Sportspielvermittlung: State of the Art in der Sportwissenschaft

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Transkript:

Prof. Dr. Stefan König Sportspielvermittlung: State of the Art in der Sportwissenschaft Vortrag auf der seminarübergreifenden Tagung der Fachleiter Sport Baden-Württemberg am 11.12.2018 in Albstadt-Tailfingen Tailfingen, Balingen, 12.11.2007 den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 1

Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 2

Eine Auswahl an abgearbeiteten Themen Ballschule Taktische Kompetenzen Straßenspielhypothese Vier- Stufen- Plan Unterrichtsevaluation MSIL Transferspiele Säulen der Spielvermittlung Spielmacherstudie Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 3

Was hat sich getan? Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 4

Agenda Sportspielvermittlung: State of the Art Das Taktikspielmodell Das Bausteinprinzip beim Techniktraining Sportspielvermittlung und implizites Training Ein paar weitergehende Überlegungen Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 5

Sportspielvermittlung: State of the Art Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 6

(1) Mehrebenen-Modelle (Roth & Kröger, 2015) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 7

Spielerisch-takisches Lernen Schulung der Ballkoordination Technikschulung Regellernen Vertikale Progresssion (2) Altersstruktur (König & Memmert, 2012, S. 18) sssl 3 ab 16 Jahre sssl 2 ab 12/13 Jahre sssl 1 ab 9/10 Jahre ssgl 8 bis 10 Jahre ssül 6 und 7 Jahre Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 8

(3) Methodische Prinzipien Vom allgemeinen und sportspielübergreifenden zum sportspielspezifischen Lernen Vom Spielen zum Spielen und Üben Vom unangeleiteten Spielen und impliziten Lernen zum expliziten Spielen und Üben Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 9

(4) Stufenübergreifende Ziele & Inhalte Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 11

Zunehmende Spezifik (4) Stufenübergreifende Ziele und Inhalte Sportspielspezifisches Lernen Spielerisch-taktisches Lernen Fähigkeitsorientiertes Lernen Fertigkeitsorientiertes Lernen Sportspielgerichtetes Lernen Spielerisch-taktisches Lernen Fähigkeitsorientiertes Lernen Fertigkeitsorientiertes Lernen Sportspielübergreifendes Lernen Spielerisch-taktisches Lernen Fähigkeitsorientiertes Lernen Fertigkeitsorientiertes Lernen Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 12

(5) Unterrichtsthemen der Spielvermittlung Taktik Technik (Ball-) Koordination Regeln Prozessorientierte Kompetenzen.. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 13

Unterrichtsplanung (UP) Fragen & Themen des heutigen Vortrages Das Taktikspielmodell (TGfU) Welche aktuellen Erkenntnisse liegen zum Techniktraining in den Spielen vor? Implizite Trainingsprozesse durch Sportspiele Lehrer*innen-Verhalten (LV) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 14

Das Taktikspielmodell Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 15

Eine Kernfrage bei der Spielvermittlung Spielen Üben Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 16

These Die generell akzeptierte Denkweise lautet: Spielerisches Probieren geht (zeitlich) vor technischem Studieren. Nicht skillfulness, sondern das Vermögen, taktische Probleme zu erkennen und sie adäquat zu lösen, ist für den Spielanfänger entscheidend (Roth, Kröger & Memmert, 2002, S. 29). Game appreciation and the development of tactical awareness should precede development of the motor skills of a game (Rink, French, & Tjeerdsma, 1996, p. 399). Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 17

Anfänger: Das Säulenmodell Lücke erkennen Laufweg zum Ball bestimmen Taktikbausteine Technikbausteine Koordinationsbausteine Unter Zeitdruck handeln Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 18

Säulenmodell: Bausteine Spielerisch-taktische Ausbildung Fähigkeitsorientierte Ausbildung Fertigkeitsorientierte Ausbildung Anbieten & Orientieren Ballbesitz individuell sichern Ballbesitz kooperativ sichern Überzahl individuell herausspielen Überzahl kooperativ herausspielen Ballgefühl Flugbahn des Balles erkennen Zeitdruck Mitspielerpositionen/ -bewegungen erkennen Präzisionsdruck Gegenspielerpositione n/-bewegungen erkennen Komplexitätsdruck Laufweg zum Ball bestimmen Organisationsdruck Spielpunkt des Balles bestimmen Lücke erkennen Variabilitätsdruck Ballbesitz kontrollieren Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 19

Säulenmodell: Stundenaufbau Stundeneinstieg: Koordinationsbaustein(e) Mittelteil: Spielform (Taktikbaustein) Schlussteil: Technikbaustein(e) Stundenverlauf (exemplarischer Aufbau) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 20

Fortgeschrittene: Kreis-Spiral-Modell 1. Spielechte Spielform: Spielen, Erleben und Erfahrungen sammeln 4. Spielechte Spielform: Spielen auf höherem Niveau 3. Übung der Fertigkeit: Wie muss ich etwas tun? 2. Entwicklung des taktischen Verständnisses durch Reflexion: Was muss ich tun und warum muss ich etwas tun? Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 21

Quelle: Knobloch (2018) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 22

Kreis-Spiral-Modell: Stundenaufbau Reflexionsphasen Phase 1: Ballkoordination Phase 2: Taktik Phase 3: Technik Phase 4: Taktik Stundenverlauf (exemplarischer Aufbau) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 23

Studie Unterrichtsmethoden im Vergleich Variable Geschlecht : 180 : 145 Sportspiel HB: 168 VB: 59 FB: 98 Methode Üben: 94 Spielen: 94 TGfU: 137 Klasse 6: 60 7:148 8: 117 Alter 12,59 (SD:.954) N 325 Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 24

Studie Unterrichtsmethoden im Vergleich Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 25

Studie Unterrichtsmethoden im Vergleich Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 26

1. Zwischenfazit Sowohl Spielen als Üben stellen zentrale Inhalte in der Vermittlung von Sportspielen dar. Allerdings geht es schon lange nicht mehr um eine besser-schlechter -Diskussion, sondern um eine sinnvolle Kombination. Diesbezüglich besteht derzeit folgender Konsens: Anfänger: Nebeneinander Fortgeschrittene: Verzahnt Frage: Wie ist die Verzahnung mit Blick auf Fertigkeitsvermittlung zu gestalten? Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 29

Aktuelle Erkenntnisse zum Techniktraining Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 30

Systematik Techniktraining Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Quelle: Wiemeyer & Wollny, 2017, S, 270 31

Bewegungswissenschaftliche Vorüberlegungen Vermittlungsstrategie 1 Vermittlungsstrategie 2 Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 32

Wissenschaftlich fundierte Trainingspraxis! Bewegungswissenschaft Trainingspraxis Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 33

Ansätze des Techniktrainings (Kittel et al., 2016) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 34

Ansätze des Techniktrainings im Volleyball Fertigkeitsorientierter Ansatz, z. B. Zielpritschen in den Basketballkorb Fähigkeitsorientierter Ansatz, z. B. Jonglieren mit 3 Volleybällen (Ballgefühl)? Situationsorientierter Ansatz, z. B. Fangen des VB in der Annahmesituation Technikorientierter Ansatz, z. B. Pritschen im Spiel 1 gegen 1. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 35

Wissenschaftliche Theorien und Befunde Spezifitätshypothese Effektorientierte Theorie der motorischen Kontrolle Transfernachteile unspezifischer Ansätze Technikübergreifender Transfer und Theorie identischer Elemente Modularitätshypothese (Fodor, 1983) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 36

Spezifitätshypothese (Henry, 1960) Ein Transfer ist um so größer, je mehr sich Übungs- und Zielsituation überlappen. Ein fertigkeits- oder situationsübergreifender Transfer fällt immer sehr gering aus. Schmidt und Lee (2011, S. 489): Zwei fundamentale Transferprinzipien lauten, dass (a) motorischer Transfer typischerweise positiv, aber gering ausfällt und (b) motorischer Transfer von der zwischen den Aufgaben bestehenden Ähnlichkeit abhängt. Die Spezifitätshypothese spricht für einen technikorientierten Ansatz. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 37

Effektorientierte Theorien Menschliche Bewegungskontrolle zielt grundsätzlich darauf ab, eine aktuelle Situation so zu verändern, dass ein bestimmter Effekt (E) erzielt wird. Beispiel 1: Aus einer Tasse trinken Beispiel 2: Aufschlag im Volleyball Somit spielt die Situation und damit die korrekte Wahrnehmung eine entscheidende Rolle. Aber: E soll nicht irgendwie zustande kommen, sondern durch eigene, spieltypische Bewegungen. Auch effektorientierte Theorien stützen einen technikorientierten Ansatz. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 38

Transfernachteil unspezifischer Ansätze Fertigkeitsorientierte Ansätze sind aufgrund der fehlenden Situationsspezifität und situationsspezifische Ansätze aufgrund der fehlenden Fertigkeitsspezifität für ein Techniktraining von Nachteil. Ein fähigkeitsorientierter Ansatz ist in beiderlei Hinsicht unspezifisch und deshalb am wenigsten attraktiv. Aber: Kindgemäße Einführung von Techniken bzw. anfängerorientierte Motorik. Spezifisches Koordinationstraining zum Überlernen und Automatisieren von Bewegungen (Neumaier, 2006). Überlegungen zur Transferenz stützen ebenfalls einen technikorientierten Ansatz. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 39

Technikübergreifender Transfer Trotz aller Argumente für Spezifik zeigt die Sportpraxis, dass es technikübergreifende Transfereffekte gibt. Fallbeispiel: Drei Jugendliche mit unterschiedlichen sportlichen Vorerfahrungen (HB, SW, Tanz) erscheinen zum Volleyballtraining. Erklärung: Theorie identischer Elemente (Thorndike & Woodworth, 1901). Beispiel: Zum Ball laufen oder Ball spielen. Daraus folgt, dass Bewegungskontrolle durch identische Elemente erfolgt ( Bausteindenken ). Baustein = SRE -Modul Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 40

Die Modularitätshypothese S R E nach: Fodor (1983), Hossner (1995) Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 41

Modulare Trainingsformen Techniktraining sollte auf der Basis der Modularitätshypothese und unter Beibehaltung der situations- und technikspezifischen Positionen geplant und durchgeführt werden. Hierfür ergeben sich zwei Möglichkeiten: Technikbausteintraining zur Strukturierung (Formung) einzelner Module (= Technikbausteine). Technikgebäudetraining zur Einbindung der Module in eine Gesamtkontrollstruktur. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 42

Techniktraining: Inhalte Beispiel Handball Fertigkeitsorientierte übergreifende Ausbildung Spezifische technische Basiskompetenzen Flugbahn des Balles erkennen Mitspielerpositionen/ -bewegungen erkennen Gegenspielerpositionen/ -bewegungen erkennen Prellen, Passen und Fangen in der Bewegung Lauf- und Körpertäuschung Schlag- und Sprungwurf Laufweg zum Ball bestimmen Wurf unter Gegnerbehinderung Spielpunkt des Balles Abwehrtäuschung bestimmen Ballbesitz kontrollieren Bälle herausprellen und abfangen Tailfingen, den 11.12.2018 Ballabgabe kontrollieren Prof. Dr. Stefan König Abwehrgrundposition Folie 43

Technikbausteintraining Ball im Blick behalten Expertenstatus Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 44

Laufwege beobachten unspezifische Übung Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 45

Laufwege beobachten spezifische Übung Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 46

Technikgebäudetraining: Aufschlagsituation Stand Spieler A führt eine spezifische K1 Situation durch (Zuspieler, Laufen, Zuspiel, Sichern). Danach hat er die Aufgabe, im Zeitfenster von 8 Sekunden (Regel: 13.4.4) deutlich unterschiedliche Flugkurven beim Aufschlag zu schlagen. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 47

2. Zwischenfazit Techniktraining sollte sich heute mehr denn je an einem technikorientierten Ansatz orientieren, d. h., spezifische Techniken sind in spezifischen Situationen anzuwenden. Unterschieden werden muss hierbei zwischen Technikbausteintraining und Technikgebäudetraining. Während ein Technikgebäudetraining stets die gesamte Technik thematisiert, schult ein Bausteintraining sozusagen einzelne Teilaufgaben einer Bewegung. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 48

Trainingsprozesse durch Sportspiele Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 49

Auf den Punkt gebracht Wirkung: ja Betrag: gering bis mittel Messbare Verbesserungen in einem Zeitraum: 4 bis 6 Wochen Nachhaltigkeit: gering Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 50

Hypothese(n) Wenn die Entwicklung einer sportlichen Leistungsfähigkeit im Kontext eines Erziehenden Sportunterrichts als Ziel von Sportunterricht akzeptiert wird, dann. sollten lerngebundene Trainingsprozesse als Teil der Unterrichtsplanung ernst genommen werden,. sollten Sportartanalysen ( Leistungsstrukturanalysen ) im Hinblick auf konditionelle und koordinative Anforderungen auf Schulsportniveau durchgeführt werden und. sollten lerngebunden und intentionale Trainingsprozesse langfristig betrachtet verbunden werden. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 51

Frühjahr Sommer Herbst Winter Koordination ganzjährig Beweglichkeit ganzjährig Arbeitsmodell Epochenunterricht 1.0 (vgl. Frey & Hildebrandt, 1995, S. 112) Epochenunterricht Spielen, Lernen & Üben Leichtathletik: SP Sprung und Stoß Handball: SP Wurfspiele, Aufsetzerball, Gerätturnen: SP Boden und Barren Badminton: SP Grundschläge, Spiel Nebeneffekte Kraftreize Ausdauerreize Kraftreize Ausdauerreize Trainieren (gezieltes Kurzprogramm) Ausdauertraining Krafttraining Ausdauertraining Krafttraining Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 52

Frühjahr Sommer Herbst Winter Koordination ganzjährig Beweglichkeit ganzjährig Arbeitsmodell Epochenunterricht 2.0 (vgl. Leiprecht & Leiprecht, 2017) Epochenunterricht Spielen, Lernen & Üben Leichtathletik: SP Sprung und Stoß Handball: SP Wurfspiele, Aufsetzerball, Gerätturnen: SP Boden und Barren Badminton: SP Grundschläge, Spiel Nebeneffekte Kraftreize Ausdauerreize Kraftreize Ausdauerreize Trainieren (gezieltes Kurzprogramm) Ausdauertraining Krafttraining Ausdauertraining Krafttraining Hausaufgaben ganzjährig Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 53

Implizite Trainingseffekte Sportart/ Bewegungsfeld Ausdauer Kraft Beweglichkeit Koordination Turnen + Gleichgewicht Schwimmen + + Akrobatik Klettern + Leichtathletik (Block Lauf) + Fußball + Gleichgewicht Handball + + + Ballschule Soundkarate + + Variabilität Organisation Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 54

Unterrichtsmaßnahmen Generelle Größen für die Belastungssteuerung Umfang Intensität Dichte Transfer auf Sportspiele Spielzeit (?) Intensität (?) Wechselnde Tätigkeit? Small-Sided Games Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 55

Small-Sided Games sind (verkleinerte) Sportspiele auf Kleinspielfeldern, die die Spielidee im Kern enthalten. The key point is that because there are fewer players, each player gets more touches of the ball, and there are many additional benefits. (Aus: https://www.soccercoachweekly.net/soccer-drills-and-skills/smallsided-games/, Zugriff am 31.10.2018) Klassiker aus dem Sportunterricht sind Volleyball 2 gegen 2, Basketball 3 gegen 3 oder Handball 3+1. Hauptziel dieser Spielformen ist/war, die taktischen Anforderungen zu verringern und ein erstes spezifisches Spiel zu ermöglichen ( Transferspiele ). Ebenfalls finden sie im Aufwärmen und zur Technikschulung Anwendung. Neue Zielsetzung: Spielerisch-implizites Training, wobei dieser Ansatz v. a. aus dem Fußball kommt. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 56

Studienergebnisse Fußball Hill-Haas et al. (2011) untersuchten Variablen, die die Intensität bei SSG beeinflussen: Spielfeldgröße (siehe unten) Spieleranzahl Regeländerungen: MMV, Pressing, begrenzte Anzahl an Ballkontakten Torhüter: Widersprüchliche Studienlage Rationale (Spieldauer, Pause): Kaum Unterschiede Trainer unterstützung : Signifikanter Einfluss auf Belastung Heppe et al. (2018) untersuchten die Auswirkungen der Spielfeldgröße auf HF und Torschüsse im Fußball: Feldgröße Belastung (Hf) Torschüsse Small (24,75 x 26,25) 172 (+9) 7,7 2.4 Medium (33 x 35) 178 (+8) 0.9 5,2 Large (41,25 x 43,75) 177 (+8) 3,2 Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 57

Mögliche Konsequenzen für den SpU Vorbemerkung: Über einen möglichen Transfer auf SSG im Handball, Basketball, Volleyball etc. können wir derzeit nur spekulieren. Unabhängig davon haben andere Untersuchungen gezeigt, dass auch im Handball ähnliche Ergebnisse zustande kamen (u. a. Hahnel, Rapp & Ritter, 2015): Handballunterricht sich positiv auf die Koordination, die Sprungkraft und die allgemeine Ausdauer auswirkt, wobei die erzielten mittleren Effekte durchaus mit denen anderer Sportarten vergleichbar waren. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 58

Exkurs: Langfristige Trainingsplanung Informationen zur Studie: Dauer 1 Schuljahr 5 MZP Datenerhebung durch DMT Analyse der Entwicklung von Ausdauer und Kraft Hier: Gesamtdarstellung Konsequenz: Implizite Trainingseffekte durch Sportspielunterricht spielen hier eine wichtige Rolle. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 59

3. Zwischenfazit Techniktraining sollte sich heute mehr denn je an einem technikorientierten Ansatz orientieren, d. h., spezifische Techniken sind in spezifischen Situationen anzuwenden. Unterschieden werden muss hierbei zwischen Technikbausteintraining und Technikgebäudetraining. Während ein Technikgebäudetraining stets die gesamte Technik thematisiert, schult ein Bausteintraining sozusagen einzelne Teilaufgaben einer Bewegung. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 60

Ein paar weitergehende Überlegungen Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 61

Doppelauftrag von Schulsport (Prohl, 2012) Sportunterricht als ästhetisches Schulfach in einer demokratischen Gesellschaft Sinn der Sache finden lassen Bewegungsbildung Qualifizierung Materiale Bildung Persönlichkeit entwickeln lassen Allgemeine Bildung Personalisation Formale Bildung Doppelauftrag des Erziehenden Sportunterrichts Erziehung zum Sport & Erziehung durch Sport Bewegungsbildung im Horizont allgemeiner Bildung Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König 62

TGfU und komplexes Denken Zweifelsohne sind Spielsituationen komplex, da verschiedene Akteure interagieren müssen und hierbei durch Regeln geleitet werden. Frage: Kann der TGfU komplexes Denken unterstützen? Kognitive, emotionale und soziale Entwicklung durch TGfU Kognitive Fähigkeiten, wie z. B. problemlösendes Denken oder angemessene Entscheidungen treffen, werden durch den TGfU gefördert (Harvey et al., 2010). `Social skills, wie z. B. Fairness, demokratisches Verhalten, Verantwortlichkeit, können ebenfalls gefördert werden (Greve, 2013; Mandingo & Corlett, 2010). Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 63

Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 64

Zusammenfassung Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König 65

Zusammenfassung Was den Kenntnisstand über Sportspielvermittlung betrifft, so haben sich die relevanten Themen der letzten 15 20 Jahre gefestigt. Eine wachsende Bedeutung erfährt das 1982 entwickelte Taktikspielmodell in der Sportwissenschaft leider immer noch zu wenig in der Lehramtsausbildung. Im Bereich des Techniktrainings sprechen derzeit alle bewegungswissenschaftlichen Befunde für eine stärkere Orientierung an einem technikorientierten Ansatz. Schließlich gibt es zunehmend Befunde über implizite Trainingseffekte im Sportspielunterricht, wobei SSG wohl eine wichtige Rolle spielen. Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König 66

Danke für die Aufmerksamkeit Tailfingen, den 11.12.2018 Prof. Dr. Stefan König Folie 67