BAUKOSTEN TREIBEN BAUPREISE NACH OBEN. Vorschriften und Regulierungen verteuern zusätzlich

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Transkript:

ID Magazin des Bayerischen Bauindustrieverbandes e. V. Januar 2019 64. Jahrgang BAUKOSTEN TREIBEN BAUPREISE NACH OBEN Vorschriften und Regulierungen verteuern zusätzlich VOM BAUINGENIEUR ZUM UNTERNEHMERINGENIEUR Der Bauingenieur der Zukunft muss unternehmerisch denken und handeln BAYERISCHES BAUFORUM STELLT PERSPEKTIVEN VOR Zehn Baupartner positionieren sich gemeinsam zum Planen und Bauen in Bayern

ID Magazin des Bayerischen Bauindustrieverbandes e. V. Januar 2019 64. Jahrgang IMPRESSUM InformationsDienst Herausgeber: Bayerischer Bauindustrieverband e.v. München Verantwortlich für den Inhalt: Thomas Schmid Redaktion: Dr. Josef Wallner Konzept & Gestaltung: Daniel Schwaiger Druck: REPRODUKT digital GmbH BILDNACHWEIS Titel: Daniel Schwaiger, BBIV. S.6: Gruppenbild; Daniel Schwaiger, BBIV. S.7: Gruppenbild; Daniel Schwaiger, BBIV. Staatsminister; Daniel Schwaiger, BBIV. S.8: Bauarbeiter; Daniel Schwaiger, BBIV. S.13: Geiger; Stefan Obermeier. S.15: Ingenieure; Shutterstock, sirtravelalot. S.17: Buch, Haufeverlag. S.18: Schmid; Daniel Schwaiger, BBIV. S.19: Cover; istockphoto.com, golero; Staatssekretär; Daniel Schwaiger, BBIV. S.20: Cukrowicz Nachbaur Architekten, Bregenz. S.23: Cover; shutterstock.com, plpictures.com. S.24 : Illustration; Daniel Schwaiger, BBIV. S.25: Gruppenbild; Daniel Schwaiger, BBIV. S.28: Tanzende Türme; Felix Brühl. S.31 : Weidinger; Daniel Schwaiger, BBIV. S.32 : Nexus Haus; Thomas Kelsey, U.S. DEPT. of Energy. S.34 : Prof. Lang; Daniel Schwaiger, BBIV. S.35 : Illustration; Simone Matschi, TU München. S.36/37 : Bürobauwerk; Werner Bauer Photography.

OBEN UND UNTEN VIELE MÖGLICHE ERLEICHTERUNGEN DES BAUENS werden oben, auf den Ebenen Ministerium oder Vorstand, eingesehen. Daraus entstehen dann Verwaltungsvorschriften und Ausführungsschreiben mit genauen Anweisungen an die nachgeordneten Ebenen. Das war es dann aber. Unten tut sich nichts, es geht weiter wie bisher. Diesen Eindruck hinterlässt z. B. die Bahn AG: Ihr Zahlungsverhalten, ihre Art, auf Baurechnungen zu reagieren, soll heißen: erst einmal liegenlassen, dann die Zahlungen lange zu verzögern, war lange Zeit mehr berüchtigt als berühmt. Aber, und das ist die gute Nachricht, die Bahnoberen waren kooperativ. Schon vor einigen Jahren begonnen vom früheren Bahnvorstand Dr. Volker Kefer wurden konkrete Schritte beschlossen, wie das Rechnungs-Unwesen beim größten deutschen Mobilitätskonzern beseitigt werden könnte. Was aber oben vereinbart wurde, kam unten kaum an. Auch nicht ganz frei von diesem Vorwurf ist die bayerische Bauverwaltung. Sie funktioniert gut. Sie ist die beste aller Bundesländer, keine Frage. Oben zugesagt wurden Erleichterungen bei Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren wie zum Beispiel beim identischen Neubau kaputter Straßen- und Eisenbahnbrücken: Dafür genügt ein einfacheres Plangenehmigungsverfahren. Ein viel aufwändigeres und länger dauerndes Planfeststellungsverfahren wäre somit unnötig. Ebenso oben zugesagt: Sondervorschläge und Nebenangebote sind erlaubt, ja sogar erwünscht. Das aber bedeutet unten noch lange keine Einsicht und kein Handeln. Das gilt auch für den Umgang mit Korruptionsprävention. Mit ihrem EMB-Wertemanagement Bau hat die Bayerische Bauindustrie ein vorbildliches, weit über die üblichen, rein rechtlich ausgerichteten Compliance-Systeme hinausgehendes System geschaffen. Selbst organisiert sichert es die Einhaltung von Recht und Werten im Unternehmen. Regelmäßige Audits prüfen nach, ob dafür ausreichend Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen wurden. Es böte sich nicht nur an, es drängt sich geradezu auf, dass die Autobahndirektionen und Staatlichen Bauämter bei der Ausschreibung von Bauaufträgen kurz fragen, ob und was denn der Bieter in dieser Hinsicht tue. Auch das wäre ein Schritt weg von der ausschließlich am Angebotspreis ausgerichteten Vergabeentscheidung. Und ein kleiner Schritt hin zu einer Orientierung zusätzlich an der Zuverlässigkeit und Integrität der Bieter. Ich wünsche Ihnen ein Gutes Neues Jahr 2019. Ihr Thomas Schmid Hauptgeschäftsführer Bayerischer Bauindustrieverband e.v. ID Bauindustrie Bayern 3

INHALT IMPULS 3 Oben und unten Wenn Ministerien und Unternehmensvorstände Zusagen machen, sollte man meinen, dass diese von den unteren Ebenen so ausgeführt werden. Nicht immer ist es aber so DOWNLOAD ID 01/19 BAUKOSTEN TREIBEN BAUPREISE NACH OBEN Unseren ID und viele weitere interessanten Themen finden Sie auch online zum Download unter www.bauindustrie-bayern.de/ download BAUEN UND POLITIK 8 Höhere Baukosten treiben Baupreise nach oben Vorschnell angelastet wird den Bauunternehmen der Anstieg der Baupreise. Höhere Kosten, gestiegene Materialpreise und verteuernde Vorschriften sind aber ursächlich 12 Anforderungen an einen Unternehmeringenieur Die klassischen Ingenieurfähigkeiten muss er beherrschen der Bauingenieur der Zukunft, darüber hinaus aber auch unternehmerisch denken und handeln 16 Transparenz im öffentlichen Rechnungswesen Der IMF fordert, weg von der Kameralistik. Nur ein bilanzorientiertes öffentliches Rechnungswesen schafft Transparenz und ermöglicht, Risiken richtig einzuschätzen 18 Bayerisches Bauforum stellt gemeinsame Publikation vor Das Bauforum Bayern hat gemeinsam die Publikation PERSPEKTIVEN Gemeinsam. Planen und Bauen. Für Bayern. erstellt 22 Symposium Bayern Mobilität 2030 Eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur und ein hochwertiges Mobilitätssystem sind Kernelemente, um in Bayern Gleichwertige Lebensverhältnisse zu bewirken BAUWIRTSCHAFT UND KONJUNKTUR 26 Hoher Auftragszuwachs in Bayern BAUEN UND WERTE 28 EMB-Wertemanagement Bau ist das führende Managementsystem Zu diesem Ergebnis kommt das BWI BAU in seinem Forschungsbericht zur Compliance und Unternehmensethik in der Bauwirtschaft BAUEN UND ENERGIE 32 Gebäude im Kontext der Kreislaufwirtschaft Wie nachhaltig ist die Bauwirtschaft? Wie kommen wir mit moderner Technik zu geschlossenen Kreisläufen? Dazu sprach Prof. Dr. Werner Lang FORSCHUNG UND INNOVATION 36 Digital Building Lab Im neuen Bürogebäude der Fa. Tausendpfund werden unterschiedliche Materialien auf ihre Wohnkomforteigenschaften hin sowie bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit getestet 38 PERSÖNLICHES 39 ZAHLEN ZUR BAUWIRTSCHAFT IN BAYERN 4 INHALT

8 12 18 ID Bauindustrie Bayern 5

Baumarkt und Gesellschaft SCHWABENRUNDE IM BAYERISCHEN LANDTAG 2018 SCHWABENRUNDE Staatsminister Dr. Hans Reichhart, Dipl.-Ing. Wolfgang Dorn, Alfred Sauter, MdL, Thomas Schmid (v.l. n.r.) IN GUTER TRADITION kamen die Unternehmer des Bezirksverbandes Schwaben mit den Landtagsabgeordneten der Schwäbischen CSU am 28. November 2018 im Bayerischen Landtag zusammen. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Themen Baupreise und Kosten sowie die Frage: Hat der Diesel Zukunft? Die Baupreise sind zuletzt gestiegen. Weil Baupreise von den Bauunternehmen gestellt werden, wird ihre Erhöhung oft vorschnell den Bauunternehmen zugerechnet. Vermutet wird, sie nutzten die Situation aus für einen schnellen Gewinn. Übersehen wird dabei aber gerne, so Dipl.-Ing. Wolfgang Dorn, Vorsitzender des BBIV-Bezirksverbandes Schwaben, dass es mehrere Ursachen für die höheren Baupreise gibt: So seien die Baulöhne in diesem Jahr überdurchschnittlich gestiegen. Der Tarifabschluss habe im Mai 2018 einen Anstieg um 5,7 % bewirkt. Noch stärker gestiegen seien viele Materialpreise, so Stahl und Bitumen. Der Brand bei der BayernOil Raffinerie in Vohburg habe zu einer wahren Explosion des Bitumenpreises in Bayern und zu massiven Versorgungsproblemen geführt. Als Drittes, so Dorn, hat auch der Staat mit seinen Vorschriften und immer höheren Anforderungen seinen Anteil an den höheren Bauleistungspreisen. Abschließend stellte Dorn fest, dass die Baupreise in der langfristigen Betrachtung immer noch weniger zugenommen haben als die Inflationsrate. Mobilität und Verkehr FACHKOLLOQUIUM BEDARFSGERECHTER WOHNUNGSBAU IM LÄNDLICHEN RAUM GEMEINSAM mit der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum und dem Bayerischen Gemeindetag veranstaltete der Bayerische Bauindustrieverband am 22. November 2018 ein Fachkolloquium zum Wohnungsbau im ländlichen Raum. BBIV-Hauptgeschäftsführer Thomas Schmid stellte die Vorteile der industriellen Verfahren modulares und serielles Bauen heraus. Sie erlauben nicht nur schnelleres und kostengünstigeres Bauen, große Vorteile bieten sie auch den Anwohnern der Baustelle. Industrielles Bauen gelinge am besten durch Bauen aus einer Hand. Wenn durch eine entsprechende Vertragsgestaltung Planen und Bauen aus einer Hand kommen, kann schneller und besser gebaut werden. Dipl.-Kfm. Michael Thon, Geschäftsführer des Bauunternehmens Ferdinand Tausendpfund in Regensburg, stellte ein konkretes Produkt vor, das FTMH1000. Industriell gefertigt ermögliche das Produkt FTMH1000 eine freie Wahl der Baustoffe Holz, Stahl, Beton oder Mauerstein. Der Kunde erhalte es zum Fixpreis. Am Ende des Gebäudelebenszyklus könne die beanspruchte Fläche wieder renaturiert werden. 6 NEWS

Bildung und Beruf BAUMEISTER GESUCHT ERHÄLT PREIS BERUFSBILDUNG 2018 DIE PREISTRÄGER mit Claudia Eder, BBIV; Andreas Büschler, LBB; Staatsministerin Kerstin Schreyer, MdL; Petra Griebel, MPA IM WETTBEWERB um besonders gelungene Berufsorientierungsveranstaltungen hat die Aktion Baumeister gesucht einen Preis gewonnen. Überreicht wurde er auf der diesjährigen Berufsbildungsmesse in Nürnberg am 12. Dezember 2018 durch die Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Frau Kerstin Schreyer, MdL. Bildung und Beruf CONVIVIUM PROFESSORUM 2018 Die bayerische Bauindustrie pflegt seit jeher den regen Austausch mit der Wissenschaft und Forschung. Das convivium professorum ist ein alljährlicher Höhepunkt, an dem die bayerische Bauindustrie mit den Ordinarien der Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt der Technischen Universität München und Professoren von bayerischen Hochschulen zu einem festlichen Abendessen im Oskar von Miller Forum in München zusammenkommen. Als Ehrengast wechselt sich jährlich ein Vertreter der Politik mit einem Vertreter aus der Wirtschaft ab. In diesem Jahr durften wir den neu ins Amt gewählten bayerischen Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, Dr. Hans Reichhart, begrüßen. DR. HANS REICHHART, Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr ID Bauindustrie Bayern 7

8 BAUEN UND POLITIK

HÖHERE BAUKOSTEN TREIBEN BAUPREISE NACH OBEN Die Baukonjunktur ist gut. Umsätze und Aufträge sind gestiegen, zuletzt auch die Baupreise. Weil Baupreise von den Bauunternehmen gestellt werden, im Öffentlichen Bau als Kalkulationspreis im Bieterverfahren, im privaten Wohnungs- oder Wirtschaftsbau als Angebotspreis, wird ihre Erhöhung oft vorschnell den Bauunternehmen zugerechnet. Vermutet wird, sie nutzten die Situation aus für einen schnellen Gewinn. ID Bauindustrie Bayern 9

So ist es aber nicht. Für höhere Baupreise gibt es mehrere Gründe. Die Hauptursachen dafür sind höhere Arbeitskosten, gestiegene Materialpreise, Kosten staatlicher Regulierungen. Die tariflichen Arbeitskosten im Baugewerbe sind in den vergangenen Jahren stets gestiegen, ab Mai 2018 sogar um 5,7%. Auch viele Materialpreise sind deutlich stärker gestiegen als die Baupreise. Markant waren die Preiserhöhungen bei Stahlprodukten: Betonstahl ist seit dem 1. Quartal 2016 um 48% teurer geworden, der Preis für Baustahlmatten stieg um 40%. Im Verkehrswegebau sind Bitumen, Diesel und Energie dominante Einkaufsgüter. Der Preis für Bitumen aus Erdöl stieg vom 1. Quartal 2016 bis zum 2. Quartal 2018 um 62%, der Dieselpreis um 27% und der Strompreis um 16%. Markant teuerer ist die Baustellenentsorgung geworden. Weitere Kostenanstiege stehen bevor, weil der Platz auf den Deponien fehlt. In nur fünf Jahren haben sich die Gebühren bereits verdoppelt. Den Bodenaushub für ein durchschnittliches Einfamilienhaus zu entsorgen kostet mittlerweile im Großraum Stuttgart mehr als 30.000 Euro. Zweifach erhöhen die immer komplexeren staatlichen Regulierungen (Energieeffizienz, Statik, Brandschutz, Umweltgesetze etc.) die Baupreise. Sie verteuern das Bauen direkt und zusätzlich indirekt, weil sie die Genehmigungsverfahren und die Bauphase verlängern. Kosten und Materialpreise steigen in diesen Zeiträumen aber weiter an. Viele Kostenanstiege betreffen bereits abgeschlossene Bauverträge. Dann müssen die Bauunternehmen die höheren Kosten meistens selbst tragen. BAUPREISE IMMER NOCH UNTER DER INFLATION Index, 1991 = 100 180 150 120 90 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2017 Allerdings bleiben die Baupreise in der längerfristigen Betrachtung immer noch hinter der Inflationsrate zurück. Daran ändert auch der zuletzt beschleunigte Anstieg der Baupreise nichts. 2017 betrug der Vorsprung der Verbraucherpreise mehr als 12 Prozentpunkte. Er hat sich zwar im Jahresverlauf 2018 verringert, verschwinden wird er aber 2018 nicht. Baupreise steht verkürzt für Bauleistungspreise. Es handelt sich um Preise für einzelne Bauleistungen aus Abschlüssen zwischen Bauauftraggebern und Bauunternehmern. Die Bauleistungspreise geben Auskunft über die Neubaupreise von Bauwerken, nicht aber über deren Verkehrs,- Ertrags- oder Mietwerte. Die Bauleistungspreise werden vierteljährlich vom Statistischen Bundesamt erhoben. Aktuell ist der Augustwert: Die Bauleistungspreise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude in Deutschland stiegen im August 2018 gegenüber August 2017 um 4,6 %. Die Preise für Rohbauarbeiten an Wohngebäuden stiegen um 5,8 %. Die Preise für Ausbauarbeiten nahmen im August 2018 um 3,9 % zu. Die Neubaupreise für Bürogebäude stiegen um 4,7 %, für gewerbliche Betriebsgebäude um 4,8 %. Im Straßenbau erhöhten sich die Preise um 6,7 %. Von den Baupreisen zu unterscheiden sind die Baukosten und die Kaufpreise (für Gebäude, Wohnungen etc.), zu denen auch die Grundstückspreise beitragen. DIE KOSTEN Zu den Baukosten zählen: die Löhne (rund 28 % der Gesamtkosten) die Materialkosten (rund 26 %) Kosten für Nachunternehmer (33 %) Kosten staatlicher Auflagen und Regulierungen (nicht generell bezifferbar). 28 Personalkosten 26 Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe 33 Kosten für Nachunternehmerleistungen 13 Sonstige Kosten Bauhauptgewerbe Quelle: Statistisches Bundesamt Ausbaugewerbe Verbraucherpreise Quelle: Statistisches Bundesamt 10 BAUEN UND POLITIK

Die Löhne haben eine Doppelrolle: sie sind einerseits ein (wesentlicher) Bestandteil der Baukosten, für die Baubeschäftigten sind Einkommen, Anerkennung für ihre Leistung. Die Löhne am Bau werden durch die Tarifparteien festgelegt. Sie sind davon geleitet, eine Lohnpolitik des rechten Maßes zu finden, die beiden Anliegen gerecht wird. STARKER ANSTIEG DER LÖHNE 2018 Tarifliche Stundenlöhne gewerblicher Arbeitnehmer im Baugewerbe in Westdeutschland - Lohngruppe 2a 6 6 4 2 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. HOHE GRUNDSTÜCKSPREISE VERTEUERN DAS WOHNEN IN DEN STÄDTEN Die Grundstückspreise in den Städten sind massiv gestiegen. Mittlerweile betragen die Kosten für das Baugrundstück rund 60 % der Baukosten. Vor zehn Jahren waren es rund 30 %. WOHNEN IN GROSSSTÄDTEN WIRD IMMER TEUERER Preise für Wohnimmobilien in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln, München, Stuttgart (2010 = 100) 200 150 100 50 0 2005 2010 2015 2017 VIELE MATERIALPREISE SIND DEUTLICH STÄRKER GESTIEGEN ALS DIE BAUPREISE. KOSTENANSTIEG BEI STAHL HÖHER ALS BAUPREISANSTIEG Preisanstieg vom 1. Quartal 2016 2. Quartal 2018 Deutschland in % Betonstahl in Stäben Baustahlmatten Warmgewalzte Flachund Langerzeugnisse Grobblech im Quartobereich Schwere Profile, Breitflanschträger Rohre und Hohlprofile 48,4 40,3 30,7 28,8 23,3 19,7 Quelle: Berechnungen der Deutschen Bundesbank auf Basis von Preisangaben der bulwiengesa AG. NORMALISIERUNG AM BAUMARKT Die Baupreise sind zum Teil auch gestiegen, weil der Baumarkt wieder normal geworden ist. In Krisenjahren waren die Bauunternehmen gezwungen, auch ertragsschwache Aufträge anzunehmen. Oftmals hatten sie nur dann die Chance auf einen dringend benötigten Auftrag, wenn sie Angebote unter ihren Kosten machten. INSOLVENZRISIKO NOCH IMMER HOCH zum Vergleich: Brücken Bürogebäude Quelle: Statistisches Bundesamt WICHTIGSTE KOSTEN IM STRASSENBAU 80 0 15 30 45 60 Preisanstieg vom 1. Quartal 2016 2. Quartal 2018 in % Deutschland 10,4 7,9 Das Insolvenzrisiko ist am Bau zwar gesunken, es ist aber immer noch höher als in vielen anderen Branchen - ein Beleg dafür, dass die Baupreise noch immer in keinem angemessenen Verhältnis zum Risiko stehen. Immerhin hat sich das Insolvenzrisiko auf das Doppelte des Durchschnitts aller Unternehmen reduziert. Vor gut zwei Jahrzehnten war es viermal so hoch. Ein niedriges Insolvenzrisiko ist nicht zuletzt auch im Interesse des Auftraggebers. 60 INSOLVENZRISIKO AM BAU IMMER NOCH DOPPELT SO HOCH 40 Insolvenzrisiko deutscher Unternehmen Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen 20 500 0 Bitumen aus Erdöl Quelle: Statistisches Bundesamt Dieselkraftstoff Elektr. Strom Baupreisanstieg Straßenbau in Bayern 400 300 200 100 0 1995 2000 2005 2010 2015 2017 Bauhauptgewerbe alle Unternehmen Quelle: Statistisches Bundesamt ID Bauindustrie Bayern 11

ANFORDERUNGEN AN EINEN UNTERNEHMERINGENIEUR Über welche Fähigkeiten, Kenntnisse und Soft Skills muss heute ein unternehmerisch agierender Bauingenieur verfügen, damit er Bauprojekte erfolgreich durchführen und gleichzeitig sein Tun und Wirken der Politik und Öffentlichkeit überzeugend darlegen kann? Dazu sprach Präsident Josef Geiger beim 12. Kolloquium Investor Hochschule Bauindustrie am 19. Juli 2018 im Oskar von Miller Forum. HÖHERE ANFORDERUNGEN AN DEN BAUINGENIEUR Der Bauingenieur in der Bauindustrie muss heute mehr können als der klassische Bauingenieur: Die Bauwerke werden immer komplexer, das Bauen wird komplizierter. Die Risiken sind gestiegen und werden weiter zunehmen. Dazu tragen auch die höheren Haftungsanforderungen an Bauunternehmen bei, wie z. B. die Haftung für die Sozialabgaben der Nachunternehmer. Sie hätten zwar eine gewünschte, marktordnende Funktion, aber sie bedeuten eben auch Risiken für die Bauunternehmen. Früher agierten die Baubeteiligten als Partner am Bau, heute schalten die Auftraggeber immer mehr sog. Mittler am Bau ein, um den Bauverlauf zu überwachen. Diese sind nur an den Interessen ihrer Auftraggeber orientiert, nicht am Bauerfolg. einem Guss ermöglichen. Wenn ein Bauunternehmen nicht nur baut, sondern über den gesamten Lebenszyklus Verantwortung für das Gebäude übernimmt, so erfordert das ganz andere Fähigkeiten als bisher. Die Herausforderungen werden weiter ansteigen: Die Zeiten für Planen und Bauen werden immer kürzer. Die Kalkulation soll immer präziser werden. Kosten müssen frühzeitig ermittelt und verbindlich zugesagt werden. Die benötigten Baukapazitäten aus einem Netzwerk von Subund Nachunternehmern zusammenzustellen, ist weit aufwändiger als die Kapazitäten eines Generalisten zu organisieren. Mehr Risiken sind auch mit den komplexeren Vertragsformen verbunden, die aus Sicht der Bauindustrie aber große Vorteile haben und insbesondere Planen und Bauen aus 12 BAUEN UND POLITIK

PRÄSIDENT JOSEF GEIGER beim 12. Kolloquium VOM BAUINGENIEUR ZUM UNTERNEHMERINGENIEUR Die Bauingenieure der Bauindustrie müssen daher künftig nicht nur über die klassische Fachkompetenz verfügen. Darüber hinaus brauchen sie eine vielfältige Methodenkompetenz. Sie benötigen Sozialkompetenz und persönliche Kompetenzen: Sie müssen eine Persönlichkeit sein und sie brauchen Handlungs- und Führungskompetenz. Der Unternehmeringenieur muss sehr vielseitig sein: Er muss Kostenrechnung kennen und über Bilanzierung Bescheid wissen, Controlling-Methoden anwenden können und Rechtskenntnisse besitzen. Der Unternehmeringenieur braucht Sozialkompetenzen: Er muss Mitarbeiter motivieren und führen, Teams zusammenstellen und steuern, Konflikte erkennen und produktiv lösen können. Dazu gehört, zwischen hochspezialisierten Spezialisten zu moderieren sowie Nachunternehmen zu führen, auch fremdsprachige oder aus einem anderen Kulturkreis. Außerdem muss er seine Tätigkeit und deren Bedeutung der Presse und der Öffentlichkeit kommunizieren können. Er muss auch über Konfliktfähigkeit verfügen, mehr noch als heute. Dazu gehört, Konflikte offen und sachlich auszutragen, gemeinsam Verständnisschwierigkeiten zu beseitigen, konstruktive Kritik zu äußern und sie auch anzunehmen. Immer wichtiger werden am Bau Kundenorientierung und Vertriebsfähigkeiten. Ebenso gilt das für die Verhandlungsund Führungskompetenz. Ein Unternehmeringenieur muss Führungsinstrumente gut beherrschen. Er muss wissen, was es heißt zu delegieren, wie eine Zielvereinbarung funktioniert, welche verschiedenen Führungsstile es gibt. Führung ist ein ganz normales Handwerk, ebenso Management. Delegation, Rückdelegation, Selbstorganisation, Führungsstile, das muss man lernen, das kann man lernen. ID Bauindustrie Bayern 13

Die öffentliche Hand braucht ein Preiswissen: Baupreise steigen normalerweise im Zeitverlauf an. Aus 2 % werden in zehn Jahren 22 %. RESPEKT VOR DER LEISTUNG ANDERER Mitarbeiter zu motivieren ist ganz wichtig. Vertrauen schafft man, wenn man ein offenes Ohr für die Mitarbeiter hat, wenn man die Leute beim Namen kennt und man einfach Respekt vor den Leuten hat. Man kommt beim Kunden wieder zum Zuge, wenn man sich partnerschaftlich, ordentlich und anständig verhält. Das muss künftig an den Universitäten und Hochschulen gelehrt werden. Die Anforderungen an einen Unternehmeringenieur gehen aber insgesamt weit über das hinaus, was eine Universität vermitteln kann. DIE ÖFFENTLICHE HAND BRAUCHT DEN UNTERNEHMER-BEAMTEN Unternehmerisch denkende Bauingenieure braucht nicht nur die Bauindustrie, erforderlich sind sie auch auf der Auftragsgeberseite bei der Öffentlichen Hand. Die Bauverwaltung muss mit der Bauindustrie auf Augenhöhe kommunizieren können: Die Öffentliche Hand muss ihre Bauherren-Kompetenz wieder herstellen, hauptsächlich personell. Das erfordert ausreichende Stellenzahlen. Aber auch entsprechende Kompetenzen sowie eine moderne Ausbildung. Die Bauunternehmen gehen mit ihren Leistungen und finanziell in Vorleistung. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass der Baupartner seine Zusagen einhält. Das betrifft u. a. das Zahlungsverhalten, aber nicht nur. Auch die Öffentliche Hand braucht ein Preiswissen, das Wissen, dass Preise in der Regel im Zeitverlauf steigen. Das gilt für Bauleistungen genauso. In einem Jahrzehnt werden aus einem jährlich nur 2 % Preisanstieg eben doch 22 %. Alte Angebote müssen eben dann angepasst werden. Das gilt auch für die öffentlichen Bauetats: Es kommt auf den realen Zuwachs an nicht auf den nominalen. Zum Preiswissen gehört auch, zu wissen, dass Qualität ihren Preis hat sowohl bei den Materialien wie bei den Leistungen. Und zu wissen, dass Sonderwünsche und nachträgliche Veränderungen Kosten verursachen. Diese sind nicht mit dem Angebotspreis abgedeckt. Wie der Unternehmerbauingenieur braucht auch der Unternehmerbeamte mehr Verantwortung und mehr Entscheidungskompetenz. Davon profitieren beide Seiten, die Bauwirtschaft und die Bauherrn. Juristisch hat die Verwaltung einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Diesen sollte sie auch nutzen, insbesondere bei der Vergabeentscheidung. Das bedeutet, weg von der Billigstpreisvergabe! Gefordert und möglich ist die mutige Entscheidung für den wirtschaftlich besten Bieter! Das Vergaberecht lässt das nicht nur zu, die VOB fordert sogar die Vergabe an das wirtschaftlichste Angebot. 14 BAUEN UND POLITIK

ID Bauindustrie Bayern 15

TRANSPARENZ IM ÖFFENTLICHEN RECHNUNGSWESEN Das öffentliche Rechnungswesen auf Grundlage der Kameralistik ist nur auf den ersten Blick transparent. Sicherlich weist es die von ihm erfassten Größen präzise aus, aber viele wichtige Daten erfasst es überhaupt nicht. Daher ist es unvollständig. Eine bilanzorientierte Perspektive einzunehmen, fordert daher der Internationale Währungsfonds (IMF) in seinem neuesten Fiskalmonitor. VERMÖGEN UND VERBINDLICHKEITEN GEGEN- ÜBERSTELLEN Eine bilanzorientierte Perspektive bedeutet, so der IMF, den vom Staat kontrollierten Vermögenswerten die gesamten Verbindlichkeiten gegenüberzustellen. Damit würde die Vermögenslage des öffentlichen Sektors umfassend dargestellt. Nur auf Basis dieser Daten könnten der Ressourceneinsatz optimiert und die Risiken richtig abgeschätzt werden. Bisher seien aber die wenigsten Länder in der Lage oder bereit dazu, diese Transparenz zu schaffen weder auf der Aktivseite, wo die öffentlichen finanziellen und natürlichen Ressourcen auszuweisen wären, noch auf der Passivseite, wo sämtliche Verbindlichkeiten inklusive Pensionsverpflichtungen aufzulisten wären. BILANZ STATT KAMERALISTIK Die öffentliche Bilanzbewirtschaftung ist für den IMF genauso relevant wie die Bilanzperspektive im Privatsektor. Durch eine bessere Bilanzbewirtschaftung können Länder ihre Einnahmen erhöhen, die Risiken für den Steuerzahler reduzieren und ihre Haushaltspolitik verbessern. Am Beispiel der USA zeigt der IMF, welche Erkenntnisse der bilanzorientierte Ansatz liefern kann. Der IMF unterzieht die Staatsbilanz der USA demselben Stresstest, den die Bankenaufsicht bei den großen Finanzinstituten anwendet. Dadurch lassen sich fiskalische Risiken identifizieren und abschätzen, die von der herkömmlichen Kameralistik nicht oder jedenfalls nicht vollständig erfasst werden. BEWERTUNGSLEITFADEN HILFT KOMMUNEN BEI DER BILANZERSTELLUNG Bei der Einführung eines modernen doppischen öffentlichen Rechnungswesens muss eine Eröffnungsbilanz erstellt werden. Dazu sind alle Aktive und Passiva einer Gebietskörperschaft zu bewerten. Um insbesondere den Kommunen dabei zu helfen, haben die vbw und der Bayerische Bauindustrieverband einen Leitfaden zur Bewertungsrichtlinie und zur Kommunalen Haushaltsordnung (Doppik) erstellen lassen, der 2009 veröffentlicht wurde. 2017 erschien die 2. überarbeitete Auflage. Zu beziehen ist dieser über den Buchhandel bzw. direkt vom Haufe-Verlag. IMF FISKALMONITOR Der IMF Fiskalmonitor ist zu finden unter: www.imf.org/en/publications/fm/issues/2018/10/04/fiscal-monitor-october-2018 16 BAUEN UND POLITIK

Das Karriereforum an der Technischen Universität München BESUCHEN SIE UNS AM STAND DER BAYERISCHEN BAUINDUSTRIE! Am 21. Januar 2019, 9:30 16:00 Uhr im Audimax Foyer der TU München IKOM das Karriereforum an der TUM www.ikom.tum.de ID Bauindustrie Bayern 17

BAYERISCHES BAUFORUM STELLT GEMEINSAME PUBLIKATION VOR Wie kann sich die Bauwirtschaft zusammen mit der Öffentlichen Hand den Herausforderungen der Zukunft am besten stellen? Das Bauforum Bayern, bestehend aus Verwaltung, Kammern und Verbänden der bayerischen Bauwirtschaft, hat gemeinsam die Publikation PERSPEKTIVEN erstellt. Darin zeigen die Partner auf, wie die Bauwirtschaft im Zusammenwirken mit der Öffentlichen Hand am besten die Herausforderungen der Zukunft bewältigen kann. Das Bauforum Bayern dient auch als Plattform zum Austausch und Weiterdenken. Es soll Synergien schaffen und die Wirksamkeit gegenüber der Politik durch gemeinsames Auftreten der Baupartner erhöhen. Gegründet wurde es am 29. Oktober 2015 im Haus der Bauindustrie. Das Kooperationsprodukt, die Publikation GEMEINSAM. PLANEN UND BAUEN. FÜR BAYERN. wurde am 5. Oktober im Bayerischen Bauindustrieverband vorgestellt. Thomas Schmid, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Bauindustrieverbandes e.v. bedankte sich während der Pressekonferenz für die Partnerschaftlichkeit und die gute Zusammenarbeit, die die Veröffentlichung der Publikation erst möglich machten: Nur durch den gemeinsamen und konstruktiven Austausch Kapitel für Kapitel konnten wir eine Position erarbeiten und eine Wertschöpfungskette für die Bauindustrie herstellen. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten herzlich bedanken. BBIV-HAUPTGESCHÄFTSFÜHRER THOMAS SCHMID bedankte sich bei den Partnern des Bayerischen Bauforums 18 BAUEN UND POLITIK

PERSPEKTIVEN GEMEINSAM. PLANEN UND BAUEN. FÜR BAYERN Das Bayerische Bauforum ist eine Initiative der am Bau beteiligten Verbände und Kammern in Bayern. Gemeinsame Interessen sollen so zusammen gegenüber der Politik vertreten werden. Mehr Information zu den PERSPEKTIVEN finden Sie online unter www.bauindustrie-bayern.de/perspektiven PERSPEKTIVEN Bayerisches Bauforum GEMEINSAM. PLANEN UND BAUEN. FÜR BAYERN. Auch Bayerns damaliger Baustaatssekretär Josef Zellmeier war sich sicher: Am besten gelingt Bauen im gegenseitigen Vertrauen, im partnerschaftlichen Miteinander. Wir werden hier weiter investieren, damit Bayern auch künftig Top-Positionen in Deutschland einnimmt. Daher werden wir alles daransetzen, die in den PERSPEKTIVEN gesteckte Investitionsquote von 15 % für den Freistaat zu erreichen. Nach der Rede von Josef Zellmeier und Thomas Schmid stellten die an der gemeinsamen Publikation PERSPEKTI- VEN beteiligten Partner, die Architektenkammer, der Bayerische Bauindustrieverband, der Verband der Beratenden Ingenieure Bayern, die Bayerische Ingenieurekammer und der Landesverband Bayerischer Bauinnungen kurz die von ihnen verantworteten Kapitel der Publikation vor. Bayerns damaliger BAUSTAATSSEKRETÄR JOSEF ZELLMEIER, MDL, stellte das Kooperationsprodukt PERSPEKTIVEN vor ID Bauindustrie Bayern 19

EINIGE AUSSAGEN AUS DER PUBLIKATION GEMEINSAM. PLANEN UND BAUEN. FÜR BAYERN Am besten gelingt Bauen daher im gegenseitigen Vertrauen, im partnerschaftlichen Miteinander. Wir werden hier weiter investieren, damit Bayern auch künftig Top-Positionen in Deutschland einnimmt. Daher werden wir alles daransetzen, die in den PERSPEKTI- VEN gesteckte Investitionsquote von 15 % für den Freistaat zu erreichen. (Vorwort des Staatsministeriums) PERSPEKTIVEN..(ist).. ein höchst bemerkenswertes gemeinsames Vorhaben. (Vorwort Frau Prof. Münch) Eine mittelstandsfreundliche Vergabe nach Fach- und Teillosen ist bei staatlichen Bauprojekten der Regelfall. Partnerschaftliche Geschäftsmodelle wie Design and Build-Verträge, Funktionsbauverträge, Zielpreisverträge, ÖPP-Modelle oder Alliance-Verträge kommen bei geeigneten Projekten zum Einsatz. (Kapitel I S. 8) Für Bauleistungen kommen regelmäßig Vergabeverfahren wie wettbewerblicher Dialog und Innovationspartnerschaft zum Einsatz. In geeigneten Fällen werden interdisziplinäre Wettbewerbe ausgelobt. (Kapitel I S. 13) 20 BAUEN UND POLITIK

Die Digitalisierung des Planens und Bauens wird zukünftig noch umfassender die Prozesse und Abläufe bei Planung und Realisierung von Bauvorhaben bestimmen. Künftig wird man vor dem realen Bau den Digitalen Zwilling im Computer bauen. Dieser Digitale Zwilling steht im Kern der digitalisierten Wertschöpfungskette. (Kapitel IV S. 28) Mit vielseitigen und innovativen Berufsbildern bietet die Baubranche einer Vielzahl von jungen Menschen mit unterschiedlichen Interessen eine Zukunft. Die Duale Ausbildung ist ein hohes Gut für die Wettbewerbsfähigkeit der Baubranche. (Kapitel IV S. 29) Die Komplexität des Bauens und die Achtsamkeit gegenüber unserer Umwelt erfordern komplexe und zukunftsfähige Technologien. Sie haben das Bauwesen zu einer High- Tech-Branche entwickelt. (Kapitel V S. 33) Das partnerschaftliche Miteinander von Planern und Ausführenden ist dabei Garant für eine größtmögliche Qualität.... Vor dem Erlass neuer Gesetze wird eine Folgenabschätzung der Auswirkungen auf die Privatwirtschaft vorgenommen. (Kapitel II S. 18-19) ID Bauindustrie Bayern 21

SYMPOSIUM BAYERN MOBILITÄT 2030 Im Symposium der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum und des Bayerischen Bauindustrieverbands am 19. September 2018 in München wurden wichtige Aussagen aus dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission Gleichwertige Arbeits- und Lebensbedingungen in Bayern und der Expertenkommission Bayern Mobilität 2030 erörtert. BAYERN MOBILITÄT 2030 Seit Herbst 2013 verpflichtet die Bayerische Verfassung den Freistaat dazu, gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land zu fördern und zu sichern. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Gelingen ist nach der festen Überzeugung der Bayerischen Bauindustrie ein Mobilitätskonzept, das im ganzen Land Arbeiten, Wohnen, Bilden, Versorgen und Erholen gleichwertig garantiert. Neues Denken und Handeln ist notwendig, weil die Städte und die ländlichen Räume ungleich mit Verkehrsinfrastruktur, Straßen, Schienen, und Mobilitätsstrukturen wie öffentlicher und privater Nahverkehr auf Straßen und Schienen ausgestattet sind. Dies hat die Bayerische Bauindustrie zum Anlass genommen, so BBIV-Präsident Josef Geiger, die Mobilität aufgrund der Möglichkeiten der Digitalisierung neu zu denken. Die Vorarbeiten der hochrangig besetzten Unabhängigen Expertenkommission Bayern Mobilität 2030 wurden weiterentwickelt und die Politik überzeugt, drei Modellregionen auszuwählen und Pilotprojekte zu finanzieren. Diese Modellregionen haben die folgenden Schwerpunkte: Bayreuth: Entwicklung von Mobilitätsstationen im ländlichen Raum Berchtesgadener Land: Vernetzung im ÖPNV in grenznaher Region Cham: ÖPNV-Angebote für Schwachlastzeiten im ländlichen Raum auf Basis digitaler Systeme DAS BAYERISCHE STRASSENNETZ IST WEITER UNVOLLENDET Die bestehenden Verkehrssysteme wurden immer jedes für sich, aber nie Verkehrsträger- und Verkehrsebenen-übergreifend geplant. Bayerns Infrastruktur hat seit Jahrzehnten mit der Entwicklung Deutschlands und Europas nicht Schritt gehalten. Bayern liegt heute im Zentrum Europas. Orte mit guten Voraussetzungen für Mobilität spüren deshalb den geballten Entwicklungsdruck im Herzen des Binnenmarktes. Sie leiden unter Engpässen. Daneben scheitern weniger begünstigte ländliche Standorte und Räume im Wettbewerb aufgrund schlechter Ausstattung für die Mobilität von Menschen, Gütern und Daten. 22 BAUEN UND POLITIK

POSITION BAYERN MOBILITÄT 2030 Die in der POSITION Bayern Mobilität 2030 und auf dem Mobilitätskongreß behandelten Themen hat die Unabhängige Expertenkommission Bayern Mobilität 2030 in vier Arbeitssitzungen von Oktober 2016 bis Januar 2017 vertieft bearbeitet und diskutiert. Mehr Information zu der POSITION finden Sie online unter www.bauindustrie-bayern.de/mobilität_2030 Das Straßennetz in Bayern ist deshalb so zu vollenden, dass es sowohl der Verknüpfung von Stadt und Land als auch der neuen zentralen Lage Bayerns in Europa dient: Entzerrung der Verkehrsströme rund um den Flaschenhals München und andere regionale Verkehrsbrennpunkte durch Ausbau der Ostparallelen. Konsequente flächendeckende Vernetzung von Stadt und Land durch Entwicklungsachsen in Form von Bundesfernstraßen, Staatsstraßen und Kommunalen Straßen sowie begleitenden Schienentrassen. Bau leistungsfähiger Erschließungsachsen nach Osteuropa, vor allem der Ausbau der B173, B303neu, B20 und B85. NEUE STANDARDS UND VERBINDUNGEN FÜR DAS BAYERISCHE SCHIENENNETZ Das bayerische Schienennetz ist in seiner Struktur noch im Wesentlichen so, wie es unter König Ludwig I. geplant und gebaut wurde. Das Schienennetz zu Zeiten König Ludwigs I. vorbildlich angebotsorientiert und auch mittels privaten Kapitals gebaut muss wieder aufgedeckt werden. Es bietet im ländlichen Raum das Grundgerüst für multimodale Verkehrsverbünde und Gütertransportsysteme. Die Bahnhöfe sind zu Erlebnis- und Treffpunkten neu zu entwickeln. Das Beispiel Schweiz zeigt, dass bei einer gesellschaftspolitisch gewollten Verbesserung des Netzes auch in Bayern eine dauerhafte Steigerung der Mobilität und damit Lebensqualität möglich wäre. Die bayerischen Infrastruktursysteme sind die bedeutendsten Garanten für Lebensqualität und müssen deshalb auch die zentralen Aktionsfelder des Staates sein. Dies setzt eine proaktive angebotsorientierte Herangehensweise voraus. Eine solch angebotsorientierte Entwicklung des umweltfreundlichen Bahnverkehrs ist auch zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele unverzichtbar. Ein umfassendes Mobilitätskonzept muss in ganz Bayern die Daseinsgrundfunktionen Arbeiten, Wohnen, Bilden, Versorgen, Kommunikation und Erholen leicht und auf mehreren Wegen erreichbar sein lassen. Die Umsetzung erfordert einen neuen Planungsansatz und neue Finanzierungswege: ID Bauindustrie Bayern 23

VERKEHRS- UND TARIFVERBÜNDE IN DEUTSCHLAND VERKEHRS- UND TARIFVERBÜNDE IN DEUTSCHLAND Bayern muss zum Modell-Land moderner Mobilität werden vorhandener ÖPNV-Verbund ausbaufähiger ÖPNV-Verbund fehlender ÖPNV-Verbund BÜNDELUNG ALLER EINSCHLÄGIGEN FINANZUND FÖRDERTÖPFE Mobilisierung privaten Kapitals zur Eröffnung neuer Geschäftsmodelle an Verkehrsknoten und deren Umfeld vorhandener ÖPNV-Verbund sowie zum zügigen und qualitätsvollen Aufbau der Verausbaufähiger ÖPNV-Verbund kehrsverbundsysteme. fehlender ÖPNV-Verbund Raumwirksame Förderprogramme (Städtebauförderung; Dorferneuerung; GVFG und ÖPNV; Europäische Strukturfonds) werden zu einem Integrierten Verkehrsprogramm für Stadt und Land gebündelt. Ergänzend zur öffentlichen Finanzierung nutzen ÖPP-Modelle privates Kapital zum zügigen Aufbau der Verkehrsverbundsysteme für eine zukunftsfähigere Daseinsvorsorge und ein modernes Lebensgefühl dank völlig neuer attraktiver Mobilitäts-, Waren- und Freizeitangebote. MODELL RÄUMLICHER GERECHTIGKEIT Prof. Dr. Manfred Miosga, Mitglied der Enquete-Kommission Gleichwertige Arbeits- Lebensbedingungen in Bayern, erläuterte, auf welcher Grundlage die Enquete-Kommission gearbeitet hat. Um gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen beschreiben zu können, wurde das Modell Räumlicher Gerechtigkeit mit seinen vier Gerechtigkeitsdimensionen entwickelt. Diesen den Dimensionen wurden 42 Indikatoren zugeordnet. Für ihn zeigt sich: "Die Erreichbarkeit bzw. der Zugang zu Angeboten der Daseinsvorsorge und damit die Mobilität ist eine Schlüsselfunktion für die Herstellung räumlicher Gerechtigkeit. Und weiter: Ein dichtes ÖPNV-Angebot ist die Grundvoraussetzung zur Teilhabe und sozialen Inklusion." Bayern muss zum Modell-Land moderner Mobilität und Verkehrssysteme werden. KOMMISSIONEN Die Enquete-Kommission wurde 2014 vom Bayerischen Landtag eingerichtet. Ihren Abschlussbericht hat sie 2018 vorgelegt Pdf Bericht hier zum herunterladen www.bauindustrie-bayern.de/abschlussbericht Die Expertenkommission "Bayern Mobilität 2030"geht auf eine Initiative des Bayerischen Bauindustrieverbands zurück. POSITION Bayern Mobilität 2030 unter www.bauindustrie-bayern.de/mobilität_2030 24 BAUEN UND POLITIK

PODIUMSDISKUSSION Auf dem Podium waren (v.l.n.r.) Prof. Dr. Manfred Miosga, Universität Bayreuth, Mitglied des Beirats für Raumordnung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat sowie der Enquete-Kommission Gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern Josef Geiger, Präsident des Bayerischen Bauindustrieverbandes Die Abgeordneten waren sich in einem Punkt sofort einig: "Das Auto bleibt auch weiterhin für viele Bürger wichtig. Die Bedeutung des ÖPNV hat stark zugenommen". Ein Problem, das sowohl das Podium als auch das Publikum beschäftigte: Die "Kleinstaaterei". So gebe es einen Flickenteppich an Nahverkehrsverbünden und Tarifsystemen. Jede Kommune versuche sich an eigenen ÖPNV-Lösungen, überregionale Abstimmungen kämen kaum voran. Dr. Karin Jäntschi-Haucke, StMB, Geschäftsführerin der Expertenkommission Bayern Mobilität 2030 Prof. Dr.-Ing. Holger Magel, Präsident der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum - Moderator und Mitglied in beiden Kommissionen Max Gibis, MdL, Mitglied der Enquete-Kommission (CSU) Joachim Hanisch, MdL, Mitglied der Enquete-Kommission (Freie Wähler) Markus Ganserer, MdL, Mitglied der Enquete-Kommission (Die Grünen) ID Bauindustrie Bayern 25

JAN. SEPT. 2018 KRÄFTIGER ZUWACHS DER NEUAUFTRÄGE AM BAU IN BAYERN Auftragseingänge jeweils Jan. September, in Mrd. EUR BAUBESCHÄFTIGUNG GESTIEGEN jeweils September 16 12 8 4 60 45 30 15 125000 100000 75000 50000 25000 1000000 800000 600000 400000 200000 0 2000 2005 2010 2015 2018 0 0 2000 2005 2010 2015 2018 0 Bayern (linke Seite) Deutschland (rechte Seite) Bayern (linke Seite) Deutschland (rechte Seite) Quelle: Bayerisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt Quelle: Bayerisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt BAYERN HAT DAS FÜNFTGRÖßTE AUFTRAGSPLUS DER FLÄCHENLÄNDER Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe, Veränderung Jan. Sept. 2018/17 in % Berlin 28,0 Bremen 25,6 Saarland 22,7 Sachsen-Anhalt 21,0 Baden-Württemberg 9,7 Sachsen 9,6 Bayern 9,1 Thüringen 8,9 Hessen 8,4 Rheinland-Pfalz 8,4 Nordrhein-Westfalen 7,1 Niedersachsen 5,7 Schleswig-Holstein 2,4 Mecklenburg-Vorpommern 0,9 Brandenburg -1,3 Hamburg -14,0 Deutschland 8,5-15 -10-5 0 5 10 15 20 25 30 Quelle: Statistische Landesämter, Statistisches Bundesamt BAYERN HAT DEN FÜNFTGRÖßTEN UMSATZANSTIEG Umsätze im Bauhauptgewerbe, Veränderungen Jan. Sept. 2018/2017 in % Bremen Berlin Saarland Sachsen-Anhalt Baden-Württemberg Hamburg Sachsen Bayern Hessen Schleswig-Holstein Thüringen Rheinland-Pfalz Nordrhein-Westfalen Niedersachsen Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Deutschland Quelle: Statistische Landesämter, Statistisches Bundesamt 50,7 23,6 14,8 11,8 11,5 11,3 10,7 9,4 8,8 8,0 7,9 7,8 6,5 6,3 2,0 1,7 9,3 0 10 20 30 40 50 60 GESCHÄFTSKLIMA IN BAYERN IM JUNI BESSER BEURTEILT ifo-geschäftsklima Bauhauptgewerbe Bayern Unternehmenseinschätzung Geschäftslage und Erwartung für 6 Monate in % Nov.18 19 % 3,0 0,0-0,6-0,9 Jan. 00 Jan. 05 Jan. 10 Jan. 15 Jan. 18 9,4 % UMSÄTZE DER BAUUNTERNEHMEN UM 9,4 % HÖHER Quelle: ifo-institut, München 26 BAUWIRTSCHAFT UND KONJUNKTUR

HOHER AUFTRAGS- ZUWACHS IN BAYERN Die Neuaufträge und die Umsätze in Bayern haben 2018 bislang kräftig zugelegt. Die Beschäftigung am Bau ist ebenfalls gestiegen. Nach oben weisen auch die Baugenehmigungen. MEHR BAUGENEHMIGUNGEN ERTEILT Die Baugenehmigungen stiegen von Januar bis September 2018 insgesamt um 6,5 %. Am stärksten legten sie im öffentlichen Hochbau zu (+ 30 %). Einen kräftigen Zuwachs verzeichnete auch der Wirtschaftsbau (+ 6,4 %). Am niedrigsten war die Zunahme im Wohnbau (+ 3,9 %). AUFTRÄGE IN BAYERN UM 9,1 % HÖHER Die Neuaufträge stiegen von Januar bis September 2018 in Bayern insgesamt um 9,1 %. Den stärksten Anstieg verzeichnete der Wirtschaftsbau (+ 14,4 %). Einstellig nahmen sie im Öffentlichen Bau zu (+ 7,5 %). Am stärksten legte darin der öffentliche Hochbau zu (+ 13,3 %). Einen kräftigen Zuwachs erreichte auch der Straßenbau (+ 9,8 %). Im Sonstigen Tiefbau war das Plus nur gering (+ 0,1 %). Die geringste Erhöhung vermeldete der Wohnungsbau (+ 4,5 %). UMSÄTZE DER BAUUNTERNEHMEN UM 9,4 % HÖHER Die Umsätze der größeren bayerischen Bauunternehmen (mit 20 und mehr Beschäftigten) legten von Januar bis September 2018 deutlich zu (+ 9,4 %). Den stärksten Anstieg erzielte der Wohnungsbau (+ 12 %). Kräftig zugenommen haben sie auch im Öffentlichen Bau (+ 8,6 %). Darin nahmen die Umsätze im Sonstigen Tiefbau am massivsten zu (+ 16,1 %). Deutlich stiegen sie auch im Straßenbau (+ 8,6 %). Leicht rückläufig waren sie dagegen im öffentlichen Hochbau (- 1,8 %). Der Wirtschaftsbau verzeichnete ebenfalls höhere Umsätze (+ 8,4 %). GESCHÄFTSERWARTUNGEN WERDEN OPTIMISTISCH BEURTEILT Das Geschäftsklima im bayerischen Bauhauptgewerbe wird im November 2018 deutlich besser als im Vorjahr beurteilt. Die aktuelle Geschäftslage wird mit einem Saldo von 53 % besser als im Vorjahr (November 2017: 33 %) eingeschätzt. Als gut beurteilen sie 58 % der Unternehmen (November 2017: 39 %). Von einer weiter verschlechterten Geschäftslage berichten 5 % (November 2017: 6 %). Von einer günstigen Entwicklung ihrer Bautätigkeit im Vergleich zum Vormonat berichten 13 % der Unternehmen (November 2017: 14 %), 7 % von einer Verschlechterung (November 2017: 7 %). Die nähere Zukunft wird negativ betrachtet. 8 % der befragten Firmen erwarten innerhalb der nächsten sechs Monate, also bis Mai 2019, eine Besserung ihrer derzeitigen Lage (November 2017: 8 %). Eine weitere Verschlechterung befürchten dagegen 18 % der Unternehmen (November 2017: 20 %). Insgesamt wird die Geschäftslage innerhalb des kommenden Halbjahres mit einem Saldo von - 11 % wie im Vorjahr (November 2017: - 12 %) beurteilt. ID Bauindustrie Bayern 27

EMB-Wertemanagement Bau Kodifizierung Implementierung Kontrolle Organisation 28 BAUEN UND WERTE

EMB WERTEMANAGEMENT BAU IST DAS FÜHRENDE MANAGEMENTSYSTEM Im Forschungsbericht zur Compliance und Unternehmensethik in der Bauwirtschaft bewertet das BWI BAU das EMB-Wertemanagement Bau als das führende Managementsystem. BWI BAU HAT VIER UNTERSCHIEDLICHE SYSTEME UNTERSUCHT Compliance und Wertemanagement in der Bauwirtschaft rücken immer mehr in den Fokus von Verwaltung, Rechtsprechung, Politik und Gesellschaft. Aktueller Beleg hierfür ist der vor kurzem veröffentlichte Forschungsendbericht Compliance und Unternehmensethik in der Bauwirtschaft. Im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBRS) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) hat das BWI Bau, Institut der Bauwirtschaft in Düsseldorf, dieses Forschungsvorhaben in der Zeit von November 2016 bis April 2018 durchgeführt und die zentralen Erkenntnisse in einem Endbericht veröffentlicht. Neben allgemeinen Untersuchungen zur Verbreitung und Umsetzung von Compliance und Unternehmensethik in der Baubranche hat das BWI Bau vier unterschiedliche Systeme verglichen, hierbei jedoch bewusst auf Feststellungen besser/schlechter verzichtet: Hamburger Compliance-Modell des Pro Honore e.v., Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft e.v., Compliance System der Zertifizierung Bau GmbH, EMB-Wertemanagement Bau e.v. EMB IST BENCHMARK An vielen Stellen des Forschungsberichts wird jedoch deutlich, dass das EMB-Wertemanagement Bau gerade auch mit seiner Werteorientierung das führende Compliance Management System in der deutschen Bauwirtschaft und somit schlechthin die Benchmark ist. Zentrale Schlussfolgerungen des 150 Seiten umfassenden Forschungsberichts: Grundsätzlich erkennen immer mehr Bauunternehmen aller Größenordnungen die Bedeutung und den Nutzen von Compliance und Wertemanagement, scheinen aber skeptisch zu sein, dass sie in der Baubranche die gleiche Verbreitung finden wie in den übrigen Wirtschaftszweigen. Es ist keine Überraschung, dass große Unternehmen, die über vielseitige Erfahrungen mit Komplexität, Verflechtungen und vor allen Dingen Standardisierung und Systematisierung verfügen, sich den systematischen Ansätzen bei der Einführung von CMS/WMS augenscheinlich einfacher nähern können. ID Bauindustrie Bayern 29

Das EMB-Wertemanagement Bau verfolgt nicht nur eine Compliance-Strategie, sondern ist ein umfassendes wertebasiertes Managementkonzept. Es ist ein Instrument, um nach außen und nach innen zu signalisieren und das auch zu dokumentieren, dass sich das Unternehmen gegenüber allen am Bauprozess Beteiligten rechtstreu, integer und fair verhalten will. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass formalisierte Systeme in der Bauwirtschaft nicht flächendeckend Einzug gehalten haben. Überwiegend setzen die Unternehmen eigene oder an anderen Standards angelehnte Systeme ein. Die in dieser Studie untersuchten standardisierten Compliance- und Wertemanagement-Systeme finden im Bauhauptgewerbe weniger und nur bei großen Unternehmen Anwendung. Von diesen Standard-Systemen wird das EMB-Wertemanagement Bau bevorzugt implementiert. Es ist bemerkenswert, dass sowohl für die Gestaltung eines eigenen Systems als auch für die Implementierung eines der Standard-Systeme nahezu die gleichen Gründe angeführt werden und scheinbar unterschiedliche Einschätzungen vorliegen, ob die Standard-Systeme diesen genügen. Bei der Auswahl eines CMS/WMS legen die Unternehmen besonders viel Wert darauf, dass das System einer unternehmensspezifischen Lösung entspricht und es sich in der Praxis leicht und mit wenig Aufwand umsetzen lässt. Die Einführung von CMS/WMS ist eine strategische Entscheidung. Insbesondere kleine Unternehmen sollten auch externe Fachleute hinzuziehen. Nach der Überwindung möglicher Widerstände durch einzelne Mitarbeiter lassen sich jedoch nennenswerte Nutzeneffekte erkennen. Die Mehrheit der befragten Unternehmen implementierte ihr System aus einer freiwilligen unternehmerischen Entscheidung heraus. Die Unternehmen, die derzeit noch kein System eingeführt haben, geben an, dass sie ein System einführen würden, wenn es von ihnen gefordert würde oder ihnen ein praktikables kostengünstiges System zur Verfügung stünde. Grundsätzlich würden die Systeme in der Praxis mehr Anwendung finden, wenn das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Systeme, auch für mittlere und kleinere Unternehmen, optimiert werden würde. Demzufolge sind bei der Entwicklung einer Best- Practice-Lösung die Unternehmensgröße und die Organisationsstruktur zu berücksichtigen. BEDEUTUNG VON WERTEMANAGEMENT UND COMPLIANCE IN DER BAUWIRTSCHAFT Antworten auf die Online-Umfrage des BWI-BAU 40 30 20 10 0 niedrig Quelle: Forschungsbericht BWI-BAU eher niedrig eher hoch hoch 30 BAUEN UND WERTE

EMB Das EMB-Wertemanagement Bau (kurz EMB) ist ein umfassendes wertebasiertes Managementkonzept, das nicht nur eine Compliance-Strategie verfolgt. Erst die Werteorientierung, so der Grundsatz, verleihe Compliance Substanz und Effektivität. Das EMB ist ein Instrument, um nach außen und nach innen zu signalisieren, dass sich das Unternehmen gegenüber allen am Bauprozess Beteiligten rechtstreu, integer und fair verhalten will. Das EMB ist eine Initiative für die gesamte deutsche Bauindustrie. Weitere Informationen unter: www.bauindustrie-bayern.de/emb DIPL.-ING. RICHARD WEIDINGER, Vorsitzender des EMB-Wertemanagement Bau e. V. EMB IST AM LÄNGSTEN AM MARKT An anderer Stelle erläutert der Forschungsbericht sowohl wesentliche Konstruktionsunterschiede als auch Gemeinsamkeiten der untersuchten Standard-Systeme. Gerade hier wird die Vorrangstellung des EMB-Wertemanagement Bau deutlich: Während EMB-Wertemanagement Bau und Zertifizierung Bau auf Unternehmen der Bauwirtschaft ausgerichtet sind und als Standard-Systeme der Bauwirtschaft anzusehen sind, konzentriert sich die Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft auf Unternehmen der Immobilienwirtschaft; Pro Honore agiert branchenübergreifend. Während EMB-Wertemanagement Bau und Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft als Hauptziel die Etablierung eines wertebasierten Compliance Management Systems verfolgen, geht es beim System der Zertifizierung Bau primär um die Umsetzung von Legal Compliance. Beide Systeme können die Verhinderung des Ausschlusses bei öffentlichen Ausschreibungen und/oder die Selbstreinigung sowie die Enthaftung der Organe eines Unternehmens gewährleisten. Pro Honore hat als Hauptziel die Schaffung einer positiven Außenwirkung und Rechtssicherheit in Compliance-Fragen. Das System des EMB-Wertemanagement Bau agiert seit 22 Jahren am Markt, die Systeme der Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft seit 16 Jahren und Zertifizierung Bau seit über sechs Jahren. Pro Honore bietet sein System seit über drei Jahren an. Dem EMB-Wertemanagement Bau gehören aktuell (Stand 3. Mai 2018) 159 Bauunternehmen zzgl. Tochtergesellschaften und Niederlassungen an, wobei der größte Teil auch zertifiziert ist. Nach dem System der Zertifizierung Bau sind es 10 Bauunternehmen. Bei Pro Honore sind 80, bei der Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft sind 12 Unternehmen zertifiziert. EMB hat den Siegerpreis aus zwei Gründen verdient: Das EMB-Wertemanagement Bau existiert am längsten von allen vier untersuchten Systemen. Und wir haben die meisten Mitglieder, freut sich der EMB-Vorsitzende, Dipl.-Ing. Richard Weidinger über diesen Forschungsbericht. Mittlerweile können wir bereits 179 Mitglieder zählen. Gerade die Neumitglieder stammen aus dem ganzen Bundesgebiet. Damit wird auch unser Anspruch, dass unser EMB-Wertemanagement Bau eine Initiative für die gesamte deutsche Bauwirtschaft ist, einmal mehr unterstrichen, so Weidinger abschließend. ID Bauindustrie Bayern 31

GEBÄUDE IM KONTEXT DER KREISLAUFWIRTSCHAFT Wie nachhaltig ist die Bauwirtschaft derzeit? Welchen Beitrag können moderne Verfahren leisten, um zu geschlossenen Kreisläufen zu kommen? Dazu sprach Prof. Dr. Werner Lang, TUM, am 18. September 2018 im Haus der Bauindustrie. 32 BAUEN UND ENERGIE

Herstellung und Produktion von Baustoffen Neubau/Ersatzneubau Sanierung/Instandhaltung Prozesse auf Gebäudeebene Rohstoffkataster Gebäude Baustellenabfälle Rückbau Verwertung von Baustoffen ZUKUNFTSSZENARIO: Bauen ohne Abfall Der weltweite Rohstoffverbrauch betrug 2010 rund 70 Milliarden Tonnen. Auf Europa bezogen entspricht das in etwa 20 25 Tonnen/Kopf, die dem Planeten Erde entnommen werden, teils organisch, vieles mineralisch. Der ökologische Fußabdruck der Menschheit ist ungefähr das 1,7-fache dessen, was der Planet Erde hergibt, in Deutschland das 2,4-fache dessen, was die Fläche Deutschlands hergibt. Deutschland ist daher abhängig davon, von anderen Ländern versorgt zu werden. Das betrifft auch das Bauwesen und die Baumaterialien. Ressourcenrelevanz von Gebäuden: 60 % des weltweiten Strombedarfs gehen auf den Gebäudesektor zurück Gebäude verursachen 1/3 der globalen CO 2 -Emissionen Der Bausektor verursacht ca. 1/3 des weltweiten Ressourcenverbrauchs Dies umfasst ca. 12 % des globalen Wasserverbrauchs und ca. 40 % des weltweiten Abfallaufkommens. Am ökologischen Fußabdruck sind die Bauschaffenden somit maßgeblich beteiligt. Daher müssen wir uns fragen, wie wir umgehen mit den Themen Energie, Flächenbedarf, Materialbedarf zum Bauen von Gebäuden? Wie gehen wir mit dem Wald um? Schlagen wir das Holz, um zu bauen, oder produzieren wir daraus Pellets für die Energiegewinnung? Nutzen wir Pflanzen zur Biogaserzeugung? Oder bauen wir Nahrungsmittel an? Wie gehen wir mit den zur Verfügung stehenden Bodenflächen um? HERAUSFORDERUNG ROHSTOFFSICHERUNG Zentral ist die Kritikalität der Rohstoffe. Viele Förderländer sind nicht in Europa, so z. B. für Seltene Erden, um Lithiumbatterien bauen zu können. Dies führt zu Abhängigkeiten und Kontrollverlust. Wir kümmern uns auch viel zu wenig um die Rohstoffe hier in Deutschland. Welche Mengen an verschiedenen Rohstoffen sind bereits verbaut worden? Wie lange reichen sie noch? Wie groß ist das Recyclingpotenzial, um die statische Reichweite zu erhöhen? Wie wirken sich politische oder soziale Spannungen auf die Preisentwicklung aus? Je intelligenter ein Gebäude ist, umso mehr unterschiedliche Materialien benötigt es. Außer Beton, Holz oder Naturstein werden viele weitere Materialien eingesetzt. Neben der Vulnerabilität, also der Verletzlichkeit eines Marktes, stellt sich die Frage, wo die Primärrohstoffe herkommen, die dann in den Produktzyklus eingehen? Es geht um Ressourceneffizienz, um den Einsatz von Baustoffen, die wir selber verfügbar haben, um erneuerbare Baustoffe, wie beispielsweise nachwachsende Rohstoffe. Die Versorgungssicherheit im Sinne der Kritikalität ist entscheidend. Auf der einen Seite gibt es ein Ressourcenproblem: Wir entnehmen dem Ökosystem der Erde mehr Stoffe, als wir es dürften. Wir überreizen die Biokapazität um einen Faktor, der nicht nachhaltig ist. Gleichzeitig gibt es ein Entsorgungsproblem: Wir wissen nicht, was wir letztendlich mit dem bereits vorhandenen Abfall, beispielsweise mit kontaminierten Böden, machen sollen. ID Bauindustrie Bayern 33

PROF. DR.-ING. WERNER LANG, Technische Universität München UPCYCLING STATT DOWNCYCLING Ein wirkliches Recycling wird derzeit in der Baupraxis nicht durchgeführt; es erscheint uns als nicht finanzierbar. So betrug beispielsweise im Jahr 2014 die in Bayern zu entsorgende Menge an Bau- und Abbruchabfällen rund 46 Millionen Tonnen, wovon rund 11 % beseitigt wurden. Ca. 60 % dieser Abfallmenge wurde in Gruben, Brüchen und Tagebauen verfüllt, was als Downcycling zu bezeichnen ist. Lediglich rund 29 % wurden recycelt bzw. in Asphaltmischanlagen aufbereitet. Nur ein äußerst geringer Anteil von 8 % der Gesamtmenge wurden direkt bei Baumaßnahmen wieder eingesetzt. Im Rahmen der Kreislaufwirtschaft und der Ressourcenschonung ist es daher nötig, die entsprechenden Rahmenbedingungen und die Akzeptanz für Recyclingbaustoffe und der Wiederverwendung von ganzen Bausystemen voranzutreiben. GESCHLOSSENE KREISLÄUFE SETZEN MATERIALAUSWEISE VORAUS Geschlossene Kreisläufe sind nur möglich, wenn wir heute genau wissen, welche Stoffe wie verbaut werden. Dazu brauchen wir Materialausweise, die die relevanten Informationen über Baustoffe und Bauprodukte über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie hinaus dokumentieren und zudem den jeweiligen Akteuren zugänglich gemacht werden. Eine Kopplung mit Building Information Modelling (BIM), bietet hierfür eine der Voraussetzungen. Im EU Forschungsprojekt BAMB Buildings as Material Banks steht diese Thematik derzeit im Fokus. Bereits bei der Planung müssen wir reversible Gebäudekonzepte wählen, vor allem Baukonstruktionsarten. Das bedeutet so zu fügen bzw. zu konstruieren, dass Verbindungen auch wieder lösbar sind, wenn ein Gebäude zurückgebaut oder saniert wird. Durch die verhältnismäßig langen Lebensdauern von Gebäuden, werden die Auswirkungen unseres jetzigen Tuns erst in mehreren Jahrzehnten sichtbar. Daher ist es unerlässlich die derzeit im Bestand gebundenen Stoffe zu quantifizieren und geographisch zu lokalisieren. Durch Bereitstellung von Informationen wird der Bestand zum Rohstofflager, das systematisch bewirtschaftet werden muss. Hierzu wurden im Rahmen einer Dissertation an der Technischen Universität München (Matthias Heinrich, M. Sc., Lehrstuhl für energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen) Werkzeuge entwickelt, die eine stoffliche Erhebung des Wohngebäudebestands auf Stadtebene ermöglichen. Hierbei wurden digitale Gebäudemodelle in Geoinformationssystemen mit materialspezifischen Kennwerten zur spezifischen IST-Zustandsermittlung verknüpft. Auf dieser Basis können Aussagen zum zeitlichen und geographischen Auftreten und Bedarf an Stoffen des Bauwesens gemacht werden. Des Weiteren kann das Potenzial an Recyclingbaustoffen und der Anteil an zu deponierenden 34 BAUEN UND ENERGIE

Serviceprodukt Technischer Kreislauf Biologischer Kreislauf NEXUS HAUS, Materialexplosion und deren Kreisläufe Stoffe prognostiziert werden. Dies kann unter anderem als Grundlage für strategische Planungen (z. B. Bereitstellung und Positionierung von Anlagen) verwendet werden. DAS ENERGIEAUTARKE NEXUS-HAUS Das Nexus-Haus ist ein energieautarkes Haus, das im Rahmen des Solar Decathlon entstanden ist. Der Anspruch war, ein Haus zu bauen, dass die Kreislaufwirtschaft zu 100 % unterstützt und mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Ein Haus, das über seine gesamte Lebensdauer mehr Energie in das Netz einspeist, als es verbraucht, das die Elektromobilität unterstützt durch photovoltaisch erzeugten Strom. Der Anspruch war, nicht nur ein Energieplus-Haus, sondern auch ein Material-plus-Haus zu bauen. Der Ausgangspunkt war der Recyclinggedanke: Waste equals Food. Das ist eines der drei Prinzipien von Cradle to Cradle. Der Abfall ist Ausgangsmaterial für weitere Prozesse: Geschlossene Wasserkreisläufe, Nahrungsversorgung, absolut geschlossene Energiekreisläufe. Dasselbe gilt für das Material: Einsatz nachwachsender Rohstoffe und bei Materialien, die nicht aus regenerativen Quellen bezogen werden können, der Ansatz, vollkommen geschlossene Kreisläufe zu erzielen. Das Starter-Haus ist modular aufgebaut: Das Tagmodul zum Wohnen-, Essen und Kochen. Das Nachtmodul mit zwei Schlafräumen. Ziel ist die Maximierung der Wohnfläche durch überdachte, verschattete Flächen im Freien, die nicht konditioniert sind, gleichzeitig die Minimierung der nicht-konditionierten Wohnfläche, um von vornherein Energie zu sparen. Die große Terrasse dient auch als Lebensraum. Der Grundansatz war: Modularer Aufbau und Minimierung der konditionierten Flächen, die man heizen oder kühlen muss. FUNKTIONIERENDE GESCHLOSSENE KREISLÄUFE SCHAFFEN Um geschlossene Kreisläufe zu erreichen, müssen alle Akteure der Bauwirtschaft zusammenarbeiten. Es werden neue Geschäftsmodelle benötigt, die ein kreislaufwirtschaft-orientiertes Handeln unter wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fördert. Die Politik muss sich bewusst werden, dass wir uns neben der Energie- und der Wasserthematik auch um die Materialversorgung kümmern müssen. Wir müssen uns vorbereiten, vielleicht sogar in Bayern Vorreiter werden und zeigen was möglich ist, um mit erneuerbaren Materialien recyclinggerecht bauen zu können. Wir müssen Lösungsansätze finden und anwenden, um recyclinggerechtes Bauen und Bauen in geschlossenen Kreisläufen voranzutreiben. ID Bauindustrie Bayern 35

DIGITAL BUILDING LAB Tradition schafft Innovation 36 FORSCHUNG UND INNOVATION

MONITORING UNTERSCHIEDLICHER MASSIVBAUSTOFFE, jede Etage wurde in einem unterschiedlichen Massivbaustoff errichtet: Beton mit WDVS, perlitegefüllte Ziegel sowie Kalksandstein mit WDVS. Das neue Bürobauwerk des BBIV-Mitgliedsunternehmens Tausendpfund in Regensburg ist ein innovatives und zugleich nachhaltiges 3-geschossiges Bürogebäude mit einer Brutto-Grundfläche von insgesamt ca. 1.200 m². Zusammen mit der Technischen Universität München wird versucht, die Ökobilanz des Gebäudes zu optimieren bei Berücksichtigung ökonomischer Ziele, wie der Wertstabilität, der Qualität sowie des Komforts des Bauwerks. Ziel des Bauprojekts ist die Entwicklung eines integrativen Gesamtkonzepts für ein Bürogebäude im KfW-Effizienzhaus 55-Standard. Dazu werden unterschiedliche Massivbauweisen und Lowtech-Lösungen getestet. Die verschiedenen Massivbauweisen werden im Rahmen des Monitorings (Laufzeit Januar 2017 bis voraussichtlich Dezember 2018) auf Basis der Fragestellungen zu Raumklima, Behaglichkeit und Energieverbrauch während der Nutzung und in der Ökobilanz hinsichtlich ihres Energieverbrauchs und ihrer Umweltperformance bewertet. Es soll herausgefunden werden, welche der drei unterschiedlichen, geschossweise verwendeten Massivbauweisen diese Planungsziele bestmöglich erfüllt. Durch das Erreichen der folgenden Ziele soll sich ein strategischer und dauerhafter Vorteil bei der Vermarktung ergeben: Hohe Behaglichkeit Hohe Nutzerakzeptanz Geringe Betriebs- und Instandsetzungskosten Bessere Zukunftsfähigkeit Positive öffentliche Wahrnehmung Bessere Bedarfsdeckung des Objekts Darüber hinaus soll durch einen überdurchschnittlich hohen energetischen Standard, bei gleichzeitig hoher Wirtschaftlichkeit und Behaglichkeit, ein Wettbewerbsvorteil am Baumarkt erreicht werden. Durch das interdisziplinäre Team der Technischen Universität München, in Verbindung mit dem langjährigen Know-how der Bauunternehmung Ferdinand Tausendpfund in der Umsetzung, können die unterschiedlichen Themenbereiche integrativ bearbeitet werden. ID Bauindustrie Bayern 37