erwachsenenbildung.at Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs www.erwachsenenbildung.at/magazin Öffentlichkeit und Markt: Wozu ein öffentliches Bildungswesen? Call for papers Ausgabe 32, 2017 Redaktionsschluss: 02. Juni 2017 Veröffentlichung: Oktober 2017 Herausgeber: Dr. Lorenz Lassnigg (lassnigg@ihs.ac.at) Mag. Kurt Schmid (schmid@ibw.at) ISSN 1993-6818 Ein Produkt von www.erwachsenenbildung.at Erscheint 3x jährlich
Öffentlichkeit und Markt: Wozu ein öffentliches Bildungswesen? Call for papers Marktwirtschaftliche Mechanismen erreichen zunehmend das Bildungsund Erziehungswesen. Gleichzeitig tragen die damit verbundenen Prozesse zu einer Aushöhlung der Demokratie bei. Worin besteht angesichts der Herausforderungen der Globalisierung und der allgemeinen Zunahme der Privatisierung die öffentliche Verantwortung für das Bildungswesen, und speziell für die Erwachsenenbildung? Mit dem vorliegenden Call möchten wir einen kritischen Fachdiskurs zur Rolle und Funktion von Öffentlichkeit und Markt in der Erwachsenenbildung anstoßen. Zunehmende Ökonomisierung im Bildungswesen Zunehmend verbreitet sich die Auffassung und Praxis, dass marktwirtschaftliche Mechanismen auch auf das Bildungswesen ausgeweitet werden sollen. Im Hochschulwesen ist dies bereits weit fortgeschritten. Im Zuge der Globalisierung befindet sich der öffentliche Sektor in verschiedener Hinsicht auf dem Rückzug private Financiers sollen im globalen Bildungsmarkt für die (öffentlichen) Finanzierungsprobleme einspringen (PPP: Public Private Partnership). Ökonomische Investitions-Ertragsrelationen werden zur politischen Legitimation. Parallel wird die Politik als WählerInnenmarkt (oder Prinzipal- Agent-Verhältnis ) aufgefasst und das Gemeinwohl hinweg theoretisiert. Die Demokratie wird zu einem öffentlichen Gut, das vom Publikum hochgeschätzt sein mag, jedoch in der ökonomischen Welt keinen Wert hat. Auf der anderen Seite differenziert sich der fundamentale Zweifel an dieser Ökonomisierung zunehmend in verschiedene Argumentationen und Ansätze. Als Pendant zur Ausbreitung des Marktes wird insbesondere eine Aushöhlung der Demokratie festgestellt. Dabei überwiegt die Kritik an diesen Entwicklungen gegenüber konstruktiven Überlegungen zu Lösungen. Die Post-Demokratie setzt (implizit) eine Vergangenheit funktionierender pluralistischer Demokratie voraus. Die Welle des Populismus ist sehr widersprüchlich mit demokratischen Forderungen verbunden. Eine wichtige Frage betrifft das Verhältnis von repräsentativer und partizipativer Demokratie. Positive Alternativen sind schwieriger zu finden. Darauf sollen sich die Beiträge des Heftes konzentrieren. Das Bildungswesen hat eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Öffentlichkeit und Bewahrung der Demokratie Dieser Aufruf knüpft an die Ausgaben zur Postdemokratie (Meb 11/2010) und zum Demokratielernen (Meb 28/2016) sowie zur Modernisierung der Erwachsenenbildung (Meb 25/2015) an und bewegt sich auf einer allgemeineren institutionellen und politischen 2
Ebene der Herstellung (oder Zerstörung) der Bedingungen für Bildung und Erziehung. Entgegen einer vielleicht spontan auftretenden Assoziation ist die Frage wozu ein öffentliches Bildungswesen? nicht rhetorisch, sondern ernst gemeint. Sie soll die Diskussion darüber fördern, inwieweit, in welchen Formen und aus welchen Gründen es gegenüber den in den letzten Jahrzehnten sich verstärkenden Prozessen der Vermarktung und Kommodifizierung im Erziehungs- und Bildungswesen nötig erscheint, die Bewahrung oder eine Stärkung der Öffentlichkeit zu verfechten und einzufordern. Öffentlichkeit wird insbesondere als fundamentales Element der Demokratie gesehen und dem Bildungswesen wird dabei eine wichtige Rolle zugeschrieben. Die Öffentlichkeit kann in viele verschiedene Aspekte differenziert werden, die für die Erwachsenenbildung und das Bildungswesen insgesamt von Bedeutung sind: Politische Zuständigkeit: öffentliche/staatliche Verantwortung für Bildung und Erziehung, sowie deren Regulation, Bereitstellung und Finanzierung in Relation zu privaten Verantwortlichkeiten und deren Förderung/Kanalisierung Politische Diskurse: Einflussnahme des Publikums auf die staatlichen Aktivitäten und Formen/Qualität der Auseinandersetzungen und Diskurse in diesem Bereich (Herstellung des Gemeinwohls, demokratische Prozesse und Formen der Demokratie, Wirksamkeit von Interessen, Universalisierung und Differenzierung von Kapitalformen wie Humankapital, Sozialkapital etc.) Politische Bildung/Erziehung: Absichten und Wirkungen von Bildungs-/Erziehungsaktivitäten auf die Strukturen und Prozesse der Öffentlichkeit (Kommunikationsformen und -inhalte; Medien etc.) Politische Gestaltung: Ausformungen der Öffentlichkeit bzw. Stellenwert öffentlicher Verantwortung in den Gestaltungsformen des Gemeinwesens (Staat- Markt-Relation, Public Value, soziale/private Verantwortlichkeit, Fairness und Verteilungskämpfe etc.), Politische Kontextbedingungen: große Veränderungen in den Kontextbedingungen der Öffentlichkeit (Globalisierung-Migration, Digitalisierung-Mediatisierung, Privatisierung-Individualisierung, Ökonomisierung, Popularisierung etc.) Alle diese Aspekte sind für die Gestaltung und Praktiken der Erwachsenenbildung wie des Bildungswesens insgesamt (von dem sie ja ein Teil ist) mehr oder weniger unmittelbar sichtbar/erfahrbar von Bedeutung. Sie werden in den letzten Jahrzehnten stark in der Dichotomie von Staat vs. Markt (auch öffentlich vs. privat) abgehandelt, wobei der Fokus stark auf staatliche Unzulänglichkeiten gelegt wird und marktwirtschaftliche Mechanismen als Korrektiv, Ergänzung oder auch als Ersatz für staatliche Aktivitäten gesehen werden. Extreme ökonomische Theorien der Politik begreifen auch das Gemeinwohl in Kategorien der Marktrationalität und betrachten politisches Handeln als Markt für Stimmen. Eine Sicht, die auch bereits stark in die politischen Praktiken hineinwirkt. Investition und Ertrag versus Demokratie und Legitimation in der Erwachsenenbildung Für die Erwachsenenbildung hat sich eine marktwirtschaftliche Orientierung bereits weitgehend durchgesetzt, und die Organisationen bemühen sich darum, gute und wirksame Methoden und Strategien der Vermarktung zu finden. Abstrakt steht die ökonomische Logik von Investition und Ertrag der politischen Logik von Demokratie und Legitimation gegenüber, aber es wird gerne vergessen, dass auf der einen Seite die Durchsetzung der ökonomischen Logik der politischen Legitimation bedarf, und dass auf der anderen Seite auch der Markt eine weitgehend öffentliche und staatlich regulierte Institution ist die Entgegenstellung ist also verzerrt und wirft viele Fragen auf; die fortgeschrittene ökonomische Forschung (Philippe Aghion, Daron Acemoglu) diskutiert die (alternativen) Beiträge von Märkten und Institutionen zur wirtschaftlichen Ent- wicklung. Zentrale Fragestellungen für Beiträge dieser Ausgabe Wir suchen Beiträge, die folgende Fragestellungen behandeln: In welchen Formen, Strategien, Politiken und Maßnahmen kann und soll sich die öffentliche Verantwortung im Bildungswesen ausdrücken? 3
Wie entwickelt sich das Spannungsverhältnis zwischen Marktwirtschaft und staatlicher Verantwortung in der österreichischen Bildungspolitik und Erwachsenenbildung? Worin besteht angesichts der Herausforderungen der Globalisierung die öffentliche Verantwortung für das Bildungswesen, und speziell für die Erwachsenenbildung? Welche Rolle spielt die Europäische Politik in diesem Zusammenhang? Welche Elemente werden gestärkt, welche geschwächt? Wie wird auf der praktischen Ebene der Bereitstellung und Durchführung der Erwachsenenbildung das Spannungsverhältnis zwischen Marktwirtschaft und öffentlicher Verantwortung spürbar? Welche Lösungsansätze gibt es für eine fruchtbare Vereinigung von Marktwirtschaft und öffentlicher Verantwortung? Wo liegen Grenzen für die beiden Elemente? zeitgerechte Einreichung sowie Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Redaktion. Nähere Hinweise für AutorInnen sind nachzulesen unter http://erwachsenenbildung.at/magazin/ hinweise_fuer_autorinnen. Kritische Würdigung, Überarbeitung und Fachlektorat AutorInnen erhalten rund vier bis sechs Wochen nach Redaktionsschluss mündlich und/oder schriftlich eine kritische Würdigung sowie die Möglichkeit, Überarbeitungen oder Ergänzungen vorzunehmen. Anschließend werden alle zur Veröffentlichung angenommenen Beiträge aufgrund der redaktionellen Beurteilung und der formalen Standards verpflichtend lektoriert. Das Fachlektorat beinhaltet u.a. Formal- und Rechtschreibkorrektur und bezieht sich auf die Anforderungen des Reviews. Manuskript und Redaktioneller Ablauf Wir empfehlen, vor einer Einreichung eine Kontaktaufnahme zwecks Abstimmung über das Ansinnen der Einreichung. Die Redaktion behält sich vor, nach einem Review-Prozess Beiträge auszuwählen oder abzulehnen. Manuskript Bitte senden Sie Ihren Beitrag inklusive Vorschlag für ein Abstract, allfälliger Grafiken, Tabellen und Diagramme (in bearbeitbarer Form), Porträtfoto (mindestens 300 dpi) mit Fotokennung sowie eine Kurzbiografie (Ausbildung, Arbeitsschwerpunkte und -bereiche) an die Online-Redaktion. Redaktionsschluss ist am 02. Juni 2017. Review und Auswahlkriterien Die Fachredaktion trifft gemeinsam mit den HerausgeberInnen im Rahmen eines internen Reviews eine Auswahl jener Beiträge, die für eine Veröffentlichung in Frage kommen. Ausschlaggebende Kriterien sind Aktualität des Inhalts und Korrektheit der Ausführung, Bezugnahme auf den Call und auf Österreich bzw. Transferierbarkeit internationaler Erkenntnisse auf die österreichische Situation, Einhaltung formaler Standards (v.a. hinsichtlich Umfang und Zitierweise), Veröffentlichung Die Ausgabe 32 wird im Oktober 2017 veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung übertragen Sie dem Magazin erwachsenenbildung.at die Nutzungsrechte Ihres Artikels zur Veröffentlichung im Internet unter der Creative Commons Lizenz CC-BY, im BoD-Verlag und als ebook sowie zur Erfassung in Datenbanksystemen. Als Dank überweist das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung für angenommene Beiträge ein Anerkennungshonorar von 110,-- bis 275,-- Euro, je nach Umfang und Rubrizierung des Beitrags. Mit der Einreichung eines Manuskripts ist die Anerkennung dieser Bedingungen verbunden. Ihre Ansprechpersonen Herausgeber der Ausgabe Dr. Lorenz Lassnigg, Institut für höhere Studien (IHS) E-Mail: lassnigg@ihs.ac.at Mag. Kurt Schmid, Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW), Wien E-Mail: schmid@ibw.at Online-Redaktion Mag. a Christine Bärnthaler, CONEDU Mag. Wilfried Frei, CONEDU E-Mail: redaktion@erwachsenenbildung.at Telefon: +43 (0)316 719508-12 4
Rubriken Redaktion Um dem Titel Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs gerecht zu werden, ist das Magazin erwachsenenbildung.at in verschiedene Rubriken gegliedert: Thema Praxis Porträt Kurz vorgestellt Rezension Fachredaktion Univ.-Prof. in Dr. in Elke Gruber, Universität Graz Dr. Lorenz Lassnigg, IHS Mag. a Julia Schindler, Verein Frauen aus allen Ländern Mag. Kurt Schmid, ibw Dr. Stefan Vater, VÖV Ina Zwerger, ORF Ö1 HerausgeberInnen des Mediums Eine genaue Beschreibung der Rubriken inklusive der Zeichengrenzen für Artikel findet sich unter http:// erwachsenenbildung.at/magazin/hinweise_fuer_autorinnen/rubriken.php. Bitte richten Sie Ihre Einreichung nach den Kriterien der gewählten Rubrik aus. Mag. a Regina Rosc, BMB Dr. Christian Kloyber, bifeb) 5