Kalibrier-Schnellverfahren für optische 3D- Stereo-Scanner Christian Bräuer-Burchardt, Roman Posselt, Peter Lutzke, Daniel Höhne, Peter Kühmstedt, Gunther Notni Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik Jena Fraunhofer IOF
Inhalt Einführung / Motivation Grundlagen Neues Zwei-Bild-Kalibrierverfahren Evaluation und Ergebnisse Diskussion, Ausblick und Zusammenfassung Fraunhofer IOF 2
Motivation Mobile photogrammetrische 3D-Scanner sind mechanischen Einflüssen (Transport) ausgesetzt und müssen häufig neu justiert werden u. U. Neu-Kalibrierung vor jedem Einsatz Exakte Kalibrierverfahren sind aufwändig (Zeit) Annahme: innere Parameter ändern sich nur geringfügig (Verzeichnung, Kamerakonstante, Hauptpunkt) Forderungen: schnelle Herstellung der Messfähigkeit, Erreichen akzeptabler Messgenauigkeit Frage: Wie Güte bewerten? Fraunhofer IOF 3
Motivation Sehr schlechte Kalibrierung (teilweise keine 3D-Daten) Schlechte Kalibrierung (Verzerrung) Gute Kalibrierung (Gut entzerrt, Dichte Punktwolke) Gute Kalibrierung ist entscheidend für 3D- Messfähigkeit und -genauigkeit! Fraunhofer IOF 4
Grundlagen - Äußere Parameter (Kalibrierung) Lagebestimmung der optischen Systeme zueinander, äußere Parameter: Positionen (Projektionszentrum) Orientierungen (Drehwinkel) yy zz xx z. B. Stereo-Kameras, Projektor + Kamera(s) Fraunhofer IOF 5
Grundlagen - Innere Parameter (Kalibrierung) Bestimmung der Parameter des optischen Systems, innere Parameter: Kamerakonstante (Bildweite) cc Bildebene ~Π Lage des Hauptpunktes pp yy p Π zz cc xx Projektionszentrum ~OO z. B. Optik der Kamera, des Projektors Fraunhofer IOF 6
Grundlagen - Optiksystem Bestimmung der 2-dim. Abweichungen vom gewählten Kameramodell (Verzeichnungen) Π z. B. radial yy yy yy xx zz cc xx z. B. tangential eine virtuelle dünne Linse ( thin lens ) Fraunhofer IOF 8 Quell: Camera Calibration Toolbox xx
Grundlagen Kalibrierung mit Fluchtpunkten (Caprile & Torre 1990) 3D Kalibrierkörper mit drei paarweise orthogonalen Richtungen (Bspw. Würfel aber auch offenes Buch 90, Hausfassade) Hauptpunkt p = Höhenschnittpunkt des Fluchtpunktdreiecks Kamerakonstante c ergibt sich aus p und zwei Fluchtpunkten Äußere Orientierung wird aus Fluchtpunkten geschätzt Fraunhofer IOF 9
Grundlagen Ziele Warum neue Verfahren (und nicht das von Caprile/Torre)? Zwei statt drei orthogonalen Richtungen: einfachere Fertigung, einfachere Handhabung, einfacher Transport Insgesamt, möglichst wenig Aufnahmen eines Kalibrierkörpers, z. B. zwei Aufnahmen eines ebenen Musters Als Vergleich: Für äußere Parameter 8-Punkte-Algorithmus Für innere & äußere Parameter: BINGO [Kruck] (Bundle Adjustment), OpenCV [Zhang]) Zhang, Z. : A Flexible New Technique for Camera Calibration. IEEE Transactions on PAMI, 22(11):1330-1334, 2000. Kruck, E.: BINGO 6.6 User Manual, Aalen, Germany, Oct. 2014 Fraunhofer IOF 10
Zwei-Bild-Kalibrierung - Kalibrierkörper zwei Aufnahmen eines ebenen Musters mit parallelen + orthogonalen Mustern Vorderer und hinterer Bereich des Messvolumens Leichte gegenläufige Kippung (Vermeidung der Fluchtpunktlage im Unendlichen) Fraunhofer IOF 11
Zwei-Bild-Kalibrierung - Kalibrierkörper Detektion und Identifikation aller sichtbaren Gitterpunkte Separate Bestimmung Verzeichnung, innere und äußere Parameter Fraunhofer IOF 12
Zwei-Bild-Kalibrierung - Optiksystem Aus den zwei Aufnahmen Anpassung einer projektiven 2D-Transformation: Originalmuster <> beobachtetes Muster Bestimmung Verzeichnungsvektoren Anpassung einer Verzeichnungsfunktion oder Verwendung der Verzeichnungsvektoren als Stütztstellen + Interpolation 4 2 0 0 100 200 300 400 500 600 700 800-2 -4-6 -8-10 -12-14 -16 Fraunhofer IOF 13
Zwei-Bild-Kalibrierung - innere Parameter Verwendung der Herstellerangabe für Brennweite f, (insensitive) Schätzung der fokussierten Entfernung d Berechnung Kamerakonstante c nach Formel cc = ff dd dd ff (Verzeichnungskorrektur, vorherige Folie) Für beide Aufnahmen: g 2 p g 1 Berechnung Fluchtpunkte v 1, v 2 (Konstruktion paralleler Gittersegmente, gewichtete Schnittpunktbildung (Schwerpunkt)) Berechnung Hauptpunkt-Gerade g mit gegebenem c Schnittpunkt beider Hauptpunkt-Geraden ist Bildhauptpunkt p Fraunhofer IOF 16
Zwei-Bild-Kalibrierung - äußere Parameter 1 b Verwendung Startlösung aus Scannerdesign (b: Basislänge, τ Triangulationswinkel der Hauptstrahlen): (X, Y, Z) 1 = (0, 0, 0) (φ, ω, κ) 1 = (0, 0, 0) (X, Y, Z) 2 = (b, 0, 0) (φ, ω, κ) 2 = (τ, 0, 0) Kamera 1 Kamera 2 Auswahl v. Punkten zur Kalibrierung nach einem Gütekriterium ττ Festlegung Testgröße T aus Rückprojektionsfehler (Residuum) und 3D-Messfehler (Längenmessfehler) Minimierung T Evtl. Verbesserung mittels Monte-Carlo-Suche Systematische Suche im 6-dim. Parameterraum (X, Y, Z, φ, ω, κ) 2 Fraunhofer IOF 17
Zwei-Bild-Kalibrierung - äußere Parameter 2 Verschiedene Alternativen implementiert 8-Punkte-Algorithmus (8PA - aus den Kalibrierpunkten werden acht nicht koplanare Punkte ausgewählt und die Fundamentalmatrix berechnet) Downhill-Simplex-Verfahren (Verbesserung einer Startlösung aus n Parametern im (n+1)-dimensionalen Suchraum) kann auch für den gesamtem Parametersatz (inklusive inneren Parametern) angewendet werden Verfahren von Caprile & Torre: Bestimmung der äußeren Orientierung aus den Fluchtpunkten von drei paarweise orthogonalen Richtungen Fraunhofer IOF 18
Ergebnisse Evaluierung der Kalibriergüte Orientierung an VDI/VDE-Richtlinie 2634/2 Schätzung des unbekannten systematischen Fehlers Ebenheitsabweichung Fd (rauschbereinigt, Ebenheit) Kugelabstandsabweichung D (Differenz der Kugelmittelpunkte) Maximale Ebenheitsabweichung Fd und Variation der Kugelabstandsabweichung D Fraunhofer IOF 19
Ergebnisse Experimente Was: Zwei unterschiedliche handgeführte 3D-Scanner Wie: Aufnahme Testkörper (MV von ca. 300 x 225 x 100 mm³, Ebene vorne, mitte, hinten, diagonal, 200 mm Kugelstab in 6 Positionen) Bestimmung maximale Ebenheitsabweichung Fd und Spanne der Kugelabstandsabweichungen D Womit: Zwei-Bild-Kalibrierung + Referenz-Kalibrierungen (BINGO- Software und 20 Kalibrieraufnahmen, OpenCV (OCV)-Software mit 20 und 256 Kalibrieraufnahmen, 8-Punkte-Algrotithmus + innere Parameter aus BINGO-Kalibrierung) Fraunhofer IOF 20
Ergebnisse Kenngrößen maximale Ebenheitsabweichung Fd über 5 Ebenen (gesamte Messfeldgröße) maximaler PV-Wert (peak-to-valley) rauschbereinigt ( 6σσ) (nur systematischer Fehler) Spanne der Kugelabstandsabweichungen D Differenz aus größtem und kleinstem Messwert (6 Messungen) für Kugelabstand Fraunhofer IOF 21
Ergebnisse Tabelle der Kenngrößen Verfahren Fd [mm] D [mm] 2BK 2,38 (M) 1,86 (M) BINGO 0,13 (E) 0,30 (E) 8PA + innere BINGO 0,40 (M) 1,34 (M) 2BV + innere BINGO 0,33 (M) 0,18 (M) OCV (256 Bilder) 2,65 (E) 2,68 (E) Ergebnisse Scanner 1, M: Mittelwert, E: eine Kalibrierung Fraunhofer IOF 22 Verfahren Fd [mm] D [mm] 2BK 1,04 (M) 1,76 (M) BINGO 0,07 (E) 0,06 (E) 8PA + innere BINGO 0,19 (M) 0,58 (M) 2BV + innere BINGO 0,34 (M) 0,09 (M) Ergebnisse Scanner 2, M: Mittelwert, E: eine Kalibrierung
Ergebnisse Beispiel Ebenenmessung ca. 300 mm ca. 200 mm Fraunhofer IOF 23
Diskussion + Ausblick Monte-Carlo-Suche bewirkt Verbesserung (nicht deterministisch) gegenüber reiner systematischer Suche (kann lokale Optima/ stationäre Punkte überwinden) Kalibrierung der inneren Parameter mit 2BK relativ ungenau Sehr gute Ergebnisse bei Vorhandensein der inneren Parameter Akzeptable Genauigkeit im Vergleich zu Referenz-Verfahren Ausblick Algorithmische Verbesserungen (Kalibrierpunktauswahl) Weitere Untersuchungen und Tests Einbeziehung weiterer Scanner Voll-Automatisierung des Verfahrens Fraunhofer IOF 24
Zusammenfassung Neue Methode zur schnellen Kalibrierung (zwei Aufnahmen planarer Muster) photogrammetrischer Stereo-Scanner Für 3D-Messungen ohne höchste Genauigkeitsansprüche geeignet Kalibrierzeit momentan ca. 5 Minuten Schneller als (unsere) BINGO-Kalibrierung (ca. 1 ½ Stunden) Schneller als (unsere) OpenCV-Kalibrierung (ca. 30 Minuten für 200 Stereopaare, Raster >= 45x46) bei etwa gleicher Mess-Genauigkeit Fraunhofer IOF 25
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Fragen? g 1 p g 2 4 2 0-2 0 100 200 300 400 500 600 700 800-4 -6-8 -10-12 -14-16 Fraunhofer IOF 26