnen fünf Fälle aus meiner baubiologischen Praxis vor. 1.Fall: Verdeckter Schimmelpilz im Keller Herr F. hat eine Hautallergie. Bei ärztlichen Untersuchungen wurde ein möglicher Zusammenhang mit Schimmelpilzen festgestellt. Er selber hatte keine Erklärung hierfür, weil es an seinem Arbeitsplatz und in seinem Haus keinen augenscheinlich erkennbaren Schimmelpilzbefall gab. Ich vereinbarte mit dem Kunden einen Termin für eine Hausbegehung. Diese Hausbegehung diente einer ersten Bestandsaufnahme hinsichtlich möglicher Schimmelpilzquellen. Das Haus befand sich in einen guten gepflegten Allgemeinzustand. Der einzige Verdachtsmoment ergab sich im Schlafzimmer des Auftraggebers. Es befindet sich im Keller. Die Außenwand dieses Raumes wurde nachträglich mit einer Innendämmung aus Styropor und einer Rigipsplatte verkleidet. Besonders in Kellerräumen kann diese Art der Innenwanddämmung problematisch sein. Es kann sich bei nicht fachgerechter Ausführung Kondensatfeuchte bilden, oder bei einem undichten Mauerwerk Feuchtigkeit von außen eindringen. In beiden Fällen kann es zu einem verdeckten Schimmelpilzbefall kommen. Es musste nun geklärt werden, ob es tatsächlich einen Schimmelpilzbefall im Wandaufbau gab. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder muss der Wandaufbau geöffnet werden um augenscheinlich die Konstruktion auf Schimmelpilzbefall zu überprüfen. Hierbei besteht das Problem, dass zum einen ein großer Arbeitsaufwand entsteht und zum anderen nicht sicher ist, wenn an der überprüften Stelle kein Schimmelpilzbefall vorhanden ist, dieser Sachverhalt auch für die anderen Wandbereiche gilt. Die zweite Möglichkeit ist die Überprüfung per Messung. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten. In solchen Fällen hat es sich aus meiner praktischen Erfahrung als sinnvoll erwiesen, eine Raumluft- und Hohlraummessung auf Schimmelpilzsporen durchzuführen. Hierzu wird mit einem Luftkompressor und Gasmengenzähler eine bestimmte Menge Luft über verschiedene Nährböden (DG18 und Malzextrakt) gezogen. Seite 1 von 18

Luftkeimsammlung Raumluft Luftkeimsammlung Hohlraum Probenahmekopf Luftkeimsammlung Seite 2 von 18

Funktionsschema Luftkeimsammelkopf (Quelle: Holbach Umweltanalytik) Petrischalen mit Schimmelpilzen Seite 3 von 18

Zuerst wird die Raumluft beprobt. Danach wird in die Rigipsplatte an einer oder mehreren gezielt ausgewählten Stellen ein Loch gebohrt. Dort wird der Probenahmekopf so positioniert, dass nur Luft aus dem Zwischenraum der Rigipsplatte und der Ursprungswand gezogen wird. Die Nährböden werden ins Labor gesendet und dort unter vorgegebenen Bedingungen ausgewertet. Bei der Bewertung der Laborergebnisse geht es nicht darum sich an Richtwerten zu orientieren, sondern die einzelnen Proben werden mit einander verglichen. So kann erkannt werden, ob es eine erhöhte Schimmelpilzsporenzahl in dem beprobten Hohlraum im Vergleich zur Raumluft gibt und um welche Schimmelpilzarten es sich handelt. Die Schimmelpilzarten können in einigen Fällen einen Hinweis auf die Ursache der Schimmelpilzbildung geben. In diesem Fall hat sich der Auftraggeber nach eingehender Beratung und Abwägung für die Probenahme durch mich entschieden. Für die Probenahme wurde ein erneuter Termin vereinbart, weil hierfür noch Vorbereitungen getroffen werden mussten. Die Probenahme erfolgt in Anlehnung an die VDI-Richtlinie 4300-10. Hier wird unter anderem gefordert, dass acht Stunden vor der Probenahme der Raum für eine kurze Zeit intensiv gelüftet und danach bis zur Probenahme verschlossen werden soll. Der Raum sollte während dieser Zeit nicht mehr genutzt werden. Die Probenahmen wurden durch mich durchgeführt und die Proben in einem Labor ausgewertet. Hierbei wurde folgendes Ergebnis festgestellt: Übersicht: 3500 3000 2500 2000 KBE/m³ 1500 MEA DG18 1000 500 0 Außenluft Schlafzimmer Schlafzimmer Hohlraum KBR/m 3 : Koloniebildende Einheiten pro Kubikmeter Luft. Die Übersicht der Gesamtsporenzahl zeigt eine deutliche Erhöhung gegenüber der Raumoder Außenluft. Seite 4 von 18

Schimmelpilzarten: Bezeichnung Schlafzimmer Proben Nr. Probenahme: Gerät LKS30 LKS30 Volumen / l 100 100 Temperatur / C 16,5 16,5 Luftfeuchte / % 43,7 43,7 Medium DG18 MEA Gattung / Art KBE / m³ Quelle* KBE / m³ Quelle* Alternaria alternata 10 Botrytis cinerea 10 20 Cladosporium 20 cladosporioides Cladosporium herbarum 20 10 Mycelia sterilia 10 30 Penicillium 20 brevicompactum Summe 70 80 Bezeichnung Schlafzimmer Hohlraum Proben Nr. Probenahme: Gerät LKS30 LKS30 Volumen / l 100 100 Temperatur / C 14,8 14,8 Luftfeuchte / % 73 73 Medium DG18 MEA Gattung / Art KBE / m³ KBE / m³ Aspergillus versicolor 3000 3000 Penicillium sp. 200 200 Summe 3200 3200 Die Betrachtung der einzelnen Schimmelpilzarten zeigt eine deutlich erhöhte Konzentration der Schimmelpilzart Aspergillus versicolor. In der Raumluft ist diese Schimmelpilzart zudem überhaupt nicht vorhanden. Aspergillus versicolor kommt in der Regel in der Außenluft nicht vor (untypische Außenluftart). Beide Punkte sprechen deutlich für einen möglichen Schimmelpilzbefall zwischen der Rigipsplatte und der Ursprungskellerwand. Grundsätzlich stellt sich die Frage, warum es zu einer gesundheitlichen Belastung für den Raumnutzer durch einen möglichen Schimmelpilzbefall hinter der Rigipsplatte kommen kann. Die Raumluftmessung im Schlafzimmer zeigt zum einen eine sehr geringe Schimmelpilzsporenkonzentration und zum anderen wird Aspergillus versicolor in der Raumluft überhaupt nicht nachgewiesen. Diese Schimmelpilzart kann uns Menschen auch auf anderen Wegen gesundheitlich belasten. Aspergillus versicolor bildet Mykotoxine und mikrobielle flüchtige organische Verbindungen (MVOC). Die MVOC können über kleine Öffnungen, durch die keine Schimmelpilzsporen kommen können, in die Raumluft gelangen. Seite 5 von 18

Eventuell war das mit ein Auslöser für die gesundheitlichen Beschwerden meines Auftraggebers. Das zu beurteilen gehört aber nicht zu meinen Aufgaben, sondern zu den Aufgaben eines versierten wohn-/umweltmedizinischen Arztes. Der Auftraggeber hat das Ergebnis zum Anlass genommen, die Innenwandverkleidung entfernen zu lassen. Diese Arbeiten wurden von einem Fachbetrieb ausgeführt, der über das erforderliche Wissen und Ausstattung verfügt. Denn bevor die Wand geöffnet werden kann, muss der Raum am besten ausgeräumt und vom Rest des Hauses abgeschottet werden, damit bei den Sanierungsarbeiten keine Schimmelpilzbestandteile in andere Bereiche gelangen können. Nachdem die Innenwanddämmung entfernt worden war, kam ein großflächiger Schimmelpilzbefall zum Vorschein. Ursache hierfür waren Undichtigkeiten im Mauerwerk. Hierdurch konnte Feuchtigkeit von außen eindringen. Durch die Innenwandverkleidung war dieses nicht erkennbar und es konnte sich im Verborgenen ein großer Schimmelpilzbefall bilden. Dieser Fall zeigt eindeutig, dass durch den gezielten Einsatz von Messungen auch ein verdeckter Schimmelpilzbefall nachgewiesen werden kann. An dieser Stelle weise ich dringend darauf hin, dass in Kellerräumen möglichst auf Innenwandverkleidungen verzichtet werden soll. Seite 6 von 18

2.Fall: Formaldehyd in der Wohnung Frau R. hat seit Jahren Atemwegsbeschwerden. Zusätzlich wurde ärztlich festgestellt, dass die Hornhaut ihrer Augen sich langsam auflöst. Die Angaben stammen von der Auftraggeberin. Sie wohnt mit ihrem Mann seit 1974 in einem Mehrfamilienhaus in der 5.Etage. Beide sind Rentner und halten sich viel in ihrer Wohnung auf. Laut ihren Angaben hat die Frau früher beruflich auch außer Haus übernachtet. Während dieser Zeit waren die Atemwegsprobleme wesentlich geringer. Somit kamen beide auf den Gedanken eine mögliche Ursache in Ihrer Wohnung zu suchen. Auch hier haben wir einen Termin zur Wohnungsbegehung vereinbart. Die Wohnung befand sich in einem guten Allgemeinzustand. An den Raumdecken befanden sich überwiegend Paneele oder Holzvertäfelungen. In allen Räumen waren Schränke aus furnierten Spanplatten vorhanden. Die Beschwerden der Frau R. waren im Schlafzimmer besonders stark. In Verbindung mit den beschriebenen Beschwerdebild und den zahlreich vorhandenen Holzwerkstoffen war mein erster Hauptverdächtiger Formaldehyd. Formaldehyd war und ist Bestandteil der Bindemittel für die Herstellung von Holzwerkstoffen. Es wird aber auch immer noch in vielen anderen Produkten des täglichen Lebens eingesetzt. Dadurch zählt Formaldehyd immer noch zu den gängigen Innenraumschadstoffen. Formaldehyd kann unter anderem zu Augen- und Atemwegsreizungen führen. Formaldehyd ist ein leichtflüchtiger Stoff und kann in der Raumluft gemessen und nachgewiesen werden. Deshalb bietet sich eine Raumluftmessung auf Formaldehyd in diesem Fall an. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten, die ich in Betracht gezogen habe. Mit Hilfe eines Luftkompressors und eines Gasmengenzählers wird eine definierte Menge Raumluft durch ein Probenahmeröhrchen gezogen. Dieses Röhrchen wird im Labor auf Formaldehyd analysiert. Vorteil dieser Methode ist, dass die Konzentration des Formaldehyds in der Raumluft relativ genau bestimmt werden kann. Der Nachteil ist, dass die Anzahl der Proben auf Grund der Kosten meist begrenzt ist und es einige Tage dauert, bis die Laborergebnisse bekannt sind. Die andere Möglichkeit ist die Messung mit einem direkt anzeigenden Gerät. Dieses Gerät hat den Vorteil, dass mehrere Messungen in Echtzeit möglich sind und an vielen verschiedenen Stellen gemessen werden kann, ohne die Kosten ausufern zu lassen. Die Messgenauigkeit des eingesetzten Formaldemeters hat sich in Ringmessungen des Berufsverbandes Deutscher Baubiologen e.v. (VDB) als gut erwiesen. Dieses Gerät ist für orientierende Messungen gut geeignet. Wenn es um möglichst genaue Messwerte geht, ist allerdings die zuvor beschriebene Methode zu empfehlen. Seite 7 von 18

Formaldemeter (Quelle: Leopold Siegrist GmbH): Ich habe dem Ehepaar die Messung mit dem Formaldemeter empfohlen. Dieser Vorschlag wurde von ihnen angenommen und wir haben für die Messung einen neuen Termin vereinbart. Auch für diese Messung ist es erforderlich, dass die zuvor beschriebene Lüftung acht Stunden vor dem Messtermin durchgeführt wird. So kann sich ein ausgeglichenes Gasgemisch in der Raumluft einstellen. Folgende Messwerte habe ich mit dem Formaldemeter ermittelt: Messort ppm µg/m 3 Schlafzimmer Raumluft 0,28 347 Schlafzimmer Schrank 0,20 248 Schlafzimmer Hohlraum Decke 0,34 422 Gästezimmer 0,10 124 Wohnzimmer Raumluft 0,21 260 Wohnzimmer Schrank 0,37 459 Küche 0,19 236 Küche Schrank 0,28 347 Richtwerte Formaldehyd: WHO 100 µg/m 3 BGA 125 µg/m 3 Hamburger Liste RW I 30 µg/m 3 RWII 100 µg/m 3 Baubiologische Richtwerte für Schlafplätze SBM 2008 20-50 µg/m 3 schwache Auffälligkeit 50-100 µg/m 3 starke Auffälligkeit ab 100 µg/m 3 extrem starke Auffälligkeit Auch bei Berücksichtigung von möglichen Messtoleranzen des Messgerätes ist eindeutig eine erhöhte Konzentration von Formaldehyd in der Raumluft feststellbar. Der große Vorteil des Messgerätes ist, dass direkt vor Ort auch Messungen in Schränken und Hohlräumen durchgeführt und für Vergleiche verwendet werden können. So stellte sich im Schlafzimmer die Frage, wer ist der mögliche Verursacher für den hohen Formaldehydgehalt in der Raumluft. Da war zum einen der Schrank. Ich habe mit dem Gerät im Schrank gemessen. Da die Konzentration auch dort erhöht war, aber nicht über der der Raumluft lag, konnte der Seite 8 von 18

Schrank nicht für diesen hohen Wert verantwortlich sein. Weiterhin gab es noch die Paneele unter der Decke. Es war relativ einfach, eine kleine Öffnung zum Hohlraum zwischen den Paneelen und der Betondecke herzustellen, um dort auch eine Messung durchführen zu können. Hier war die Formaldehydkonzentration deutlich höher als in der Raumluft. Insofern sind die Paneele als die Hauptverursacher für die hohe Formaldehydkonzentration in der Raumluft anzunehmen. Diese Messungen habe ich in weiteren Räumen durchgeführt. Auch hier waren erhöhte Werte messbar. In der Küche und im Wohnzimmer waren in den jeweiligen Schränken die Formaldehydkonzentrationen höher als in der Raumluft. Im Vorgespräch mit dem Ehepaar stellte sich heraus, dass es der Frau während des Aufenthalts im Gästezimmer besser geht und sie aus diesem Grund häufiger dort schläft. Der geringere Messwert in diesem Raum im Vergleich zu den anderen Räumen kann schon ein Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Formaldehyd und den gesundheitlichen Beschwerden der Frau sein. Nach den Messungen habe ich die Ergebnisse mit dem Ehepaar ausführlich besprochen. Als Erstmaßnahme habe ich ihnen empfohlen die Wohnung viel und intensiv zu lüften. Formaldehyd ist leichtflüchtig und die Konzentration kann damit in der Raumluft reduziert werden. Bevor weitergehende bauliche Maßnahmen erfolgen sollten, habe ich der Frau empfohlen, sich an einen Wohnmediziner zu wenden und mit ihm die Messwerte und ihre gesundheitlichen Beschwerden zu besprechen. Von ihm wurden entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Durch Laborbefunde konnte auch im Körper der Frau eine Belastung mit Formaldehyd nachgewiesen werden. Als weitergehende Maßnahmen habe ich einen Ausbau der Paneele empfohlen. Da sich das Ehepaar einen Austausch der gesamten Möbel nicht vorstellen konnte, habe ich ihnen empfohlen alle nicht beschichteten Teile und Bohrlöcher der Schränke an der Oberfläche zu versiegeln. So kann ein Ausdünsten des Formaldehyds aus den Spannplatten reduziert werden. Wenn diese Maßnahmen durchgeführt worden sind, soll eine erneute Messung Aufschluss über den Erfolg geben und zeigen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Da sich auch Holzvertäfelungen in der Wohnung befinden, die 1974 mit Holzschutzmitteln gestrichen worden sind und angesichts des Baujahrs des Gebäudes, habe ich dem Ehepaar auch noch eine Probenahme vom Staub in der Wohnung empfohlen, um diesen auf Holzschutzmittel, PCB und andere Innenraumschadstoffe untersuchen zu lassen. Diese wurde bis jetzt noch nicht durchgeführt. Seite 9 von 18

3.Fall: Elektrosmog im Kinderzimmer Die Familie M. nahm auf Empfehlung Ihrer Hausärztin Kontakt mit mir auf. Das jüngste Kind, ein 2-jähriges Mädchen, hatte vielfache ärztlich diagnostizierte gesundheitliche Beschwerden (spastische Bronchitis, Allergien/Neurodermitis, mehrfache Lungenentzündungen). Vorrangig ging es bei meinem Auftrag darum, eine Schlafplatzmessung auf Elektrosmog durchzuführen, weil das Kind sehr schlecht schlief und nachts oft aufstand. Das führte natürlich bei allen Beteiligten zu einer hohen Belastung, wenn der erholsame Schlaf fehlt. Es wurde ein Termin für die Elektrosmogmessung vereinbart. Ich beschreibe nicht das genaue Vorgehen der einzelnen Messungen, das würde an dieser Stelle zu umfangreich werden. Nachfolgend liste ich die verschiedenen gemessenen Elektrosmogarten im Vergleich zu den baubiologischen Richtwerten für Schlafplätze (SBM 2008) auf: Messwert SBM2008 Elektrisches Wechselfeld 25 V/m Stark auffällig Magnetisches Wechselfeld 50 Hz 61 nt Schwach auffällig DECT-Telefon, obere Wohnung 1 µw/m² Schwach auffällig WLAN, Nebenraum 2800 µw/m² Extrem auffällig Mobilfunk >0,1 µw/m² unauffällig Elektrische Gleichfelder (Gardine) 1800 V Stark auffällig Magnetische Gleichfelder 0 unauffällig Die Richtwerte des SBM 2008 wurden in baubiologischen Fachgremien erarbeitet und werden mittlerweile vielfach international verwendet. Sie sollen uns Baubiologen in der Praxis helfen, die vorgefundenen Messwerte zu bewerten. Die gesetzlichen Grenzwerte sind nicht für eine Bewertung unter gesundheitlichen Aspekten aus baubiologischer Sicht geeignet. Sie orientieren sich eher an wirtschaftlichen und anderen Interessen. Besonders auffällig bei den oben genannten Werten war die gemessene elektromagnetische Funkstrahlung durch den WLAN-Router. Dieser Router stand im Nachbarzimmer (Büro) unmittelbar neben dem Bett des Kindes. Büro WLAN Bett Kinderzimmer Skizze Grundriss WLAN-Router senden 24 Stunden hochfrequente Funkstrahlung aus. Diese Funkstrahlung ist gepulst. Unter anderem kann das ein Grund sein, warum einige Menschen auf diese Funkstrahlung reagieren. Auch wenn es immer noch von vielen Seiten angezweifelt wird, ob solche Funkstrahlungen gesundheitliche Auswirkungen haben können, gibt es doch mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Hinweise und Studien für einen Zusammenhang zwischen der Funkstrahlung und körperlichen Reaktionen bei Menschen und Tieren. Seite 10 von 18

Nachfolgend werden Sie sehen, dass wir nicht immer auf den eindeutigen wissenschaftlichen Beweis warten sollten. Selten habe ich an einem Schlafplatz so hohe Messwerte durch einen WLAN-Router gemessen. Ich habe der Familie dringend empfohlen, ganz auf die Nutzung der WLAN- Technologie zu verzichten. Und wenn das nicht möglich ist, dann sollten sie den WLAN- Router nur einschalten, wenn sie ihn wirklich benötigen. Besonders nachts oder wenn das Kind in seinem Bett schläft sollte die Funkstrahlung abgeschaltet sein. Es war auch noch sehr schwach die Funkstrahlung der Basisstation eines DECT- Schnurlostelefons aus dem Obergeschoss messbar. Auch hier gilt die Empfehlung, auf die schnurlose Technologie zu verzichten oder Telefone einzusetzen, bei denen sich die Funkstrahlung nach Beendigung des Telefonats ganz abschaltet. Das elektrische Wechselfeld wird durch Spannung in Stromleitungen und Geräten verursacht. Es kann sich an unseren Körper ankoppeln und sich auch belastend auswirken. Um dieses elektrische Wechselfeld zu reduzieren, habe ich der Familie den Einbau eines Netzfreischalters in den Stromkreis des Kinderzimmers empfohlen. Dieser Netzfreischalter wird im Sicherungskasten installiert und schaltet den Strom in dem betreffenden Stromkreis ab, sobald der letzte Verbraucher ausgeschaltet wird. Falls Strom benötigt wird, zum Beispiel beim Betätigen des Lichtschalters, schaltet der Netzfreischalter den Strom wieder ein. So kann ohne Komfortverlust das elektrische Wechselfeld reduziert werden. Weiterhin war noch eine starke statische Aufladung (elektrisches Gleichfeld) der Gardine messbar. Das kann zu einer Veränderung der Luftionisation führen. Diese wirkt sich negativ auf die Qualität der Raumluft aus. Besonders in Anbetracht der Atemwegsprobleme habe ich der Familie eine Entfernung der synthetischen Gardine empfohlen. Es sollten nur Stoffe im Raum verwendet werden, die sich nicht statisch aufladen. Die Empfehlungen wurden von der Familie Schritt für Schritt umgesetzt. Als erstes wurde die WLAN-Technologie abgeschaltet. Sofort stellte sich eine Verbesserung des Schlafverhaltens beim Kind ein. Es schlief die ganze Nacht durch und hatte das erste Mal einen erholsamen Schlaf. Im Laufe der Zeit verbesserte sich der gesamte gesundheitliche Zustand des Kindes erheblich. Die Messungen habe ich vor zwei Jahren durchgeführt. In der Vorbereitung zu diesem Beitrag habe ich noch einmal Kontakt zu der Mutter aufgenommen. Dem Kind geht es rundum gut. Alle zuvor genannten Beschwerdebilder haben sich verbessert oder sind ganz verschwunden. Oft wird im Zusammenhang mit solchen Erfahrungsberichten ein sogenannter Placebo-Effekt bei den betroffenen Personen von Kritikern angeführt. Ich denke, dass dieser in diesem Fall ausgeschlossen werden kann. Ein kleines Kind von zwei Jahren kann solche Zusammenhänge meines Erachtens noch nicht herstellen. In der baubiologischen Praxis hat sich oft gezeigt, dass schon wesentlich geringere durch WLAN verursachte Strahlungsbelastungen im Zusammenhang mit gesundheitlichen Beschwerden stehen können. Aus diesem Grund kann an dieser Stelle nur zu einem verantwortlichen Umgang mit allen Funktechnologien aufgerufen werden. Jeder sollte für sich abschätzen und hinterfragen, wie stark er sich solchen Belastungen aussetzt. Ich hatte zwar nur den Auftrag zu einer Elektrosmogmessung. Bei der Begehung ist mir die Holzvertäfelung im Kinderzimmer aufgefallen. Diese war schon einige Jahrzehnte vorhanden. Ich habe die Familie auf eine eventuelle Holzschutzmittelproblematik hingewiesen. Eine Laboruntersuchung auf Holzschutzmittel kam für die Familie aus Kostengründen nicht in Frage. Sie haben meinen Hinweis aber zum Anlass genommen, die Holzvertäfelung zu entfernen. Seite 11 von 18

4.Fall: Schimmelpilze in der Dachdämmung Frau T. hat seit Jahren Atemwegsprobleme und Kopfschmerzen. Ihr ist aufgefallen, dass wenn sie sich für einige Zeit nicht in ihrem Haus aufhält, es ihr besser geht. Das war der Anlass mit mir Kontakt aufzunehmen. Wir vereinbarten einen Termin für eine Hausbegehung. Das Haus war zu dem Zeitpunkt 15 Jahre alt. Sie waren die Erstbesitzer des Hauses und haben auch viele Arbeiten in Eigenleistung ausgeführt. Das Haus befand sich in einem guten gepflegten Zustand. Es war augenscheinlich kein Schimmelpilz erkennbar. Im Wohnzimmer (EG) stand ein historischer Schrank, der aufgearbeitet worden war. Solche Schränke können bei der Restaurierung mit Holzschutzmittel behandelt worden sein, um zum Beispiel Holzwürmer abzutöten. Diese Holzschutzmittel sind dann oft im Staub eines Hauses nachweisbar. Dieser Verdachtsmoment wurde notiert. Im Dachgeschoß befanden sich das Schlaf-, Kinder- und Badezimmer. Dort gab es keine augenscheinlichen Auffälligkeiten. Die Holzvertäfelungen in der Dachschräge sind nach Angaben der Auftraggeber nicht mit Holzschutzmitteln behandelt worden. Bei der Begehung des Spitzbodens vielen mir dunkle Verfärbungen an einen Dachsparren oberhalb des Badezimmers auf. Diese konnte ich mit Hilfe einer Taschenlampe zwischen der Dämmung mit Künstlichen Mineralfasern (KMF) und der Dachunterspannbahn erkennen. Auf Grund dessen haben wir im Bereich des Badezimmers den Drempel geöffnet. Dort war erkennbar, dass die Dampfsperre aus Aluminiumfolie nicht ordnungsgemäß an den Dachsparren angebracht worden war. So konnte durch die Holzvertäfelung und der Lücke zwischen Dampfsperre und Dachsparren feuchte Innenraumluft in die Dämmung gelangen und sich sogar oberhalb der Dämmung an den Dachsparren Feuchtigkeit niederschlagen. Auf Grund dieses Befundes war der Verdacht groß, dass dieses Problem an mehreren Stellen im Dachgeschoß vorhanden war. Durch das Eindringen von Feuchtigkeit in die KMF kann es zu einer Schimmelpilzbildung in dieser Dämmung kommen. So bestand der Verdacht, dass die gesundheitlichen Beschwerden der Frau in Zusammenhang mit einem möglichen Schimmelpilzbefall in der Dachschrägendämmung stehen. Nach Rücksprache und eingehender Beratung mit den Auftraggebern wurde ein Termin für eine Raumluftmessung auf Schimmelpilzsporen im Schlafzimmer und Badezimmer vereinbart. Als Referenzprobe wurde eine Außenluftmessung durchgeführt. Die Messung wurde wie im ersten Fall beschrieben durchgeführt. Das Laborergebnis sah wie folgt aus: Seite 12 von 18

Übersicht: 1000 900 800 700 KBE/m³ 600 500 400 MEA DG18 300 200 100 0 Außenluft Bad Schlafzimmer KBR/m 3 : Koloniebildende Einheiten pro Kubikmeter Luft. Die Übersicht der Gesamtsporenzahl zeigt eine Erhöhung im Bad und im Schlafzimmer gegenüber der Außenluft. Schimmelpilzarten: Bezeichnung Seite 13 von 18 Außenluft Proben Nr. NM3255.1 NM3255.2 Probenahme: Gerät LKS30 LKS30 Volumen / l 100 100 Temperatur / C 13,2 13,2 Luftfeuchte / % 77 77 Medium DG18 MEA Gattung / Art KBE / m³ KBE / m³ Botrytis cinerea 20 Cladosporium 30 30 cladosporioides Cladosporium herbarum 50 80 Mycelia sterilia 90 100 Penicillium 10 20 aurantiogriseum Penicillium 10 10 brevicompactum Penicillium chrysogenum 30 Summe 190 290

Bezeichnung Bad Proben Nr. NM3255.3 NM3255.4 Probenahme: Gerät LKS30 LKS30 Volumen / l 100 100 Temperatur / C 20 20 Luftfeuchte / % 65,4 65,4 Medium DG18 MEA Gattung / Art KBE / m³ KBE / m³ Alternaria alternata 10 Aspergillus versicolor 30 60 Chaetomium globosum 20 Cladosporium 40 40 cladosporioides Cladosporium herbarum 120 80 Cladosporium 440 360 sphaerospermum Mycelia sterilia 80 Penicillium 10 aurantiogriseum Penicillium 10 brevicompactum Penicillium chrysogenum 10 30 Wallemia sebi 290 Summe 950 680 Bezeichnung Schlafzimmer Proben Nr. NM3255.5 NM3255.6 Probenahme: Gerät LKS30 LKS30 Volumen / l 100 100 Temperatur / C 20 20 Luftfeuchte / % 60,3 60,3 Medium DG18 MEA Gattung / Art KBE / m³ KBE / m³ Aspergillus penicillioides 230 Aspergillus versicolor 20 30 Cladosporium 70 20 cladosporioides Cladosporium herbarum 50 30 Mycelia sterilia 50 40 Penicillium 10 aurantiogriseum Penicillium 10 brevicompactum Penicillium chrysogenum 10 Summe 430 140 Seite 14 von 18

Die Luftkeimproben konnten eine mäßige bis starke Belastung im Sinne einer baubiologischen Bewertung für die Raumluft in Bad und Schlafzimmer des untersuchten Objektes nachweisen. Hier lagen selektive Anreicherungen für spezifische Indikatorarten vor, weshalb Innenraumquellen anzunehmen sind. So wurden im Bad eine stark erhöhte Konzentrationen für Cladosporium sphaerospermum und Wallemia sebi vorgefunden. Beide Arten gelten als Indikatoren für Feuchteschäden, da sie in der Außenluft nicht dominant vorkommen (siehe: Schimmelpilz-Leitfaden des LGA Baden-Württemberg). Im Schlafzimmer wurden erhöhte Konzentrationen für Aspergillus penicillioides nachgewiesen. Xerophile Arten wie Wallemia sebi und Aspergillus penicillioides benötigen nur geringfügig erhöhte Feuchtegehalte an Oberflächen, weshalb sie gewöhnlich im Zusammenhang mit Kondensatfeuchte als Befallserreger auftreten. Die Kombination mit Cladosporium sphaerospermum im Bad deutet einen fortgeschrittenen Schaden an. Mit der Messung konnte nachgewiesen werden, dass es eine Belastung der Raumluft mit Schimmelpilzsporen gibt, deren Ursache in der nicht fachgerecht ausgeführten Dampfsperre und der daraus folgenden Erhöhung der Feuchtigkeit in der KMF liegt. Dieser Sachverhalt kann in Zusammenhang mit den gesundheitlichen Beschwerden der Frau stehen. Auch hier gilt, dass diese Bewertung nur durch einen Arzt vorgenommen werden kann. Die Auftraggeber nahmen die Messergebnisse zum Anlass im gesamten Dachgeschoß die KMF zu entfernen und durch einen fachgerechten Einbau einer neuen Dämmung zu ersetzen. Nach der Sanierung verbesserte sich der Gesundheitszustand der Frau. Seite 15 von 18

5.Fall: Schadstoffe im Büro In diesem Fall geht es um ein größeres Bürogebäude (Baujahr ca.1965). Das Gebäude wurde vom Auftraggeber gekauft und vor ca. 4,5 Jahren komplett renoviert und an dessen Bedürfnisse angepasst. Beauftragt wurde ich, weil der Geschäftsführer Probleme mit dem Hals und mit tränenden Augen hat. Auch hier wurde ein erster Begehungstermin vereinbart. Alle Büroräume sind mit einem Nadelfilzteppich ausgestattet. Es sind Möbel aus furnierter Spanplatte vorhanden. Die Wände sind mit mineralischen Farben gestrichen worden. Es ist eine abgehängte Decke vorhanden auf der ein Vlies liegt. Laut Auftraggeber befindet sich unter dem Estrich eine Dämmung aus Kokosmatten. Im Büro des Geschäftsführers ist ein Geruch wahrnehmbar. Schimmelpilze waren augenscheinlich nicht erkennbar. Ein ganz konkreter Hinweis auf mögliche Verursacher gab es in diesem Fall nicht. Aus diesem Grund habe ich eine erste orientierende Messung der üblichen Verdächtigen (Möbel, Teppich) mit dem Formaldemeter auf Formaldhyd und mit einem Photoionisationsdetektor (PID) vorgeschlagen. Mit dem PID können flüchtige organische Verbindungen (VOC) in der Summe gemessen werden. PID (Quelle: RAE Systems) Hinsichtlich des Formaldehyds gab es weder in der Raumluft noch in den Schränken auffällige Messwerte. Die Messung mit dem PID ergab in der Raumluft und in den Schränken auch keine Auffälligkeiten. Im Bereich des Schreibtisches befindet sich unter dem Bürostuhl eine Kunststoffauflage. Unter der Schutzauflage ist ein besonders starker Geruch wahrnehmbar und hier war ein stark erhöhter Messwert mit dem PID feststellbar. Hiermit hatte ich einen ersten Hinweis. Leider können mit dem PID keine Einzelstoffe gemessen werden. Somit habe ich dem Auftraggeber weitere Messungen vorgeschlagen. Hierzu wurde der Raum am Tag vor der Messung gelüftet und im Bereich der Bürostuhlschutzauflage Messzellen auf dem Teppich positioniert. Weiterhin wurden Messzellen auf einem nicht abgedeckten Bereich des Teppichs positioniert. Seite 16 von 18

Messzelle auf Fußboden Am Tag der Messung wurde zuerst eine Raumluftprobe entnommen. Hierzu wurde mit Hilfe eines Kompressors und eines Gasmengenzähler Luft durch ein TENAX-Röhrchen gezogen. Weiterhin wurde jeweils eine Probe auch aus den Messzellen entnommen. Über Nacht konnte sich in den Messzellen ein ausgeglichenes Gasgemisch herstellen. Wenn sich in den Materialien unterhalb der Messzellen Schad- oder Geruchsstoffe befinden, dann erhöht sich auch dessen Gehalt in der Messzelle. Die TENAX-Röhrchen wurden in ein Labor zur Analyse gegeben. Die Laborauswertungen der einzelnen Messstellen wurden miteinander verglichen. Die Untersuchung wurde als semiquantitative Untersuchung zum Aufklären der Ursachen von Geruchsproblemen durchgeführt. Die Gesamtsumme der Konzentration der gefundenen flüchtigen organischen Verbindungen (TVOC) liegt bei semiquantitativer Auswertung als Toluol-Äquivalente in der Raumluft des Büros bei 237 µg/m 3, in der Messzelle (oberhalb Teppichboden) bei 217 µg/m 3 und in der Messzelle (unterhalb Schutzauflage, auf Teppich) bei 2.735 µg/m 3. Die TVOC Konzentration in der Raumluft und oberhalb des unbedeckten Teppichs war unauffällig einzustufen. Auffällig war eindeutig die TVOC-Konzentration in der Messzelle unterhalb der Schutzauflage. Es konnte 2-Ethyl-1-hexanol deutlich oberhalb der Geruchsschwelle von 500 µg/m 3 und Benzaldehyd oberhalb des AGÖF-Orientierungswertes Seite 17 von 18

nachgewiesen werden. Weitere geruchsintensive Substanzen wie Isododecene und höhere Aldehyde werden ebenfalls zu dem vorliegenden Geruchsproblem beitragen. Weiterhin war aber der Messwert eines Einzelstoffes in der Raumluft beachtenswert. Die Raumluft des Büros ist als hygienisch bedenklich einzustufen, da der Richtwert II (Eingreifwert) für Naphtalin der ad-hoc-kommission von 20 µg/m 3 überschritten wurde. Der Messwert in der Raumluft lag bei 29,6 µg/m 3. Der RWII stellt die Konzentration eines Stoffes dar, bei deren Erreichen bzw. Überschreiten unverzüglich Handlungsbedarf besteht, da diese Konzentration geeignet ist, insbesondere für empfindliche Personen bei Daueraufenthalt in den Räumen eine gesundheitliche Gefährdung darzustellen. Mit seinem intensiv teerähnlichen Geruch trägt es zu einem deutlichen Geruchsproblem bei. Hier war ein Einzelstoff gefunden worden, der möglicherweise für die gesundheitlichen Probleme des Geschäftsführers verantwortlich sein konnte und von dem auch der Geruch stammen konnte. Naphtalin gehört zu der Stoffgruppe der polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Naphtalin wurde vorrangig als Insektizid (Mottenkugel) eingesetzt und ist auch in teerhaltigen Anstrichen vorhanden. Nachfolgend wurden verschiedene Analysen durchgeführt, um den Verursacher für die hohe Naphtalin-Konzentration zu lokalisieren. Auch in anderen Büros waren erhöhte Konzentrationen feststellbar. Der Teppich schied als Quelle aus, weil in der Messzelle über dem Teppich niedrigere Werte gemessen wurden als in der Raumluft. Als erster Hauptverdächtiger galt für mich die Kokosdämmung unter dem Estrich. Aber die Analyse ergab keine Auffälligkeit. So war nach mehreren Messungen und Analysen nur ein auffälliger Wert in der Luft einer verkleideten ehemaligen Heizkörpernische gefunden worden. Im Bereich der Heizkörpernische wurde ein Querschnitt aus der Außenwand mit einer Kernbohrung entnommen. Hierbei kamen verschiedenen Schichten des Wandaufbau zu Tage. Von innen her war ein Putz, Heraklith-Platte, eine Bitumschicht, eine Putzschicht und der Mauerstein vorhanden. Die Untersuchung der Heraklith-Platte und der Bitumschicht auf Naphtalin ergab die Bitumschicht als mögliche Quelle für die Naphtalinbelastung der Raumluft. Als mögliche Sanierungsmaßnahmen kommen eine Abdichtung oder die Entfernung der Bitumschicht in Frage. Der Auftraggeber hat die Sanierung noch nicht begonnen. Abschlussbemerkung: Alle diese Fälle zeigen, dass es besonders wichtig ist, dem Kunden gut zuzuhören, eine umfangreiche Bestandsaufnahme durchzuführen und anhand dessen, die richtige Vorgehensweise festzulegen. Somit besteht eine große Möglichkeit, Quellen für gesundheitliche Belastungen zu lokalisieren und den Kunden hinsichtlich einer sinnvollen Sanierung zu beraten. Mir liegt es sehr am Herzen, dass wir Baubiologen eng verzahnt mit Ärzten und Heilpraktikern zusammen arbeiten. Denn nur eine Beseitigung der Quelle reicht meistens nicht aus. Die betroffenen Menschen sollten möglichst auch medizinisch kompetent begleitet werden. Seite 18 von 18