Sind Affiliates von Partnerprogrammen Handelsvertreter?



Ähnliche Dokumente
Das Frachtgeschäft; wichtige Normen

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Die Gesellschaftsformen

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

Privatrecht I. Jur. Assessorin Christine Meier. Übung Privatrecht I

Geld Verdienen im Internet leicht gemacht

Geld verdienen als Affiliate

BUCHHALTUNG BUCHFÜHRUNG WO IST ER EIGENTLICH? - DER UNTERSCHIED?

Lösung Fall 8 Anspruch des L auf Lieferung von Panini á 2,-

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Herzlich Willkommen beim Webinar: Was verkaufen wir eigentlich?

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

e-book Rechtsanwaltskanzlei Knoop

Rechtssichere b2b-shops

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Leichte-Sprache-Bilder

B2B- und B2C-Shop. Die Trennung von B2B- und B2C-Shops. Rechtliche Anforderungen an den Aufbau. Warum ist die Unterscheidung so wichtig?

Inhalt. Basiswissen Gesellschaftsrecht. I. Grundlagen 7

Bestandskauf und Datenschutz?

Lagoja. Der Schlüssel zum Erfolg Ihres Online-Shops AFFILIATE-MARKETING. Neue Wege für Ihren Online-Shop

DER SELBST-CHECK FÜR IHR PROJEKT

Qualität und Verlässlichkeit Das verstehen die Deutschen unter Geschäftsmoral!

Anmeldung zu unserem Affiliate-Programm bei Affilinet

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Änderung des IFRS 2 Anteilsbasierte Vergütung

Dow Jones am im 1-min Chat

Gründung Personengesellschaft

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Pflegende Angehörige Online Ihre Plattform im Internet

Leitfaden zur ersten Nutzung der R FOM Portable-Version für Windows (Version 1.0)

Jeunesse Autopiloten

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

Das Markenrecht Das Markengesetz schützt Marken und geschäftliche Bezeichnungen gegen Benutzung durch Dritte.

Das Persönliche Budget in verständlicher Sprache

Einfügen von Bildern innerhalb eines Beitrages

Der 67 Euro Report zeigt Ihnen, wie Sie Sofort 67 im Internet verdienen!

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

Anmeldung zu unserem Affiliate-Programm bei Zanox

Christina Klein. So reagieren Sie auf eine Abmahnung. interna. Ihr persönlicher Experte

Leitfaden Online Shopping 1. Gastgeberinnen-Portal und Online-Einladungen 2. Online Plus 3. Klassisches Online Shopping (Einzelbestellung)

Fall 3. Ausgangsfall:

White Paper Button-Lösung

SUCHMASCHINENOPTIMIERUNG FÜR DEN INTERNETAUFTRITT

Fachbericht zum Thema: Anforderungen an ein Datenbanksystem

Das große ElterngeldPlus 1x1. Alles über das ElterngeldPlus. Wer kann ElterngeldPlus beantragen? ElterngeldPlus verstehen ein paar einleitende Fakten

FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

Leitbild. für Jedermensch in leicht verständlicher Sprache

icloud nicht neu, aber doch irgendwie anders

Kann K von V die Übertragung des Eigentums am Grundstück verlangen?

Anlegen eines DLRG Accounts

Inhalt 1. Was wird gefördert? Bausparverträge

Nettopolicen - Honorarberatung - quo vadis?

Was ich als Bürgermeister für Lübbecke tun möchte

Diese Beschreibung von Hans Möller, die sich auf den Berufsstand der Versicherungsvermittler. zu den Parteien des Versicherungsvertrages betroffen.

Lassen Sie sich dieses sensationelle Projekt Schritt für Schritt erklären:

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

FAQ Spielvorbereitung Startspieler: Wer ist Startspieler?

impact ordering Info Produktkonfigurator

Korrigenda Handbuch der Bewertung

Leseprobe - Seite 5 - Kapitel 5 Fragetechniken - Einfürung

Selbstständig als Immobilienmakler interna

BEI LIEFERUNGEN ZWISCHEN DEUTSCHLAND UND CHINA

AZK 1- Freistil. Der Dialog "Arbeitszeitkonten" Grundsätzliches zum Dialog "Arbeitszeitkonten"

Informationen zur Erstellung des Projektantrags in den IT-Berufen und zum AbschlussPrüfungOnlineSystem (CIC-APrOS)

Studieren- Erklärungen und Tipps

Einkaufen im Internet. Lektion 5 in Themen neu 3, nach Übung 10. Benutzen Sie die Homepage von:

1 Geltungsbereich, Begriffsbestimmungen

Auswirkungen der Güterstände auf das Erbrecht eingetragener Lebenspartner

Wichtige Forderungen für ein Bundes-Teilhabe-Gesetz

Die JOB-Vermittlung der Agentur für Arbeit. Informationen für Arbeitnehmer. Geringfügige und kurzfristige Jobs

Zahlenwinkel: Forscherkarte 1. alleine. Zahlenwinkel: Forschertipp 1

In diesem Tutorial lernen Sie, wie Sie einen Termin erfassen und verschiedene Einstellungen zu einem Termin vornehmen können.

Die Industrie- und Handelskammer arbeitet dafür, dass Menschen überall mit machen können

Ihr Weg in die Suchmaschinen

Nr. 12-1/Dezember 2005-Januar A 12041

2.1 Erstellung einer Gutschrift über den vollen Rechnungsbetrag

Informationen in Leichter Sprache

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Befristung Inkrafttreten des TzBfG BeschFG Abs. 1; TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2

Einkaufsführer Hausverwaltung Was Sie bei Suche und Auswahl Ihres passenden Verwalters beachten sollten

Anleitung OpenCms 8 Webformular Auswertung

Ihren Kundendienst effektiver machen

SEO Erfolg mit themenrelevanten Links

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Benutzerhandbuch. Leitfaden zur Benutzung der Anwendung für sicheren Dateitransfer.

STEUERLICHE BEHANDLUNG VON VEREINSFESTEN

Im Internet Geld verdienen durch Affiliate

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

e-book Garantie und Gewährleistung bei Insolvenz eines Automobilherstellers Autor: Dr. jur. Götz Knoop

Affiliate-Marketing für Shop-Betreiber. Erfolg durch Performance-Marketing

BERECHNUNG DER FRIST ZUR STELLUNGNAHME DES BETRIEBSRATES BEI KÜNDIGUNG

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Urlaubsregel in David

VERERBEN IN ZWEI STUFEN

Vertical-Spreads Iron Condor Erfolgsaussichten

Briefing-Leitfaden. 1. Hier geht s um Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung: Was soll beworben werden?

Transkript:

RA DR. MARTIN BAHR Sind Affiliates von Partnerprogrammen Handelsvertreter? aus der Reihe: Recht für Merchants und Affiliates - Teil I!"###

RA Dr. Martin Bahr Sind Affiliates von Partnerprogrammen Handelsvertreter? aus der Reihe: Recht für Merchants und Affiliates - Teil I 1. Einführung: Ein Partnerprogramm besteht aus einem Unternehmer (Merchant), der auf seiner Internetseite ein Produkt oder eine Dienstleistung anbietet, und einem Betreiber einer (anderen) Internetseite (Affiliate), der dieses Produkt bewirbt. Der Affiliate erhält für vermittelte Kunden, Bestellungen oder Umsätze eine vereinbarte Provision. Im Internet nutzen bereits namhafte Unternehmen wie die Deutsche Telekom AG, Karstadt, Sat 1 und Vodafone Partnerprogramme als Marketing-Instrument. Fraglich ist, ob der Affiliate eines Partnerprogramms Handelsvertreter ( 84 HGB) ist. So vertreten manche Industrie- und Handelskammern diesen Standpunkt. Eine Klärung dieses Problems ist insbesondere für wichtig, um zu bestimmen, welche Rechte und Pflichten (u.a. Steuern, Gewerbeordnung) die Vertragsparteien haben. Dabei ist zwischen drei verschiedenen Arten von Partnerprogrammen zu unterscheiden: Bei dem Modell "Pay per Click" vermittelt der Affiliate lediglich den Besuch eines Internet-Nutzers. Er platziert dazu auf seiner Webseite Elemente des Merchants, z.b. Graphiken und Texte, die auf dessen Produkte hinweisen, zusammen mit einem Link zur Internetseite des Merchants. Jede Benutzung dieses Links wird nach einer Pauschale (meist 0,05-0,15 ) vergütet. Weitere Vergütungsansprüche, z.b. für Vertragsabschlüsse, bestehen nicht.

"Pay per Sale" heißt das Verfahren, bei dem der Affiliate ausschließlich für abgeschlossene Geschäfte des Kunden, der den Link benutzt, vergütet wird. Die Provision wird entweder als Pauschale (meist 5-50 ) oder umsatzanteilig (3-10 %) berechnet. Über "Pay per Lead" wird der Affiliate für eine qualifizierte Aktion des vermittelten Interessenten, so z.b. die Teilnahme an einem Gewinnspiel oder die Anmeldung bei einem Internet-Dienst, bezahlt. Eine Kombination der Modelle wird auch verwendet; im folgenden sollen sie aber getrennt betrachtet werden. 2. Gesetzliche Regelung: Die 84 ff. HGB treffen bestimmte Regelungen für Handelsvertreter. Handelsvertreter ist laut Gesetz, wer "als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Merchant Geschäfte zu vermitteln oder in eigenem Namen abzuschließen". Selbständigkeit liegt somit vor, wenn die Arbeitszeit frei bestimmt werden und die Tätigkeit frei gestaltet werden kann. Ein Partnerprogramm verpflichtet den Affiliate normalerweise zum Einsatz der vom Merchant bereitgestellten Werbemittel. Laut ständiger Rechtsprechung beeinträchtigen Weisungen wie diese jedoch nicht die Selbständigkeit, da der Merchant ein berechtigtes Interesse an Mitwirkung bei seiner Präsentation hat. Die ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung sowie das unternehmerische Risiko sind ebenfalls Merkmale der Selbständigkeit. Bei der Beurteilung der Geschäftsvermittlung und des -abschlusses ist zunächst grundsätzlich zwischen den "Pay per Click"- und "Pay per Sale"-Programmen zu differenzieren. a.) "Pay per Click": Die Aufgabe eines Handelsvertreters besteht in der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften in fremdem Namen. Bei einem Partnerprogramm kommt lediglich der sog. Vermittlungsvertreter in betracht, da der Besucher von der Internetseite des Affiliates zu der des Merchants weitergeleitet wird und dort erst mögliche Geschäfte abschließt.

Den Affiliate trifft bei einem "Pay per Click"-Programm die Pflicht, einen Besucher auf die Internetseite des Merchants umzuleiten. Mit der Nutzung des Links durch den Besucher entsteht der Vergütungsanspruch. Ob es dort zum Vertragsabschluß mit dem Besucher kommt, ist unerheblich. Der Affiliate vermittelt hier also kein Geschäft und schließt auch kein solches im Namen des Merchants ab. Im Falle eines "Pay per Click"-Programms ist er also kein Handelsvertreter. b.) "Pay per Sale": Vermittlung eines Geschäfts ist eine auf Vertragsabschluß ausgerichtete Tätigkeit des Einwirkens aus den potentiellen Kunden, die den Abschluß vorbereitet und ermöglicht. Im Falle des "Pay per Sale" bewirbt der Affiliate die Produkte des Merchants auf seiner Webseite. Er stellt den Kontakt zwischen Merchant und interessiertem Besucher her, indem er diesen auf die betreffende Internetseite leitet. Er kann jedoch die "Bewegung" des potentiellen Kunden im Internet wenig beeinflussen: Ist der Besucher einmal über den Link zur Webseite des Merchants gelangt, so hat der Affiliate jegliche Möglichkeit der Einwirkung verloren. Der Besucher hat nun zwar die Möglichkeit, das eingangs beworbene Produkt zu erwerben, jedoch kann er genauso gut eine andere Webseite anwählen oder auf der Seite des Merchants ein anderes Produkt kaufen. Normalerweise befindet sich auf der Webseite des Affiliates nicht mehr als ein graphischer Link in Form eines Werbebanners. Es ist davon auszugehen, dass die Kaufentscheidung letztendlich nicht durch diese Graphik bewirkt, sondern erst durch die Bewerbung des Produktes auf der Internetseite des Merchants getroffen wird. Der Affiliate hat also lediglich den Kaufanreiz für den potentiellen Kunden geschaffen und ihm zum Händler verwiesen. Er agiert somit nur als Werbeträger. Seine Vermittlungstätigkeit ist nicht auf einen konkreten Vertragsschluss gerichtet. Er ist lediglich mit dem Kontaktaufbau zu Interessenten betraut. Der Affiliate eines üblichen Partnerprogramms ist daher nicht mit einer Vermittlungstätigkeit betraut und ist somit kein Handelsvertreter. c.) Sonderformen und "Pay Per Lead": Neben den grundsätzlichen Arten "Pay per Click" und "Pay per Sale" existieren auch andere Werbeformen, bei denen die Bewerbung der Produkte verstärkt auf der Webseite des Affiliates stattfindet. Vor allem Buchhändler setzen dieses Verfahren ein: Der Affiliate platziert auf seiner Webseite einen Link, der direkt in den Online-Shop des

Händlers zu einem bestimmten Produkt verweist. Oft wird diese "tiefe Verlinkung" auch auf Internetseiten eingesetzt, auf denen das Buch vorher rezensiert oder kommentiert wurde. Der Affiliate schafft also hier durch seine eigene Tätigkeit mehr als einen Kaufanreiz; er beeinflusst aktiv die Kaufentscheidung des Interessenten. Kommt es zu einer Bestellung, vermittelt er den Verkauf eines bestimmten Produkts. In diesem Falle sind, im Gegensatz zum reinen "Pay per Sale", verstärkt Eigenschaften des Handelsvertreters gegeben. Ähnlich ist der Fall gelagert, wenn der Affiliate über "Pay per Lead" einen Vertragsschluss vermittelt, so z.b. eine Anmeldung bei einem E-Mail-Anbieter. Auch hier zielt die Vereinbarung zwischen Affiliate und Merchant auf die Vermittlung eines konkreten Vertragsabschlusses ab. Die rechtliche Einordnung und Entscheidung, ob Handelsvertreterrecht anzuwenden ist, hängt vom Einzelfall ab und ist nach den tatsächlichen Verhältnissen und der vertraglichen Regelung zu beurteilen. Als Handelsvertreter wäre der Affiliate eines Partnerprogramms Kaufmann nach 1 I HGB. Das würde strenge Anforderungen an den gesamten Geschäftsbetrieb stellen. So werden an den Kaufmann und z.b. an seine schriftlichen Äußerungen erhöhte Sorgfaltsanforderungen gestellt. Außerdem gelten strengere Vorschriften für Buchführung und Bilanzierung. Auch hätte der Affiliate einen Ausgleichsanspruch nach 89 b HGB, was aber sicherlich weder der Merchant noch der Affiliate beabsichtigen. Insofern wäre es hier sehr praxisfern, einen Handelsvertreter anzunehmen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls doch ausnahmsweise einmal die Merkmale des Handelsvertreters vorliegen können.