Kontrollverben Gruppe II Zweites Plenum am 09. Juli 2013 Katharina Kleinert, Janine Schwarz, Olga Süss Experimentelle Psycholinguistik bei Professor Dr. Petra Schulz Institut für Psycholinguistik und Didaktik der deutschen Sprache im Sommersemester 2013
Fragestellung Gliederung Wissenschaftlicher Hintergrund Hypothese Experiment an Kontrollgruppe und Zielgruppe Aufbau (Methode, Items), Setting, Medien Auswertung Annahmen Fazit
Fragestellung Wird bei Infinitivkonstruktionen mit Kontrollverben Subjektkontrolle und Objektkontrolle verschiedenartig erkannt? Welchen Unterschied gibt es in der Interpretation von overtem und covertem Objekt in Subjekt- und Objektkonstruktionen?
Wissenschaftlicher Hintergrund Theta-Kriterium: Die thematische Rolle Agens wird im nicht-finitem Komplement verlangt PRO Die Interpretation von PRO wird von Subjekt oder Objekt im Matrixsatz kontrolliert. Objektkontrollsätze: Nicht overt realisierte Objekte im Matrixsatz haben eine arbiträre Interpretation von PROARB im Nebensatz.
Hypothese Nach dem Minimal Distance Principle müsste die Objektkontrolle von PRO naheliegender sein, als die Subjektkontrolle Sätze mit covertem Objekt müssten schwerer zu realisieren sein, als solche mit overtem Objekt.
Experimentdurchführung Zielgruppe Kinder im Alter von 5-9 Jahren. Gründe: mit dem Schuleintritt sind Infinitivkonstruktionen noch nicht vollständig erworben. (Schulz 2007: 73) Erst nach dem 9. Lebensjahr werden keine Fehler mehr in Kontrollkonstruktionen gemacht (Chomsky 1969: 113 & 120) 6 monolinguale, nicht sprachgestörte Jungen (1) und Mädchen (5) im Durchschnittsalter von 7;8 Jahren Kontrollgruppe Erwachsene im Alter von 18-50 Jahren. 6 monolinguale, nicht sprachgestörte Männer (3) und Frauen (3) im Durchschnittsalter von 25;9 Jahren Methode Act-Out-Tasks
Experimentdurchführung Design Abhängige Variable Richtige Zuweisung des Agens (1/0) Unabhängige Variable 2x2-Design Subjektkontrollverb overtes Objekt covertes Objekt Objektkontrollverb overtes Objekt covertes Objekt Insgesamt 4 Bedingungen; jeweils 4 Sätze pro Bedingung 16 10 Fillersätze Insgesamt 26 Testsätze
Items Experimentdurchführung Verwendete Subjektkontrollverben: versprechen & drohen Verwendete Objektkontrollverben: befehlen & bitten Within-Subject-Design Pseudo-Randomisierung
Experimentdurchführung Subjektkontrollverb mit overtem Objekt (SKV+ov. Obj.) Subjektkontrollverb mit covertem Objekt (SKV+ cov. Obj.) Objektkontrollverb mit overtem Objekt (OKV + ov. Obj.) Objektkontrollverb mit covertem Objekt (OKV + cov. Obj.) Filler Beispiele Der Hund verspricht dem Pferd, [PROPferd den Saft zu trinken]. Der Bär droht, [PROBär die Blumen zu essen]. Der Fuchs befiehlt dem Pferd, [PROPferd den Hundenapf zu holen]. Der Hund bittet, [PROARB die Blumen zu gießen] Das Pferd tanzt um die Blumen.
Setting Testung durch gesamte Gruppe Seminarraum Sitzordnung (Interagierende Testerin an Kopfende des Tisches; Proband auf linker Seite der interagierenden Testerin; dokumentierende Testerinnen gegenüber von Proband).
Experiment - Kontrollgruppe Stereotypisierte Einleitung für die Kontrollgruppe Wir freuen uns, dass Du Dich bereit erklärt hast, uns bei unserem Experiment zu unterstützen. Im Wesentlichen geht es hierbei um Textverständnis bei Kindern. Jedoch benötigt man bei dieser Art von Experiment eine so genannte Kontrollgruppe von Erwachsenen. Das heißt also, dass ich Dir jetzt gleich ein paar Gegenstände zeigen und dazu insgesamt 26 Sätze vorlesen werde. Deine Aufgabe wäre es, die Sätze anhand der Gegenstände nachzustellen. Es mag für Dich zwar ein wenig merkwürdig sein; aber da die Zielgruppe ja eigentlich Kinder sind, ist dieses Experiment auch auf kindliches Verstehen zugeschnitten. Lass Dich also nicht irritieren. Insgesamt wird das Experiment ca. 15 Min. dauern. Meine Kommilitoninnen hier werden als Beisitzerinnen fungieren, damit ich nichts vergesse. Keine Sorge, das dient nur der Lückenlosigkeit der Dokumentation. Zunächst bitte ich Dich, Dein Alter anzugeben. Danke! Das vermerke ich jetzt zusammen mit Deinem Geschlecht auf dem Dokumentationsbogen, auf welchem ich den Verlauf des Experiments dokumentieren werde. Auch meine Kommilitoninnen werden sich unabhängig von mir Notizen machen; aber wie gesagt, es geht nur darum, dass ich nichts überhöre. Lass Dich davon nicht verunsichern oder ablenken. Kann es losgehen? Super! Dann fangen wir jetzt an!
Kontrollgruppe - Auswertung Filler versus Items (insgesamt 156 Testsätze) 102 100 100 98 96 94 92 92,7 Filler Items 90 88
Medien Experimentdurchführung Spielfiguren (von links: Tasche, Hund, Gummibärchen, Fuchs, Tasse, Flasche, Pferd, Saftpackung, Hundenapf, Eisbecher, Bär, Geld, Blumenstrauß, Kanne)
Anzahl der richtigen Antworten (%) Kontrollgruppe Auswertung Items: Subjektkontrolle versus Objektkontrolle 100 98 98 96 94 92 90 88 87,5 Subjektkontrolle Objektkontrolle 86 84 82 Items Subjektkontrolle wurde besser erkannt als Objektkontrolle!
Anzahl der richtigen Antworten (%) Kontrollgruppe Auswertung Subjektkontrolle (overt/covert) versus Objektkontrolle (overt/covert) 120 100 95,83 100 83,33 91,66 80 60 40 overtes Objekt covertes Objekt 20 0 Subjektkontrolle Objektkontrolle Sätze mit nicht overt realisierten Objekten wurden besser erkannt, als mit overt realisierten Objekten
Anzahl der richtigen Antworten (%) Kontrollgruppe Auswertung 120 Objektkontrolle (overt/covert) 100 95,83 100 83,33 91,66 80 60 40 overtes Objekt covertes Objekt 20 0 Subjektkontrolle Objektkontrolle Bedingung Objektkontrolle + overtes Objekt wurde von nur einer Testperson in allen 4 Sätzen falsch interpretiert.
Kontrollgruppe Auswertung Lexical Errors Der Fuchs verspricht, [PROFuchs das Eis zu tragen]. Proband agiert aus:.. essen]. Das Pferd befiehlt dem Hund, [PROHund das Eis zu essen]. Proband agiert mit dem Fuchs Der Fuchs befiehlt dem Pferd, [PROPferd den Hundenapf zu holen]. Proband agiert mit dem Hund Lexical Errors wurden als richtig gewertet
Kontrollgruppe Auswertung Kommentare zum Schwierigkeitsgrad Probanden haben oft durch Kommentare einen Schwierigkeitsunterschied zwischen Filler und Kontrollverbsätzen signalisiert: Filler: Der Hund isst das Eis. Das ist einfach, das kann ich! Subjektkontrolle + overtes Objekt: Das Pferd droht dem Bären, [PROPferd das Eis fallen zu lassen]. Also hat das Pferd jetzt das Eis!? Nee! Doch! Subjektkontrolle + covertes Objekt Der Hund verspricht, [PROHund Saft zu trinken]. Wem verspricht er es denn? Objektkontrolle + covertes Objekt Der Bär befiehlt, [PROARB die Flasche zu heben]. Ist ja auch wieder kein Gegenüber da. Oder doch!? oder durch eine längere Pause oder tiefes Seufzen
Zusammenfassung Wie erwartet beherrschen die Erwachsenen sowohl die Objekt als auch die Subjektkontrolle Der Erwerb ist abgeschlossen Trotzdem fällt die Objektkontrolle leichter als die Subjektkontrolle (Ausnahme Proband Nr.1) Grundsätzliches Problem: Wer ist eigentlich der Ggü.? coverte Objekte wurden öfter realisiert als overte Objekte Overtes Objekt interferiert; da es größere kognitive Leistung erfordert, von zwei thematischen Rollen eine auszuwählen und zuzuordnen.
Setting Experimentdurchführung Kleingruppenraum, Testung mit der zwei Gruppenmitgliedern (Testperson vorne Mitte, interagierende Testerin vorne rechts, beobachtende Testerin hinten links)
Experimentdurchführung Hallo. Stereotypisierte Einleitung für die Zielgruppe Schau mal, Du kannst Dich da hin setzen und ich setze mich hier hin. Da hinten sitzt Katharina; sie hilft mir, damit ich nichts vergesse. Also weißt Du, ich bin auch auf einer Schule. Die nennt man Universität und ich habe ein Fach, das ist so ähnlich wie Euer Deutschunterricht. Ich habe da Hausaufgaben bekommen und zwar soll ich mit Kindern ein Spiel spielen. Deshalb sind wir hier. Du hilfst uns also, dass wir eine gute Hausaufgabe abgeben können! So, schau, das Spiel funktioniert so: Ich lese Dir gleich ein paar Sätze vor und Deine Aufgabe ist es, mit den Spielfiguren hier die Sätze nachzuspielen. Unsere Aufgabe ist es, auf einem Blatt zu notieren, wie Du die Sätze nachspielst. Da jedes Kind anders ist, müssen wir genau aufpassen, wie jedes Kind die Sätze nachspielt. Meinst Du, wir kriegen das hin? Super! Wollen wir gleich anfangen? OK
Anzahl der richtigen Antworten (%) Zielgruppe - Auswertung Filler versus Items (insgesamt 156 Testsätze) 105 100 100 95 90 85 86,56 Filler Items 80 75
Anzahl der richtigen Antworten (%) Zielgruppe - Auswertung Subjektkontrolle versus Objektkontrolle 100 90 87,5 80 70 68,75 60 50 40 30 Subjektkontrolle Objektkontrolle 20 10 0 Items Subjektkontrolle wurde besser erkannt als Objektkontrolle!
Anzahl der richtigen Antworten (%) Zielgruppe Auswertung Subjektkontrolle (overt/covert) versus Objektkontrolle (overt/covert) 120 100 100 95,8 80 75 60 40 41,7 overtes Objekt covertes Objekt 20 0 Subjektkontrolle Objektkontrolle
Anzahl der richtigen Antworten (%) Zielgruppe - Auswertung Auffälligkeit bei Subjektkontrolle mit overtem Objekt 80 70 75 72,2 60 50 40 30 overtes Objekt Testsatz 5 andere 20 10 0 Testsatz 5: Das Pferd droht dem Bären, [PROPferd das Eis fallen zu lassen].
Zusammenfassung Subjektkontrolle wird besser erkannt als Objektkontrolle Subjektkontrolle mit covertem Objekt wird besser erkannt, da es sich hierbei nur um einen Agens handelt, so dass keine Interferenzen mit einem arbiträren Plenum oder Interferenzen mit dem Subjekt des Nebensatzes auftreten. Die Objektkontrolle wird durch overte Objekte besser realisiert als durch coverte Objekte Fähigkeit, arbiträres PRO auszuwählen (bei covertem Objekt), zu benennen (Imperativ) o.ä. noch nicht ausgeprägt. Bei overtem Objekt müsste es eigentlich zu Interferenzen kommen, allerdings scheinen die Kinder hier intuitiv wenige Probleme zu haben (außer Testsatz 5) => MDP
Fazit gesamt 1. Bedingung (SKV vs. OKV) Erwachsene und Kinder verhalten sich identisch und realisieren Subjektkontrolle einfacher als Objektkontrolle 2. Bedingung (overt vs. covert) Erwachsene: coverte Objekte werden unabhängig von SKV oder OKV besser erkannt als overte Objekte. Kinder: Subjektkontrolle mit covertem Objekt wird besser erkannt, da es sich hierbei nur um einen Agens handelt, so dass keine Interferenzen mit einem arbiträren Plenum oder Interferenzen mit dem Subjekt des Nebensatzes auftreten. Die Objektkontrolle wird durch overte Objekte besser realisiert als durch coverte Objekte Fähigkeit, arbiträres PRO auszuwählen (bei covertem Objekt), zu benennen (Imperativ) o.ä. noch nicht ausgeprägt. Bei overtem Objekt müsste es eigentlich zu Interferenzen kommen, allerdings scheinen die Kinder hier intuitiv wenige Probleme zu haben (außer Testsatz 5) => MDP
Quellen Chomsky, Carol. 1969. The Acquisition of Syntax in Children from 5 to 10. Research Monograph No. 57. Cambridge, MA: MIT Press. Schulz, Petra. 2007. Erstspracherwerb Deutsch: Sprachliche Fähigkeiten von Eins bis Zehn. In: U. Graf & E. Moser Opitz (Hrsg.), Diagnostik am Schulanfang. (=Entwicklungslinien der Grundschulpädagogik. Band 3) (S. 67-86). Baltmannweiler: Schneider Hohengehren