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Transkript:

N I E D E R S Ä C H S I S C H E S F I N A N Z G E R I C H T U R T E I L vom 27.08.2003 Az.: 2 K 707/99 Orientierungssatz: Einkommensteuer 1991 Liebhaberei und künstlerische Tätigkeit, rechtskräftig - 2 -

Tatbestand Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin als Künstlerin mit Gewinnerzielungsabsicht tätig war. Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin, geboren im Jahre X, schloss im Jahre 1975 ihr Studium zur Dipl. Designerin ab, nachdem sie zuvor erfolgreich eine Lehre als Schaufenstergestalterin absolviert hatte. Ihr Ehemann war als Unternehmensberater tätig und erzielte Einnahmen von ca. 100.000 DM im Streitjahr bzw. in den Folgejahren etwas über 100.000 DM. Die Klägerin war seit Ende des Jahres 1987 als Bildhauerin, aber auch auf dem Gebiet der Malerei tätig und gab zusätzlich Malunterricht. Außerdem verkaufte sie gelegentlich Malbedarf an Schüler, dekorierte Apotheken-Schaufenstern, fertigte Puppen und Spielzeugbären zum Verkauf und führte später auch Händlerschulungen durch. Sie hatte zwischen 1988-1989 (mit kurzer Unterbrechung) und in den Jahren 1992-1995 ein Gewerbe für eine Tätigkeit als Schaufenstergestalterin angemeldet. Ab Ende des Jahres 1987 richtete sie ein eigenes Atelier in X ein. Sie schaffte für ca. 13.000 DM Einrichtungsgegenstände, Werkzeug, Fachliteratur und sonstige Arbeitsmaterialien an. Bereits im März 1989, nur einige Monate nach Abschluss der Einrichtungsarbeiten, zog sie mit ihrem Ehemann nach W, da der Kläger dort eine neue Stelle antrat. Im Juli 1991 mietete und bezog sie dort im Nachbarort ein 110 qm großes Atelier. In den Jahren 1992 und 1993 vervollständigte sie das Atelier mit eigener Galerie. Ab Juli 1995 arbeitete der Ehemann der Klägerin in Z. Erst im Mai 1996 bezog sie mit ihrem Ehemann ein Haus in Z, in dem ihr Räume für ein Atelier zur Verfügung standen. Bereits ab Februar 1995 verpackte die Klägerin ihre Arbeitsutensilien und lagerte sie ab Juli 1995 bei einer Spedition ein, so dass sie ab Juli 1995 nur noch eingeschränkt arbeiten konnte. Von 1996 bis zum Jahre 1998 richtete die Klägerin ihr neues Atelier in vollem Umfang neu her und arbeitet seit Mitte 1998 kontinuierlich in dem neuen Atelier in Z. Im Einzelnen erklärte die Klägerin folgende Einkünfte: Jahr Einnahmen (DM) Ausgaben (DM) Einkünfte (DM) 1987 0,00 7.624,78./. 7.624,78 1988 1.634,30 32.690,11./. 31.055,81 1989 570,00 11.281,37./. 10.711,37 1990 0,00 9.445,30./. 9.445,30 1991 4.565,39 35.309,82./. 30.744,43 1992 1993 14.139,94 22.597,38 50.780,36 53.403,28./. 36.640,42./. 30.805,90 1994 27.407,56 25.968,45 + 1.439,11 1995 1996 14.475,00 11.988,44 32.427,48 44.177,26./. 17.952,48./. 32.188,82 1997 23.438,27 27.645,72./. 4.207,45 1998 1999 35.741,76 14.375,02 22.312,79 31.346,39 + 13.428,97./. 16.971,37 2000 14.662,00 25.796,00./. 11.134,00 2001 Summe 16.998,62 30.146,09./. 13.147,47./. 237.761,41 Die Klägerin machte die seit 1987 angefallenen Verluste als negative Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit geltend. Das Finanzamt erkannte die Einkünfte zunächst vorläufig ( 165 AO) an, änderte die Bescheide dann aber, da die Klägerin nach Auffassung des Finanz- - 3 -

amtes nicht in der Absicht, Gewinne zu erzielen, tätig gewesen sei. Gegen die Änderungsbescheide richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin sei keine sog. Liebhaberei. Über eine Totalperiode habe die Klägerin einen Totalgewinn erwarten könne. Die Verluste in den Anfangsjahren 1988 bis 1993 seien in erster Linie durch hohe anfängliche Aufwendungen, insbesondere für die Einrichtung des Ateliers, in Höhe von ca. 73.000 DM entstanden. Insgesamt habe die Klägerin in wenigen Jahren drei vollständige Ateliers einrichten müssen und hierdurch außerordentlich hohe Anlaufkosten gehabt. Darüber hinaus habe die Klägerin durch ihre Arbeitsleistung Werte in erheblicher Größenordnung, geschaffen. Der Gesamtwert dieser Werke habe im Jahr 1998 mindestens 100.000 DM, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ca. 189.000 Euro betragen. Bei der Prognoseberechnung seien außerordentliche Ereignisse, die sich künftig voraussichtlich nicht wiederholen würden, auszuscheiden. Unter Berücksichtigung der umzugs- und einrichtungsbedingten Aufwendungen sowie des vorhandenen Vorratsvermögens ergebe sich aber ein Totalgewinn, zumal eine Tätigkeit in W mangels Atelier vor dem Ende des Jahres 1991 praktisch nicht möglich gewesen sei und daher zusätzlich noch entgangene Einnahmen anzusetzen seien. Die Tätigkeit in der eigenen Wohnung sei auch nicht mit der in einem Atelier vergleichbar. Darüber hinaus sei ihre Arbeit im Jahre 1994 durch den Tod ihrer Mutter sowie ihrer besten Freundin erheblich erschwert worden. Erst seit Mitte 1998 habe sie nach Einrichtung des Ateliers in Z endlich beständig arbeiten können. Die Klägerin habe nunmehr die umzugsbedingten Probleme beseitigt, Kontakte zu potentiellen Auftraggebern geknüpft und vielversprechende Malerschülergruppen gebildet. Ihr Lebensalter lasse entgegen der Auffassung des Finanzamtes keinen Rückschluss auf eine angeblich fehlende Einnahmenerzielungsabsicht zu. Es sei unrealistisch, wenn Verluste in der angefallenen Größenordnung (ca. 20.000 DM im Streitjahr und ca. 30.000 DM in den beiden folgenden Jahren) als "Hobby" qualifiziert würden. Dem stünden auch nicht die relativ hohen Einkünfte des Ehemannes (Klägers) entgegen, mit denen sie ihre Verluste ausgleichen könne. Zukünftig werde die Klägerin aufgrund eines neuen Projekts in L auch Gewinn erzielen. Die Kläger beantragen, unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 08.01.1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31.08.1999 den Verlust der Klägerin aus gewerblicher und künstlerischer Tätigkeit in Höhe von 30.744 DM anzuerkennen und die Einkommensteuer auf 4.806 DM herabzusetzen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist weiterhin der Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin sei als Liebhaberei zu qualifizieren. Ein Ausgleich der bis 1997 aufgelaufenen Verluste i.h.v. ca. 210.000 DM sei nicht realistisch, selbst wenn die Klägerin künftig Gewinne erziele. Unter Berücksichtigung des Alters - 4 -

der Klägerin sei es nicht mehr möglich, einen Totalgewinn zu erzielen. Darüber hinaus habe die Klägerin die Bewertung des Vorratsvermögens einschließlich der selbst produzierten Werke nicht substantiiert. Selbst bei einem Verbleib in W habe die Klägerin keinen Totalgewinn erzielen können. Darüber hinaus sei die Klägerin auf die positiven Einkünfte des Ehemannes angewiesen gewesen. Die durch ihre Verluste eingetretenen Steuerersparnisse seien als persönlicher Grund für die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit anzusehen. Zu den weiteren Einzelheiten des Streitstandes wird gem. 105 Abs. 3 FGO ergänzend auf die Schriftsätze des Beteiligten sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Entscheidungsgründe Die Klage ist begründet. Die Klägerin war im Streitjahr 1991 in Gewinnerzielungsabsicht tätig. Die entstandenen Verluste sind als sogenannte Anfangsverluste zu berücksichtigen. 1. Es steht nicht fest, dass die Klägerin von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen. Gewerbebetrieb ist nach 15 Abs. 2 EStG die selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Gewinnerzielungsabsicht ist dabei das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Form eines Totalgewinns (BFH-Beschluss des Großen Senats vom 25.06.1983, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751). Ob eine solche Absicht vorliegt, ist wie jede innere Tatsache anhand äußerer Merkmale zu beurteilen. Dabei muss aus objektiven Umständen auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Dies erfordert eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraumes wichtige Anhaltspunkte bieten (BFH-Urteil vom 22. April 1998, XI R 10/97, BStBl. II 1998, 663). Die ernsthafte Möglichkeit, dass ein jahrelang ausschließlich mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht in der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, ist dann gegeben, wenn feststeht, dass der Betrieb nach seiner Wesensart oder der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann (BFH-Urteil vom 15.11.1984, IV R 139/81, BStBl. II 1985, 205). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der Steuerpflichtige es trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebes zu ergreifen (BFH-Urteil vom 7. August 1991, X R 10/88, BFH/NV 1992, 108). 2. Die Klägerin befand sich im Streitjahr noch in der Anlaufphase ihrer beruflichen Tätigkeit. Verluste innerhalb einer angemessenen Laufzeit können nur dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der Betriebsführung und der Entwicklung des Betriebes insgesamt eindeutig feststeht, dass das Unternehmen, sowie es vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb von An- - 5 -

fang an keine Einkommensquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts darstellt (BFH-Urteil vom 6. März 1980, IV R 182/78, BStBl. II 1980, 108). Die Klägerin hat ihre Tätigkeit im Jahre 1987 aufgenommen, befand sich im Jahr 1991 also im 5. Jahr ihrer selbständigen Betätigung. Der Umzug der Klägerin nach W im Streitjahr, verbunden mit der erstmaligen Einrichtung eines selbständigen (nicht zur Wohnung gehörenden) dauerhaften Ateliers, bedeutete für die Klägerin einen Neuanfang ihrer künstlerischen Tätigkeit. Ein wichtiges Merkmal bei der Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht ist, wie ein Steuerpflichtiger auf eine längere Verlustperiode reagiert, insbesondere, ob er unverändert die verlustbringende Tätigkeit fortführt (vgl. BFH-Urteile vom 19. November 1985, VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289, 292, vom 29.06.1995, VIII R 68/03, BStBl. II 1995, 722). Reagiert ein Steuerpflichtiger auf eine Verlustperiode, indem er erhebliche Umstrukturierungsmaßnahmen vornimmt, beginnt eine neue Anlaufphase. Die Tätigkeit in W war mit der in X qualitativ nicht vergleichbar, da die Klägerin in X kein von der Wohnung getrenntes Atelier eingerichtet hatte. Aufgrund dieser grundlegend veränderten Situation und der erkennbaren Bemühungen der Klägerin im Streitjahr, ihre Tätigkeit umzustrukturieren und ihre Absatzchancen durch die Einrichtung eines Ateliers zu erhöhen, begann für die Klägerin ab dem Jahr 1991 eine erneute Anlaufphase. Innerhalb dieser schiede eine Anerkennung von Verlusten nur aus, wenn die Klägerin von vornherein nicht in der Lage gewesen wäre, nachhaltig Gewinne zu erzielen. Gerade bei Künstlern lassen sich positive Einkünfte vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen (BFH-Urteil vom 23. Mai 1985, IV R 84/82, BStBl II 1985, 515). Deshalb ist selbst aus der Tatsache einer über mehrere Jahre anhaltenden Verlusterzielung nicht stets zu schließen, es fehle von vornherein an einer Gewinnerzielungsabsicht. 3. Die Feststellung, dass die Klägerin die verlustbringende Tätigkeit nur aus in dem Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt und daher eine nachhaltige Gewinnerzielung ausgeschlossen war, ist für das Streitjahr nicht möglich. Zwar spricht mangels einer Tätigkeit der Klägerin in einem klassischem Gewerbe nicht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht tätig war (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1996, III R 49/95, BFH/NV 1996, 812). Bei längeren Verlustperioden muss wenn eine Tätigkeit als Liebhaberei qualifiziert werden soll aus weiteren Anzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus in dem Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (BFH-Urteil vom 2. Juni 1999, X R 149/95, BFH/NV 2000, 23; BFH-Urteil vom 23. August 2000, X R 106/97, BFH/NV 2001, 160; BFH-Urteil vom 06.03.2003, XI R 46/01, FG Köln, Urteil vom 29.01.2002, 6 K 1849/97, EFG 2002, 680). In die gebotene Gesamtwürdigung sind weitere Gesichtspunkte wie (vgl. die Aufzählung im BFH-Urteil vom 06.03.2003, XI R 46/01) die Art der künstlerischen Berufsausbildung (dazu a), ob die künstlerische Tätigkeit als alleinige Existenzgrundlage (dazu b), der Steuerpflichtige in der einschlägigen Literatur erwähnt wird (dazu b), das Erzielen gelegentlicher Überschüsse (dazu c), das Vorhandensein besonderer betrieblicher Einrichtungen (z.b. Atelier, dazu d) sowie das Schaffen von verkaufbaren Werken, die für die erwerbswirtschaftliche Verwertung bestimmt sind (dazu e). a) Die Art der künstlerischen Berufsausbildung spricht vorliegend zugunsten einer Tätigkeit in Gewinnerzielungsabsicht. Die Klägerin erlangte bereits 1975 einen Abschluss als Dipl. Designerin und erhielt in Würdigung ihrer Studienleistung von der Gesamthochschule E einen Preis über 600 DM. - 6 -

b) Zwar stellte die künstlerische Betätigung nicht die alleinige Existenzgrundlage der Klägerin dar. Ihr Ehemann erzielte im Streitjahr und in den Vorjahren Einnahmen in Höhe von ca. 98.000-105.000 DM, die sich in den Folgejahren noch steigerten. Allein die Möglichkeit der Verrechnung mit anderen positiven Einkünften lässt indes nicht den Schluss auf in dem Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen zu (BFH- Urteil vom 22.04.1988, XI R 10/97). Auch steht einer Anerkennung der Verluste in der Anlaufphase noch nicht entgegen, dass die Klägerin keine Artikel in einschlägigen Fachzeitschriften genannt hat, in denen sie zitiert ist. Sie kann immerhin auf eine nicht unerhebliche Anzahl von Berichten in der Tagespresse verweisen, in denen über ihre jeweiligen Ausstellungen berichtet wurde. Die Anzahl der Ausstellungen, an der die Klägerin teilgenommen hat, ist zwar nicht erheblich. Andererseits lässt dieser Umstand jedenfalls in der Anlaufphase nicht den Schluss zu, die Klägerin habe die verlustbringende Tätigkeit ausschließlich aus in dem Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt, da sie immerhin bis zum Jahre 1994 in der eigenen Galerie ausgestellt hat. c) Die Klägerin hat zwar erst in 2 Jahren, nämlich 1994 und 1998 Gewinne erzielt. Der in der neuen Anlaufphase (ab 1991) aufgelaufene Verlust war indes mit ca. 114.000 DM in den Jahren 1991 bis 1995 noch nicht so hoch, das ein Ausgleich durch Gewinne bei zukünftig gut laufenden Geschäften aus der Sicht zu Beginn der Tätigkeit nicht noch möglich erschienen wäre. Dies deutet ansatzweise die von der Klägerin selbst vorgenommen Bewertung ihrer Kunstwerke an, wobei diese allerdings auch aufgrund der geringen Anzahl der Verkäufe durch die Klägerin lediglich als grober Anhaltspunkt zugrundegelegt werden kann und die Höhe der Bewertung der einzelnen Kunstwerke mit über 100.000 DM oder sogar 189.000 Euro zweifelhaft erscheint. d) Die Klägerin hat sich darüber hinaus im Jahre 1991 nach dem Umzug nach W erneut ein Atelier eingerichtet, nachdem sie ihr erstes Atelier schon nach nur wenigen Monaten aufgrund des familiär bedingten Umzuges aufgeben musste. Das Atelier spricht als spezifische betriebliche Einrichtung für das Tätigwerden in Gewinnerzielungsabsicht. Überdies war dem Atelier sogar für Ausstellungszwecke eine Galerie angegliedert, das dem Verkauf ihrer Werke diente. Dem kann jedenfalls für das Streitjahr nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin, obwohl sie nach eigenem Vortrag für eine effiziente Tätigkeit auf ein Atelier angewiesen war, ca. 3 Jahre dazu benötigt hat, ein Atelier nach ihrem Umzug nach W zu beziehen. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass es ihr aufgrund der ungünstigen Angebotssituation nicht gelang, trotz Einschaltung einiger Maklern schon früher ein nach Größe, Ausstattung und Lage passendes Atelier zu finden. e) Schließlich hat die Klägerin, wie ihre Einnahmen ab 1992 zeigen, jedenfalls zum Teil Werke geschaffen, die für die erwerbswirtschaftliche Verwertung bestimmt sind. Allerdings dürfte aufgrund der insgesamt geringen Anzahl der Verkäufe und Teilnahme an Ausstellungen das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht nach Ablauf einer erneuten Anlaufphase, die ab dem Streitjahr begann, zweifelhaft sein. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 151 Abs. 3 FGO i.v.m. 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.