Abdominelle Schmerzen beim Reizdarmsyndrom eine Frauenkrankheit?



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Transkript:

Abdominelle Schmerzen beim Reizdarmsyndrom eine Frauenkrankheit? Interaktionen zwischen Psychologie und Biologie bei der Pathogenese und Therapie Sigrid Elsenbruch Heisenberg-Professur für Experimentelle Psychobiologie, Institut für Medizinische Psychologie & Verhaltensimmunbiologie

USA Prävalenz und Relevanz chronischer Schmerzen Zahlen & Fakten 35 % der U.S. Amerikaner haben chronische Schmerzen > 50 Millionen Personen sind wegen chronischer Schmerzen teilweise oder vollständig arbeitsunfähig 50 Millionen Krankheitstage pro Jahr $75 Billionen Kosten pro Jahr f.d. Gesellschaft wegen eingeschränkter Produktivität und medizinischen Kosten Deutschland In Deutschland wurde 1996 die qualifizierte Behandlung einer chronischen Schmerzkrankheit nach Verhandlungen zwischen der kassenärztlichen Bundesvereinigung und Spitzenverbänden der Ersatzkassen erstmals verrechenbar. Die Zahl der Betroffenen wird in Deutschland auf 8 bis 10 Millionen geschätzt. American Psychosomatic Society, 1999

Allg. Definition Ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. eine chronische Schmerzkrankheit entsteht, wenn Schmerz seine eigentliche Funktion als Warn- und Leithinweis verliert und einen selbständigen Krankheitswert erhält. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Dimension ist davon auszugehen, dass ein chronisches Schmerzsyndrom entsteht, wenn Schmerzen länger als sechs Monate (heute eher: länger als 3 bis 6 Monate) bestehen. Alternativ wird chronischer Schmerz gelegentlich ohne konkreten Zeitrahmen definiert als Schmerz, der über die zu erwartende Zeitdauer zur Heilung anhält. Chronische Schmerzen führen in der Regel zu einer Erniedrigung der Schmerzschwelle sowie häufig zu psychologischen Veränderungen und einer Belastung des persönlichen sozialen Umfelds.

Prävalenz chronischer Schmerzen: Beispiel Kopfschmerzen

Prävalenz chronischer Schmerzen: Beispiel Rückenschmerzen

Prävalenz chronische Schmerzen: Geschlechtsunterschiede Aus: Hurley & Adams, Anesthesia & Analgesia 2008

Medizinisch unerklärte Schmerzsyndrome From: Clauw & Crofford Best Practice & Research Clinical Rheumatology 2003;17:685-71.

Inter- und Multidisziplinäres Forschungsfeld Soziologie Medizin Gynäkologie Neurologie Gastroenterologie Psychosomatik Med. Psychologie Psychologie Biologie Physiologie

Schmerz: Interdisziplinäres Problem Definition (International Association for the Study of Pain, IASP) Ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder drohender Gewebeschädigung einhergeht oder so beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache. Keine einfache Kausalverknüpfung von Gewebeschädigung und Schmerzreaktion --- Schmerz kann ohne Gewebeschädigung auftreten Schmerz hat eine sensorische und eine emotionale Qualität Affektiver Aspekt (Belastung) ist konstitutive Komponente des Schmerzgeschehens; ist assoziert mit kognitiven Aspekten (Bewertung) und Verhalten Chronische Schmerzen: Verknüpfung zw. Schmerz und Emotionen / Kognitionen relevant i.r. des biopsychosozialen Schmerzkonzepts

Chronischer Schmerz: Bio-psycho-soziales Modell Biologische Faktoren: Art der Schädigung; Schmerzgedächtnis ; Schmerzschwelle Psychische Faktoren: Lerngeschichte; Bedeutung und Bewertung (Kognitionen); Aufmerksamkeit ( hypervigilance ), Stimmungslage (Affekt: Angst, Depression) Soziale Faktoren: Verhalten von Angehörigen, Ärzten und Umwelt; Kompensation (AU, Rente) Circulus Vitiosus

Biologische Grundlagen: ZNS Affektiv-emotional Kognitiv Sensorisch-diskriminativ

Übersicht 1. Einleitung: Problem Darmerkrankungen Diagnose Reizdarmsyndrom 2. Pathogenese & Pathophysiologie Schmerzwahrnehmung Symptombewertung & Krankheitsverhalten Psychologische und biologische Stressreaktionen Biopsychosoziales Krankheitsmodell 3. Therapie 4. Mögliche Ursachen für Geschlechterunterschiede

Verdauungsbeschwerden & Abdominelle Schmerzen Chronische Verdauungsstörungen und Darmbeschwerden: 1/3 der Bevölkerung sind betroffen 1. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Colitis Ulcerosa, Morbus Crohn > 300.000 Patienten in Deutschland 2. Funktionelle Magendarmerkrankungen keine organische Ursache(n) erkennbar Reizdarmsyndrom (IBS), funktionelle Dyspepsie (Reizmagen) Prävalenz: 10 20 %, in Deutschland ca. 9 Mio. Betroffene, davon mindestens 1 Mio. Patienten in regelmäßiger ärztlicher Behandlung (50 % aller Patienten bei Gastroenterologen) Muller-Lissner, Digestion 2001; Rubin et al., 2000

Reizdarmsyndrom (RDS) (Irritable Bowel Syndrome, IBS) Symptome: Bauchschmerzen Durchfall / Verstopfung Blähungen, abdominelle Distension + häufig Affektstörungen; Schlafstörungen etc. ohne (mit herkömmlichen Methoden) erkennbare strukturelle oder biochemische Ursachen KEINE MORTALITÄT, trotzdem massiver Leidensdruck / eingeschränkte Lebensqualität massive Kosten f.d. Gesundheitssystem: 1) direkte Kosten: wiederholte Arztbesuche, z.t. unnötige Untersuchungen 2) indirekte Kosten: Fehltage, eingeschränkte Produktivität Leitlinien der Dt. Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) Layer et al., 2011

Häufigkeit RDS Frauen : Männer: 2:1 bis 4:1 (abhängig v.d. Versorgungsstufe) Canada 12% US 10 20 20% Sweden 13% Belgium 8% UK 22% France 20% Spain 13% Denmark 7% Netherlands 9% Germany 12% China 23% Japan 25% Nigeria 30% IBS data not included Australia 12% New Zealand 17% Muller-Lissner, Digestion 2001

Kosten RDS vs. andere Erkrankungen (USA) Asthma 1 Migräne 2 RDS 3,4 Hypertensive disease 5 Stroke 5 Arthritis 6 Diabetes 7 0 20 40 60 80 100 Annual costs (billions of US dollars) 3 American Gastroenterological Association. The Burden of Gastrointestinal Diseases, 2001 4 Martin et al. Am J Manag Care 2001:7(8 Suppl.):S268 S275

Problem Darmbeschwerden: Zusammenfassung Hohe Prävalenz Hohe Einbußen in der Lebensqualität der Betroffenen Hohe Kosten für das Gesundheitssystem Behandlung häufig nicht zufrieden stellend Ätiologie und Pathophysiologie nur teilweise verstanden Chronische, schubförmige Erkrankungen: Faktoren, welche akute Phasen und Phasen der Remission beeinflussen, sind unverstanden Einfluss psychologischer Faktoren, insb. Stress, unzureichend verstanden (z.t. umstritten) und somit auch nicht konsequent in die Therapie integriert

Übersicht 1. Einleitung: Problem Darmerkrankungen Diagnose Reizdarmsyndrom 2. Pathogenese & Pathophysiologie Schmerzwahrnehmung & -verarbeitung Symptombewertung & Krankheitsverhalten Psychologische und biologische Stressreaktionen Biopsychosoziales Krankheitsmodell 3. Therapie 4. Mögliche Ursachen für Geschlechterunterschiede

RDS Pathogenese Medline: IBS : 6794 (29.4.2011) Genetik Inflammation Transmitter z.b. Serotonin ZNS/Darm-Interaktion Wahrnehmungsstörung Motilitätsstörung 1950 2011

Gehirn-Darm-Achse From: Elsenbruch S. Abdominal Pain in Irritable Bowel Syndrome: A Review of Putative Psychological, Neural and Neuro-Immune Mechanisms. Brain Behav Immun. 2011 Mar;25(3):386-94

Übersicht 1. Einleitung: Problem Darmerkrankungen Diagnose Reizdarmsyndrom 2. Pathogenese & Pathophysiologie Schmerzwahrnehmung & -verarbeitung Symptombewertung & Krankheitsverhalten Psychologische und biologische Stressreaktionen Biopsychosoziales Krankheitsmodell 3. Therapie 4. Mögliche Ursachen für Geschlechterunterschiede

RDS: Wahrnehmungsstörung Probanden mit Schmerz % 100 80 RDS Gesunde 60 40 20 Ritchie et al., Gut 1973 0 0 20 40 60 100 200 300 Ballonvolumen (ml)

Irritable Bowel Syndrome (IBS) 80 ** VAS Schmerz (mm) 70 60 50 40 30 20 10 0 IBS Gesunde Elsenbruch et al. & Gizewski, 2010 Apr;59(4):489-95 ]

fmrt Ergebnisse Direkter Gruppenvergleich IBS > Kontrollgruppe (2-sample t-test, p <.001 unkorr.) PFC 5 4 3 2 1 0 Insula 5 4 3 2 1 0 Elsenbruch et al. & Gizewski, 2010 Apr;59(4):489-95 ]

Übersicht 1. Einleitung: Problem Darmerkrankungen Diagnose Reizdarmsyndrom 2. Pathogenese & Pathophysiologie Schmerzwahrnehmung & -verarbeitung Symptombewertung & Krankheitsverhalten Psychologische und biologische Stressreaktionen Biopsychosoziales Krankheitsmodell 3. Therapie 4. Mögliche Ursachen für Geschlechterunterschiede

Symptomwahrnehmung Was ist Schlaf? und -bewertung Subjektiver Zustand und biologischer Prozess Schlafverhalten & Chronic Fatigue-Symptomatik: Patientenwahrnehmung vs. Polysomnographie

Symptomwahrnehmung und -bewertung 2.0 ** ** IBS with clincial depression IBS with subclinical depression Healthy controls 1.5 * * Scale Score 1.0 0.5 0.0 Sleep Quality Daytime Fatigue Pittsburg Sleep Quality Index (PSQI) Scales Am J Gastroenterol 1999;94:2447-52. Am J Gastroenterol 2002;97:2306-14. Gut 2005;54:1353-4.

Psychopathologie & Symptomwahrnehmung und -bewertung Psychopathologie Beschwerden (intestinal & extraintestinal) Symptom Bewertung werden verstärkt... - als Symptome wahrgenommen - als Symptome erinnert - als Symptome berichtet

Krankheitsverhalten Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen Hausarzt Consulters 75% Kein Arztbesuch Gastroenterologe Tertiärzentrum = Non-patients Smith et al., Gastroenterology 1990

Arztbesuche & Psychopathologie Psychopathologie Ausprägung der Symptome Depression Angst Persönlichkeitsstörungen Somatisierungsstörung ARZTBESUCH - Häufigkeit - Arzt-Pat.-Beziehung - Compliance, Adherence - Behandlungserfolg

Übersicht 1. Einleitung: Problem Darmerkrankungen Diagnose Reizdarmsyndrom 2. Pathogenese & Pathophysiologie Schmerzwahrnehmung & -verarbeitung Symptombewertung & Krankheitsverhalten Psychologische und biologische Stressreaktionen Biopsychosoziales Krankheitsmodell 3. Therapie 4. Mögliche Ursachen für Geschlechterunterschiede

RDS & Stress Kann Stress das RDS verursachen? 1. Patientensicht 1,2 2. Negative Lebensereignisse und Psychopathologie 3,4 3. Stresseffekte auf die gastrointestinale Motorik 4. Vergleichende exp. Studien zu Reaktionen auf akuten Laborstress 1 Chaudhary & Truelove, Quart J Med 1962; 2 Drossman et al., Gastroenterology 1982 3 Mendeloff, N Engl J Med 1964; Fava Psychotherapy & Psychosomatics 1976; 4 Young, Gastroenterology 1976

Emotionale Stressreaktion Negative Affect (PANAS) 20 15 10 5 * RDS Controls State anxiety (STAI-S) 50 40 30 * * RDS Controls 0 Arrival Baseline Stress + 45' 20 Rest Baseline Stress + 45' Elsenbruch et al., Psychosomatic Medicine, 2001 Elsenbruch et al., The American Journal of Gastroenterology, 2006

fmrt Stressmodulation IBS > Kontrollgruppe (Kontrast Stress Ruhe: 2-sample t-test, p <.001 unkorr.) Insula DLPFC amcc 5 4 3 2 1 0 Elsenbruch et al. & Gizewski, Gastroenterology 2011

RDS & Stress Stress kann: gastrointestinale Symptome verschlimmern Symptomepisoden triggern das Krankheitsverhalten und erleben beeinflussen Stress kann nicht: alleine chronische gastrointestinale Symptome verursachen (Ausnahme frühkindliches Trauma) Stress = Moderatorvariable Mechanismen: neurale Verarbeitung, periphere Stresshormone, etc.

Übersicht 1. Einleitung: Problem Darmerkrankungen Diagnose Reizdarmsyndrom 2. Pathogenese & Pathophysiologie Schmerzwahrnehmung & -verarbeitung Symptombewertung & Krankheitsverhalten Psychologische und biologische Stressreaktionen Biopsychosoziales Krankheitsmodell 3. Therapie 4. Mögliche Ursachen für Geschlechterunterschiede

RDS Pathogenese Biopsychosoziales Modell VORGESCHICHTE - Genetische Faktoren - Frühe Lebenserfahrungen - Gastrointestinale Infekte PSYCHOSOZIALE FAKTOREN - STRESS - Persönlichkeit - Befindlichkeit ANS Hormone Immunsystem RDS - Krankheitserleben - Krankheitsverhalten Immunsystem PHYSIOLOGIE - Sensorik - Motorik Adaptiert nach Drossman et al., 1997

Übersicht 1. Einleitung: Problem Darmerkrankungen Diagnose Reizdarmsyndrom 2. Pathogenese & Pathophysiologie Schmerzwahrnehmung & -verarbeitung Symptombewertung & Krankheitsverhalten Psychologische und biologische Stressreaktionen Biopsychosoziales Krankheitsmodell 3. Therapie 4. Mögliche Ursachen für Geschlechterunterschiede

Wie wird behandelt? 1 Allgemeinmaßnahmen 2 Psychologische Maßnahmen Arzt-Patienten Beziehung 3 Medikamentöse Behandlung: symptomorientiert

Psychologische Maßnahmen Ärztliche Führung / Arzt-Patienten-Beziehung Aufklärung über das Krankheitsbild Aufklärung über Wesen und Ursache der Beschwerden Aufklärung über realistische Therapieerfolge Vermeidung wiederholter Diagnostik bei ausgeprägter psychopathologischer Begleitproblematik: Psychotherapie Entspannungsverfahren / Stressbewältigungsprogramme

Geschlechtsunterschiede beim Reizdarmsyndrom

Geschlechtsunterschiede beim Reizdarmsyndrom: Psychosoziale & biopsychologische Erklärungsfaktoren Kindheitstrauma Affektstörungen Schmerzschwelle Bewertung Hormone Coping Gehirnverarbeitung Krankheitsverhalten

Geschlechtsunterschiede beim RDS: Psychosoziale Erklärungsfaktoren Symptomwahrnehmung- und bewertung: Frauen berichten den Schmerz eher als problematisches Symptom als Männer Umgang mit Symptomen (Coping): Frauen tendieren eher als Männer dazu, die Symptome als sehr belastend und schlimm zu empfinden und ggfs. zu dramatisieren ( pain catastrophizing ) und verstärkt die Aufmerksamkeit auf interozeptive Reize zu richten ( pain hypervigilance ) Krankheitsverhalten: Frauen suchen eher einen Arzt auf als Männer Überschätzung der tatsächlichen Geschlechterunterschiede!

Geschlechtsunterschiede beim RDS: Biopsychologische Erklärungsfaktoren Hormonelle Einflüsse (Zyklus): Nachgewiesen für diverse gastrointestinale Funktionen u. Schmerzverarbeitung Kindheitstraumata (Missbrauch): Erhöhen stark das Risiko sowohl einer chronischen Schmerzerkrankung als auch einer Affektstörungen im Erwachsenenalter; Frauen signifikant häufiger betroffen als Männer Affektstörungen (Angst, Depression): Sind eng mit chronischen Schmerzen assoziiert; verändern die Gehirnverarbeitung von Schmerzen und anderen emotionalen Reizen; Frauen signifikant häufiger betroffen als Männer Schmerzschwellen: Frauen zeigten niedrigere Schmerzschwellen als Männer für Hitze- bzw. Kältereize sowie mechanische Schmerzreize; für viszerale Schmerzschwellen sind die Daten nicht eindeutig Gehirnverarbeitung von Schmerzreizen: Datenlage nicht eindeutig; die Mehrzahl der Studien zeigt einige Geschlechtsunterschiede

Schlussfolgerungen & Zusammenfassung Häufiges Krankheitsbild mit klar definierten symptom-basierten Diagnosekriterien: Mehr Frauen als Männer betroffen Pathophysiologie: multi-faktoriell; gestörte Motorik und Sensorik (Gehirn-Darm Achse) Psychologische Faktoren, u.a. Stress und Affektstörungen wichtige Einflussvariablen, erklären einen Teil der Geschlechterunterschiede Geschlechterunterschiede sind bio-psycho-sozial begründet; diese Faktoren sind bislang nur unzureichend in bestehende Therapiekonzepte integriert!