DAS MÄRCHEN VON SCORE ODER WARUM GEHIRNWÄSCHE BEI PILOTEN NICHT FUNKTIONIERT

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Transkript:

Informationen für das Cockpitpersonal bei: Frankfurt, den 28. Mai 2013 E-Mail: konzern-tk@vcockpit.de DAS MÄRCHEN VON SCORE ODER WARUM GEHIRNWÄSCHE BEI PILOTEN NICHT FUNKTIONIERT Liebe VC-Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Publikation eröffnet eine Reihe von ausführlichen Rundschreiben, mit welchen wir Ihnen unsere Sichtweise zu den verschiedenen offenen Tarifthemen übermitteln wollen. Es ist vom Umfang deutlich länger als unsere sonstigen Veröffentlichungen. Wir bitten Sie aber dennoch, sich die Zeit zu nehmen und diese Lektüre in Ruhe zu studieren, damit wir eine gemeinsame Grundlage für lebendige Diskussionen auf unseren Meetings Anfang Juli in München und Frankfurt haben. Zum Thema SCORE: Ende 2011 erklärte uns der Vorstand der Lufthansa, dass er im direkten Anschluss an CLIMB 2011 ein weiteres Sparprogramm plane. Die Story-Line, die dem Programm unterliegen solle, sei jedoch noch bei der Boston Consulting Group in der Entwicklung. Was bedeutet dies eigentlich? Nichts anderes, als dass unser Vorstand (mangels eigener Kompetenz?) bei einer der zahlreichen Consultingfirmen für -zig Millionen Euro ein Rationalisierungsprogramm von der Stange kauft, welches anschließend für Lufthansa zurechtgeschneidert wird. Mit im Paket befinden sich hunderte von Hochglanzpräsentationen plus eine Gebrauchsanleitung, die erklärt, wie die Mitarbeiter mithilfe einer Angstkampagne so in die Defensive getrieben werden, dass sie am Ende froh sind, nur 5-10 % ihres Salärs abgeben zu müssen und dafür den Arbeitsplatz behalten zu dürfen. Die Zugeständnisse müssen natürlich dauerhaft und nachhaltig erfolgen, damit auch hier der Niveau-Unterschied zum eigenen Vorbildverhalten erkennbar bleibt. In Zusammenhang mit dem neuen Programm wurde damals auch die Frage debattiert, ob Gewerkschaften nicht schon bei guten Unternehmenszahlen Zugeständnisse machen sollten, um die nächste Krise zu vermeiden oder abfedern zu helfen. Wir haben die unmissverständliche Antwort gegeben, dass ein solches Begehren des Vorstandes bei uns auf klare Ablehnung stößt! Würden Gewerkschaften bereits in guten Zeiten Zugeständnisse machen, stünde die Frage im Raum, wann Mitarbeiter denn überhaupt noch Verbesserungen erwarten könnten. Oder würden Sie ernsthaft davon ausgehen, dass unser Vorstand, seiner antizyklischen Logik folgend, umgekehrt in einer Krise gute Vergütungsanhebungen gewährt, weil der Aufschwung ja gewiss bald wieder eintreten wird? Wohl kaum. Wir haben auch auf die Parolen aus dem CLIMB-Programm verwiesen, als ebenfalls eine strukturelle und irreversible Strukturkrise im Luftverkehr beschworen wurde. Damals hieß es, die Erlöse pro Passagier (Yield) würden unwiederbringlich einbrechen und die Firstund Business-Class-Kunden nie wieder zurückkommen. Um diesem Trend entgegenzusteuern, sollten nachhaltige Zugeständnisse vom Personal erfolgen. - 1 -

Was aber geschah seither tatsächlich? Entgegen der damaligen Prognosen haben sich die Yields so positiv, wie lange nicht, entwickelt. Als dann vor gut einem Jahr die Begründung für SCORE fertig entwickelt war, wurde erkennbar, dass man das Schreckensszenario sportlich weiterentwickelt hatte. Die Story- Line des Managements lautete nun, wir könnten unsere bestellten Flugzeuge nur dann bezahlen, wenn der Gewinn um 1,5 Mrd. Euro gesteigert würde, was einer Umsatzrendite von 8% entspreche. Die derzeitige Ertragslage sei nicht ausreichend, die Schuldenlast zu hoch, die finanzielle Stabilität gefährdet und SCORE daher unumgänglich. Wie Sie wissen, sitzen VC-Mitglieder, welche seit Jahrzehnten intensiv mit den Bilanzen, Zahlen und deren aktuellen Entwicklungen vertraut sind, im Konzernwirtschaftausschuss und im Aufsichtsrat. Auch diese bekamen plötzlich abenteuerliche Investitionserfordernisse präsentiert. So wurden für die Bestellungen von Flugzeugen, die teilweise erst in einigen Jahren ausgeliefert werden, einfach die Listenpreise addiert, um eine möglichst hohe Summe zu kreieren. Bekanntlich räumen die Hersteller für größere Aufträge erhebliche Rabatte ein, diese aber blieben unerwähnt. Wir finden, dass es hochgradig unseriös ist, solche Zahlen zu verbreiten, um Angst im Unternehmen zu schüren und zu suggerieren, wir befänden uns in einer ernsthaften Schieflage! Den anfänglich kernigen Ansagen ( Teilabriss und Neuaufbau, Raus aus der Komfortzone ) folgte dann nur wenig Neues. Auf Antworten zur Frage, welche kreativen, strategischen Ideen der Vorstand habe, um den Herausforderungen durch die Golfcarrier und die Low-Coster zu begegnen, warten Belegschaft und Fachpublikum seither vergebens. Schlimmer noch: die Presseartikel und öffentliche Äußerungen unserer Vorstände, die seit dieser Zeit erschienen sind, waren allesamt geeignet, den guten Ruf unserer Marke nachhaltig zu beschädigen. Innerbetrieblich hat das gebetsmühlenartige Vortragen der SCORE-Thesen die Glaubwürdigkeit des Vorstands schwer beschädigt und die Ergebnisse der letzten EFM- Umfrage gleichen einer schallenden Ohrfeige. Statt aber auf die Kritik der Belegschaft am Billig-Kurs des Unternehmens und der Zerstörung der inneren Kultur mit Korrekturen zu reagieren, werden immer neue Kommunikations- Profis engagiert, um die alte Story-Line doch noch an den Mann zu bringen. In einem neuen Dialogforum will man neuerdings mit ehrlichen Antworten auf kritische Fragen die Deutungshoheit erringen. Auch der übliche interne Teil bei Personalversammlungen der PV wird hierfür unterbunden. Vorher schon wurde erkennbar, dass die Boston Consulting Group bei der Entwicklung des SCORE-Programmes stark auf das Mittel der Angst als Triebfeder setzt, statt auf positive Motivation der Belegschaft. Tatsächlich wurde Angst noch nie so gezielt und massiv eingesetzt wie bei SCORE. Auf unzähligen Dialogveranstaltungen und Pilotsmeetings sowie in Rundschreiben äußern die jeweiligen Vertreter der Geschäftsleitung abenteuerliche Thesen. Der firmenseitige Betreuer des Tarifforums verglich die Situation gar mit der Beinahe-Insolvenz von 1992 und orakelte metaphorisch, der DLH-Konzern würde demnächst gegen den Berg fliegen, wenn wir keinen Pull-Up durchführen. Einem Damokles-Schwert gleich wird gebetsmühlenartig erklärt, dass nur die aktive Teilnahme aller Beschäftigten in Form eines nachhaltigen Beitrages aller Mitarbeiter das langfristige Überleben unserer Firma und somit den Erhalt des Arbeitsplatzes ermögliche. Solche Behauptungen sind aber nicht nur moralisch fragwürdig, sondern aus der wirtschaftlichen Perspektive heraus schlichtweg falsch! Denn wie steht es tatsächlich um unseren Lufthansa-Konzern? Nun, wie beschrieben wird stets der Eindruck vermittelt, die jetzige Umsatzrendite reiche nicht aus, um die Flugzeuge zu bezahlen. Investitionen werden jedoch zunächst aus dem Cashflow finanziert. Die Finanzierung Ihres Eigenheims bestreiten Sie ja auch im Rahmen Ihrer laufenden Liquidität. Der operative Cashflow ist ein Zeichen für die Finanzkraft eines Unternehmens und bewegte sich 2012 mit 2,9 Mrd. Euro im DLH-Konzern beinahe auf Rekordniveau. Ein positiver Cashflow bedeutet, dass ein Unternehmen einen Liquiditätsüberschuss erwirtschaftet. Zieht man von diesem die Abschreibungen und Investitionen ab, kommt man zum operativen Ergebnis. Ein ausgeglichenes Ergebnis bedeutet, dass alle Abschreibungen erwirtschaftet wurden auch die Rollover-Kosten. - 2 -

Somit steht die Umsatzrendite zwar auch für die Profitabilität eines Unternehmens, aber eben nicht für dessen zukünftige Fähigkeit, Investitionen zu tätigen. Um Ihnen einen tieferen Einblick in die tatsächlichen Absichten unseres Vorstandes zu ermöglichen, zeigen wir Ihnen die folgende Grafik des Lufthansa Konzern-Controllings aus dem vergangenen Herbst. Wie erwähnt lag der tatsächliche Cashflow am Ende des Jahres 2012 bei gut 2,9 Mrd. Euro, also sogar noch mehr als 200 Mio. Euro höher, als in dieser Chart unterstellt. Wir können nicht erkennen, warum die Investitionen der kommenden Jahre bei einem durchschnittlichen Cashflow um die 3 Mrd. Euro nicht finanzierbar sein sollen. Sehr wohl ist dagegen ablesbar, für welche gelbe Maßnahmensteigerung wir in Wahrheit zum Verzicht aufgefordert werden! Verstehen Sie jetzt auch, warum es trotz der SCORE-Parole, wir könnten die bestellten Flugzeuge ohne eine Radikalkur nicht bezahlen, problemlos zur Neubestellung von 100 Kurzstreckenflugzeugen im Dezember 2012 kommen konnte? (Quelle: DLH-Konzerncontrolling) Weitere wichtige Konzernkennzahlen zeigen im letzten Jahr ebenfalls hervorragende Werte. Der CVA (Cash Value Added) zum Beispiel, die Kennzahl im Hause Lufthansa der letzten Jahre für Wertschaffung, liegt derzeit 60% über dem Schnitt der letzten 10 Jahre (2003 2012: +2,2 Mrd. Euro). Oder die Liquidität. Hier wurde schon vor Jahren ein Mindestwert von 2,3 Mrd. Euro festgelegt, welcher im Jahr 2012 mit knapp 5 Mrd. Euro, dem zweitbesten Ergebnis aller Zeiten, um mehr als das Doppelte übertroffen wurde. Auch in Bezug auf die finanzielle Stabilität und Flexibilität lassen sich keinerlei Schieflagen im Unternehmen erkennen. Wichtig hierfür ist die Eigenkapitalquote, welche seit 2003 einen kontinuierlichen Anstieg verzeichnet und nach einer kleinen Delle 2009 mittlerweile wieder im Bereich des All-Time-High und des Zielwertes von 30% liegt (2012: 29,2%). Keine andere Airline schreibt ihre Flugzeuge so schnell ab, wie Lufthansa. Dies sichert eine hohe Eigenkapitalquote und volle Flexibilität. Diese Flexibilität wird seit Jahren mit einem sog. Investment-Grade unterstrichen. Auf so manchem Dialogmeeting wurde deswegen seitens des Managements auf die Wichtigkeit des Erhaltens dieses Investment-Grades hingewiesen. Dies mag vielleicht wünschenswert sein, unredlich aber ist, dafür Gehaltskürzungen von den Mitarbeitern zu verlangen. Das Investment-Grade dokumentiert ja gerade, wie hervorragend der Finanzzustand ist. Lufthansa ist eine von nur drei Airlines weltweit, die ein Investment-Grade haben! Wo aber sollen die Mitarbeiter Vergütungsrunden mit Erhöhungen erwarten dürfen, wenn nicht bei einer dieser gesündesten Airlines? - 3 -

Lassen Sie sich auch nicht durch die angeblich schlechten Passage-Ergebnisse verunsichern. Die konzerninternen Verrechnungspreise lassen jederzeit beliebige Verschiebungen von Kosten und Gewinnen im Konzern zu. So hat beispielsweise die LCAG letztes Jahr alleine mit der Belly-Fracht in den Passagierflugzeugen ca. 100 Mio. Euro Gewinn verbucht. Diesen Gewinn könnte man durchaus so, wie es andere Airlines (SWISS) tun, auch der Passage zurechnen. Außerdem haben wir Teile unserer Flotte in ausländischen Briefkästen geparkt und leasen diese zurück, um in Deutschland Steuern zu sparen. Lufthansa Technik erzielt 50% Ihres Umsatzes mit der Lufthansa Passage. Auch diese Gewinne müssten für einen fairen Vergleich miteinbezogen werden. Die SWISS weist lediglich ein Gesamtergebnis (also inkl. Cargo und Technik) aus. Somit ist ein Vergleich der SWISS mit der Lufthansa Passage einer von Äpfeln mit Birnen. Diejenigen unter Ihnen, welche schon ein paar Jahre dabei sind, werden sich noch erinnern, wie hervorragend die CityLine plötzlich performte, nachdem wir die Variable Vergütung Cockpit ans Passage-Ergebnis gekoppelt hatten. Als wir später wieder den Bezug zum Konzernergebnis hergestellt hatten, brachen die Gewinne der CityLine wundersamerweise schlagartig ein. Wie gesund unser Unternehmen ist, lässt sich somit nur am Konzernergebnis wirklich festmachen, welches im Jahre 2012 immerhin 990 Millionen Euro betrug! Dieses gute Konzernergebnis wird immer wieder mit dem Verkauf der Amadeus Anteile und den anderen profitablen Bereichen der Lufthansa begründet, welche angeblich die Passage subventionieren müssten. Der Verkauf der Anteile war aber nur wegen der Buchverluste beim Verkauf der bmi im Vorjahr erforderlich. Außerdem stehen dem positiven Einmaleffekt der Amadeus Anteile auch negative Einmaleffekte entgegen, die gerne verschwiegen werden. So wurde das Ergebnis der Passage im letzten Jahr durch den Verkauf vieler gebrauchter Flugzeuge kurioserweise geschmälert. Zwar bringt der Verkauf zunächst Einnahmen. Diesen aber stehen außerplanmäßige Abschreibungen entgegen. Bei Lufthansa werden die Flugzeuge in der Regel innerhalb von 12 Jahren auf einen Restwert von 15% abgeschrieben. Da die durchschnittliche Nutzungsdauer bis zum Verkauf aber 25 Jahren beträgt, kann dieser Restwert dann natürlich nicht mehr erzielt werden und so kommt es zu Abschreibungen und Wertminderungen, die das operative Ergebnis mindern. By the way: wussten Sie, dass das Ergebnis 2012 alleine durch SCORE-Restrukturierungskosten mit ca. 160 Mio. Euro belastet wurde? Alle diese Punkte mit einbezogen, wären viele angeblich defizitäre Strecken sehr schnell wieder profitabel. Wie immer ist alles eine Frage der Darstellung und der Perspektive. Fazit: Wir haben der Unternehmensleitung immer erklärt, dass wir offen für Diskussionen zur strategischen Positionierung sind. Mit der im Rahmen von CLIMB 2011 verabredeten Senkung der Cockpitkosten im dezentralen Bereich um 20 bis 25 % wurde auch der Beweis erbracht, dass wir bei konkreten Problemlagen und einer direkten Verbindung zur Sicherung unserer Arbeitsplätze Zugeständnisse erbringen können. Eines aber ist ganz klar: Wir machen keine pauschalen Zugeständnisse zur Steigerung der Gewinne auf immer neue Rekordhöhen! Zumal wir ja auch keinerlei Kontrolle darüber haben, wie der Vorstand diejenigen Gelder einsetzt, die wir in finanziell guten Zeiten durch Zugeständnisse zusätzlich zur Verfügung stellen würden. Finanzvorstand Frau Menne sprach gegenüber der Presse in New York schon von möglichen Beteiligungen an Low-Cost-Airlines in Asien. Erfahrung mit versenkten Milliarden durch Beteiligungen an ausländischen Unternehmen (Sky Chefs, bmi, brussels, AUA, Jade, Lufthansa-Italia, Jetblue und viele mehr) haben wir mittlerweile reichlich. Wollen wir daher tatsächlich mit pauschalen SCORE-Beiträgen Geld zur Verfügung stellen, das für Investitionen verwendet werden könnte, die im Zweifelsfalle auch noch gegen uns in Stellung gebracht werden? - 4 -

In keinem Unternehmen sind außerdem die Mitarbeiter dafür zuständig, die Investitionen zu bezahlen. Von der resultierenden Wertsteigerung profitieren vor allem die Aktionäre. Bei erhöhtem Kapitalbedarf aber wäre eine Kapitalerhöhung der erste logische Schritt! Lassen Sie uns auf den Juli-Meetings gemeinsam die Details der Investitionsplanung des Unternehmens anschauen und diskutieren. Denn wir wollen nicht falsch verstanden werden. Selbstverständlich begrüßen wir, wenn der Vorstand versucht, unser Unternehmen möglichst effektiv aufzustellen und vernünftige Reaktionen auf Veränderungen am Markt umzusetzen. In diesem Zusammenhang erwähnen wir gerne das Ausschöpfen von Synergien im Konzernverbund. Tatsächlich werden neuerdings auch die Flugpläne und die Preispolitik zwischen der Lufthansa und ihren Verbundairlines koordiniert welch ein Fortschritt! Wenn man aber mit brutalen Methoden versucht, unsere Tarifstrukturen aufzubrechen, wie etwa beim Betriebsübergang der AUA zur Tyrolian oder wie bei der Verschiebung unserer Verkehrsabrechnung von Norderstedt ins Ausland, dann ist Schluss mit unserem Verständnis. Wenn man gar unserer Übergangsversorgung die Geschäftsgrundlage abspricht, werden wir uns zu wehren wissen! Zu den beiden Vergütungsrunden: Klassisch wird bei der Entwicklung einer vernünftigen Tarifforderung eine Analyse der Lage im Unternehmen, des Umfelds in der Airlinebranche und anderer deutscher Tarifbereiche sowie der Inflationsrate vorangestellt. Für faire Tarifabschlüsse gilt die Daumenregel Inflationsrate plus halbe Produktivitätsverbesserung. Leider muss auf diesen Zielwert anschließend immer ein Forderungszuschlag erhoben werden, da die Gegenpartei ansonsten Schwierigkeiten bekommt, den Abschluss intern rechtfertigen zu können. Schließlich muss das Ergebnis am Ende ja ein schwierig errungener Kompromiss sein! Wenn Sie nun die Abschlüsse der letzten Jahre betrachten, so werden Sie feststellen, dass uns nicht einmal der Inflationsausgleich zu 100 % gelungen ist. Das aber lag in erster Linie daran, dass wir 2009/2010 eine sehr harte Tarifauseinandersetzung vor dem Hintergrund des Angriffes auf unsere Arbeitsplätze (LHI, Embraer, etc.) zu führen hatten. Unsere Bedingung für einen CLIMB-Beitrag war damals die Neuregelung und Wiedereinhaltung der KTV-Geschäftsgrundlage. Nachdem dies in der von Dohnanyi-Schlichtung gelungen war, mussten wir auch die Nullrunden bis einschließlich März 2011 akzeptieren. Die 3,5 % der Vergütungsrunde 2011 lagen dann zwar über der Inflationsrate von 2010, aber mit den beiden Nullrunden aus 2009 und 2010 bleibt es bei einer 5-Jahres-Rückschau bei Reallohnverlusten. (Quelle: VC Tarifabteilung Research) - 5 -

Nach unserer grundsätzlichen Positionierung zum Thema SCORE haben wir 2012 die Gehaltsforderung von 5,2 % nach den oben erwähnten, traditionellen Kriterien aufgestellt. Die zu Grunde liegende Inflationsrate lag 2011 bei 2,3 Prozent und für die Vergütungsforderung für 2013 von 4,6% bei 2,0 Prozent im Jahr 2012. Bevor Sie unsere aktuellen Forderungen werten, machen Sie sich bitte einmal die Mühe und vergleichen Sie unsere jeweiligen Forderungen aus den vergangenen Jahren mit den letztendlich vereinbarten Abschlüssen. Schnell werden Sie dann erkennen können, wie unseriös die Behauptung des Managements ist, eine knapp 10%ige Gehaltsforderung sei für unser Unternehmen nicht verkraftbar. Da die bereits erheblichen variablen Anteile unserer Einkommen ganz offenkundig keiner Wertschätzung des Managements unterliegen, ist es für uns auch nicht denkbar, hier noch weitere Anteile hinzuzufügen. Lassen Sie uns noch ein kurzes Wort zur Produktivität verlieren. Seit Jahren weisen wir darauf hin, dass der tatsächliche Leistungs-Output pro Mitarbeiter, also die transportierten Sitzkilometer pro Pilot, die relevante Kenngröße ist. Das bedeutet, dass wir mit dem Einsatz durchschnittlich größerer Flugzeuge automatisch auch produktiver werden. Unser Management aber bestreitet dies und bewertet die Produktivität der Piloten, entgegen aller Gepflogenheiten bei anderen Berufsgruppen, nur mit den geflogenen Blockstunden pro Mitarbeiter. Unser offizieller Verhandlungspartner, der AGVL (so heißt der Sparten - Arbeitgeberverband, der für Lufthansa verhandelt), war zunächst bis Oktober 2012 voll mit dem Kabinenkonflikt beschäftigt und stieg erst danach in Gespräche mit uns ein. Unsere Geduld wurde aber nicht etwa honoriert, sondern unsere ablehnende Position zu pauschalen SCORE-Zugeständnissen ignoriert. Forderungen statt Angeboten liegen seither auf dem Verhandlungstisch. Wegen der monatelang ohnehin schlechten Presse für unser Unternehmen zu Beginn von SCORE, während der tatsächlich starken Störungen unseres Betriebes durch den harten Winter sowie während der diversen Streiks durch Verdi und UFO, war der Verzicht auf Arbeitskampfmaßnahmen für uns nur logisch. Im Januar haben wir Ihnen auf den Pilotsmeetings dieses Vorgehen erläutert und bestärkendes Feedback erhalten. Unsere damalige Hoffnung, dass sich nach Entlarvung der falschen SCORE-Parolen endlich wieder tarifpolitische Vernunft beim Lufthansa-Management manifestieren könnte, blieb bislang unerfüllt. Stattdessen wird die SCORE-Propaganda, entsprechend der Gebrauchsanleitung der Boston Consulting Group, in welcher den Führungskräften erklärt wird, wie unwillige Mitarbeiter zu überzeugen sind, gebetsmühlenartig und gehirnwäschemäßig weitergeführt. Für uns heißt das aber immer noch nicht, dass wir der Meinung wären, jetzt unmittelbar in Arbeitskampfmaßnahmen eintreten zu müssen. Wir leben schon 13 Monate mit dem offenen Vergütungstarifvertrag, da kommt es auf ein paar Wochen auch nicht mehr an. Uns ist es wichtig, mit möglichst vielen von Ihnen die aktuelle Lage und die möglichen Optionen des weiteren Vorgehens zu diskutieren. Wir haben daher zu den Meetings Anfang Juli eingeladen, damit Sie diese Termine beim Requesten noch berücksichtigt können. Machen Sie davon Gebrauch und seien Sie sich immer der Tatsache bewusst, dass die Durchsetzungskraft einer Gewerkschaft nichts mit guten Argumenten oder gelungener Rhetorik zu tun hat, sondern ausschließlich von der Frage abhängt, ob die Nichteinigung teurer kommt. Unsere Geschlossenheit ist unsere Stärke! Mit freundlichen Grüßen Ihre Konzern-Tarifkommission: Thomas von Sturm (Sprecher), Benjamin Sindram (stellv. Sprecher), Dr. Frank Konrad (stellv. Sprecher), Manuel González Fernández, Peter Haas, Stefan Herth, Bernd Hohlmeier, Evi Kaltenbrunner, Farid Merdaci, Moritz Rastätter, Ludwig Rausendorff, Dirk Schichtel, Martin Schläfer, Winfried Streicher, Stefan Ziegler und RA Ingolf Schumacher (VC) - 6 -