Alkoholkrankheit im Arbeitsleben und in der Arbeitslosigkeit Chancen und Möglichkeiten der Loslösung von der Abhängigkeit 07.12.2009 Bernd Zschiesche 1
In der Suchtberatung Arbeitsleben Arbeitslosigkeit gibt es wesentliche Unterschiede zu den Themen: Co-Alkoholismus Leidensdruck Schwerpunkte der Suchtberatung 07.12.2009 Bernd Zschiesche 2
Co-Alkoholismus Im Arbeitsleben Der Co-Alkoholismus ist im Arbeitsleben sehr stark ausgeprägt Typische Aussagen herrschen in der Arbeitsumgebung vor: Ich kann doch meinen Kollegen nicht hinhängen Wenn ich mich geirrt habe, werde ich vielleicht wegen Verleumdung angezeigt Ich kann die Alkoholkrankheit nicht diagnostizieren Das geht mich nichts an 07.12.2009 Bernd Zschiesche 3
Co-Alkoholismus Fortsetzung Im Arbeitsleben Typische Handlungsweisen liegen in der Arbeitsumgebung vor: Die Kollegen decken den Betroffenen Sie helfen bei der Bewältigung seiner Aufgaben oder übernehmen diese völlig Mitarbeiter und Vorgesetzte verharmlosen oder ignorieren das alkoholische Fehlverhalten des betroffenen Mitarbeiters Der Mantel des Schweigens wird über den Betroffenen gelegt Der Vorgesetzte hat Angst vor den Personalgesprächen, weiß nicht wie er sie führen muss und unternimmt deshalb lieber nichts 07.12.2009 Bernd Zschiesche 4
Co-Alkoholismus Fortsetzung Im Arbeitsleben Die Beseitigung des Co-Alkoholismus ist für die Suchtberatung die bedeutendste und schwierigste Aufgabe in Unternehmen und Behörden Die Beseitigung des Co-Alkoholismus gelingt nur durch - intensive Aufklärung der Führungskräfte, des Betriebsrates und der Belegschaft über die Krankheit Alkoholismus und ihrer Funktionsweise - Schaffung eines Klimas des unbedingten Vertrauens zwischen Suchtberatung und der Belegschaft Grund für den Co-Alkoholismus ist die mangelnde Distanz innerhalb der Arbeitsumgebung 07.12.2009 Bernd Zschiesche 5
Co-Alkoholismus Im Arbeitslosengeld I (ALG I) Der Co-Alkoholismus stellt kaum ein Problem dar Die Hemmschwelle, die Suchtberatung einzuschalten, ist sehr niedrig, weil die nötige Distanz zum alkoholkranken Kunden vorhanden ist Voraussetzung: Intensive Aufklärung der Führungskräfte, der Vermittler / Sachbearbeiter in der Agentur für Arbeit über das Krankheitsbild Alkoholismus. Führung und Begleitung der Mitarbeiter bei den Personalgesprächen mit den alkoholkranken Kunden 07.12.2009 Bernd Zschiesche 6
Co-Alkoholismus Im Arbeitslosengeld II (ALG II / Hartz-IV) Der Co-Alkoholismus ist nicht existent Je tiefer der alkoholkranke Hartz-IV-Empfänger (Kunde) in das soziale Abseits gerät, desto größer ist die Distanz zum Vermittler/Sachbearbeiter der ARGE Voraussetzung: Intensive Aufklärung der Führungskräfte, der Vermittler und Sachbearbeiter in den ARGEN über das Krankheitsbild Alkoholismus. Führung und Begleitung der Mitarbeiter bei den Personalgesprächen mit den alkoholkranken Kunden 07.12.2009 Bernd Zschiesche 7
Funktion und Folgen des Alkoholismus Suchtdruck Leidensdruck unangenehme Konsequenzen angenehme Konsequenzen 07.12.2009 Bernd Zschiesche 8
Leidensdruck Der Alkoholkranke ist erst bereit sich helfen zu lassen, wenn sein Leidensdruck größer als sein Suchtdruck ist Wann entsteht z. B. Leidensdruck beim Alkoholkranken? Innerer Leidensdruck Körperlicher Verfall Psychischer Verfall Äußerer Leidensdruck Partnertrennung Entzug der Kinder Interventionskette 07.12.2009 Bernd Zschiesche 9
Im Arbeitsleben Leidensdruck Der Leidensdruck kann im Arbeitsleben konstruktiv erzeugt werden (Interventionskette) - Der Alkoholkranke hat in aller Regel größtes Interesse, seinen Arbeitsplatz zu erhalten - Überwachungsfunktion durch Führungskräfte: Besuch einer Beratungsstelle, einer Selbsthilfegruppe - Begleitung durch Suchtberatung über eine lange Phase im Betrieb möglich (Gespräche mit der betrieblichen Suchtkrankenhilfe) Der Druck wird von der Führungskraft ausgeübt (Mit Unterstützung der Personalabteilung) 07.12.2009 Bernd Zschiesche 10
Interventionskette 1. Personalgespräch Androhung einer Abmahnung 8 Wochen 2. Personalgespräch Übergabe der Abmahnung, Androhung einer Änderungskündigung 6 Wochen 3. Personalgespräch Änderungskündigung Androhung der Kündigung 4 Wochen 4. Personalgespräch Kündigung 07.12.2009 Bernd Zschiesche 11
Leidensdruck In der Arbeitslosigkeit Die Erzeugung von Leidensdruck im ALG I und ALG II ist nur sehr eingeschränkt möglich - Die Weigerung, Hilfsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen kann nicht sanktioniert werden (Kürzung des Arbeitslosengeldes) - Indirekter Druck möglich: Folgt der Alkoholkranke einer Einladung des Vermittlers zum Gespräch nicht, kann das Arbeitslosengeld gekürzt werden 07.12.2009 Bernd Zschiesche 12
Leidensdruck Fortsetzung In der Arbeitslosigkeit - Schriftlicher Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung über Hilfsmaßnahmen wie Besuch einer Selbsthilfegruppe oder Therapie (kann nicht erzwungen werden) - Überwachungsfunktion durch Vermittler/Sachbearbeiter: Besuch einer Beratungsstelle, einer Selbsthilfegruppe - Der Vermittler/Sachbearbeiter übernimmt gegenüber dem arbeitslosen Alkoholkranken die Rolle einer Führungskraft 07.12.2009 Bernd Zschiesche 13
Schwerpunkte der Suchtberatung Im Arbeitsleben 1. Motivationsgespräche Die Motivation, Hilfe anzunehmen, ist durch Ansprechen nachstehender Themen in der Regel leicht erreichbar: - wirtschaftliche Konsequenzen bis zum Arbeitsplatzverlust - Statuserhaltung - Ansehensverlust am Arbeitsplatz und in der Familie - Scham vor der Mitarbeiterumgebung - Führerscheinverlust 07.12.2009 Bernd Zschiesche 14
Schwerpunkte der Suchtberatung Im Arbeitsleben Fortsetzung 2. Aufzeigen der Wege aus der Sucht - Selbsthilfegruppe - Beratungsstelle (Beantragung der Therapie) - Entgiftung - Therapie Motivationsgespräche und Aufzeigen der Wege aus der Sucht halten sich vom Aufwand her in etwa die Waage 07.12.2009 Bernd Zschiesche 15
Schwerpunkte der Suchtberatung In der Arbeitslosigkeit ALG I Die Motivation, Hilfe anzunehmen, gestaltet sich schwieriger und zeitlich aufwendiger: Vorliegende Situation: - es gibt kaum wirtschaftliche Konsequenzen, Arbeitsplatzverlust bereits eingetreten (meist alkoholbedingt) - der ehemalige berufliche Status ist verloren - Ansehensverlust in der Familie - Führerscheinverlust oft schon eingetreten 07.12.2009 Bernd Zschiesche 16
Schwerpunkte der Suchtberatung In der Arbeitslosigkeit ALG I 1. Motivationsgespräche Die Motivation liegt in der Hoffnung, durch Abstinenz wieder in das Arbeitsleben zurückzufinden - Vertrauensbasis schaffen (Begleitung zum Arbeitsvermittler) - Kontakte zum SINE-Projekt (München) herstellen 2. Aufzeigen der Wege aus der Sucht (siehe Arbeitsleben) Fortsetzung Der Aufwand für Motivationsgespräche steht absolut im Vordergrund 07.12.2009 Bernd Zschiesche 17
Schwerpunkte der Suchtberatung In der Arbeitslosigkeit ALG II (Hartz-IV) Sehr aufwendiger Vertrauensaufbau erforderlich Vorliegende Situation: Der Hartz-IV Empfänger ist stark demotiviert Er hat alles verloren und sieht keine Perspektiven Verlassen sein und großer Vertrauensverlust Hoffnungslosigkeit 07.12.2009 Bernd Zschiesche 18
Schwerpunkte der Suchtberatung In der Arbeitslosigkeit ALG II (Hartz-IV) 1. Motivationsgespräche Zugang finden durch Vertrauensaufbau - Beantwortung von amtlicher Korrespondenz - Helfen beim Ausfüllen von Formularen und Begleitung zu Ämtern - Schutzfunktion gegenüber Arbeitsvermittler ausüben - Begleitung zur Selbsthilfegruppe (einmalig) und zur Beratungsstelle - Überzeugen, dass Abstinenz auch im Hartz-IV Status lohnenswert ist - Gemeinsame Gespräche mit Familienangehörigen - Gemeinsamer Besuch einer therapeutischen Einrichtung - Besuch während der Entgiftungsphase in der Klinik 2. Aufzeigen der Wege aus der Sucht (siehe Arbeitsleben) Fortsetzung 95 % des Gesprächsaufwands bezieht sich auf Vertrauen 07.12.2009 Bernd Zschiesche 19
Handlungsbedarf in Industrie und Verwaltung Einführung einer wirksamen Suchtkrankenhilfe Intensive Schulung der Führungskräfte, des Personalwesens und des Betriebsrats Aufklärung der Belegschaft über die Suchterkrankungen 07.12.2009 Bernd Zschiesche 20
Handlungsbedarf in den Agenturen für Arbeit und in den Argen Einführung der Suchtkrankenhilfe für ALG I und ALG II, die vor Ort den Vermittlern / Sachbearbeitern zur Verfügung steht Intensive Schulung der Führungskräfte, und der Vermittler / Sachbearbeiter im Umgang mit alkoholkranken Kunden Enge Zusammenarbeit zwischen Vermittler / Sachbearbeiter und der Suchtkrankenhilfe in jedem alkoholischen Einzelfall Alkoholkranker muss persönlich beim Arbeitsvermittler / Sachbearbeiter abgeholt werden Kooperation mit den Beratungsstellen der Suchthilfeeinrichtungen Kooperation zwischen Suchtkrankenhilfe vor Ort und dem SINE-Projekt (München) 07.12.2009 Bernd Zschiesche 21
Handlungsbedarf in der Politik Rechtliche Regelungen schaffen, um Leidensdruck bei ALG I und ALG II erzeugen zu können - Druckmöglichkeiten für Durchsetzung therapeutischer Maßnahmen schaffen Arbeitslose, speziell Hartz-IV-Empfänger brauchen in der Regel eine stationäre Therapie Mindestens 7% der Hartz-IV-Empfänger sind alkoholkrank Bei konsequenter Anwendung der Suchtkrankenhilfe könnten sicher 60% bis 70% der alkoholkranken Arbeitslosen wieder in einen arbeitsfähigen Zustand gebracht werden 07.12.2009 Bernd Zschiesche 22
Bernd Zschiesche Unternehmensberatung Tel. 089 619353 Fax 089 619353 e-mail bernd.zschiesche@freenet.de 07.12.2009 Bernd Zschiesche 23