Krankheit Störung des körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens



Ähnliche Dokumente
!!! Folgeerkrankungen

Übersicht Verständnisfragen

SEMINARREIHE MEDIZINETHIK

Kosten und Nutzen im Visier Was ist uns die Gesundheit wert? 26. Februar 2008

Praxistage Gesundheitsversicherung statt Krankenkasse - Ist der Weg das Ziel? Ein Plus für UnternehmerInnen

» Ihre Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt» Alle Fachdisziplinen in einem Haus» Medizinische Diagnostik & Therapie wissenschaftlich fundiert

INFORMATIONEN FÜR TYP-2-DIABETIKER. Warum der HbA 1c -Wert für Sie als Typ-2-Diabetiker so wichtig ist!

Psychosen. By Kevin und Oliver

Osteoporose. Ein echtes Volksleiden. Schon jetzt zählen die Osteoporose und die damit verbundene erhöhte Brüchigkeit der Knochen

Pflegefall wer bezahlt, wenn es ernst wird?

Der Anspruch an eine ethische Nutzen- und Kostenbewertung

Die zentralen Trends im Gesundheitswesen

Lebenserwartung nach Sterbetafel 2003/2005

Medizinische Rehabilitation bei Epilepsie

Die unterschätzte Bedrohung: Öffentliche Wahrnehmung zur Fettleibigkeit in Europa

Anamnesebogen. Dr. Jochen Terwelp. Liebe Patientin, lieber Patient,

Was sind die Gründe, warum die Frau, der Mann, das Paar die Beratungsstelle aufsucht?

LÄNGER LEBEN BEI GUTER GESUNDHEIT

10 Antworten zum Thema Generika

Lehrer-Umfrage "LRS / Legasthenie" im deutschsprachigen Raum LegaKids 2010

KOPIE. Diabetes in Kürze. «Schritt um Schritt zu mehr Gesundheit!»

1.015 Personen, die diesen Sommer schon Urlaub hatten Erhebungszeitraum: 12. bis 15. August 2014 statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte

Das Thema dieses Kapitels ist es, die Häufigkeit der Depression und ihre Bedeutung für die Gesellschaft und für das Gesundheitssystem zu

Genereller Nutzen körperlicher Aktivität im Alltag

Angst vor Krankheiten

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Informationen zusammen, damit Sie einen Entscheid treffen können.

Prinzip: Vorbeugen ist besser als Heilen. Ziel: Verhütung von Krankheit bzw. Erhaltung der Gesundheit.

Gesund bis zur Rente - Was sagen die Daten der GKV?

Fachtagung Wittlich Sucht und Elternschaft Brigitte Münzel, Fortbildung Supervision Coaching

Gründe für fehlende Vorsorgemaßnahmen gegen Krankheit

Vorsorge für den Pflegefall treffen.

10. Österreichische Gesundheitsförderungskonferenz Jugendbeteiligung im Aktionsplan für eine gesunde Umwelt für unsere Kinder - CEHAPE

BEZIRKLICHE GESUNDHEITSKONFERENZ Gesundheitliche Chancengleichheit für Alle. 9. Juni 2015

In unserem Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin bieten wir folgende Sonderleistungen an: Augenakupunktur

GESUNDHEITSZENTRUM TEUCHERN. Entdecken Sie Ihr Leben neu. Prävention Physiotherapie Fitness Ernährung Entspannungstraining Rehabilitation

Brustkrebs und Mammographie

in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom

Kostenrisiko Pflegefall

I. Allgemeine Angaben zur Person und zum Unternehmen

Patientensicherheit aus Patientensicht

Multimediales Adipositas-Trainingssystem

Palliative Care bei ältern Menschen. Memento mori. Krankheit, Leiden und der Tod, ein integraler Bestandteil des Lebens.

Kann man dem Diabetes davonlaufen?

Pflegende Angehörige Gemeinsam gute Versorgung sichern

Rauchfreies Krankenhaus Ein Gewinn für alle.

Gefährlich hohe Blutzuckerwerte

Frei atmen statt passiv rauchen. zum Gesundheitsgesetz. am 30. November 2008

Die Gesundheit von Frauen und. Frauen und Männern verschiedener Lebensaltersstufen? Einleitung. Ausgewählte Ergebnisse

Schuldenbarometer 1. Q. 2009

Vorsorge im Alter Was ist möglich? Oder Vorsorge für wen und wie?

Depression im Alter. Dr. med. Ch. Alber Dr. med. M. Hafner

Fernausbildung Fachberater/in für holistische Gesundheit. Modul 6

Behandlung von Diabetes

INSTITUT FÜR ERNÄHRUNGSMEDIZIN. Prof. Nanette Ströbele, PhD. Ernährungspsychologische. Aspekte bei der. Therapie von. Adipositas und.

Gesundheit im Alter geht das?

Ärztliche Versorgung im Ländlichen Raum

Diabetes mellitus : Folgeschäden

Diabetische Netzhauterkrankung

allensbacher berichte

Unaufmerksamkeit für eigene Risikofaktoren

Im Mittelpunkt steht der Mensch. Über die Naturheilpraxis von Katrin Gerhard. Wie sie denkt, arbeitet und warum.

Patienteninformation: Gentestung bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs (Basis-Information):

Textiltechnologische Innovationen im Bereich adaptierter Kleidung für Menschen mit Handicap

Mehr Bewegung im Alltag

Bis zu 20% aller Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens an Depression. Damit ist Depression eine der häufigsten seelischen Erkrankungen.

Experten-Statement. Prof. Dr. med. Frank Jessen

Labortests für Ihre Gesundheit. Suchtests bei Schwangeren und Neugeborenen 25

Gibt es einen Mickey Mantle Effekt?

Labortests für Ihre Gesundheit. Blutzucker- und Cholesterintests 11

WILLKOMMEN BEI LYSOSUISSE

Recovery. Chronische Erkrankungen überwinden!

Wege aus Krise und Hoffnungslosigkeit

Social Media Einsatz in saarländischen Unternehmen. Ergebnisse einer Umfrage im Mai 2014

Kritische Lebensereignisse und Gesundheit im Alter

Pflegewissenschaftliche Aspekte bei Familien mit chronisch kranken Kindern

IN FORM. Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung

Projektsteuerung Projekte effizient steuern. Welche Steuerungsinstrumente werden eingesetzt?

Alpine Wildlife Tuberkulose bei Wildtieren im Alpenraum. Mathias Büttner, LGL Bayern Halbzeitkonferenz Bioökonomie,

Stadt Ingolstadt Statistik und Stadtforschung. Pflege in Ingolstadt. Strukturen, Entwicklung 1999 bis 2013 und Prognose 2014 bis 2034

Fragebogen zur Erhebung der Situation altgewordener psychisch erkrankter Menschen in den Angeboten der Sozialpsychiatrie in Mecklenburg-Vorpommern

Alleinerziehende arm und krank? Prof. Dr. Angela Gosch & Prof. Dr. Christian Janßen, Hochschule München 9. Juli 2013, München

Gemeinsame Informationen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zur Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen

Überlegungen und Daten zum Herzkreislaufstillstand/der Reanimation in der Geriatrie Martin Frossard Universitätsklinik für Notfallmedizin

Profil A 49,3 48,2 50,7 50,9 49,8 48,7 49,6 50,1 Profil B 51,8 49,6 53,2 51,1 51,1 53,4 50, ,5 51,7 48,8

Perspektive Großkonzern - Organisationen im Umbruch -

Dr.med. Tom Vogel Klassische Homöopathie

Workshop Nr. 7. Demografischer Wandel - Anforderungen und Chancen an die Selbsthilfe

Technische Universität München. Patienteninformationstag Prostatakrebs. TU München. P. Herschbach Roman-Herzog-Krebszentrum München

Zukunft Gesundheit 2013 Jungen Bundesbürgern auf den Puls gefühlt

Sehkraft als Gesundheitspriorität. Lebenslang gut sehen

Welchen Nutzen haben Risikoanalysen für Privatanleger?

WAS TUN BEI ANGST & DEPRESSION? von. Hans Kottke

ratgeber Immer mehr Druck im Arbeitsleben? Ein Ratgeber für Beschäftigte

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Übungsbuch für den Grundkurs mit Tipps und Lösungen: Analysis

Compliance: Drei Mal täglich nach dem Essen?

Pressemitteilung. Bluthochdruck Daten & Fakten* Häufigkeit

Transkript:

Globaler Wandel Krankheiten aufgrund von Lebensstil, Umweltveränderungen und gesellschaftlichem Wandel Prof. Dr. Wolfgang Wurst Was ist Krankheit? Körper Geist Seele Krankheit Störung des körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens

Wie wird Krankheitslast gemessen? Gesundes Leben Leben mit gesundheitlichen Einschränkungen früher Tod Lebens erwartung YLD YLL YLD = Jahre mit gesundheitlicher Einschränkung (Years lived with Disability) YLL = verlorene Lebensjahre aufgrund von frühem Tod (Years of Life Lost) Addition beider Parameter DALYs (Disability Adjusted Life Years) = YLD + YLL 10 Krankheiten mit der höchsten Krankheitslast (DALYs) In den Entwicklungs ländern Übertragbare Krankheiten Nicht übertragbare Krankeiten Verletzungen RANG 1990 Atemwegsinfektionen Durchfallerkrankungen Vorgeburtliche Komplikationen COPD Malaria Schlaganfall Fehlernährung Tuberkulose Neugeborenen Enzephalitis Ischämische Herzerkrankungen Verkehrsunfälle Rückenschmerzen HIV/AIDS RANG 2020 Atemwegsinfektionen Durchfallerkrankungen Ischämische Herzerkrankungen Malaria Schlaganfall HIV/AIDS Vorgeburtliche Komplikationen Verkehrsunfälle COPD Rückenschmerzen Neugeborenen Enzephalitis Tuberkulose Fehlernährung

10 Krankheiten mit der höchsten Krankheitslast (DALYs) In den Industrieländern Übertragbare Krankheiten Nicht übertragbare Krankeiten Verletzungen RANG 1990 Ischämische Herzerkrankungen Schlaganfall Rückenschmerzen Verkehrsunfälle Lungenkrebs Depression COPD Selbstverletzung Muskuloskeletale Erkrankung Diabetes Stürze RANG 2020 Ischämische Herzerkrankungen Schlaganfall Rückenschmerzen Depression Lungenkrebs COPD Muskuloskeletale Erkrankung Verkehrsunfälle Diabetes Stürze Selbstverletzung Krankheitslast ist abhängig von regionalen Gegebenheiten WARUM? Was beeinflusst die Entstehung von Krankheit? Umwelt Genetik Gesundheit Lebensstil Altern

Was beeinflusst die Entstehung von Krankheit? Umwelt Globaler Wandel Genetik Lebensstil Altern Globalisierung Klima Urbanisierung Lebensstil Demographie Urbanisierung Zunahme der Agglomerationen Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/file:agglo19502050.png

Urbanisierung: Profil der Partikelkonzentration (Feinstaub) in einer Stadt PM Konzentration Kilometer Modifiziert nach Leschow et al., 2001 Urbanisierung: Welche Komponenent im Feinstaub sind gefährlich?

Urbanisierung: Feinstaub Konzentrationen in München Morgenstern et al. AJRCCM 2008 Urbanisierung: Verkehrsabhängige Luftschadstoffe und Allergie im Alter von 6 Jahren in München 2,0 aor 1,5 1,0 0,5 Asthma Heuschnupfen Hayfever Eczema Ekzeme PM 2.5 Russ NO 2 Morgenstern et al. AJRCCM 2008

Urbanisierung: Verbesserung der Luftqualität in München Urbanisierung: Verringerung der Lebenserwartung in Monaten aufgrund von Feinstaubbelastung 2000 2020 Szenario für 2020 ausgehend von der Einhaltung der derzeitigen EU Regulierung Abschätzung der EU, 2005

Lebensstil: Essverhalten: z.b. Zunahme des Fleischverzehrs Lebensstil: Lebensstil: Geographische Verteilung des Fleischverzehrs Prävalenz von Diabetes (Typ 2)

Lebensstil: Sozio ökonomische Einflüsse 9,2% (DO GS) 7,1% (HNR) 10,8% (SHIP) 11,8% (CARLA) Diabetesprävalenz in Deutschland (Schipf et al., 2012) Diab-Core-studie: Kombination von deutschen Regionalstudien Prävalenz: 8,2% Daten von 15.071 Personen 5,7% (KORA) Maier et al., 2013 Lebensstil: Sozio ökonomische Einflüsse 9,2% (DO GS) 7,1% (HNR) 5,7% (KORA) 10,8% (SHIP) 11,8% (CARLA) Deprivationsindizes in Deutschland Einkommensdeprivation (25%) Beschäftigungsdeprivation (25%) Bildungsdeprivation (15%) Kommunale Einnahmensdeprivation (15%) Sozialkapitaldeprivation (10%) Umweltdeprivation (5%) Sicherheitsdeprivation (5%) Niedrigster Deprivationsindex Höchster Deprivationsindex Maier et al., 2013

Weitere Faktoren, welche Einfluss auf die Entstehung von Diabetes haben Genetik! Muehlenbruch et al. in preparation, Schulze MB 2007 Genetik: Mehr als 50 Genorte für Altersdiabetes identifiziert MNTR1B KCNQ1 ADCY5 PROX1 IRS1 GCK GCKR DGKB/TMTM195 GIPR DIAGRAM +12 (submitted) Morris et al. Nat Gen 2012

Alter: Unsere Gesellschaft wird älter Alter: Mit steigendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit krank zu werden

Alter: Zunahme der altersbedingten Erkrankungen in % 2007 auf 2050 Quelle: IGSF Studie "Morbiditätsprognose 2050 Ausgewählte Krankheiten für Deutschland" Alter: Das Problem der Multimorbidität Quelle: Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes (2009: Statistisches Bundesamt; Gesellschaft für Altersfragen, Robert Koch Institut)

Multimorbidität ist abhängig vom sozio ökonomischen Status jedoch nicht mehr im hohen Alter Sozio ökonomischer Status Patienten mit Multimorbidität (%) Altersgruppe Barnett et al., 2012; The Lancet Multimorbidität: Neurologische und psychiatrische Erkrankungen weisen die meisten Ko morbiditäten auf Patienten mit dieser Erkrankung Koronare Herzerkrankung Diabetes COPD Krebs Patienten, die auch diese Erkrankung haben (%) Barnett et al., 2012; The Lancet

Multimorbidität: Depression als zusätzlicher Risikofaktor für Herzerkrankung Hazard Ratio Diabetes Depression Rauchen Bluthochdruck Adipositas Cholesterinwerte Attributables Risiko in % Beitrag der Depression zur fatalen Herzerkrankung in Abhängigkeit des sozio ökonomischen Status 1,00 Kumulative Überlebenswahrscheinlichkeit Kum. Überleben 0,95 0,90 0,85 0,80 Hohes Gehalt Nicht depressiv Mittleres Gehalt Nicht depressiv Niedriges Gehalt Nicht depressiv Sehr niedriges Gehalt Nicht depressiv Hohes Gehalt Depressiv Mittleres Gehalt Depressiv Niedriges Gehalt Depressiv Sehr niedriges Gehalt Depressiv 0,75 0,00 5,00 10,00 15,00 Jahre nach Studienbeginn jtimen 20,00 Ladwig, K. H., 2013

Beitrag der Depression zur Herzerkrankung in Abhängigkeit der Fettleibigkeit Kumulative Wahrscheinlichkeit herzerkrankungsfei zu sein Normalgewicht Nicht Depressiv Adipös Nicht Depressiv Normalgewicht Depressiv Adipös Depressiv Jahre nach Studienbeginn Ladwig, K. H., 2013 Zentrale biologische Verursachungswege zwischen seelischer Gesundheit und Herzerkrankungen Andauernde Stressbedingungen (z.b. Depression / Alltagsstress) Autonomes Nervensystem Endokrines System Enzündungsprozesse

Krankheiten werden durch sehr komplexe Interaktionen ausgelöst das Konzept des Exposoms Generelle Externe Einflussfaktoren Soziale Faktoren Stress Urbanisierung Klima. Wie untersuchen? Wild C P Int. J. Epidemiol. 2012;41:24 32 Veränderung nur einer Variablen Nutzen der genetischen Tiermodelle Basis für Entwicklung neuer Therapien: Neue Medikamente Lebensstiländerung Verringerung schädlicher Expositionen

Sind wir dem globalen Wandel hilflos ausgeliefert? Globaler Wandel Umwelt Klimaschutz Grenzwerte Grüne Architektur Lebensstil Gesundes Altern Genetik Gesundheit Lebensstil Altern DANK Prof. Dr. Annette Peters Prof. Dr. Karl Heinz Ladwig Prof. Dr. Martin Hrabé deangelis