Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 5633 31. 01. 2019 Antrag der Abg. Lars Patrick Berg u. a. AfD und Stellungnahme des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration Mordaufruf und Mordanleitung zum Nachteil von AfD-Politikern auf Indymedia Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. ob ihr der Mordaufruf vom 30. Januar 2019 bekannt ist und ihm Relevanz für das Land Baden-Württemberg eingeräumt wird; 2. welche Erkenntnisse sie zur Antideutschen Antifa hat (Hinweis: die SPD- Politikerin Angela Marquardt und Mitarbeiterin der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles ruft in der SPD-Parteizeitung Vorwärts vom 7. September 2018 zum Bündnis mit der Antideutschen Antifa auf, was nahelegt, dass diese Gruppierung existiert); 3. welche Erkenntnisse sie zur konkreten Terrorgruppe Antideutsche Antifa Untergrund hat; 4. ob sie bzw. die Dienste diesbezüglich mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und anderer Länder in Kontakt stehen; 5. ob dieser Mordaufruf nach ihrer Kenntnis auf anderen linksextremen und/oder antifaschistischen Internetseiten (wenn ja, auf welchen) ebenfalls aufgetaucht oder von dort verlinkt worden ist; 6. mit welchen Maßnahmen sie Wahlkampfveranstaltungen vor dem Hintergrund dieser detaillierten Handreichung für Meuchelmörder zu schützen gedenkt; 7. ob sie oder eine Staatsanwaltschaft von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren wegen Aufruf zum Mord eröffnen wird, ggf. warum nicht, und falls ja, bei welcher Staatsanwaltschaft; Eingegangen: 31. 01. 2019 / Ausgegeben: 06. 03. 2019 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1
8. ob ihr bis zur Stunde von dem Mordaufruf distanzierende, ihn verurteilende oder gegenüber der AfD solidarische Äußerungen anderer demokratischer Parteien oder Politiker bekannt geworden sind; 9. ob sie sich nunmehr auf Bundesebene energischer als zuvor für ein Verbot von indymedia.org einsetzen wird. 31. 01. 2019 Berg, Rottmann, Dürr, Dr. Balzer, Palka, Pfeiffer AfD Begründung Auf Indymedia erschien am 30. Januar 2019 um 10:12 Uhr ein Beitrag mit dem Titel Die AfD und der Wahlkampf von einer den Sicherheitsbehörden angeblich bisher unbekannten Antideutschen Antifa Untergrund (der Beitrag ist dennoch in deutscher Sprache geschrieben). Er beginnt mit den Worten (Rechtschreibfehler hier korrigiert) Wir werden die AfD jagen! Handreichung für Attentate gegen die AfD-Schweine im Wahlkampf. Darin wird dargelegt, wie AfD-Politiker im Verlauf von Wahlkampfauftritten am aussichtsreichsten erschossen werden können. Es beginnt mit der Beschaffung spezieller Schusswaffen im angrenzenden EU- Ausland, fährt fort mit der Beschaffung abhörsicherer Funkgeräte, Kleintransportern als trojanische Pferde für Fluchtmittel und zum Umziehen und sonstiger Sachmittel; der namentlichen Benennung von AfD-Politikern als geeignete Ziele und primärer und sekundärer HVT ; der Taktik, um bei Wahlkampfauftritten unerkannt zu bleiben (u. a. Benutzung von möglichst hübschen Frauen ohne Migrationshintergrund); der Taktik meisterlichen Mordens im Einzelnen (zwei bewaffnete Operatoren; mehrere Spotter zur Aufklärung, zur Ablenkung mit Pyrotechnik und um Verwirrung zu stiften; freundliche Gesichtszüge und unauffällige Bewegungen der Mörder; Ausnutzen des Überraschungseffekts; Schüsse aus unterschiedlichen Positionen, double tap auf den Kopf des in Schockstarre befindlichen Opfers; ggf. weitere Schüsse auf weitere Ziele); unauffälligem Verschwinden, fachmännischem Vernichten von Tatwaffen und von Spuren. Abschließend wird empfohlen, zur Erholung frisches Obst zu essen (wobei die Antragsteller den Mördern empfehlen würden, hierbei auf fair gehandeltes Obst zu achten, damit keine Menschen in den Anbauländern zu Schaden kommen). Der Text ist mittlerweile wieder verschwunden, von den Antragstellern aber archiviert und kann bei Bedarf allen Interessierten auch anderer Parteien, die möglicherweise darüber nachdenken, ob sie die Nächsten sein könnten, zur Verfügung gestellt werden. 2
Stellungnahme Mit Schreiben vom 26. Februar 2019 Nr. 3-0141.5/1 nimmt das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz und für Europa zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. ob ihr der Mordaufruf vom 30. Januar 2019 bekannt ist und ihm Relevanz für das Land Baden-Württemberg eingeräumt wird; Zu 1.: Der in Rede stehende Beitrag auf der Internetseite de.indymedia.org ist den baden-württembergischen Sicherheitsbehörden bekannt. Der Sachverhalt wird in die fortlaufende Lagebewertung und -einschätzung für den Bereich der Politisch Motivierten Kriminalität einbezogen und bei der strukturierten Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt, um ggf. erforderliche polizeiliche Maßnahmen zu treffen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Ziffer 6. verwiesen. 2. welche Erkenntnisse sie zur Antideutschen Antifa hat (Hinweis: die SPD- Politikerin Angela Marquardt und Mitarbeiterin der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles ruft in der SPD-Parteizeitung Vorwärts vom 7. September 2018 zum Bündnis mit der Antideutschen Antifa auf, was nahelegt, dass diese Gruppierung existiert); Zu 2.: Als antideutsch wird im Verfassungsschutzverbund eine in sich uneinheitliche Strömung des deutschen Linksextremismus bezeichnet, die im Zuge der deutschen Wiedervereinigung entstanden ist. Die Antideutschen verfolgen eine szeneuntypische Ideologie und tragen damit zur Polarisierung innerhalb der linksextremistischen Szene bei. Hauptbestandteil antideutscher Ideologie ist die bedingungslose Solidarität mit der Politik des Staates Israels und dem jüdischen Volk. Antideutsche sprechen sich in Befürchtung eines neuerlichen, von Deutschland ausgehenden Holocaust für eine massive Unterstützung des Staates Israel und des Judentums aus und stehen oft positiv zu den USA als deren Schutzmacht. Antideutsche befürchten ein Erstarken des deutschen Nationalismus und ein großdeutsches Viertes Reich, sie lehnen daher einen deutschen Nationalstaat insgesamt ab. Zu einer Antideutschen Antifa liegen den baden-württembergischen Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse vor. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass die Behauptung, Frau Marquardt habe in besagter Parteizeitung zum Bündnis mit der Antideutschen Antifa aufgerufen, unzutreffend ist. Eine Organisation mit dem Namen Antideutschen Antifa findet im Artikel keine Erwähnung. 3. welche Erkenntnisse sie zur konkreten Terrorgruppe Antideutsche Antifa Untergrund hat; Zu 3.: Seit Dezember 2018 wurden auf der Internetseite de.indymedia.org mehrfach Einträge der Gruppierung Antideutsche Antifa Untergrund AAU veröffentlicht, welche jeweils nur kurzzeitig abrufbar waren. Inhaltlich handelte es sich augenscheinlich um Handlungsanleitungen für Angriffe auf Mitglieder der AfD. Neben dem in Rede stehenden Beitrag wurde unter anderem mehrfach ein sogenanntes Sabotagehandbuch eingestellt. 3
Nach Bewertung des Bundeskriminalamtes wird eine Urheberschaft dieser Veröffentlichungen innerhalb der linken Szene als nahezu ausgeschlossen angesehen. Auch nach Auffassung des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Authentizität des in Rede stehenden Beitrags zweifelhaft. Gründe hierfür liegen insbesondere in den Umständen und der Dauer der Veröffentlichung sowie der konkreten Wortwahl. Szeneuntypisch wirken beispielsweise der gewählte Organisationsname und der Sprachduktus, der keine ideologischen Bezüge erkennen lässt. Darüber hinaus liegen den baden-württembergischen Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 4. ob sie bzw. die Dienste diesbezüglich mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und anderer Länder in Kontakt stehen; Zu 4.: Im Rahmen des regelmäßigen und engen Austauschs der baden-württembergischen Sicherheitsbehörden mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder wurde unter anderem auch der in Rede stehende Sachverhalt thematisiert. 5. ob dieser Mordaufruf nach ihrer Kenntnis auf anderen linksextremen und/oder antifaschistischen Internetseiten (wenn ja, auf welchen) ebenfalls aufgetaucht oder von dort verlinkt worden ist; Zu 5.: Hierzu liegen den baden-württembergischen Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse vor. 6. mit welchen Maßnahmen sie Wahlkampfveranstaltungen vor dem Hintergrund dieser detaillierten Handreichung für Meuchelmörder zu schützen gedenkt; Zu 6.: Die Polizei Baden-Württemberg ergreift zum Schutz von Wahlkampfveranstaltungen alle erforderlichen polizeilichen Maßnahmen. Das konkrete polizeiliche Vorgehen orientiert sich dabei an den Umständen des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung der ggf. bestehenden Gefährdungslage bzw. -entwicklung. Beispielsweise steht die Polizei im Zusammenhang mit polizeilich bekannten Veranstaltungen und öffentlichen Auftritten zur Erstellung eines Sicherheitskonzepts (z. B. Einlasskontrollen, Einsatz von eigenem Sicherheitspersonal) sowie bei Sicherheitsfragen (z. B. Festlegung von Meldewegen und Erreichbarkeiten) als kompetenter Ansprechpartner und Berater zur Verfügung. Ergänzend trifft die Polizei lageorientiert die erforderlichen Maßnahmen (z. B. Präsenzmaßnahmen zum Schutz der Veranstaltung, personenbezogene Schutzmaßnahmen). 7. ob sie oder eine Staatsanwaltschaft von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren wegen Aufruf zum Mord eröffnen wird, ggf. warum nicht, und falls ja, bei welcher Staatsanwaltschaft; Zu 7.: Der in Rede stehende Sachverhalt ist Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen Unbekannt wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten. 8. ob ihr bis zur Stunde von dem Mordaufruf distanzierende, ihn verurteilende oder gegenüber der AfD solidarische Äußerungen anderer demokratischer Parteien oder Politiker bekannt geworden sind; Zu 8.: Es liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 4
9. ob sie sich nunmehr auf Bundesebene energischer als zuvor für ein Verbot von indymedia.org einsetzen wird. Zu 9.: Ein etwaiges Verbot von indymedia.org würde in die alleinige Zuständigkeit des Bundes fallen. Vor diesem Hintergrund sieht sich die Landesregierung gegenwärtig nicht zu weiteren öffentlichen Stellungnahmen im Hinblick auf indymedia. org veranlasst. Strobl Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration 5