VOB/A-Ausschreibungen Dr. Sebastian Schattenfroh Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Justiziar der Brandenburgischen Architektenkammer Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 1
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 2
A. Aktuell geltende Schwellenwerte Betrag netto Landeshaushaltsordnung (Landesbehörden) Gemeindehaushalts-VO (kommunale AG) Über 5 Mio EU-weit EU-weit Bis 5 Mio öffentlich öffentlich Bis 1 Mio öffentlich beschränkt Bis 200.000 beschränkt beschränkt Bis 100.000 beschränkt freihändig Bis 20.000 freihändig freihändig Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 3
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 4
B. Losbildung versus GU-Vergabe Fall: Eine Kommune plant den Neubau eines Verwaltungsgebäudes. Ein Ingenieur berät die Kommune, erstellt die Entwürfe und begleitet auch die Vergabe. Der Ingenieur fragt sich, warum man eigentlich so kompliziert 14 Lose nach Gewerken ausschreiben soll. Eine Vergabe an einen Generalunternehmer (GU) wäre doch viel einfacher, würde weniger Arbeit verursachen, und der AG hätte alles aus einer Hand. Wie ist auszuschreiben? Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 5
B. Losbildung versus GU-Vergabe Bei Vergaben unter EU-Schwellenwert von 5 Mio (Wert des Gesamtbauvorhabens) 5 Absatz 2 VOB/A: Bauleistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Bei der Vergabe kann aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen auf eine Aufteilung oder Trennung verzichtet werden. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 6
B. Losbildung versus GU-Vergabe Bei Vergaben über EU-Schwellenwert von 5 Mio : 5 VOB/A (EG): Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. ( ) Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 7
B. Losbildung versus GU-Vergabe Bei Vergaben über EU-Schwellenwert von 5 Mio : 5 Mittelstandsförderungsgesetz Brandenburg: Bei öffentlichen Aufträgen sind Leistungen, soweit es die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zulassen, schon bei der Ausschreibung und bei der freihändigen Vergabe nach Menge oder Art so in Teillose zu zerlegen, dass sich kleine und mittlere Unternehmen an der Angebotsabgabe beteiligen können. Durch die Streuung von Aufträgen sind kleine und mittlere Unternehmen im Rahmen der bestehenden Vergabevorschriften in angemessenem Umfang zu berücksichtigen. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 8
B. Losbildung versus GU-Vergabe Losbildung = gesetzlicher Regelfall. Ausnahmen hierfür bedürfen also einer Rechtfertigung. Die normalen Vorteile eines GU-Vertrages, nämlich keine Schnittstellen einheitliche Haftung weniger Koordination weniger Ausschreibungsaufwand reichen dafür nicht aus. Spezielle (projektspezifische) Gründe erforderlich. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 9
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 10
Fall: In einem Laborgebäude werden Teile der Haustechnik und der Labortechnik modernisiert. Die Labortechnik besteht zu großen Teilen aus Geräten des gleichen Herstellers. Viele Geräte sind mit einer speziellen Software miteinander synchronisiert. Der planende Ingenieur weiß, das grundsätzlich produktneutral ausgeschrieben werden muss. Er gestaltet die LVs so, dass der Herstellername nirgends auftaucht; aber die LVs sind so formuliert, dass faktisch nur die Geräte dieses Herstellers auf die Beschreibung passen. Hiergegen wehrt sich ein Bieter. Er könne nur Geräte eines anderen Herstellers anbieten, die aber gleichwertig und auch kompatibel seien. Wie ist die Rechtslage? Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 11
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung I. Grundregeln II. Spielräume und deren Grenzen III. Zulässige Ausnahmen von der Produktneutralität IV. Anforderungen an die Begründung V. Was heißt gleichwertig? Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 12
Grundregel: 7 Absatz 8 VOB/A Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs oder einer bestimmten Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz "oder gleichwertig" zu versehen. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 13
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung I. Grundregeln II. Spielräume und deren Grenzen Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 14
A. Vorbereitung der Vergabe AG bestimmt grundsätzlich, was er einkaufen will. 7 VIII VOB/A führt nicht so weit, dass das LV so formuliert werden müsste, dass für die Bieter optimale Angebotsbedingungen bestehen. VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.11.2006 VK SH 25/06: Es ist grundsätzlich allein Sache der Vergabestelle zu entscheiden, welche Leistungen sie ausschreibt; sie ist auch nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alle auf dem Markt agierenden Teilnehmer leistungs- und angebotsfähig sind oder dass bestehende Wettbewerbsvorteile und -nachteile potenzieller Bieter durch die Gestaltung der Vergabeunterlagen ausgeglichen werden. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 15
B. Angebotswertung bis Zuschlag VK Thüringen, Beschluss vom 08.05.2008-250-4002.20-899/2008-006-G Aufgabe und Funktion eines Vergabeverfahrens kann es nicht sein, dass die Anforderungen, die von der Vergabestelle an den Auftragsgegenstand gestellt werden, so zu formulieren sind (d.h.auch : gleichsam so niedrig zu hängen sind), dass schließlich alle Bewerber ein Angebot abgeben können. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 16
Und: AG muss auch keine Fabrikate abfragen. Er darf das Fabrikat noch vorerst offen lassen. VK Nordbayern, Beschluss vom 23.04.2008, 21.VK 3194-15/08: Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, Fabrikatsangaben im Angebot zu verlangen; sie darf sie nach der Angebotseröffnung im Rahmen der Aufklärung nachfragen. VK Nordbayern, Beschluss vom 21.07.2008, 21.VK-3194-27/08: ist die Leistung produktneutral zu beschreiben. Eine Verpflichtung zur Abfrage des Fabrikats besteht darüber hinaus nicht. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 17
AG hat also Gestaltungsspielraum. Beispiel Leitfabrikate VK Münster, Beschluss vom 26.07.2012, VK 17/12 Auftraggeber können mit "Richtprodukten" arbeiten, wenn diese Hilfestellungen sind, um den Bietern den gewünschten Beschaffungsgegenstand möglichst genau vor Augen zu führen, gleichzeitig aber auch Alternativprodukte angeboten werden können und sollen. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 18
Diese Gestaltungsfreiheit ist aber überschritten, wenn das LV so formuliert wird, dass faktisch nur noch ein Produkt passt: OLG München, Beschluss vom 17.09.2007, Verg 10/07 Gegen die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung wird auch dann verstoßen, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein Leitfabrikat ausgeschrieben wird, weil nur ein einziges bestimmtes Produkt allen Vorgaben gerecht wird. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 19
OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.06.2013, 11 Verg 3/13: dass gegen die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung auch dann verstoßen wird, wenn durch die Vorgaben verdeckt ein Leitfabrikat ausgeschrieben wird, weil nur ein bestimmtes Produkt allen Vorgaben gerecht wird. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 20
Deshalb: Wann darf man denn nun produktbezogen ausschreiben? Hier sind drei Themen zu trennen: Sachliche Gründe für Ausnahme Anforderungen an die Begründung Anforderungen an die Dokumentation dieser Entscheidung Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 21
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung I. Grundregeln II. Spielräume und deren Grenzen III. Zulässige Ausnahmen von der Produktneutralität Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 22
Sachliche Gründe für eine produktbezogene Ausschreibung 7 Absatz 8 VOB/A Satz 1: Soweit es durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist 7 Absatz 8 Satz 2 VOB/A: wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann Satz 2 wird bei Bauleistungen einschließlich Anlagenbau nur sehr selten einschlägig sein. Im Vordergrund steht die Ausnahme nach Satz 1. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 23
In der Rechtsprechung behandelte Konstellationen, bei denen eine Ausnahme denkbar ist Technische Gründe Schnittstellenrisiko Systemkompatibilität Einheitliche Wartung Ersatzteillieferungen Mitarbeiterschulungen Gestalterische Gründe Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 24
Technische Gründe VK Nordbayern, Beschluss vom 09.07.2009, 21.VK-3194-15/09 Dies erfordert objektive, in der Sache selbst liegende Gründe, die sich unter anderem aus der spezifischen Aufgabenstellung des Auftraggebers, aus technischen oder gestalterischen Erfordernissen oder auch aus der zukünftigen Nutzung der Sache ergeben können. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 25
Technische Gründe Der bloße Vorteil, dass Bauteile gut zusammenpassen, genügt alleine nicht. Es müssen vielmehr echte Nachteile drohen. EuGH, Urteil v. 08.04.2008 C-337/05 Die Vorteile z.b. einer Interoperabilität genügen nicht. Vielmehr muss ein Lieferantenwechsel den Auftraggeber zwingen, Material unterschiedlicher technischer Merkmale zu kaufen, und dadurch müssen eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung entstehen, Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 26
Technische Gründe Ein solcher Nachteil kann z.b. darin bestehen, dass Schnittstellenprobleme drohen. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.10.2003, 11 Verg 9/03 Die Vorgabe eines Leitfabrikats ist ausnahmsweise zulässig, wenn ein legitimes Interesse des Auftraggebers besteht. Als legitimes Interesse genügt das Interesse, jedes vermeidbare Risiko, das aus zusätzlichen Schnittstellen zu einer bereits vorhandenen Technik resultieren kann, auszuschließen. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 27
Technische Gründe Ferner können u. U. ausreichende technische Gründe sein: Erhöhter Wartungsaufwand Erhöhte Ersatzteilkosten Erhöhter Schulungsaufwand für Mitarbeiter Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 28
Gestalterische Gründe VK Thüringen, Beschluss vom 08.05.2008, 250-4002.20-899/2008-006-G Existiert ein Farbkonzept für ein Bauprojekt, das die Vergabestelle anwendet und schon in Teilen realisiert hat und entsprechen die vorgesehenen Farbtöne und Strukturen des Ausschreibungsgegenstandes eben diesem Farbkonzept, ist gegen eine produktgebundene Ausschreibung mit dem Zusatz "oder gleichwertig" nichts einzuwenden. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 29
Gestalterische Gründe VK Münster, Beschluss vom 24.06.2011 - VK 6/11 Die Verengung der Leistungsbeschreibung auf das Produkt "Irischer Blaustein" des belgischen Lieferanten "Erinstone" aus rein gestalterischen Gründen ist zulässig. VK Hessen, Beschluss vom 13.10.2005, 69d-VK-69/2005 So sind z. B. im Falle von Sanierungen, Um- und Erweiterungsbauten bestimmte gestalterische Anforderungen hinsichtlich eines einheitlichen Gestaltungsbildes denkbar. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 30
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung I. Grundregeln II. Spielräume und deren Grenzen III. Zulässige Ausnahmen von der Produktneutralität IV. Anforderungen an die Begründung Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 31
Dass ein solcher Grund vorliegt, muss vorab geprüft und festgestellt werden. Strenge Anforderungen an die Sorgfalt der Vergabestelle! VK Lüneburg, Beschluss vom 27.09.2011, VgK-40/2011 Will die Vergabestelle eine Ausnahme vom Gebot der produktneutralen Ausschreibung im Einzelfall machen, muss sie vor der Ausschreibung die mit der Beschränkung des Auftragsgegenstands einhergehenden Vorteile gegen die wettbewerblichen Nachteile abwägen. Die Abwägungsentscheidung ist zu begründen und in der Vergabeakte zu dokumentieren. Die Vergabestelle trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass europaweit kein anderes Unternehmen/Produkt existiert, das auf der Basis gesicherter Erkenntnis zur Auftragserfüllung in der Lage ist. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 32
Rechtsprechung verlangt umfangreiche Prüfungen bis hin zu einer Vorab- Markterforschung, was angeboten werden kann: OLG Jena, Beschluss vom 26.06.2006, 9 Verg 2/06: Der Wettbewerbsgrundsatz verpflichtet den Auftraggeber, vor Festlegung der Ausschreibungsbedingungen sich einen möglichst breiten Überblick über die in Betracht kommenden technischen Lösungen zu verschaffen und einzelne Lösungswege nicht von vornherein auszublenden. Da die VSt den ihr hierbei eingeräumten Beurteilungsspielraum auszuschöpfen hat, hat sie zu prüfen und positiv festzustellen, warum eine durch die technischen Vorgaben des Leistungsverzeichnisses (auch nur inzident) ausgeschlossene Lösungsvariante zur Verwirklichung des Beschaffungszwecks nicht geeignet erscheint. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 33
Und: Je stärker die Produktauswahl eingeschränkt wird, umso gravierender müssen dafür die Gründe sein. OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.05.2007, 11 Verg 12/06 Werden in einer Leistungsbeschreibung Produkte - mittelbar - bevorzugt und geht dies mit einer Einschränkung des möglichen Bieterkreises einher, muss der Anlass hierfür von der Vergabestelle um so ausführlicher und tiefgreifender begründet werden, je stärker sich die Einschränkung auswirkt. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 34
Die Ermittlungen und das Für und Wider der Abwägung müssen in der Vergabeakte dokumentiert werden. Verstoß hiergegen kann zur Aufhebung des gesamten Verfahrens führen! Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 35
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung I. Grundregeln II. Spielräume und deren Grenzen III. Zulässige Ausnahmen von der Produktneutralität IV. Anforderungen an die Begründung V. Umgang mit Angeboten, die andere Produkte enthalten Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 36
Wie ist nach Submission mit Angeboten umzugehen, bei denen die Produktvorgabe nicht eindeutig eingehalten ist? Fall: Es wird ein bestimmtes Produkt vorgegeben. Bieter A legt seinem Angebot ein Beiblatt bei. Dort sind abweichende Fabrikate aufgeführt und angeboten. In dem Beiblatt erklärt er, warum er das ausgeschriebene Fabrikat für unsinnig hält. Der Ingenieur fragt sich, ob er dieses Angebot ausschließen muss oder es werten darf. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 37
Wie ist nach Submission mit Angeboten umzugehen, bei denen die Produktvorgabe nicht eindeutig eingehalten ist? Rechtliches Problem: Warum soll dann ein Bieter Nachteile erleiden, wenn der AG gegen 7 Absatz 8 VOB/A verstößt: Deshalb wiederholte Rechtsprechung: Abweichungen vom vorgegebenen Produkt sind egal, wenn die Produktvorgabe rechtswidrig war. Das Angebot muss gewertet werden. Abweichungen vom vorgegebenen Produkt sind unzulässig, wenn die Produktvorgabe rechtmäßig war. Das Angebot ist dann zwingend auszuschließen! Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 38
Bei rechtswidriger Produktvorgabe: BayObLG, Beschluss vom 15.09.2004, Verg 26/03 Wird in der Ausschreibung ohne hinreichenden Grund ein Leitfabrikat vorgegeben, so darf der ein anderes Produkt anbietende Bieter nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er die für den Gleichwertigkeitsnachweis geforderten Prüfzeugnisse nicht vorlegt. Deshalb: Vorsicht mit vorschnellem Ausschluss solcher Angebote! Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 39
Bei rechtmäßiger Produktvorgabe: VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2010, 1 VK 24/10 Bestehen Zweifel hinsichtlich des angebotenen Produkts, die auch nicht durch Auslegung eindeutig geklärt werden können, ist das Angebot schon aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bieter auszuschließen. Andernfalls wäre die Wertung willkürlich und würde vom Gutdünken einer Vergabestelle abhängen oder vom rein subjektiven Willen des Bieters. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 40
Bei rechtmäßiger Produktvorgabe: In diesem Fall Ausschluss nach allen normalen VOB-Regeln, also insbesondere, falls das Angebot formal nicht so eingereicht wird wie gefordert: OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.08.2010 - Verg W 1/10 Macht der Bieter eine geforderte Fabrikatsangabe nicht an der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Stelle, sondern nur in einer selbst gefertigten "ergänzenden Leistungsbeschreibung", führt dies zum Angebotsausschluss wegen fehlender Erklärungen, wenn die ergänzende Leistungsbeschreibung nicht den Anforderungen an ein zulässiges Kurzverzeichnis genügt. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 41
Auch bei Produktvorgabe haben die Bieter aber immer die Möglichkeit, ein gleichwertiges Produkt anzubieten oder gleichwertig o. glw. Was heißt gleichwertig? Wann muss die Gleichwertigkeit geprüft werden? Von wem nachzuweisen? Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 42
A. Aktuell geltende Schwellenwerte B. Losbildung versus GU-Vergabe C. Produktneutrale Ausschreibung I. Grundregeln II. Spielräume und deren Grenzen III. Zulässige Ausnahmen von der Produktneutralität IV. Anforderungen an die Begründung V. Was heißt gleichwertig? Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 43
Gleichwertigkeit eines Alternativprodukts: VK Münster, Beschluss vom 26.07.2012, VK 17/12 Ob Gleichwertigkeit eines Alternativprodukts vorliegt, ist anhand der allgemeinen Leistungsbeschreibung und der Tauglichkeit des Alternativprodukts zu dem vom Auftraggeber vorgesehenen Gebrauch zu ermitteln (funktionale und nicht formale Betrachtungsweise). VK Bremen, Beschluss vom 15.11.2006, VK 2/06 Maßgebend ist eine funktionale Betrachtungsweise. Erfüllt ein Alternativprodukt solche Merkmale des Leitprodukts nicht, die für den geplanten Einsatz nicht von Relevanz sind, so ist es gleichwertig. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 44
Gleichwertigkeit eines Alternativprodukts: BayObLG, Beschluss vom 29.04.2002, Verg 10/02 so sind die Gleichwertigkeitskriterien, soweit sie nicht ausdrücklich bezeichnet sind, in erster Linie an dem in der Leistungsbeschreibung zum Ausdruck gekommenen Auftraggeberwillen zu messen. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 45
Wird zulässigerweise ein Produkt (oder gleichwertig) vorgegeben, so muss die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachgewiesen werden. Aber: Fehlen dieser Nachweise führt nicht zum automatischen Ausschluss. Auftraggeber muss nachfordern. Erst nach Fristablauf ist Ausschluss möglich. 16 Absatz 1 Nr. 3 VOB/A: Fehlen geforderte Erklärungen oder Nachweise und wird das Angebot nicht entsprechend Nummern 1 oder 2 ausgeschlossen, verlangt der Auftraggeber die fehlenden Erklärungen oder Nachweise nach. Diese sind spätestens innerhalb von 6 Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen Werden die Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der Frist vorgelegt, ist das Angebot auszuschließen. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 46
Wer muss die Gleichwertigkeit nachweisen? Beweislast liegt in vollem Umfang beim Bieter. Zweifel gehen zu seinen Lasten. = ständige Rechtsprechung. Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 47
Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit. Gaßner, Groth, Siederer & Coll. Partnerschaft von Rechtsanwälten EnergieForum Berlin Stralauer Platz 34 10243 Berlin Tel. +49 (0) 30.726 10 26.0 Fax. +49 (0) 30.726 10 26.10 E-Mail: berlin@ggsc.de Web: www.ggsc.de Dr. Schattenfroh - Vergaben nach VOB/A 48