HANDWÖRTERBUCH DER ANTIKEN SKLAVEREI

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Transkript:

FORSCHUNGEN ZUR ANTIKEN SKLAVEREI BEGRÜNDET VON JOSEPH VOGT, FORTGEFÜHRT VON HEINZ BELLEN IM AUFTRAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR HERAUSGEGEBEN VON HEINZ HEINEN BEIHEFT 5 HANDWÖRTERBUCH DER ANTIKEN SKLAVEREI IM AUFTRAG DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR, MAINZ herausgegeben von HEINZ HEINEN in Verbindung mit ULRICH EIGLER, PETER GRÖSCHLER, ELISABETH HERRMANN-OTTO, HENNER VON HESBERG, HARTMUT LEPPIN, HANS-ALBERT RUPPRECHT, WINFRIED SCHMITZ, INGOMAR WEILER und BERNHARD ZIMMERMANN Redaktion JOHANNES DEISSLER in Zusammenarbeit mit Andrea Binsfeld und mit dem Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier Gefördert mit Mitteln der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung, Köln LIEFERUNG I-IV FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART 2012

Peculium I. BEGRIFF. II. RECHTSFOLGEN. III. SOZIALE DIMENSIONEN I. BEGRIFF Peculium, wie pecunia von pecus abgeleitet [10, 13f.], bezeichnet ursprünglich grundsätzlich jedes Vermögen; im juristischen Sprachgebrauch werden unter peculia jene Sondervermögen verstanden, welche Gewaltunterworfenen Hauskindern wie Sklaven zur eigenständigen Wirtschaftsführung überlassen werden. Peculia von Sklaven existieren schon zur Zeit der Zwölf Tafeln [Tab. XII 7,12] und sind bei Plautus zahlreich belegt [13]. Rechtlich ermöglicht ein peculium, dass Sklaven selbständig Besitz und Eigentum für den Herrn erwerben ( Erwerb durch Sklaven) und Gläubiger des Sklaven den dominus mit der adjektizischen actio de peculio (vel de in rem verso) wegen Verbindlichkeiten des Sklaven verklagen können ( Actiones adiecticiae qualitatis). In der sozialen Realität bringt ein peculium eine Privilegierung des Sklaven, da es oftmalig de facto wie dessen Eigenvermögen fungiert und ihm so einen autonomen Handlungsspielraum eröffnet. Geschaffen wird das peculium durch die Gestattung (concessio peculii) seitens des Herrn, welche den Erwerb für diesen ermöglicht [22]. Die zusätzliche Einräumung der freien Verwaltung (libera administratio) gibt dem Sklaven die Ermächtigung zur eigenständigen rechtswirksamen Verfügung über die zum peculium gehörigen Sachen. Die libera administratio ermächtigt generell zu allen Geschäften, die der Herr auch einzeln gestatten würde [Dig. 15,1,46]. Nicht inkludiert sind Schenkungen [Dig. 24,1,3,8; 47,2,52,26]; die Praxis war gelegentlich großzügiger, wie Petron. 30 und Inschriften [1, 109f. 21, 269] zeigen. Die libera administratio und die Verfügungsbefugnis des Sklaven erlischt bei einer Flucht [Dig. 41,2,1,14]. Mit peculium können auch Sklavinnen [Dig. 15,1,27 pr.] und sogar unmündige Sklaven ausgestattet sein [Dig. 15,1,1,4]. Auch einem Untersklaven ( Servus ordinarius / vicarius) kann ein peculium vom dominus und dem Obersklaven eingeräumt sein [Dig. 15,1,4,6]; servi communes ( Miteigentum an Sklaven) können peculia bei verschiedenen Miteigentümern haben [Dig. 15,1,27,8; s. dazu 2, 170-173. 7]. Für die Gewährung eines peculium werden Sklaven bevorzugt, die bereits ihre Geschäftstüchtigkeit unter Beweis gestellt haben, indem sie selbst Kapital aufgebracht haben: Die Mittel kommen durch Sparsamkeit, Belohnungen [Dig. 15,1,39; 15,1,57,2] oder Geschenke Dritter [Petron. 30; Iuv. 3,188f.; Suet. Iul. 27; Dig. 15,1,39; Dig. 15,1,27,2; 41,1,37,1] oder des Eigentümers [Plaut. Most. 253f., Plaut. Persa 192; Dig. 41,1,37,1] zusammen. Dieses Grundkapital kann der dominus als peculium anerkennen und aus eigenen Mitteln erhöhen. Die zu Schaffung oder Verwaltung eines peculium nötigen Fähigkeiten sind gesucht und steigern den Kaufpreis von Sklaven [Dig. 19,1,13,4; 21,1,18 pr.]. Ein peculium kann sogar Grundstücke und oft auch Sklaven (servi vicarii) beinhalten [Dig. 15,1,7,4] und derartig erhebliche Ausmaße annehmen, dass der Sklave für seine Verwaltung einen procurator beschäftigt [Dig. 3,3,33 pr.]. Der Herr kann ein peculium jederzeit nach Willkür einziehen (ademptio peculii); die Haftung de peculio bleibt bei Gläubigerbenachteiligungsabsicht unberührt davon. Grundlose Einziehungen blieben vermutlich selten. II. RECHTSFOLGEN Aufgrund eines peculium kann der Sklave ohne speziellen Auftrag seines Herrn für diesen Besitz (und Eigentum durch traditio oder mancipatio) erwerben ( Erwerb durch Sklaven). So ermöglicht das peculium, Geschäfte durch Sklaven führen zu lassen, ohne diese kontrollieren zu müssen [Dig. 41,2,44,1], sogar in entfernten Provinzen [Dig. 41,2,1,14]. Das wirtschaftliche Risiko für den Herrn wird dadurch überschaubar, dass er für Geschäftsschulden des Sklaven aus der (adjektizischen) actio de peculio zwar mit seinem gesamten Vermögen einstehen muss, diese Haftung aber nicht über den Wert des peculium zum Zeitpunkt der Verurteilung hinausgeht. Außerdem werden bei Bestimmung des Wertes das peculium treffende Forderungen des dominus oder von Mitsklaven in Abzug gebracht und solche des Sklaven gegen den Herrn oder Mitsklaven [Dig. 15,1,5,4; 15,1,7,7] sowie durch arglistige Entnahmen des dominus oder durch von diesem geduldete Misswirtschaft entstandene Verkürzungen hinzugerechnet [Dig. 15,1,21 pr.; dazu 16]. Wirtschaftlich betrachtet gehen Verluste des Sklaven insoweit nicht auf eigene Rechnung des Herrn, als der Sklave das peculium selbst erwirtschaftet hat. Forderungen externer Pekuliargläubiger bleiben für die actio de peculio unberücksichtigt; reicht der Wert des peculium nicht zur Befriedigung aller, werden die Gläubiger in der Reihenfolge befriedigt, in der die Ansprüche geltend gemacht werden [Dig. 15,1,10; s. 5, 260-265]. Kann ein Gläubiger wegen Erschöpfung des peculium nicht volle Befriedigung erlangen, steht ihm auch die actio de in rem verso zu, sofern der Herr aus dem Geschäft bereichert wurde [11]; ggf. auch die actio institoria und actio exercitoria [23]. Darum sollen Geschäftspartner von Sklaven trachten, die Höhe des peculium in Erfahrung zu bringen [Dig. 15,1,32 pr.; Gai. inst. 4,74]. Nach Tod des dominus, Freilassung oder Veräußerung des Sklaven können das peculium betreffende Forderungen gegen Erben, Patron oder Veräußerer hinsichtlich des bei ihnen verbliebenen oder von ihnen arglistig verminderten peculium nur mehr binnen Jahresfrist erhoben werden (actio annalis de peculio). Die Haftung de peculio kann der Herr nicht einmal durch ein explizites Verbot, mit einem bestimmten Sklaven zu kontrahieren, ausschließen [Dig. 15,1,29,1; 15,1,47 pr.]. Wird der Sklave samt peculium veräußert, haftet

auch der neue dominus [Dig. 15,1,27,2]. Betreibt ein Sklave mit Wissen des Herrn ein Gewerbe mit dem Gesamtpekulium oder Teilen (merx peculiaris), kann es zu einem Sonderkonkurs kommen, bei dem der dominus dolos benachteiligten Gläubigern aus der actio tributoria haftet [Gai. inst. 4,72; s. 12]. Obgleich der dominus Eigentümer des peculium ist, wird zwischen peculium und Eigenvermögen des dominus strikt unterschieden. Die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes richtet sich danach, in wessen Buchhaltung es registriert ist [Dig. 2,13,4,3; 15,1,4 pr.; 15,1,5,4]. Gleiches gilt im Verhältnis der peculia von Ober- und Untersklaven [Dig. 15,1,4,6]. Vermögensverschiebungen zwischen peculium und Eigenvermögen des dominus bzw. Geschäfte zwischen Sklaven desselben Herrn werden nach dem Vorbild rechtsgeschäftlicher Transaktionen behandelt und lassen Forderungen (sogenannte Naturalobligationen) entstehen [Dig. 15,1,41; 15,1,49,2]. Über das peculium hat der Sklave dem dominus (oder dessen unfreiem oder freiem Rechnungsführer bzw. Vermögensverwalter) Rechnung zu legen. (Eine solche Abrechnung steht, satirisch überhöht, im Hintergrund von Petron. 53.) Dabei wird festgesetzt, welche vom Sklaven erworbenen Güter gegen Ersatz in das Stammvermögen des dominus übergeführt werden. (Ersatzlose Entnahmen gelten Pekuliargläubigern gegenüber als nichthaftungsmindernde dolose Verringerungen des peculium.) Bei unerwünschten Geschäften unterbleibt die Übernahme und das schlechte Geschäft belastet sodann das peculium. Freilassung setzt oft korrekte Rechnungslegung über das peculium voraus [Dig. 40,12,34]. Zusätzlich zur Verwaltung eines peculium kann der Sklave weiterhin Geschäfte unmittelbar für Rechnung des Herrn führen [Dig. 15,3,3,5; 46,3,35], an einem Geschäft mit diesem gemeinsam beteiligt sein [Dig. 33,8,22,1] oder auch als institor ( actio institoria) oder exercitor ( actio exercitoria) fungieren. Ob ein Geschäft für das peculium oder die Rechnung des Herrn geführt wird, entscheidet der Sklave. Betriebsmittel können dem Sklaven auch so überlassen werden, dass das peculium (und die Haftung) nicht erhöht wird, etwa als Kredit [Dig. 15,3,10,8] oder in Form einer Miete [Dig. 15,3,16; 33,7,20,1]. III. SOZIALE DIMENSIONEN Da ein Sklave mit dem peculium weitgehend ohne Aufsicht wirtschaftet, beruht sein effizienter Einsatz weitgehend auf mittelbaren Anreizen: Bei Erfolglosigkeit kann ein peculium gänzlich entzogen oder bei Fehlinvestitionen kein Ersatz geleistet werden. Die Verminderung des peculium trifft den Sklaven höchstpersönlich, da die Aussichten auf einen Freikauf mit eigenem Geld (suis nummis) sinken und die Verfolgung eigener Interessen mittels des peculium erschwert wird. Eigenverantwortlichkeit hebt die Motivation von Sklaven [Colum. 1,8,15] bis hin zu freiwilliger Selbstausbeutung [Plaut. Rud. 915-919] und extremer Risikobereitschaft für das peculium [15, 335f.]. Außerdem bietet das peculium Möglichkeiten zur Steigerung der Disziplin [15, 339]. Sogar von römischen Juristen wird vom peculium gelegentlich als Vermögen (patrimonium) des Sklaven gesprochen [Dig. 15,1,47,6; 15,1,32 pr.; 50,16,182; Isid. etym. 5,25,5; vgl. auch CIL IX 4112], da es von diesen auch für ihre Eigeninteressen herangezogen wird. Aus Mitteln des peculium kann eine Sklavin ihrem unfreien Ehemann eine Mitgift geben [Dig. 23,3,39 pr.]; in das peculium fällt die Mitgift, die ein Sklave vom Vater seiner Ehefrau erhält [Dig. 16,3,27], obwohl in beiden Fällen keine rechtsgültige Ehe zustande kommt [9. 20. 26, 32f. und 40]. Manche Eigentümer gestatten darüber hinaus Testamente über das peculium, vorausgesetzt, dass ausschließlich Mitsklaven bedacht werden [Plin. epist. 8,16; Petron. 53]. Es schafft dem Sklaven die Voraussetzungen zum Freikauf mit eigenem Geld (suis nummis), zur Vornahme von Stiftungen zu religiösen Zwecken, ja sogar zu Schenkungen an den eigenen Herrn [Dig. 15,3,7 pr.; s. 3, 405-412]. Wird ein Sklave verkauft oder vermacht, bleibt das peculium nur bei ihm, wenn dies explizit vereinbart bzw. angeordnet wird; bei einer Freilassung inter vivos gilt es hingegen als stillschweigend geschenkt [24, 64f.,47-49]. Bankwesen / Finanzen; Berufe / Tätigkeiten; Eigentum von Sklaven; Handel; Handwerk (1) BRADLEY, K. R.: Slaves and Masters in the Roman Empire. A Study in Social Control. Bruxelles 1984. --- (2) BRETONE, M.: Servus communis. Contributo alla storia della comproprietà romana in età classica. Napoli 1958. --- (3) BUCHWITZ, W.: Fremde Sklaven als Erben. Sozialer Aufstieg durch Dritte. In: A. Corbino, M. Humbert, G. Negri (Edd.): Homo, caput, persona. La costruzione giuridica dell identità nell esperienza romana. Dall epoca di Plauto a Ulpiano. 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Das Handwörterbuch der antiken Sklaverei (HAS) ist ein Projekt des Mainzer Akademievorhabens Forschungen zur antiken Sklaverei (http://www.sklaven.adwmainz.de/). Es soll die Ergebnisse der internationalen Sklavereiforschung erfassen, auswerten, konzise darlegen und der Fachwissenschaft für spätere Untersuchungen ein bisher fehlendes Grundlagenwerk für den alltäglichen Gebrauch bereitstellen. Als alphabetisch geordnetes Nachschlagewerk wird es ca. 1.000 Stichwörter (Personen, Sachen und Begriffe) in unterschiedlicher Gewichtung beinhalten, der Gesamtumfang ist auf ca. 840.000 Wörter angelegt. Neben den klassischen Formen der Sklaverei werden auch andere Arten der Unfreiheit, die übrigen Kulturen des Mittelmeerraumes (Alter Orient, Ägypten, Karthago etc.) sowie Abhängigkeitszustände in außereuropäischen Zivilisationen (Indien, China etc.) Berücksichtigung finden allerdings nur zum Zwecke des Vergleichs und nicht als eigenständige Schwerpunkte. Beiträge zur Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte runden das HAS ab. Die Beiträge werden zunächst elektronisch in fünf CD-ROM- Lieferungen veröffentlicht, wodurch eine rasche, zitierfähige und urheberrechtlich geschützte Präsentation gewährleistet ist. Nach Vorliegen aller Artikel und der Aktualisierung älterer Beiträge ist eine herkömmliche Buchversion (2.400 Spalten) geplant. Publikationssprache ist Deutsch, Artikel in englischer, französischer, italienischer und spanischer Sprache sind ebenfalls vertreten. Bezugsbedingungen/Bestellungen: Franz Steiner Verlag Postfach 101061 70009 Stuttgart +49 (0)711 25820 FAX +49 (0)711 2582390 http://www.steiner-verlag.de service@steiner-verlag.de ISBN-13: 978-3-515-08919-7 Systemvoraussetzungen PC ab 1 GHz; 256 MB RAM; MS Windows 2000, XP, Vista oder Windows 7 MAC ab G3; 256 MB RAM; Mac OS X 10.4 oder höher Zitiervorschlag: Handwörterbuch der antiken Sklaverei (HAS) hrsg. von Heinz Heinen in Verbindung mit Ulrich Eigler, Peter Gröschler, Elisabeth Herrmann-Otto, Henner von Hesberg, Hartmut Leppin, Hans- Albert Rupprecht, Winfried Schmitz, Ingomar Weiler und Bernhard Zimmermann. Redaktion: Johannes Deissler. CD-ROM-Lieferung I-IV. Stuttgart: Franz Steiner 2012, s.v. xxx (N.N.) Kurzform: Handwörterbuch der antiken Sklaverei (HAS) I-IV (2012), s.v. xxx (N.N.)