ISSN 2194-5098 (Print) ISSN 2194-5101 (Internet) Nr. 142 Informationen für Lehrerinnen und Lehrer In dieser Ausgabe Der Arbeitsmarkt für Jugendliche in Europa Seite 4 Der Arbeitsmarkt für junge Leute in Deutschland Seite 8 Der Ausbildungsstellenmarkt Seite 12 von Holger Schäfer in Zusammenarbeit mit
Nr. 142 Seite 2 Deutschland ist das Land, das gerade auch durch seine duale Berufsausbildung stark ist. Wir konnten hier in den letzten Jahren viele Erfahrungen sammeln. Und wir machen jetzt die Erfahrung, dass gerade auch in Zeiten des Wandels die wirtschaftliche Stärke Deutschlands, die Flexibilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dadurch gewährleistet ist, dass sie eine gute duale Berufsausbildung erhalten haben. Woran liegt es, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Europa so unterschiedlich hoch ist? Warum haben es die Jugendlichen zum Beispiel in Schweden schwerer als in Deutschland? Was machen wir besser und was könnten sich andere Länder von uns abschauen, um ihre Probleme zu verringern? Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Video-Podcast #24/2013 Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen fehlen sie in der dualen Ausbildung, so fehlen sie später auch in den Betrieben. In dieser Ausgabe geht es um die Arbeitsmarktperspektiven für junge Leute. Die Schülerinnen und Schüler erfahren, warum Jugendliche anderswo größere Probleme haben als die deutschen Jugendlichen, wie es momentan für die jungen Leute hierzulande läuft, Bundesminister Sigmar Gabriel in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Bund, Wirtschaft, Gewerkschaften und Ländern im Dezember 2014 Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt heute international als eine der renommiertesten Ausbildungsformen. Sie ist praxisnah und bringt eine hohe Anzahl von gut qualifizierten Absolventen in betriebliche Jobs. IG Metall was sie in Zukunft erwarten können, wo es noch Probleme gibt und was dagegen getan wird.
Seite 3 Nr. 142 Diese Fragen werden schon länger diskutiert. Eine Antwort gibt es auf jeden Fall. Das duale Ausbildungssystem trägt wesentlich dazu bei, dass Jugendliche in Deutschland weniger Probleme haben als anderswo. Junge Leute ohne Arbeit Arbeitslosenquote in Prozent 15- bis 24-Jährige 25- bis 64-Jährige Griechenland 25,5 58,3 EU (27 Länder) 9,5 23,3 Spanien 23,9 55,5 Vereinigtes Königreich 5,5 20,7 Italien 10,4 40,0 Finnland 6,7 19,9 Portugal 15,2 38,1 Tschechien 6,2 19,0 Polen 8,8 27,3 Dänemark 6,1 13,1 Ungarn 9,0 27,2 Niederlande 5,9 11,0 Irland 11,8 26,8 Österreich 4,3 9,2 Frankreich 8,4 23,9 Schweiz 3,9 8,5 Belgien 7,1 Schweden 5,9 Stand: 2013; Ursprungsdaten: Eurostat 23,7 23,5 Deutschland 7,8 5,0 2015 Thema Wirtschaft 142 Autor und fachliche Beratung: Holger Schäfer Arbeitsökonom am Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Nr. 142 Seite 4 Der Arbeitsmarkt für Jugendliche in Europa Wer gehört zu den Jugendlichen? In der europäischen Arbeitskräfteerhebung, die auf nationalen Umfragen basiert, gilt als jugendlich, wer das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit in Deutschland weist darüber hinaus Arbeitslosenzahlen und -quoten für die Gruppe der unter 20-Jährigen aus. Junge Menschen brauchen eine berufliche Perspektive. Fehlt sie, sind soziale Probleme programmiert. Schon heute verspüren viele Jugendlichen eine diffuse Ablehnung gegenüber dem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der Bundesrepublik, und manche von ihnen greifen zu radikaleren bis hin zu schlicht kriminellen Formen des Protests. Doch auch aus rein ökonomischen Gründen ist es sinnvoll, ein besonderes Augenmerk auf den Übergang vom Bildungssystem in den Arbeitsmarkt zu legen. Fähigkeiten und Kenntnisse, die junge Menschen in der Schule oder Hochschule erworben haben, erodieren, sofern sie nicht im Beruf oder in einer beruflichen Ausbildung zur Anwendung gebracht werden. Sind die Fähigkeiten während einer längeren Phase der Arbeitslosigkeit erst einmal verloren gegangen, müssen sie mühsam und zu hohen Kosten wieder aufgebaut werden. Die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ist dann doppelt schwer. Fast überall in Europa haben Jugendliche große Probleme beim Berufsstart. Das zeigt sich daran, dass die Arbeitslosenquote der Jugendlichen höher ist als die Arbeitslosenquote der Älteren (Grafik Seite 3). In einigen Ländern ist die Jugendarbeitslosenquote fünf- bis siebenmal so hoch wie in Deutschland zum Beispiel in Spanien, Griechenland und Italien. Allerdings überzeichnet die Arbeitslosenquote das Problem oftmals (Kasten). Zudem sind in den südeuropäischen Ländern auch Ältere überdurchschnittlich oft arbeitslos. Die Arbeitsmärkte für Jüngere und Ältere sind eng miteinander verbunden. In der Regel steigt oder sinkt die Arbeitslosigkeit aller Altersgruppen ähnlich stark. Mitunter wird zwar vermutet, dass es eine Wechselwirkung gebe, der zufolge das Ausscheiden von Älteren vom Arbeitsmarkt zu besseren Einstiegschancen bei den Jüngeren führe. Eine solche Entwicklung lässt sich jedoch empirisch nicht belegen. Die stark gestiegene Arbeitslosigkeit in einigen Ländern Europas ist im Wesentlichen eine Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise. Noch vor wenigen Jahren waren die Arbeitslosenquoten für Jugendliche, aber auch für alle anderen Altersgruppen in Spanien nur ein Drittel so hoch wie heute. Außer in Spanien hat sich die Lage für Jugendliche auch in Irland, Italien und Dänemark erheblich verschlechtert. Deutschland ist das einzige
Seite 5 Nr. 142 Land in der Europäischen Union, in dem sich die Jugendarbeitslosigkeit seit 2007 nennenswert reduziert hat. Das hängt auch damit zusammen, dass der deutsche Arbeitsmarkt insgesamt besser durch die Krise gekommen ist. Der massive Einsatz von Kurzarbeit und die drohenden Fachkräfteengpässe Stichwort demografische Entwicklung haben die Betriebe in Deutschland dazu gebracht, ihre Mitarbeiter auch dann zu halten, wenn vorübergehend nicht genügend zu tun war. Hilfreich war, dass die Krise nur von kurzer Dauer war und sich die Wirtschaft schnell wieder erholt hat. Doch nicht nur in Südeuropa haben es junge Leute schwer beim Berufsstart. In Schweden zum Beispiel ist die Arbeitslosenquote der Jüngeren viermal so hoch wie die der Älteren. Deutschland dagegen bildet eine rühmliche Ausnahme: Hierzulande ist die Jugendarbeitslosigkeit nur eineinhalb Mal so hoch wie die der Älteren. Gründe für die Arbeitsmarktprobleme Gründe für die Arbeitsmarktprobleme Woran liegt es, dass Jugendliche häufiger arbeitslos sind als Ältere? Schließlich heißt es oft, dass Unternehmen dem Jugendwahn verfallen seien und ältere Arbeitnehmer ab 50 Jahren deshalb kaum noch eine Chance hätten. Wie kann es dann aber sein, dass Befristungen: Jugend in Wartestellung Anteil befristet Beschäftigter in Deutschland an den abhängig Erwerbstätigen in Prozent 15 bis 20 Jahre 40 bis 45 20 bis 25 45 bis 50 Stand: 2013; ohne Auszubildende; Ursprungsdaten: Statistisches Bundesamt 25 bis 30 50 bis 55 30 bis 35 55 bis 60 35 bis 40 37,7 27,3 19,8 12,2 8,3 60 bis 65 5,7 5,0 4,7 3,8 3,7 2015 Thema Wirtschaft 142