16.03.2012 Steuerhinterziehung von Daniel Schönwitz Wer sein geheimes Vermögen aus der Schweiz oder Luxemburg zurückholt, lebt gefährlich. Das belegt die Jahresstatistik des Zolls, die Finanzminister Wolfgang Schäuble heute stolz präsentiert hat. Der Geldkoffer für den Schwarzgeld-Schmuggel kommt vor, ist aber die Ausnahme Deutschlands Steuerhinterzieher sind weiterhin hochgradig nervös: Auch im vergangenen Jahr haben sie reihenweise versucht, ihr Schwarzgeld aus Steueroasen wie der Schweiz und Luxemburg zurück in die Heimat zu schmuggeln. Das belegt die aktuelle Zollstatistik, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am heutigen Freitag in Berlin präsentiert hat. Demnach haben Zollbeamte 2011 Bußgeldbescheide gegen 2295 Personen verhängt, die Bargeldsummen von mehr als 10.000 Euro im Gepäck hatten und dies trotz Nachfrage nicht meldeten. Damit übertrafen die Zöllner sogar das 2010er-Ergebnis von 2282 Bußgeldbescheiden. Die Zahl der Bargeldfunde lag somit weiter auf sehr hohem Niveau. Zum Vergleich: 2009 wurden lediglich 1860 Bußgelder verhängt, 2008 sogar nur 699.
"Haben Sie Bargeld dabei?" Zöllner kontrollieren stichprobenartig, ob Reisende hohe Bargeldsummen im Gepäck haben. Die Kontrollen können direkt am Grenzübergang stattfinden, aber auch durch mobile Einsatztrupps, die einige Kilometer im Landesinneren lauern. Wer mehr als 10.000 Euro dabei hat, muss dies den Zöllnern mitteilen. Wenn Reisende schweigen und die Ermittler trotzdem hohe Summen finden, informieren sie per Kontrollmitteilung das Finanzamt des Betroffenen. Quelle: Hauptzollamt Ulm Die Summe des Schwarzgeldes, die die Fahnder insgesamt entdeckten, wird leider nicht veröffentlicht. Allerdings teilte das Bundesfinanzministerium mit, dass sie neben Bargeld auch Kontoauszüge und andere Unterlagen aufspürten, die auf ein Auslandsvermögen von 769 Millionen Euro hindeuten. Geldwäsche GELDWÄSCHEVERDACHT BEIM LUXUSKAUF Die Bundesregierung verschärft den Kampf gegen Geldwäsche, um Terrorismus und organisierter Kriminalität den Geldhahn abzudrehen. Verkäufer hochwertiger Produkte macht sie zu Hilfssheriffs. Anleger räumen Schweizer Konten Besonders erfolgreich waren die Zöllner an der Schweizer Grenze. Wir haben 2011 ein sehr gutes Ergebnis erzielt, sagt Hagen Kohlmann vom Hauptzollamt Ulm, in dessen Bezirk eine der beliebtesten Schmuggelrouten für Bargeld liegt: das Dreiländereck Deutschland-Schweiz-Österreich rund ums idyllische Lindau am Bodensee. Allein in dieser Region, berichtet Kohlmann, hätten Zollbeamte im vergangenen Jahr drei Millionen Euro Bargeld entdeckt ein Plus von zehn Prozent gegenüber 2010. Kontrollen jenseits der Grenzen nehmen zu
Zollfahnder werden auf der Suche nach Schwarzgeld vor allem an der Grenze zur Schweiz fündig Der Grund für den regen Schmuggel ist das gestiegene Entdeckungsrisiko. Zahlreiche Anleger fürchten, dass bald die nächste CD mit Kundendaten einer Schweizer Bank auftaucht auf der dann ihr Name steht. Darüber hinaus verhandeln Deutschland und die Schweiz über ein Steuerabkommen, das eine pauschale Strafsteuer auf Schwarzgeld vorsieht. Die von Finanzminister Schäuble ausgehandelten Konditionen reichten den Finanzministern der SPD-geführten Bundesländer allerdings nicht; in den kommenden Wochen soll deshalb eine weitere Verhandlungsrunde starten. Doch wer versucht, sein geheimes Vermögen in die Heimat zu holen, bevor die Strafsteuer zuschlägt, muss mit immer strengeren Kontrollen rechnen. Die Zollbeamten lauern längst nicht mehr nur an Autobahnen und Landstraßen in Grenznähe, sondern kontrollieren auch den Bootsverkehr auf dem Bodensee und Züge vor allem den sogenannten Schwarzgeld- Express, den EC 197 zwischen München und Zürich. Bei Kontrollen in Zügen waren wir zuletzt besonders erfolgreich, sagt Kohlmann. Immer wieder seien dort gut situierte Mitbürger mit hohen Bargeldsummen im Gepäck anzutreffen. 200.000 Euro Hüftgold Am 16. November beispielsweise entdeckten Zollbeamte auf Höhe des Bahnhofs Lindau 200.000 Euro bei einem 53-Jährigen aus Norddeutschland. Der Mann, der mit seinem 81-jährigen Vater unterwegs war, hatte das Geld in zwei Hüftaschen unter der Kleidung versteckt. Trotz mehrfacher Nachfrage hatte er geleugnet, Bargeld mitzuführen.
Nach dem alljährlichen Report des Schweizer Magazins Bilanz scheinen die Schuldenkrise und damit verbundene Verluste die reichsten der Reichen kaum berührt zu haben. Laut Schätzungen beträgt das Vermögen der 300 Reichsten in der Schweiz etwa 481 Milliarden Franken und erreicht damit den zweithöchsten Vermögensstand seit 23 Jahren. Unter den Superreichen der Alpenrepublik finden sich auch viele deutsche Unternehmer - eine Übersicht... Die Rechtslage in solchen Fällen ist eindeutig: Wer mehr als 10.000 Euro Bargeld im Gepäck hat, muss das dem Zoll melden. Bei der Einreise aus der Schweiz ist Eigeninitiative Pflicht, wer dagegen aus EU-Staaten wie Luxemburg kommt, muss das Geld nur auf Nachfrage melden. Als Bargeld gelten dabei auch konvertible Werte wie etwa Reiseschecks oder Goldmünzen. Bei Verstößen gegen die Meldepflicht setzen die Zöllner ein Bußgeld fest, das in der Regel zwischen zehn und 25 Prozent der entdeckten Summe liegt. Viel dramatischer für die Betroffenen: Gleichzeitig schreiben die Ermittler eine Kontrollmitteilung ans Finanzamt des Ertappten wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Dort prüfen die Beamten dann, ob der Betroffene in den vergangenen Jahren Kapitaleinkünfte aus der Schweiz in der Steuererklärung angegeben hat, was in aller Regel nicht der Fall ist. Fax an das Finanzamt noch am gleichen Abend
Fliegen Schwarzgeld-Schmuggler auf, wird das zuständige Finanzamt umgehend informiert Zahlreiche Griechen geschnappt Für Reisende beginnt nach der Zollkontrolle deshalb meist ein nervenaufreibender Wettlauf gegen die Zeit. Denn nur, wenn sie eine Selbstanzeige abgeben, bevor die Kontrollmitteilung beim Finanzamt eintrifft, können sie eine empfindliche Strafe wegen Steuerhinterziehung vermeiden. Wer aus Norddeutschland kommt, hat dafür meist ein paar Tage Zeit für süddeutsche Steuersünder tickt die Uhr dagegen schneller. Zu einigen Finanzämter im Süden haben wir einen direkten Draht, berichtet ein Zöllner, der an der Schweizer Grenze aktiv ist. Bisweilen faxen wir die Kontrollmitteilungen dann noch am selben Abend rüber. Sobald das Fax eingetroffen ist, gilt die Tat als entdeckt, wodurch eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich ist. Für Finanzbeamte sind die Zöllner also zunehmend wichtige Lieferanten. Und nicht nur deutsche Steuerfahnder profitieren: Wenn die Kontrolleure einen Ausländer mit hohen Bargeldsummen erwischen, informieren sie die Behörden in seiner Heimat. Im vergangenen Jahr leisteten sie auf diese Weise auch einen Beitrag zur Lösung der griechischen Schuldenkrise. Wir haben auffällig viele griechische Staatsbürger geschnappt, die ihr Vermögen aus der Schweiz rausschaffen wollten, berichtet ein Zöllner. Guter Start ins neue Jahr Es sieht nicht so aus, als würde der Bargeldschmuggel abebben: Vor wenigen Tagen erwischten Bargeldkontrolleure am Grenzübergang Bietingen fünf Deutsche mit insgesamt 230 000 Euro Bargeld. Anfang Februar entdeckten Lindauer Zöllner während einer konzertierten Kontrollaktion immerhin 125.000 Euro Bargeld. Zudem fanden sie bei 14 Personen Kontounterlagen oder andere Hinweise auf Auslandsvermögen in Höhe von sechs Millionen Euro.