Der Big Bang Was sagt die Relativitätstheorie über den Anfang unseres Universums?



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Transkript:

Der Big Bang Was sagt die Relativitätstheorie über den Anfang unseres Universums? Wir leben in einem Universum, das den Gesetzen der von Einstein gegründeten Relativitätstheorie gehorcht. Im letzten Jahrhundert wurden die ersten einfachen Modell-Universen untersucht. Ergebnis: Vor 14 Milliarden Jahren gab es einen Urknall. Aber inwieweit passt diese Idealisierung zu den von uns gemessenen Daten, und was passiert in präziseren Modellen? von Katharina Radermacher KABOOOM! Der Urknall. Und daraus ist das ganze Universum entstanden. Klingt unglaublich einfach und für so manchen wohl auch einfach unglaublich. Aber was ist der Urknall eigentlich, und woher wissen wir, dass es ihn gab? Um es kurz zu fassen: Wir wissen es nicht. Aber wir haben theoretische Konzepte entwickelt, die das, was wir beobachten können, einigermaßen schlüssig erklären. Sie alle beruhen auf der einen Theorie, die die Physik unseres Universums beschreibt: Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Eine Theorie allerdings, die eine Vielzahl möglicher Universen zulässt, mit jeweils sehr unterschiedlichen Eigenschaften. Welche davon liefern eine sinnvolle Beschreibung unseres eigenen Universums? Das entscheiden Physiker anhand ihrer Messungen, vergleichen Eigenschaften der Modelle mit tatsächlichen Beobachtungen. Interessant sind solche Modelle, die zu den Messdaten passen. Mathematiker hingegen forschen abseits von Teleskop und Sternwarte an den theoretischen Grundlagen. Mit Stift und Papier, in der Bibliothek oder an der Tafel entwickeln sie neue Modelle und untersuchen deren Verhalten. Das gemeinsame Ziel: Unser Universum immer besser zu beschreiben. Von der Speziellen Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Albert Einstein die Relativitätstheorie, die unser Verständnis von Raum, Zeit und Materie grundlegend verändern sollte. 1905, im Annus mirabilis, veröffentlichte er seine Überlegungen zur Speziellen Relativitätstheorie, welche materie- und kräftefreie Systeme beschreibt. Die Theorie beruht auf zwei recht einfachen Postulaten: 1. Die Lichtgeschwindigkeit ist konstant. Da immer präzisere Messungen keinerlei Schwankungen erkennen ließen, macht diese Annahme Sinn. 2. Jeder Beobachter in einem nichtbeschleunigten System erfährt dieselben physikalischen Gesetze. Diese zweite Forderung nennt man Relativitätsprinzip, auch sie stimmt mit allen bisherigen Versuchen und der eigenen Erfahrung überein. Trotz der Einfachheit dieser Postulate sind die resultierenden Effekte erstaunlich:

Zeit ist keine absolute Größe, und Gleichzeitigkeit hängt vom Betrachter ab. Bewegte Uhren gehen langsamer (Zeitdilatation), bewegte Maßstäbe sind kürzer (Längenkontraktion) als Uhren und Maßstäbe, die relativ zum Beobachter ruhen. Die Spezielle Relativitätstheorie hat jedoch noch Lücken, beispielsweise kann sie keine Gravitationseffekte berücksichtigen. Für die Beschreibung unseres Universums ist sie deshalb nur eingeschränkt geeignet, denn sobald Masse vorhanden ist, zieht sich diese mit Gravitationskräften gegenseitig an. Die Spezielle Relativitätstheorie eignet sich also nur für Bereiche des Universums, die weit entfernt sind von jeglicher Masse. Um diesen Mangel zu beheben, entwickelte Einstein zusammen mit verschiedenen Mathematikern und Physikern die Allgemeine Relativitätstheorie. Die Theorie beruht auf anspruchsvollen mathematischen Grundlagen, bedient sich insbesondere sehr stark verschiedener Konzepte aus der Geometrie, sodass bis heute Mathematiker und Physiker gleichermaßen auf diesem Gebiet forschen. Sie beinhaltet auch die Spezielle Relativitätstheorie als einen Spezialfall, geht aber weit über diese hinaus.... zur allgemeinen Relativitätstheorie Die wichtigste Neuerung der Relativitätstheorie ist, dass die Zeit ihre Sonderrolle bei der Beschreibung von Ereignissen verliert. Statt einen Ort (3 Koordinaten) und einen Zeitpunkt anzugeben und dann mittels Transformationsformeln von einem Koordinatensystem in ein anderes zu wechseln, betrachtet man die Zeit als eine weitere Koordinate und spricht von der vierdimensionalen Raumzeit. Im Kern besteht die Allgemeine Relativitätstheorie dann nur aus einer einzigen Gleichung! Die Krümmungen: Ric (Riccikrümmung) und: S (Skalarkrümmung) der Raumzeit müssen die Einsteingleichung erfüllen: Ric-½ S g = 8πT. Was bedeutet nun diese Gleichung? Dazu müssen wir einen Schritt zurückgehen und verstehen, wie Mathematiker Raumzeiten betrachten. Nehmen wir hierzu drei Beispiele: die Ebene, die Oberfläche einer Kugel, zum Beispiel die Erdoberfläche, und das Möbiusband. Wenn wir sehr nah hineinzoomen, sehen alle drei Objekte gleich aus, nämlich wie die Ebene, wie ein Blatt Papier. Ihre globale Struktur ist aber offensichtlich sehr unterschiedlich. Dieses Konzept, dass Objekte im Kleinen bzw. lokal sehr einfach aussehen, global aber komplizierter sind, gilt nicht nur für zweidimensionale Objekte wie die oben genannten Beispiele, sondern lässt sich in beliebige Dimensionen verallgemeinern. Solche Objekte, mit denen man Räume und auch die vierdimensionale Raumzeit beschreibt, nennen Mathematiker Mannigfaltigkeiten. Kurz gesagt besteht eine Mannigfaltigkeit aus vielen Punkten, den Orten im Raum, und hat an jedem Ort dieselbe sehr einfache Struktur. Wir wollen näher beschreiben was innerhalb einer Mannigfaltigkeit passiert und statten sie deshalb mit einer Metrik aus, einer zusätzlichen Größe, die das Messen von Längen und Winkeln in der Mannigfaltigkeit ermöglicht. Mithilfe einer Metrik

kann für zwei Punkte eine Verbindung mit minimaler Länge, eine Geodäte, bestimmt werden. In der flachen Ebene kennen wir Geodäten: Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Gerade. In einer allgemeinen gekrümmten Mannigfaltigkeit ist das nicht mehr der Fall, das hat folgenden Grund: Kurven kleinster Länge sollten eigentlich besser als Kurven kleinster benötigter Energie verstanden werden. Im flachen Raum fallen beiden Begriffe zusammen, denn um einen bestimmten Streckenabschnitt zurückzulegen braucht man immer dieselbe Energie, unabhängig von Ort und Richtung. Die Metrik einer Mannigfaltigkeit variiert nun gewissermaßen in jedem Punkt deren Beschaffenheit; sie bestimmt, wie zäh die Mannigfaltigkeit ist und wieviel Energie benötigt wird um ein kleines Wegstück von diesem Punkt aus weiter zu gehen. Manchmal kann ein Umweg dann eine kleinere Gesamtenergie benötigen als die direkte Verbindung. Müsste man zum Beispiel von einer Ecke eines rechteckigen Sees zur gegenüberliegenden Ecke gelangen, so würde man auch nicht den direkten, anstrengenden Weg durch das Wasser wählen, sondern erst am Ufer entlang laufen um dann nur noch eine kurze Strecke schwimmen zu müssen. Geodäten sind also im Allgemeinen gekrümmte Verbindungslinien zwischen zwei Punkten. Inwieweit unsere Mannigfaltigkeit und deren Geodäten vom flachen Raum abweichen, wird durch zwei geometrische Krümmungsgrößen, die Ricci- und die Skalarkrümmung beschrieben, die wir für die Einsteingleichung brauchen. Die Raumzeiten und Metriken in der Allgemeinen Relativitätstheorie haben eine Besonderheit: Vektoren (Richtungspfeile) dürfen auch negative Längen haben! Dadurch wird es möglich, Raum und Zeit voneinander zu unterscheiden: Vektoren mit negativer Länge sind zeitartig, zeigen also in Richtung der Zeit, während solche mit positiver Länge raumartig sind, das heißt in eine Raumrichtung zeigen. Präziser: Die Raumzeit sieht in jedem Punkt aus wie die Lorentz-Mannigfaltigkeit. Vektoren innerhalb der beiden Kegel sind zeitartig, solche außerhalb sind raumartig. Zurück zur Einsteingleichung Ric-½ S g = 8πT Die linke Seite enthält ausschließlich geometrische Größen: g ist die Metrik, Ric und S sind die Ricci-Krümmung und die Skalarkrümmung (siehe oben). Auf der rechten Seite taucht der Energie-Impuls-Tensor T auf, der die Verteilung von Materie im Universum beschreibt. Anders als der Einsteintensor folgt er nicht aus der Geometrie, sondern liefert zusätzliche Informationen. Er muss physikalisch sinnvoll gewählt werden; T=0 ist zum Beispiel der Energie-Impuls-Tensor für ein Vakuum. Die Einsteingleichung beschreibt also, wie Materie und Krümmung zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen: Materie erzeugt Krümmung, Krümmung bestimmt die Bewegung der Materie. Robertson-Walker-Raumzeiten das einfachste kosmologische Modell Ob zu einem gegebenen Energie-Impuls-Tensor T überhaupt eine passende Mannigfaltigkeit und eine Metrik existieren, ist nicht klar. Für manche Materie-

Verteilungen gibt es also kein passendes Universum. Wegen der Komplexität der Einsteingleichung wird es außerdem selbst für geeignete Energie-Impuls-Tensoren nicht möglich sein, eine allgemeine Lösung zu finden. Stattdessen versucht man, für spezielle Situationen vereinfachte Modelle zu finden, zum Beispiel für einzelne Sterne oder schwarze Löcher. Eine andere Vereinfachung wählt man in der Kosmologie: Hier wird das gesamte Universum modelliert, wobei aber die Interaktion zwischen den einzelnen Himmelskörpern vernachlässigt wird. Bei allen Modellierungen ist das Hauptproblem, dem Modell die richtigen Eigenschaften zu geben. Um eine Betrachtung möglich zu machen, müssen wir vereinfachen ohne dabei zu weit zu gehen, z.b. Eigenschaften fordern, die unser eigenes Universum gar nicht hat. Dann wäre zwar das Modell in sich korrekt, hätte aber nur noch wenig mit unserem Universum zu tun. Das erste und einfachste Beispiel dieser kosmologischen Modelle sind die Robertson-Walker-Raumzeiten, die in den 20er und 30er Jahren entwickelt und untersucht wurden. Sie modellieren Universen, deren Raum einerseits isotrop, andererseits homogen ist. Isotropie bedeutet hierbei, dass jede Richtung (in kosmischen Größenordnungen) gleich aussieht, was ein Blick in den Sternenhimmel zu bestätigen scheint: Abgesehen von der Milchstraße, die aber in unserer Nähe liegt, ist die Verteilung der Himmelskörper unabhängig von der Richtung. Es gibt keine besonders dunklen und hellen Bereiche, sondern überall etwa gleich viele Lichtpunkte. Homogenität fordert, dass unser Bezugspunkt im Universum nicht ausgezeichnet sein soll. An jedem Ort soll der Raum dieselbe Struktur haben. Nachprüfen kann man die zweite Eigenschaft nicht, andererseits gibt es keinen Grund, weshalb aus unserer Sicht das Universum anders aussehen sollte als an anderen Punkten. Die Materie im Universum idealisieren wir als ein Gas, dessen Gasteilchen die einzelnen Galaxien sind. Ihre räumliche Ausdehnung und alles, was innerhalb der Galaxien geschieht, wird ignoriert. Setzt man diese Forderungen nun mathematisch um, zeigt sich, dass im Rahmen dieses Modells nur drei Möglichkeiten für die Raumzeit bleiben. Die Bestimmung der Metrik, die ja die eigentliche Schwierigkeit darstellt, reduziert sich durch die Eigenschaften homogen und isotrop auf die Bestimmung einer einzelnen Funktion, die die Metrik mit einem Faktor skaliert und die man sich als Ausdehnung des Universums vorstellen kann. Die Dimension des Problems ist also deutlich verkleinert: Statt die vierdimensionale Einsteingleichung zu lösen, suchen wir diese Skalierungsfunktion, eine einzige Zahl, die sich mit der Zeit ändert. Lassen wir nun noch einige physikalische Eigenschaften wie die Hubble Konstante einfließen, dann können wir folgendes beweisen: Mit diesem Modell kann das Universum von unserer Zeit aus etwa 14 Mrd. Jahre in die Vergangenheit zurückverfolgt werden. Davor existiert es nicht, denn zu diesem Zeitpunkt ist der Raum auf einen einzigen Punkt konzentriert. Der Raum expandiert aus diesem Punkt mit unendlicher Geschwindigkeit, explodiert also gewissermaßen. Man nennt eine solche Anfangssingularität (einen Startzeitpunkt mit singulärem,

also einzigartigem Verhalten) des Universums einen Big Bang, einen Urknall. Das Verhalten in der Zukunft hängt davon ab, welche der drei zuvor bestimmten möglichen Raumzeiten wir wählen. In zwei Fällen, die man deshalb auch offenes Universum nennt, existiert das Universum beliebig lang und expandiert für alle Zeiten. Für den dritten Fall, das geschlossene Universum, ist auch die Zukunft zeitlich begrenzt. Die Endsingularität ist genau das Gegenstück eines Big Bangs: das Universum fällt mit unendlich großer Geschwindigkeit in einen Punkt zusammen. Man spricht deshalb von einem Big Crunch. Einen Schritt weiter die Bianchi-Modelle Eine der Grundlagen des Robertson-Walker-Modells war die räumliche Isotropie, also dass alle Richtungen gleich aussehen. Die in den 60er Jahren entdeckte kosmische Hinter- grundstrahlung zeigt aber deutliche Abhängigkeiten der Temperatur von der Richtung. Dies spricht dagegen, dass unser Universum isotrop ist. Lässt man diese Eigenschaft fallen, dann kommen deutlich mehr mögliche Raumzeiten in Frage: Dies sind die sogenannten Bianchi-Modelle, nach dem italienischen Mathematiker Luigi Bianchi. Sie alle verbindet, dass sie dem Raum eine vereinfachte Struktur geben. Die Bestimmung geeigneter Metriken für diese Räume ist aber deutlich komplizierter als zuvor, denn eine Skalierungsfunktion wie in den Robertson-Walker-Modellen gibt es nicht. Wie kann man dann die Singularitäten dieser Bianchi-Modelle untersuchen? Die Begriffe Big Bang und Big Crunch waren bislang nur für die Robertson-Walker- Modelle definiert, und machten auch nur Sinn, wenn es wie dort eine Skalierungsfunktion gibt. Der entscheidende Schritt war deshalb, eine äquivalente Definition zu finden, die ohne eine solche Funktion auskommt. Die neue Charakterisierung nutzt stattdessen zwei geometrische Größen: zum einen die Volumenform, mit der Volumeninhalte im Raum berechnet werden, zum anderen die mittlere Krümmung des Raumes, welche angibt, wie der Raum relativ zur umgebenden vierdimensionalen Raumzeit liegt. Diese geometrischen Eigenschaften hängen nur von der Metrik ab, deshalb können mit der neuen Definition nicht nur in den Bianchi-Modellen sondern auch in noch allgemeineren Raumzeiten Singularitäten untersucht werden. Besitzen nun die Bianchi-Modelle einen Big Bang? Im einfachsten Fall ja, nämlich wenn der Raum gerade IR3 ist. Es gibt hierfür eine Vielzahl von möglichen Metriken, die alle in einem Big Bang beginnen und dann für alle Zeiten existieren, also ein offenes Universum ergeben. Für alle anderen Bianchi-Modelle ist es ebenfalls gelungen, die Existenz einer Anfangssingularität zu beweisen, also zu zeigen, dass das Universum keine unendlich lange Vergangenheit haben kann. Ob die Singularität allerdings die Eigenschaften eines Big Bangs erfüllt oder eine andere Qualität von Beginn beschreibt, ist bislang nicht klar. In der Mathematik geht es in den meisten Diplomarbeiten darum, bekanntes Wissen, zum Beispiel aus einem aktuellen Paper, nachzuvollziehen und auszuarbeiten. In meinem Fall bedeutete das, Einsteins Relativitätstheorie zu

verstehen, um dann mit den verschiedenen kosmologischen Modellen arbeiten zu können. Für die Robertson-Walker-Raumzeiten konnte mithilfe nur weniger physikalischer Eigenschaften mathematisch strikt bewiesen werden, dass es einen Big Bang gab, und in welchen Fällen das Universum in einem Big Crunch endet. Für eine präzise Beschreibung unseres Universums sind die Robertson-Walker- Raumzeiten allerdings zu restriktiv, passender sind die Bianchi-Modelle. Die in meiner Arbeit neu entwickelte alternative Definition erlaubt es nun, dem Begriff Big Bang auch in deutlich allgemeineren Universums-Modellen einen Sinn zu geben.