FÜR MEHR TIERWOHL UND EINEN TRANSPARENTEN MARKT

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Transkript:

FÜR MEHR TIERWOHL UND EINEN TRANSPARENTEN MARKT Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbands zum Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Einführung und Verwendung eines Tierwohlkennzeichens (Tierwohlkennzeichengesetz-TierWKG) sowie zu den Inhalten einer geplanten Tierwohlkennzeichen-Verordnung 18. Juli 2018 Impressum Verbraucherzentrale Bundesverband e.v. Team Lebensmittel Markgrafenstraße 66 10969 Berlin lebensmittel@vzbv.de Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände

2 l 8 INHALT I. ZUSAMMENFASSUNG 3 II. STELLUNGNAHME ZU EINZELNEN ASPEKTEN 5 1. Zu Paragraf 1 Tierwohlkennzeichen... 5 2. Zu Paragraf 2 Aufgaben des Bundesamtes... 7 3. Zu Paragraf 7 Absatz 2 Nummer 2 Ermächtigungen... 7 4. Zur Anlage Inhalte der geplanten Tierwohlkennzeichen-Verordnung... 8

3 l 8 I. ZUSAMMENFASSUNG Lediglich rund 20 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher 1 sind zufrieden mit der Kennzeichnung von Produkten, wenn es um Tierschutz und Tierwohl geht. Wie eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2018 im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) außerdem zeigt, wollen etwa 70 Prozent der Befragten Verlässlichkeit darüber, dass es den Tieren besser gegangen ist, wenn sie einen höheren Preis akzeptieren sollen. Weitere rund 19 % sind in dieser Frage unentschieden. 2 Der vzbv fordert daher seit langem, das Marktversagen zu beenden und ein verlässliches staatliches Labelsystem zu schaffen. Daher hat der vzbv die Arbeiten der Bundesregierung an einem solchen mehrstufigen staatlichen Labelsystem stets begrüßt. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am 18.06.2018 den Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Einführung und Verwendung eines Tierwohlkennzeichens, das Tierwohlkennzeichengesetz (TierWKG, Stand 07.06.2018), vorgelegt. Der Gesetzentwurf enthält allgemeine Regelungen zur organisatorischen Ausgestaltung, Umsetzung und Kontrolle eines Kennzeichen-Systems. Als Anlage zum Gesetzentwurf wurde zudem das Dokument Inhalte der geplanten Tierwohlkennzeichen-Verordnung, Stand 31.05.2018, vorgelegt. Darin sollen die künftigen Kriterien für das Tierwohlkennzeichen sowie Vorgaben zur Verwendung des Tierwohlkennzeichens, zum Zulassungsverfahren von Kontrollstellen und zu weiteren Pflichten und Sanktionsmöglichkeiten der beteiligten Institutionen und Personen geregelt werden. Der vzbv begrüßt die Initiative des BMEL, ein staatliches Tierwohlkennzeichen zu erarbeiten, und bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen der Verbändeanhörung. Der vzbv begrüßt, die im Gesetzentwurf enthaltenen grundsätzlichen Regelungen zu den Anforderungen an die Verwendung des künftigen staatlichen Tierwohlkennzeichens, die Aufgabenverteilung der zuständigen staatlichen und privatwirtschaftlichen Stellen sowie die Straf- und Bußgeldvorschriften. dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als zuständige zentrale Verwaltungsstelle für die Verwendung des Tierwohlkennzeichens bestimmt wird und auch die Zulassung und Kontrolle von Kontrollstellen für das Tierwohlkennzeichen übernehmen soll. Der vzbv kritisiert hingegen, dass der vorliegende Gesetzentwurf keine Regelung für einen Übergang von einem freiwilligen Kennzeichnungssystem in ein verbindliches Haltungskennzeichensystem enthält; 1 Die gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche und männliche Personen. Wir bitten um Verständnis für den weitgehenden Verzicht auf Doppelbezeichnungen zugunsten einer besseren Lesbarkeit des Textes. 2 Anke Zühlsdorf, Kristin Jürkenbeck, Achim Spiller (2018): Lebensmittelmarkt und Ernährungspolitik, Verbrauchereinstellungen zu zentralen lebensmittel- und ernährungspolitischen Themen, Studie im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.v. (vzbv), https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/2018/01/16/umfrage_chartbook_lebensmittelmarkt_und_ernaehrungspolitik_2018.pdf

4 l 8 dass zum Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzes keine konkreten Kriterien zu den geplanten Stufen des Tierwohlkennzeichens vorliegen; dass der Gesetzentwurf das BMEL zur Erarbeitung und zum Erlass von Rechtsverordnungen ohne Beteiligung des Bundesrates ermächtigt, obwohl Länderbelange betroffen sind. dass ein dreistufiges Kennzeichnungssystem geplant ist, das voraussichtlich mit einer Einstiegsstufe mit nicht ausreichend ambitionierten Kriterien einhergeht. Der vzbv plädiert für ein System, das sich am Labelsystem des Deutschen Tierschutzbundes orientiert.

5 l 8 II. STELLUNGNAHME ZU EINZELNEN ASPEKTEN 1. ZU PARAGRAF 1 TIERWOHLKENNZEICHEN Der Entwurf des Tierwohlkennzeichengesetzes legt fest, dass ein Tierwohlkennzeichen mit Anforderungen an alle Stufen entlang der Wertschöpfungskette, also von der Haltung über den Transport bis hin zur Schlachtung, verknüpft ist. Der vzbv begrüßt, dass das BMEL damit die Tatsache berücksichtigt, dass Tierwohl in allen Abschnitten des Lebens von Nutztieren essentiell ist und für die Verbraucherentscheidung transparent gemacht werden sollte. Paragraf 1 regelt zudem grundsätzlich, wie und von wem ein solches Kennzeichen verwendet werden darf. Bedauerlicherweise werden im Gesetzestext jedoch keine konkreten Aussagen zu den Anforderungen beziehungsweise Kriterien an die Verbesserung des Tierwohls für die Verwendung des Tierwohlkennzeichens festgelegt. Diese Kriterien sollen vielmehr, wie der Anlage zum Gesetzentwurf Inhalte einer geplanten Tierwohlkennzeichen-Verordnung zu entnehmen ist, in einer separaten Tierwohlkennzeichen-Verordnung geregelt werden. Die Formulierung im Gesetzentwurf, dass die Anforderungen an die Verwendung des Tierwohlkennzeichens "eindeutig die Anforderungen übertreffen [müssen], die nach den geltenden Vorschriften zum Schutz der Tiere bei deren Haltung, Transport und Schlachtung einzuhalten sind, reicht aus Sicht des vzbv nicht aus. Verbraucher 3 erwarten von einem Tierwohlkennzeichen, dass sie mit ihrer Kaufentscheidung ein Produkt eines Tieres erwerben, das gut gelebt hat. Dies muss bereits für die unterste Stufe eines zunächst freiwilligen Kennzeichnungssystems gelten, um den Erwartungen der Verbraucher gerecht zu werden, eine höhere Zahlungsbereitschaft zu initiieren und ein langfristiges Vertrauen in eine solche Kennzeichnung zu sichern. Der vzbv kritisiert deshalb, dass dieser essentielle Aspekt zur Ausgestaltung des Kennzeichens nicht im vorliegenden Gesetzentwurf enthalten ist beziehungsweise zeitgleich vorgelegt wird. Der vzbv hat in der Vergangenheit gefordert, mit dem Gesetz zur Einführung eines freiwilligen nationalen Tierwohlkennzeichens auch einen konkreten Schritt hin zu einer verbindlichen Kennzeichnung zu gehen, und eine hierzu bereits jetzt gesetzliche Frist zu nennen. Der vzbv bedauert daher, dass der Gesetzentwurf keine Aussagen zu einem Übergang in ein verpflichtendes Haltungskennzeichnungssystem enthält. Der vzbv kritisiert ebenfalls, dass der Gesetzgeber versäumt hat, die gesetzlichen Grundlagen für ein verlässliches, von Behörden kontrolliertes staatliches Kennzeichensystem, zu schaffen. So hat er die gesetzlichen Mindestanforderungen bislang nicht für alle Tierarten in einer Nutztierhaltungsverordnung festgelegt. Es fehlen beispielsweise Regelungen für Puten und Milchkühe. Mögliche Ausnahmeregelungen, wie das Kupieren von Schwänzen oder verkürzte Säugezeiten bei Ferkeln sind in der landwirtschaftlichen Praxis längst zu Standards geworden. Der Vollzug geltenden Rechts ist nicht gesichert. Insgesamt besteht auch für den Gesetzgeber Handlungsbedarf für andere Gesetze und Verordnungen, die letztlich die.

6 l 8 Grundlage für ein Tierwohlkennzeichen-Gesetz darstellen. Dazu zählen neben der Nutztierhaltungsverordnung auch neue Regelungen, wie die Einführung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für Ställe und Stalleinrichtungen. Damit muss sichergestellt werden, dass serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen den Anforderungen des Tierschutzes genügen (Bauartenzulassung). Das Tierschutzgesetz sieht hier bereits eine Verordnungsermächtigung vor. Darüber hinaus sollte zunächst für alle Teilnehmer in einem Tiergesundheits-Monitoringsystem, das heißt für alle Beteiligten der Wertschöpfungskette, die Verpflichtung eingeführt werden, Tiergesundheitsdaten zu erfassen und von einer Kontrollstelle bewerten zu lassen. Das Tierwohlkennzeichengesetz sollte dafür eine Verordnungsermächtigung vorsehen. Verbraucher erwarten Produkte gesunder Tiere am Markt zu finden. Tatsächlich aber weist eine Vielzahl der geschlachteten Tiere erhebliche akute und chronische Erkrankungen auf, bevor sie vermarktet werden. Besonders von Tierwohl -Produkten erwarten Verbraucher, dass es den Tieren tatsächlich besser ging, das heißt dass sie auch weniger Krankheiten aufweisen als konventionell erzeugte Tiere. Dazu sind unter anderem die Schlachtdaten und die Daten der Tierkörperbeseitigungsanstalten heranzuziehen, ebenso wie die Daten aus dem Antibiotikaresistenzprogramm. Die Bewertung dieser Daten muss zu einer erneuten Prüfung, Verpflichtung zum Beheben der Mängel und gegebenenfalls zur Sanktionierung bei Nichteinhaltung führen. Außerdem sollte das Labelsystem durch das im Bundesprogramm Nachhaltige Nutztierhaltung vorgesehene Tierwohl-Monitoringsystem ergänzt werden. Neben dem Monitoring der Tiergesundheitsdaten, das aus Daten vom toten Tier beziehungsweise den Aufzeichnungen zum Antibiotikaeinsatz gespeist wird, fordert der vzbv ein Monitoring des Tierwohls am lebenden Tier. Schon jetzt sind landwirtschaftliche Betriebe zur Erhebung von Eigenkontrollen gesetzlich verpflichtet. Künftig soll im Rahmen einer Verordnung festgelegt werden, welche Indikatoren je Betrieb zu erheben sind und wie diese Ergebnisse ausgewertet werden sollen, welche Auswirkungen diese Daten haben und wie sie gegebenenfalls sanktioniert werden. Die zuständige Behörde muss die Daten aus diesen Monitoringsystemen in einem leicht verständlichen Bericht zusammenfassen und veröffentlichen. Der vzbv fordert, dass die gesetzlichen Defizite behoben werden, Ausnahmeregelungen tatsächlich wieder die Ausnahme darstellen und der Vollzug geltenden Rechts gesichert wird. Der vzbv kritisiert, dass die Kriterien der einzelnen Kennzeichen-Stufen nicht zeitgleich mit dem TierWKG vorgelegt werden. Das TierWKG sollte zudem eine Regelung beinhalten, wie und in welchem Zeitraum das freiwillige System eines Tierwohlkennzeichens in ein verpflichtendes Haltungskennzeichnungssystem überführt wird. Mit Einführung des Tierwohlkennzeichensystems muss auch ein Tiergesundheits- Monitoringsystem und ein Tierwohl-Monitoringsystem geschaffen werden, das es erlaubt Tiergesundheit und Tierwohl in den Betrieben zu beurteilen und entsprechend nachzubessern. Außerdem muss ein Prüf- und Zulassungsverfahren für Ställe und Stalleinrichtungen eingeführt werden (Konzept Bauartenzulassung liegt im BMEL bereits vor).

7 l 8 2. ZU PARAGRAF 2 AUFGABEN DES BUNDESAMTES Während der Gesetzentwurf noch von einem zweistufigen System ausgeht, wurde am 05.07.2018 in der Sitzung der Arbeitsgruppe Haltungskennzeichnung Schwein im BMEL in Bonn eine Organisationsstruktur diskutiert, die sich von dem im Gesetzentwurf vorgeschlagenen System unterscheidet. In der Diskussion in Bonn wurde unter anderem vorgeschlagen, dass auf das Knowhow und die Organisationsstruktur der Initiative Tierwohl (ITW) des Deutschen Tierschutzbundes und der Bioverbände zurückgegriffen werden sollte. Aus Sicht des vzbv ist es wichtig, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen, mit der Kontrolle der Kontrolle 4 beauftragt wird. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Institution, die sich um die Arbeit einer Durchführungsstelle bewirbt, in den Verdacht kommen könnte, ein Interesse zu haben beziehungsweise sich einer bestimmten Klientel in der Wertschöpfungskette näher zu fühlen als einer anderen. Der vzbv lehnt den Vorschlag der ITW ab, dass die ITW selbst die Einstiegsstufe kontrollieren könnte. Auch sollte nicht die Behörde die Details festlegen, sondern bereits die Verordnung selbst sollte Detailregelungen treffen. Auch sollten nicht mehrere juristische Personen mit der gleichen Aufgabe betraut werden, damit ein einheitlicher Vollzug sichergestellt werden kann. Der vzbv fordert, dass die Kontrolle der Kontrolle vom BVL durchgeführt wird. Bereits in einer Verordnung sollte detailliert festgelegt sein, wie die zuständige Stelle agiert. Die Kontrollbehörde muss unangekündigt Kontrollen durch die Veterinärbehörden veranlassen. 3. ZU PARAGRAF 7 ABSATZ 2 NUMMER 2 ERMÄCHTIGUNGEN Paragraf 7 enthält eine Ermächtigung des BMEL, Einzelheiten zu den Anforderungen und der Gestaltung des Tierwohlkennzeichens sowie über die Voraussetzungen und das Verfahren der Zulassung der Kontrollstellen über Rechtsverordnungen zu regeln. Dabei ist die Zustimmung des Bundesrates nicht vorgesehen. Die Lebensmittelüberwachung ist Aufgabe der Bundesländer. Unter anderem bei Fragen der Kontrolle der Zeichennutzer durch die Kontrollstellen und insbesondere deren Umfang sind die Bundesländer von den Inhalten der geplanten Rechtsverordnungen direkt betroffen. Deshalb setzt sich der vzbv für eine Beteiligung des Bundesrates bei den genannten Rechtsverordnungen ein. Eine Beteiligung der Bundesländer sollte im Gesetz festgelegt werden. Sowohl Bundestag und Bundesrat sollten die Möglichkeit erhalten, über wichtige Details wie die Kriterien der verschiedenen Kennzeichen-Stufen und die Kontrolle abzustimmen; 4 Mit "Kontrolle der Kontrolle" ist hier die amtliche Überwachung gemeint. Sie überwacht die Wirksamkeit beauftragter oder beliehener Institutionen beziehungsweise auch die betrieblichen Eigenkontrollen der Unternehmen.

8 l 8 4. ZUR ANLAGE INHALTE DER GEPLANTEN TIERWOHLKENNZEICHEN-VER- ORDNUNG Das Dokument vom 31.05.2018 sieht ein dreistufiges System vor. Die unterste Stufe ist mit Der bessere Stall" umschrieben, weitere Details zu Kriterien liegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Der vzbv unterstützt ein mehrstufiges System, um landwirtschaftlichen Betrieben eine gewisse Entwicklungsmöglichkeit zu geben. Er lehnt aber die niedrige Einstiegsstufe in einem dreistufigen System ab, da sie für Verbraucher und Landwirte keine Orientierung gibt, was Tierschutz und Tierwohl wirklich bedeuten. Vielmehr birgt eine Einstiegsstufe mit Kriterien knapp über dem gesetzlichen Mindeststandard die Gefahr, dass Verbraucher sich getäuscht fühlen, wenn sich herausstellt, dass ein Produkt mit einem Tierwohlkennzeichen nur unwesentliche Verbesserungen für das Tier bedeutet. Auch an die Kennzeichnung geknüpfte Fördergelder führen bei einer sehr niedrigen Einstiegsstufe zu einer möglichen Zementierung des Status Quo beziehungsweise eines Status auf nur geringfügig höherem Niveau. Damit würde das vom BMEL gesetzte Ziel, Tierwohl-Produkte aus der Nische zu heben, verfehlt. Deshalb präferiert der vzbv ein zweistufiges Kennzeichnungs-System mit engagierten Standards, orientiert an den Standards des Deutschen Tierschutzbundes (DTSchB). Die Erkenntnisse aus der begleitenden wissenschaftlichen Forschung zu der Einstiegsstufe und der Premiumstufe des DTSchB sollten dabei selbstverständlich einfließen und den Standard optimieren. Der vzbv plädiert für ein Kennzeichnungs-System, das sich am Labelsystem des Deutschen Tierschutzbundes orientiert.