Arbeitsgemeinschaft im BGB AT



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Prof. Dr. Burkhard Boemke Wintersemester 2011/12. Bürgerliches Recht I. Allgemeiner Teil und Recht der Leistungsstörungen

Transkript:

Arbeitsgemeinschaft im BGB AT Wintersemester 07/ 08 Organisatorisches + Einführung in die Fallbearbeitung

Organisatorisches Kontakt: Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Kartellrecht, Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht wiss. Mit., LL.M. oec. Tel.: 03641-942103 email: Sebastian.K.Will@googlemail.de Wohnort : 3. Etage, Zimmer 3.31 Materialien zur AG: www.bgb-at-will.dl.am (Fälle zur AG) Literatur: - Brox, Schmidt, Medicus, Larenz - Grds.: Kurzlehrbuch + dickes Buch zur Vertiefung

Organisatorisches Ziel der AG: - Erarbeiten von Falllösungen - Erlernen juristischer Argumentation - Vorbereitung auf die Abschlussklausur Ablauf der AG: - insgesamt 13 AG-Sitzungen - orientiert am Anspruchsaufbau - 1. Übungsklausur am 10.12.2007 wird nicht korrigiert - 2. Übungsklausur am 07.01.2008 wird nicht korrigiert, aber ggf. Besprechung in der AG mit Hinweisen (Rückgabe und offizielle Besprechung aber in der Übung) - Abschlussklausur am 11.02.2008

Arbeitsschritte zur richtigen Fall-Lösung: 1. Lesen des Sachverhalts 2. (Ggfs.) Formulieren der Fallfrage(n). 3. Auffinden möglicher Anspruchsgrundlagen 4. (Ggfs.) Vorprüfung aufgefundener Anspruchsgrundlagen 5. Erstellen des Gutachtens

1. Lesen des Sachverhalts: - Sachverhalt mehrfach lesen (2-3 mal) und hierzu Notizen anfertigen - Ggfs. Skizze erstellen, welche die Personen und deren rechtliche Beziehungen zueinander enthält - Ggfs. Zeitstrahl erstellen, wenn Aufgabentext mehrere Daten enthält und es auf Fristen ankommt

2. Formulieren/ Verstehen der Fallfragen: Auszugehen ist immer von der Fallfrage des Sachverhalts: - Kann Anton von seinem Bruder Schadensersatz verlangen? - Muss Gabriele zahlen? - Wie ist die Rechtslage? - Zu prüfen sind die Ansprüche des A, B und des X. - Was ist Franz zu raten? Niemals Ansprüche prüfen nach denen nicht gefragt ist! Keine Fallfrage = alle denkbaren Ansprüche zwischen allen in Frage kommenden Personen!

Wer will Was von Wem Woraus (4XW)? Wer = Anspruchsteller (= der, der etwas haben will) Was = Anspruchsgegenstand (= das, was er haben will) Wem = Anspruchsgegner (= der, von dem er es haben will) Woraus = Anspruchsgrundlage (der Grund warum der Anspruchsteller meint, es zu bekommen (meist Vertrag aber auch andere Anspruchsgrundlagen aus dem Gesetz, siehe bspw. 985 BGB))

Beispiel: Bertold ist Inhaber eines Schmuckladens, er hat im Schaufenster einen massiv goldenen Ring und daneben einen lediglich vergoldeten Ring liegen. Klaus kommt in den Laden und zeigt auf den goldenen Ring und fragt nach dem Preis. Bertold der in dem Moment etwas durcheinander ist, denkt es ist der vergoldete und sagt 25,- Euro, obwohl der Ring 250,- wert ist. Klaus ist erfreut und gibt Bertold schnell 25,- Euro. Während Bertold den Ring herausholen will, fällt ihm sein Irrtum auf. Er teilt dies dem Klaus mit und erklärt ihm, dass er für 25,- Euro nur den anderen Ring bekommen könne. Klaus besteht hingegen auf dem von ihm zuerst ausgesuchten Ring. Zu Recht? Antwort auf die W-Frage: K will von B die Übereignung ( 929 BGB) des goldenen Rings aus 433 Abs. 1 BGB!

Die Antwort auf die Fallfrage muss für die Falllösung in einen sog. Obersatz umformuliert werden: Zunächst abstrakte Fragestellung: K könnte gegen B einen Anspruch auf Übereignung des massiv goldenen Rings haben. Dann sollten die einschlägigen Anspruchsgrundlagen gesucht werden. Zu jeder Anspruchsgrundlage muss ein eigener Obersatz gebildet werden (hier z.b.: K könnte gegen B einen Anspruch auf Übereignung des goldenen Rings aus 433 Abs. 1 BGB haben. Voraussetzung hierfür ist )

3. Auffinden der Anspruchsgrundlagen - Dient der Klärung des Woraus der 4-W-Frage. - Anspruchsgrundlagen sind quer durch die Gesetze verstreut. - Exkurs: Aufbau von Gesetzen am Beispiel des BGB Buch 1. Allgemeiner Teil ( 1-240 BGB) Buch 2. Recht der Schuldverhältnisse ( 241-853 BGB) Buch 3. Sachenrecht ( 854-1296 BGB, vgl. Abstraktionsprinzip) Buch 4. Familienrecht ( 1297-1921 BGB) Buch 5. Erbrecht ( 1922-2385 BGB)

- Alle Bücher unterteilen sich in Abschnitte, Titel, Untertitel, Kapitel und Unterkapitel und Paragraphen. - Suchen der Anspruchsgrundlage(n) erfolgt vom Großen zum Kleinen! erst Gesetze, dann Bücher, dann Abschnitte usw. - Beispiele: Anspruchsgrundlage für die Gegenleistung aus einem Reisevertrag? 651a BGB Anspruchsgrundlage für Unterhaltsanspruch des Kindes ggü. seinen Eltern? 1601 BGB

Übersicht Anspruchsgrundlagen des BGB (zugleich Reihenfolge der Prüfung in einem Gutachten!) I. Ansprüche aus Vertrag ( 433 I BGB) II. Vertragsähnliche Ansprüche (z.b. 311 II BGB) III. Sachenrechtliche Ansprüche ( 985 BGB) IV. Ansprüche aus Aufopferung ( 677 BGB) V. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung ( 812 BGB) VI. Ansprüche aus unerlaubter Handlung/Delikt ( 823 I BGB)

Exkurs: Zitieren von Vorschriften - Zitieren hat immer genau zu erfolgen! - Paragraphen lassen sich in Absätze (Abs.), Unterabsätze (UAbs. bzw. UA), Sätze (S.), Halbsätze (HS.), Alternativen (Alt.), Nummern (Nr.), Spiegelstriche (-), Litera (lit.) bzw. Buchstaben (Buchst.) unterteilen. - Statt letzter Satz ist auch a.e. = Am Ende eine übliche Bezeichnung - Grundsätzlich bestehen für Absätze und Sätze zwei Möglichkeiten: 433 Abs. 1, S. 1 BGB oder 433 I 1 BGB Ohne Kürzel werden Absätze in römischen Ziffern und Sätze in arabischen Ziffern geschrieben. Mit Kürzel immer in arabischen Ziffern.

Exkurs: Zitieren von Vorschriften Beispiele: 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB 305 Nr. 2 lit. a) BGB 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB 286 Abs. 3, S. 1, 2. HS BGB

4. und 5. Vorprüfung und/oder Erstellen des Gutachtens - Gutachtenstil (als Gegenstück zum Urteilsstil) Gutachten: Urteil: Von der Frage mittels Begründung zum Ergebnis ( Aha-Effekt ). Das Ergebnis begründen (So ist es eben, und ich erkläre jetzt, warum.). - Subsumption des Sachverhalts unter die Norm

Kurzbeispiel für die Subsumption beim Gutachtenstil: 1. Ist Prof. Eichenhofer sterblich? Obersatz 2. Alle Menschen sind sterblich. Definition (mittels Auslegung) 3. Ein Mensch ist. Definition (s.o.) 4. Prof. Eichenhofer ist ein Mensch. Subsumtption (s.o.) 5. Also ist Prof. Eichenhofer sterblich. Conclusio/Ergebnis Kurzbeispiel für die Subsumption beim Urteilsstil: 1. Prof. Eichenhofer ist sterblich!, Conclusio/Ergebnis 2. da alle Menschen, Definition (mittels Auslegung) 3. also alle, sterblich sind, Definition (s.o.) 4. und Prof. Eichenhofer ein Mensch ist. Subsumtmption (s.o.)

- Exkurs: Einführung in die Subsumptionstechnik: Beispiel: B hat A sein Buch während der Vorlesung weggenommen und in seine Tasche gesteckt. A möchte das Buch gerne wieder haben und fragt nach möglichen Ansprüchen.

Antwort auf die Fall-/ 4-W-frage: Kann A Herausgabe des Buches von B verlangen? Suchen möglicher Anspruchsgrundlagen für die Herausgabe von Gegenständen: 985 BGB: Der Eigentümer kann vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. A kann Herausgabe des Buches von B aus 985 verlangen, wenn er Eigentümer des Buches und B dessen Besitzer ohne Recht zum Besitz ist. Subsumtion = Herausarbeiten der Voraussetzungen einer Anspruchsgrundlage/ Rechtsfolge und Unterordnung des konkreten Sachverhalts Bei 985 BGB: Eigentümer =?, Besitzer =?, Recht zum Besitz =?

Exkurs: Definitionen - Definition im juristischen Sinne = Begriffszerlegung - Eine Definition ist die genaue Bestimmung eines Begriffes durch Beschreibung und/oder Erklärung seines Inhalts. - Definitionen dienen der Klärung, ob sich ein Sachverhalt unter eine Norm subsumieren lässt. Je nachdem wie weit man eine Definition fasst, kann auch ein Sachverhalt anders zu beurteilen sein. - Die Reichweite der Definition ist durch Auslegung zu ermitteln. - Beispiele: Ist ein Gintonic ein Cocktail? Was ist ein Cocktail?

- Definitionen sind möglichst kurz aber vor allem präzise zu fassen! - Bekanntes Beispiel: Definition der Eisenbahn "Ein Unternehmen, gerichtet auf wiederholte Fortbewegung von Personen oder Sachen über nicht ganz unbedeutende Raumstrecken auf metallener Grundlage, welche durch ihre Konsistenz, Konstruktion und Glätte den Transport großer Gewichtmassen, beziehungsweise die Erzielung einer verhältnismäßig bedeutenden Schnelligkeit der Transportbewegung zu ermöglichen bestimmt ist, und durch diese Eigenart in Verbindung mit den außerdem zur Erzeugung der Transportbewegung benutzten Naturkräften (Dampf, Elektricität, thierischer oder menschlicher Muskelthätigkeit, bei geneigter Ebene der Bahn auch schon der eigenen Schwere der Transportgefäße und deren Ladung, u. s. w.) bei dem Betriebe des Unternehmens auf derselben eine verhältnismäßig gewaltige (je nach den Umständen nur in bezweckter Weise nützlich, oder auch Menschenleben vernichtende und die menschliche Gesundheit verletzende) Wirkung zu erzeugen fähig ist." Urteil des Reichsgerichts vom 17.03.1879 (RGZ 1, 247 (252))

Exkurs im Exkurs: Auslegung von Gesetzen - Auslegung ist wichtig für das Erkennen von Tatbestandvoraussetzungen sowie deren Definition beziehungsweise für die Subsumption (Vgl. Gutachtenstil) - Sechs Auslegungskriterien - Vier klassische Kriterien sowie zwei zusätzliche

Gesetzeswortlaut (Grammatik) Gesetzgeberwille (Historie) Gesetzessystematik (Systematik) Gesetzessinn und zweck (Telos) Verfassungskonforme Auslegung Richtlinienkonforme Auslegung (auch EG)

Konsequenzen der Auslegung: - Sachverhalt passt genau zur Definition: Conlusio - Sachverhalt passt zu Sinn und Zweck der Norm, wird aber planwidrig nicht von deren Wortlaut erfasst: Analogie? - Sachverhalt passt planwidrig zu Wortlaut, geht aber über Sinn und Zweck hinaus: Teleologische Reduktion?

Voraussetzungen der Analogie 1. Regelungslücke 2. Planwidrigkeit 3. Vergleichbare Interessenlage

Frage: Kann Bundeskanzler a.d. Schröder von der B-Zeitung verlangen, dass diese nicht mehr jeden Montag auf ihrer Titelseite behauptet, Schröder sei der beschissenste Kanzler aller Zeiten gewesen.

Lösung: Ja, und zwar gem. 1004 I BGB analog, da die Ehre (vgl. 823 I BGB) des Kanzlers durch die Äußerung verletzt wurde und diese als absolutes Recht dem Eigentum vergleichbar geschützt werden sollte. Eine dem 1004 I BGB vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber unbewusst nicht getroffen. Ende: Exkurs Auslegung

- Zurück zum Fall: Ist B Besitzer des Buches (grds. unproblematisch)? Besitz = tatsächliche Herrschaftsmacht über eine Sache, vgl. 854 I BGB. (Ist das Buch eine Sache? 90 BGB (Legaldefinition): Sachen sind körperliche Gegenstände. Das Buch ist ein körperlicher Gegenstand. Das Buch ist eine Sache.) Das Buch befindet sich in der Tasche des B. B hat die tatsächliche Herrschaftsmacht über das Buch. B ist im Besitz des Buches. B ist Besitzer. - Ist A Eigentümer (Oft Problem in sachenrechtlichen Klausuren!)? Eigentum = Rechtliche Herrschaftsmacht über eine Sache, vgl. 903 BGB. Das Buch gehört dem A = A ist Eigentümer ( 1006 BGB). - B hat kein Besitzrecht gem. 986 BGB (z.b. 535 I BGB). Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt. Prüfung beendet?

Exkurs: Anspruchsgrundlagen und Gegennormen Jede Bestimmung im BGB ist entweder: a.) Anspruchsgrundlage b.) Gegennorm c.) Hilfsnorm Die meisten Normen des BGB sind Hilfsnormen (Definitionen etc.) Gegennormen können Anspruch entweder hindern, vernichten oder hemmen

Exkurs: Anspruchsgrundlagen und Gegennormen Beispiele anspruchshindernde Gegennormen (Einwendungen): - Geschäftsunfähigkeit ( 105 BGB) - Gesetzliches Verbot ( 134 BGB) - Verstoß gegen die guten Sitten ( 138 BGB) Beispiele anspruchsvernichtende Gegennormen (Einwendungen): - Erfüllung ( 362 BGB) - Erfüllungssurrogate ( 363, 364 BGB) - Anfechtung ( 119 ff., 142, 143 BGB) - Rücktritt ( 346 BGB) - nachträgliche Unmöglichkeit ( 275 I, 323 BGB) Beispiele anspruchshemmende Gegennormen (Einreden): - Verjährung ( 214 I BGB) - Stundung, Zurückbehaltungsrecht ( 273, 274, 320 BGB) - Dürftigkeit und Erschöpfung des Nachlasses ( 1989, 1990 BGB)

Vollständige Prüfung eines Anspruchs umfasst: 1. Anspruch entstanden? (Prüfung anspruchsbegründender VSS ggfs. auch, ob der Anspruch übergegangen ist, vgl. z.b. Abtretung 398 ff. BGB - sowie rechtshindernder Einwendungen) 2. Anspruch untergegangen? (Prüfung rechtsvernichtender Einwendungen, z.b. Erfüllung gem. 362 BGB) 3. Anspruch durchsetzbar? (Prüfung rechtshemmender Einwendungen - Einreden z.b. Verjährung gem. 214 I BGB )

Zurück zum Fall: Prüfungsgliederung: A. Vertragliche Ansprüche (-) B. Anspruch gem. 985 BGB auf Herausgabe des Buches 1. Anspruchsentstehung a. Besitz, 985, 854 BGB (+) b. Eigentum, 985, 903 BGB (+) c. Kein Recht zum Besitz, 986 BGB (+) 2. Kein Untergang des Anspruchs (+) 3. Durchsetzbarkeit (+) 4. Ergebnis (+) C. Gesamtergebnis (+)

Hausaufgabe: Karsten und Veronika einigen sich darüber, dass Veronika Karsten ihren Schokoriegel für 0,60 überlässt. Karsten hat nur ein 1 -Stück, welches er Veronika gibt. Veronkia drückt Karsten daraufhin zwei 20 Cent-Stücke in die Hand. Wieviele Rechtsgeschäfte wurden abgeschlossen und warum?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!