Business Combination Agreements rechtliche Fragestellungen Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse Aktuelle rechtliche Entwicklungen

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Transkript:

Unternehmensübernahmen und -zusammenschlüsse Aktuelle rechtliche Entwicklungen Prof. Dr. Andreas Cahn, LL.M.

I. Übersicht 1. Gegenstand und Zweck von BCAs 2. Wirksamkeit von Vereinbarungen über a) Kapitalmaßnahmen b) Organbesetzung Aufsichtsrat Vorstand 3. Geschäftseinheit i.s.v. 139 BGB mit nachfolgendem Unternehmensvertrag? 1

II. Gegenstand und Zweck von Business Combination Agreements 1. BCAs werden beschrieben als schuldrechtliche Vereinbarungen, in denen die Unternehmensleitungen zweier Kapitalgesellschaften die Bedingungen und Ziele eines Unternehmenszusammenschlusses im Vorfeld verbindlich strukturieren und festschreiben. 2. Ziel eines BCA ist es, den Fahrplan für den Unternehmenszusammenschluss festzulegen und die Transaktionssicherheit zu erhöhen. 2

II. Gegenstand und Zweck von Business Combination Agreements (Forts.) 3. BCAs enthalten häufig Regelungen über die Art und Weise und den Zeitplan der Unternehmenszusammenführung Integrationsmaßnahmen oder Wahrung der Eigenständigkeit der Zielgesellschaft (z.b. zur Vermeidung steuerschädlicher Wirkungen und der Auslösung von Kündigungsrechten von Vertragspartnern der Zielgesellschaft aufgrund von change of control-klauseln) die Corporate Governance, insbesondere die Gremienzusammensetzung bei der Zielgesellschaft 4. Abgrenzung von Investorenvereinbarungen? 3

III. Wirksamkeit typischer Vereinbarungen am Beispiel der W.E.T.-Entscheidungen des LG München I und des OLG München 1. Kapitalmaßnahmen: Der W.-Vorstand darf vorbehaltlich der Rechtsvorschriften und sofern die Unterstützungsbedingungen erfüllt sind, ohne die Zustimmung der Bieter weder (i) genehmigtes Kapital im Sinne von 202 AktG ausnutzen oder die Ausgabe von Aktienoptionen oder ähnlichen Instrumenten unterstützen, die deren Inhabern das Recht geben, Aktien der Gesellschaft zu erwerben oder zu zeichnen, noch (ii) einen Teil der oder alle eigenen Aktien veräußern oder neue eigene Aktien (direkt oder indirekt selbst, durch seine Tochtergesellschaften oder Dritte, die für diese handeln) erwerben 4

III. Wirksamkeit typischer Vereinbarungen (Forts.) a) Ausgangspunkt: Grundsatz der Vertragsfreiheit b) Verstoß gegen das Prinzip der Satzungsautonomie? Verpflichtungen im Hinblick auf ein genehmigte Kapital Verpflichtungen im Hinblick auf eigene Aktien 5

III. Wirksamkeit typischer Vereinbarungen (Forts.) c) Zuständigkeit des Vorstands für die Vertretung der Gesellschaft für das Eingehen von Verpflichtungen im Hinblick auf Kapitalmaßnahmen Die gesetzliche Zuständigkeitsordnung als gesetzliches Verbot i.s.v. 134 BGB und die unbeschränkbare Vertretungsmacht des Vorstands Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht als Grenze für die Begründung von Verpflichtungen gegenüber Dritten d) Wirkung der Verpflichtung: Erfüllungszwang oder nur Schadensersatz bei Vertragsverletzung? 6

III. Wirksamkeit typischer Vereinbarungen (Forts.) 2.Organzusammensetzung a) Aufsichtsrat Wegen 136 Abs. 2 AktG Unwirksamkeit einer Pflicht, für Vorschläge des Aufsichtsrats nach 124 Abs. 3 Satz 1 AktG zu stimmen Keine wirksame Verpflichtung der AG durch den Vorstand, auf bestimmte Besetzung des Aufsichtsrats hinzuwirken 7

III. Wirksamkeit typischer Vereinbarungen (Forts.) b) Vorstand Vereinbarungen im Fall W.E.T.: Gegenwärtige Zusammensetzung des Vorstands soll für Laufzeit der Anstellungsverträge unverändert bleiben Bieterin und deren Muttergesellschaft (A2)sehen von rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen ab, mit denen eine vorzeitige Beendigung der Bestellung und/oder des Anstellungsvertrags eines Mitglieds des W.- Vorstands bewirkt wird Parteien werden, soweit gesetzlich zulässig nach besten Kräften dafür sorgen, dass die Vertreter von A2 oder der Bieterin, die Mitglied eines Geschäftsorgans der Gesellschaft sind, keine derartigen rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen ergreifen, einleiten oder unterstützen; 84 Abs. 3 AktG bleibt unberührt. 8

III. Wirksamkeit typischer Vereinbarungen (Forts.) Die Parteien sagen zu, sich, soweit gesetzlich zulässig, nach besten Kräften zu bemühen, die derzeitigen Dienstverträge der Mitglieder des W.- Vorstands vor Unterzeichnung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags so abzuändern, dass jedes Mitglied des W.- Vorstands vom Amt zurücktreten und seinen Dienstvertrag mit Wirkung zum Datum des Inkrafttretens des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags kündigen kann, Im Fall einer solchen Kündigung hat das jeweilige Vorstandsmitglied Anspruch auf die Gesamtvergütung für die restliche Laufzeit seines derzeitigen Dienstvertrags und seiner Bestellung als Mitglied des W.- Vorstands, wobei im Hinblick auf die Boni, Tantiemen oder sonstige leistungsbezogene Teile der Vergütung von einer Zielerreichung von 100% ausgegangen wird. 9

III. Wirksamkeit typischer Vereinbarungen (Forts.) Wirksamkeit, weil nur Bemühensverpflichtung im Rahmen des gesetzlich Zulässigen? Gesellschaft als richtiger Vertragspartner für derartige Amtserhaltungs- und Abfindungsvereinbarungen für Vorstandsmitglieder? Eigeninteresse des Vorstands am Zustandekommen des BCA führt zur Unanwendbarkeit der Business Judgment Rule. Folge: Strenger Maßstab bei der Prüfung, ob das BCA und das Zusammenschussvorhaben im Interesse der Zielgesellschaft liegen 10

IV. Geschäftseinheit i.s.v. 139 BGB zwischen BCA und BGAV? Argumente des LG München: Zweck des BCA, die Mehrheit für den BGAV abzusichern Bezugnahme mehrerer Regelungen des BCA auf den BGAV Dagegen: Zeitlicher Abstand zwischen BCA und BGAV Unterschiedliche Vertragslaufzeiten Salvatorische Klausel im BCA Maßgebliches Kriterium: Sollte wirklich ein Vertrag mit dem anderen stehen und fallen? 11