Interreg IV Projekt GeoResources: Natursteinressourcen in Nord-, Ost- und Südtirol Vorkommen, Eigenschaften und Bedarf



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BHM DOI 10.1007/s00501-014-0299-0 Springer-Verlag Wien 2014 Interreg IV Projekt GeoResources: Natursteinressourcen in Nord-, Ost- und Südtirol Vorkommen, Eigenschaften und Bedarf Alexander Grill AB Materialtechnologie, Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich Eingegangen am 1. Juli 2014; angenommen am 12. August 2014 Zusammenfassung: Im Zuge des Projektes GeoResources (Interreg IV) wurden von Projektpartnern in Tirol und Südtirol mineralische Baurohstoffe und deren heimische Ressourcen untersucht. Ein Projektziel ist es, aus den geologisch-mineralogischen Daten und den technischen Eigenschaften für diese Rohstoffe Klassifizierungen abzuleiten. In die Beurteilung sollen dabei auch Aspekte wie Transport, Weiterverarbeitung, der Einfluss auf die Umwelt etc. mit einfließen. Dies wird in Verbindung mit Nutzungsmöglichkeiten, Nachhaltigkeit und ökonomischen Aspekten der Ressourcen zu allgemeingültigen Erhebungskriterien für zukünftige Erschließungen führen. Das zweite Projektziel ist ein sogenannter Methodenkoffer mit der Darstellung der Vorgehensmöglichkeiten für eine kostengünstige und effektive Vorerkundung von Lagerstätten. Schlüsselwörter: Natursteine, Ressourcen, Lagerstätten, Prospektion, Interreg, Nordtirol, Osttirol, Südtirol, Rohstoffbedarf, Rohstofferkundung, Schürfung, Bohrung, Geophysik Resources of Natural Stone in the North, East and South Tyrol: Resources, Characteristics and Demand Abstract: As part of the project GeoResources (Interreg IV) the project partners in Tyrol and South Tyrol investigated mineral building raw materials and their local resources. Classifications for these raw materials will be derived from the geological-mineralogical data and the technical characteristics. Aspects like transport, processing, impact on the environment etc. shall influence this assessment. Mag. Dr. A. Grill ( ) AB Materialtechnologie, Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, Universität Innsbruck, Technikerstraße 13, 6020 Innsbruck, Österreich E-Mail: alexander.grill@uibk.ac.at Together with possible uses, sustainability and economic aspects of resources, this will lead to universal survey criteria for future analysis. As a second intention it is planned to develop a kind of chart showing decision techniques for cost-efficient and effective methods of exploration. Keywords: Natural stone, Resources, Deposit, Prospecting, Interreg, North Tyrol, East Tyrol, South Tyrol, Need for raw material, Mechanical trial excavation, Boring, Drilling, Applied geophysics, Near-surface geophysics 1. Tätigkeitsübersicht Im Zuge des Interreg IV Projektes GeoResources wurden im historischen Tirol mineralische Rohstoffe und deren Ressourcen untersucht. Die Projektziele werden von den beiden Partnern Amt für Geologie und Baustoffprüfung, Kardaun, Südtirol (Leadpartner) und der Abt. Materialtechnologie, Universität Innsbruck, Österreich (Projektpartner) erarbeitet. In Südtirol lag das Hauptgewicht der Untersuchungen im Bereich der Fest- und Dekorgesteine. Im Zuge dieser Tätigkeiten wurde auch maßgebend an der Entwicklung einer CE-Zertifizierung dieser Rohstoffe mitgewirkt. In Nord- und Osttirol wurden auf Grund der Rohstoffsituation hauptsächlich Lockersedimente und Lockermaterialpotentiale untersucht. Zur Erreichung der Projektziele wurden hierfür im Nordtiroler Unter- und Oberland insgesamt 20 mögliche Potentiale begutachtet und davon schlussendlich sechs mögliche Vorkommen untersucht. Das dabei gewonnene Material diente der Erhebung materialtechnologischer Kennwerte und der Überprüfung und Hinterfragung der derzeitig gültigen Normen dieser Rohstoffe. Für die Entwicklung des Methodenkoffers wurden drei Potentialtypen definiert und paarweise untersucht. Dabei wurden je nach Komplexität, Mächtigkeit und Größe des Bereiches verschiedene Herangehensweisen und Probennahmemethoden angewandt. BHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX Springer-Verlag Wien Grill 1

2. Die Potentialtypen Für die Einteilung wurden die räumliche Größe und die (zu erwartende) Mächtigkeit herangezogen. Typ A definiert sich als einfaches, kleinräumiges Potential mit geringer Mächtigkeit. Typ B kennzeichnet eine Zwischenstufe mit mittlerer räumlicher Ausdehnung und/oder mittlerer Potentialmächtigkeit. Räumlich ausgedehnte Vorkommen mit entsprechend größeren Mächtigkeiten bilden den Typ C (Tab. 1). Untersucht wurden vom Typ A und Typ B jeweils zwei Lokalitäten, je ein Potential mit guter Zugänglichkeit, guten rezenten Aufschlüssen und mehr oder weniger gut untersuchten Bereichen im Umfeld. Zur Kontrolle wurden dann als Gegenstück unbekannte Vorkommen mit schlechter Zugänglichkeit, wenigen und ungenügenden bis gar keinen rezenten Aufschlüssen herangezogen. Bei den Erkundungen wurden mehrere Vorgangsweisen durchgespielt, beginnend mit den Literaturrecherchen und Vorerhebungen über die Begehungen und Vorerkundungen bis hin zur klassischen Kartierung und darüber hinaus auch geophysikalischen Untersuchungen. Für die Probennahmen wurden ebenfalls alle gängigen Methoden manuelle Probennahme, mittels Schürfung bis hin zur trockenen Rotationskernbohrung und Rammbohrung angewendet (Abb. 1, 2 und 3, Tab. 2). In materialwirtschaftlicher Hinsicht konnten sowohl gute Materialien wie z. B. homogenes dolomitisches Schüttungsmaterial oder auch Sedimente aus einem komplexen Schüttungsdelta in Verzahnung mit Inntalablagerungen als auch nicht brauchbare Ablagerungen mit Einschaltungen von Moränen und lehmig-tonigen Seesedimenten festgestellt werden. Die Proben selbst wurden bei den Schürfen nicht unterteilt, d. h. das Profil wurde als Ganzes gesiebt. Bei den meisten Bohrungen wurde das Kernmaterial für homogene Bereiche zusammengefasst und als Gesamtes (Batch) gesiebt. In einem Fall wurde das Kernmaterial in Form von lithologisch unabhängigen 5m-Batches untersucht. Für die Siebungen wurden die zu untersuchenden Batches gewogen, homogenisiert und auf eine handhabbare Menge von 7 kg bis 8 kg heruntergeteilt. TABELLE 1: Haupteigenschaften der Potentialtypen Potentialtypen Potentialfläche Mächtigkeit Sedimentologischer Aufbau Typ A Klein ~ Xy ha Gering < 50 m Einfach Typ B Mittel ~ Xy ha Mittel > 50 m Einfach oder bekannt Typ C Groß ~ Xyz ha Groß > 100 m Komplex oder unbekannt Abb. 1: Erkundete Potentiale vom Typ A (BZ Kitzbühel: 2 Schürfe, BZ Imst: 1 Bohrung) Abb. 2: Erkundete Potentiale vom Typ B (BZ Schwaz: 3 Bohrungen, BZ Imst: 3 Bohrungen) 3. Testgebiet Wildermieming (Typ C) und Untersuchungen Der größte untersuchte Bereich wird hier kurz für eine Methodengegenüberstellung besprochen. Diese Lokalität wurde in Zusammenarbeit mit dem Land Tirol, Segment Raumordnung (Sg. Raumordnung) ausgewählt. Es handelt sich um ein Potential im Tiroler Oberland aus dem Österreichischen Rohstoffplan [1] (Abb. 5). Das Potential liegt einerseits im Großraum Innsbruck, der mit Baurohstoffen chronisch unterversorgt ist. Andererseits ist es für den Test der Methoden geradezu ein Glücksfall, da dieses Potential nie direkt untersucht wurde, keine rezenten Aufschlüsse besitzt und wie die Untersuchungen ergeben haben ein nicht zu erwartender komplexer Terrassenkörper vorliegt. Abb. 3: Erkundetes Potential vom Typ C (BZ Imst/Innsbruck-Land: mehrere Schürfe, 4 Bohrungen) TABELLE 2: Lage der Erkundungsbereiche nach Typ und Bezirk (BZ) Typ A Typ B Typ C Potential Bezirk Kitzbühel Bezirk Schwaz Kontrollpotential Bezirk Imst Bezirk Imst Bezirk Ibk- Land/Bezirk Imst 2 Grill Springer-Verlag Wien BHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX

Originalarbeit Abb. 4: Geofast 1:50.000 Blatt 116 Telfs, Bereich Wildermieming mit Legende 3.1 Ausgangslage In der Literatur gibt es lediglich in einem Exkursionsführer [2] zu einer Arbeitstagung der Geologischen Bundesanstalt einen kurzen Absatz, der quartäre Ablagerungen nennt und eine neuere Arbeit zum Tiefbrunnen von Telfs [3], in der die Autoren u. a. die Bohrergebnisse nach Westen hin interpretieren. Die Recherche in geologischen Karten ergibt z. B. in der Geologischen Spezialkarte, Blatt Zirl und Nassereith [4] Terrassensedimente reich an zentralalpinen Geröllen. Die Karte Geofast 116 Telfs [5] weist das Gebiet ebenfalls mit der Signatur Terrassensedimente im allgemeinen aus (Abb. 4). 3.2 Vorgehensweise Abb. 5: Potential im Österreichischen Rohstoffplan [1] In Ermangelung direkter Beprobungsmöglichkeiten im Gebiet konnten keine rezenten Aufschlüsse vorgefunden werden, die Terrasse wurde anscheinend vorher noch nie direkt bearbeitet musste als erster Schritt auf die Daten des Bohrlochkatasters [6] zurückgegriffen werden. Diese zeigen für das Gebiet nördlich der Bundesstraße in ~ 1,5 km bis ~ 2 km Entfernung Material von brauchbarer Qualität an. Als Arbeitshypothese wurde postuliert, dass im zu untersuchenden Gebiet ähnliches Material zu finden sein werde. Daraufhin wurden Schürfproben genommen und untersucht, welche die obige Annahme bestätigten. Insgesamt wurden 9 Schurfe mit je 3 m bis 4 m Tiefe getätigt. Da das Gebiet flächenmäßig doch sehr groß ist und eine max. Mächtigkeit von immerhin ca. 100 m besitzt, wurden an geeigneten Stellen Bohrungen abgeteuft. Die Bohrergebnisse zeigten jedoch eine gänzlich andere Materialqualität als die Daten aus dem nahen Bohrlochkataster bzw. aus den Schürfen: Quartäre SediBHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX Abb. 6: Lage der Schürfe (oranger Kreis), Bohrungen (T1 bis T4 mit Tiefen) und Messprofile (P1 bis P3, blau = Testmessungen und P4 und P5, rosa = Hauptmessungen) mente können einfach geschichtet sein, sie können aber auch alle paar Meter je nach ihrer paläogeographischen Springer-Verlag Wien Grill 3

Geschichte gänzlich verschieden sein. Deshalb und aus Kostengründen (Potentialgröße) war es nicht zweckmäßig, weitere Bohrungen abzuteufen. Wissend, dass diese Problemsituation sicherlich öfter in Tirol auftritt, wurden deshalb geophysikalische Methoden auf ihre Tauglichkeit für die Erkundung bzw. Charakterisierung von quartären Sedimenten wissenschaftlich getestet. Ein erster Probelauf mit Multielektrodengeoelektrik und Refraktionsseismik ergab so gute Ergebnisse, dass in einer zweiten Tranche über eine der Bohrungen nochmals zwei sich kreuzende Profile gelegt wurden, an denen sämtliche sinnvollen geophysikalischen Methoden getestet wurden (Abb. 6). Zum Einsatz kamen dabei: die Geoelektrik mit Dipol- Dipol-Multielektrodenmessung (Dipol-Dipol, Wennerkonfiguration und Schlumbergerkonfiguration), Refraktionsseismik (p-wellen-seismik, Auswertung nach Palmer), Reflexionsseismik, Refraktionstomographie, Scherwellenseismik (s-wellen-seismik) und Bodenradarmessungen. Als Energiequelle für die seismischen Untersuchungen dienten Sprengstoff, Hammerschläge und ein Scherwellengenerator (Minivibrator Typ ElViS III S 8, Fa. Geosym Gmbh, Hannover). Für die Bodenradarmessungen kamen eine monostatische Antenne mit 100 MHz (Joanneum Research, Abteilung Geophysik und Geothermie, Leoben) und eine bistatische 35 MHz-Antenne (Institut für Geologie, Universität Innsbruck) zum Einsatz. 4. Erkenntnisse und Vergleich der Methoden Bei oberflächennahen geophysikalischen Methoden wird die Ausbreitung verschiedener geophysikalischer Signale im Untergrund untersucht. In der Seismik handelt es sich dabei um die Ausbreitung mechanischer Wellen (Kompressionswellen, Scherwellen). In der Geoelektrik wird durch Einleitung elektrischer Ströme ein Potentialfeld im Boden erzeugt und vermessen. Bei Bodenradarmessungen wird die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen untersucht. Wichtig für das Verständnis und die Interpretation der Ergebnisse ist, dass das aufgezeichnete Mess-Signal immer nur eine Antwort auf a) eine Materialeigenschaft TABELLE 3: Geoelektrische Signaturen vs. Material Positiver Fall Ungünstiger Fall Schlechtester Fall Blau Gut leitend Rot Schlecht leitend Feuchter Sand Feuchter Kies Trockener Sand Trockener Kies Wasserführende Schicht Felsgestein, Fels Feuchter lehmiger Schluff Feuchter toniger Schluff Trockener Lehm Trockener Ton Sogenannte Sommergfrier Abb. 7: Profil P2 mit den Auswertungen der Seismik und Geoelektrik 4 Grill Springer-Verlag Wien BHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX

Abb. 8: Vergleich an der Bohrung T2: Geoelektrik vs. Bodenradar vs. Bohrkerndaten Abb. 9: Vergleich der Größenordnungen des Informationsgewinns (Geoelektrik P2 vs. Schürfe Sx vs. Bohrung T4) oder b) auf eine Änderung der Materialeigenschaft im untersuchten Boden ist. Es wird nie ein Material oder eine Kornklasse direkt detektiert. Beispiel Geoelektrik: Die Diagramme zeigen eine spezifische elektrische Widerstandsverteilung im Boden an. Die Signatur reicht von blau = elektrisch gut leitend, bis rot = elektrisch schlecht leitend. Tabelle 3 veranschaulicht die Mehrdeutigkeit der Messergebnisse in Hinblick auf die möglichen Materialien. Dies bedeutet aber auch, dass die Ergebnisse der Geophysik wenn möglich über einen entsprechenden Aufschluss oder eine (Kern-)Bohrung referenziert werden sollten. In der gegenständlichen Besprechung werden die Daten der Bohrkerne mit einer dreifarbigen Signatur dargestellt, wobei die Grautöne für nutzbare Kornklassen und die Farbe Blau für nicht nutzbaren tonigen, mergeligen Schluff stehen. Aus den Diagrammen und dem Vergleich zwischen Seismik (oberes Diagramm) und Geoelektrik (unteres Diagramm) der Abb. 7 lässt sich erkennen: ad Seismik: Hier sieht man geringmächtige, oberflächennahe und wasserungesättigte Sedimentschichten mit Wellengeschwindigkeiten < 1000 m/s. Ab ca. 10 m bis 20 m Tiefe liegen im unteren Teil Geschwindigkeiten von 1400 m/s und im oberen Bereich von ca. 2200 m/s vor. Der BHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX Springer-Verlag Wien Grill 5

Abb. 10: Vergleich der Siebdaten (Bohrung T4) bzw. exemplarischer Schürfdaten Sx mit der Geoelektrik Übergangsbereich zwischen den beiden Geschwindigkeiten liegt etwa in Profilmitte. ad Geoelektrik: Das Verteilungsdiagramm zeigt den inhomogenen Aufbau im Untergrund und verbildlicht, dass hier kein ideal geschichteter Terrassenkörper vorliegt. Deutlich sind Bereiche mit niederem bzw. hohem spezifischem elektrischem Widerstand ersichtlich. In der Zusammenschau ohne Kenntnisse der Bohrergebnisse zeigt sich, dass der Sedimentkörper einen stark inhomogenen Aufbau besitzt. Sowohl aus der Seismik als auch aus der Geoelektrik sind Bereichsgrenzen gut ableitbar. Der laterale Wechsel in der elektrischen Widerstandsverteilung bei Profilmitte ist auch im Ergebnis der Refraktionsseismik sehr gut nachvollziehbar. Die geringe Wellengeschwindigkeit im unteren Bereich korreliert mit hohem elektrischem Widerstand, und im oberen Profilbereich geht die hohe Wellengeschwindig- keit der Seismik konform mit dem niederen elektrischen Widerstand der Geoelektrik. Abbildung 8 stellt die Ergebnisse der Geoelektrik, des Bodenradars, des Profilabschnittes P4 und der Bohrkernanalyse der Bohrung T2 gegenüber. Beide Methoden zeichnen die Bodenverhältnisse, d. h. den Anteil an lehmigem, tonigem Schluff nach. Die Geoelektrik mit den wolkigen Bereichen liefert in der Zusammenschau mit dem Bohrkern flächenhafte Informationen über die Materialänderung im Bodenaufbau. Auch das Radargramm weist beim Materialwechsel zwischen den Schichtpaketen deutliche Reflexe mit hohen Amplituden auf. An der Charakteristik des Radargrammes lässt sich weiters auch eine deltaförmige Schichtstruktur ableiten. In der unteren Kombination des geoelektrischen Profiles P2 mit den Tiefen einer Schürfung Sx bzw. der Bohrung T4 verdeutlicht sich der Unterschied in den Dimensionen. Die Schürfung repräsentiert einen kleinräumigen Punkt an 6 Grill Springer-Verlag Wien BHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX

der Oberfläche, die Bohrung eine 30 m tief gehende geologische Momentaufnahme an einem Geländepunkt und die Geoelektrik eine Verteilungsinformation über eine um ein Vielfaches größere laterale Fläche (Abb. 9). Die Geoelektrik z.b. liefert 2-dimensionale Widerstandsverteilungen über große Flächen. Der spezifische elektrische Widerstandswert kann aber grundsätzlich keinem Material per se zugeordnet werden (siehe hierzu Tab. 3). Für eine detaillierte Bestimmung der Lithologie sind Schurfe bzw. Bohrungen wünschenswert, da diese an dem Probennahmepunkt sehr präzise Daten über geologische Momentaufnahmen mit eindeutiger Identifizierung und Klassifizierung des jeweiligen Sedimentabschnittes erlauben (Abb. 10). 5. Resümee Die vorangestellte Besprechung der Daten, Methoden und deren Interpretationsmöglichkeiten bzw. Größenordnungen zeigt die Stärken und Schwächen der einzelnen Verfahren klar ersichtlich auf. Es wird aber auch deutlich, welch enormer Informationsgewinn durch gezielte Kombination einzelner Methoden möglich ist. Im Idealfall kann aus den Ergebnissen der Geophysik und der Bohrung ein sehr detailliertes Gesamtbild hinsichtlich Verteilung und Lithologie des Untergrundes erstellt werden. Dabei ist aber immer bereits im Vorfeld die Methode bzw. die Methodenkombination auf das jeweilige Prospektionsziel und auf das jeweilige geologische Umfeld abzustimmen. TABELLE 4: Zusammenfassung der Tätigkeiten Tätigkeiten je Lokalität Befundungen, Kartierungen Bezirke Summe Kitzbühel Schwaz Imst/Ibk- Land 1x 1x 3x 5x ~ Wochen Schürfe 2x 0x 11x 13x ~ 500 m Rammkernbohrungen 0x 3x 0x 3x Rotationskernbohrungen 0x 0x 8x 8x Geophysikalische Messungen 0x 0x 3x 3x ~ 5000 m TABELLE 5: Angewendete geophysikalische Messmethoden Geophysikalische Messmethoden Summe P-Wellen Explosionen 6 Profile 20 Profile Hammerschläge a 2 Methoden 1 Profil ~ 5000 m S-Wellen Vibrationen a 2 Sweeps 1 Profil Hammerschläge 1 Profil Geoelektrik 5 Profile Georadar Antenne: 35 Mhz 2 Profile Antenne: 100 Mhz 2 Profile TABELLE 6: Darstellung: Informationsgewinn versus Kostenschätzung Methode Teufen Ausdehnungen Kostenbereiche Schurf Bis ~ 3 m Schurfstelle 1 Punkt ~ X.000.- Kernbohrung Bis X00 m Bohrloch 1 Punkt ~ Xy.000.- Geophysik Bis X00 m Profil: Volumen: Eine Zusammenstellung der durchgeführten Projekttätigkeiten, eine erste Abschätzung zwischen Kosten/Nutzen der einzelnen Methoden sowie einen Überblick über die Nutzergruppen zeigen die Tab. 4, 5, 6 und 7. 6. Ausblicke Zurzeit wird noch eine Bohrung im Testgebiet Wildermieming auf dem Profil P4 abgeteuft. Diese überprüft a) die geophysikalischen Ergebnisse und erlaubt b) über bohrlochgeophysikalische Messungen (Leitfähigkeit, optisches Strukturlog, natürliche Radioaktivität) die Detektion lehm-, tonhaltiger Schichten bzw. des Tonmineralgehaltes über die Teufe und damit die wissenschaftliche Überprüfung der Tauglichkeit dieser Methode hierzu. Im Bezirk Innsbruck- Land werden noch zwei Festgesteinsbohrungen durchgeführt und ein abschließender Bericht erstellt. 7. Danksagung Bis X00 m ~ Xy.000.- Bis X00 m 3 TABELLE 7: Nutzen der Untersuchungen Wem nützen die Untersuchungen? Wissenschaft Anwendbarkeit: Geophysik, Probennahmemethoden Unternehmer Reduktion von Kosten und Risiko Land Tirol Sg. Raumordnung Bevölkerung Rohstoffsicherung Sicherung von rohstoffführenden Flächen Für die rege Unterstützung und Mitarbeit am Projekt darf ich mich bei Herrn DI Sailer vom Land Tirol, Sg. Raumordnung, und Herrn Mag. Köck von der Wirtschaftskammer Tirol herzlichst bedanken. Für die Korrektur des geophysikalischen Teiles dieses Artikels bedanke ich mich herzlichst bei Herrn Ing. Morawetz von Joanneum Research, Abt. Geophysik und Geothermie, Leoben. BHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX Springer-Verlag Wien Grill 7

Literatur 1. Weber, L. (Hrsg.): Der Österreichische Rohstoffplan. Archiv für Lagerstättenforschung, Bd. 26, 264 S., Geol. B.-A., Wien, 2012 2. Poscher, G.: Neuergebnisse der Quartärforschung in Tirol; Arbeitstagung Geol. B.-A., 1993, S. 7 27 3. Herbst, P., Hilberg, S., Draxler, I., Zauner, H., Riepler, F.: The facies and hydrogeology of an inneralpine pleistocene terrace based on an integrative study Deep Well Telfs, Austrian Journal of Earth Sciences, Bd. 102/2 (2009), S. 149 156 4. K.K. Geologische Reichsanstalt (Hrsg.): Geologische Spezialkarte 1:75.000, Blatt Zirl und Nassereith, 1905 5. GEOFAST, 1:50.000, Nr. 116 Telfs, Stand: 2010, Geol. B.-A., Ausgabe: 2011/04 6. Tiris Kartendienste, Abteilung Landesentwicklung und Zukunftsstrategie, https://www.tirol.gv.at/statistik-budget/tiris-kartendienste/,2014 8 Grill Springer-Verlag Wien BHM, Jvn. Jg. (2014), Heft XX